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Verfahren zum Verbessern der Benetzbarkeit der Oberflächen von optischen
Kontaktlinsen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbessern der Benetzbarkeit
von Kontaktlinsen aus Kunststoff.
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Die üblichen Kontaktlinsen aus Kunststoff haben den Nachteil, daß
sie durch die Augenflüssigkeit nur schlecht benetzbar sind. Dies bringt für den
Träger Unbequemlichkeiten mit sich; weiterhin können an den trockenen Teilen der
Linsen unerwünschte optische Effekte auftreten.
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Es wurden zwar bereits Versuche angestellt, diese Schwierigkeiten
zu beseitigen. Diese Versuche beschränkten sich jedoch darauf, daß Netzmittel zu
dem Zeitpunkt auf die Linsenoberfläche gebracht wurden, an dem die Linse mit dem
Auge in Berührung gebracht wurde. Diese Zusätze haben nur eine sehr kurze Lebensdauer,
weshalb der Gesamteffekt zeitlich beschränkt ist.
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Es scheint, daß die Behandlung oder die Beschichtung von Linsen zur
Verbesserung der Benetzbarkeit des Kunststoffes fast vollkommen vernachlässigt wurde,
was wahrscheinlich auf das Nichtvorhandensein einer bequemen Behandlungsmethode
für Kunststoff bei niedrigen Temperaturen zurückzuführen ist.
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Es ist bekannt, Kontaktlinsen mit Titandioxyd zu überziehen, um ihnen
eine verbesserte Kratzfestigkeit und Benetzbarkeit zu verleihen. Man nimmt an, daß
infolge der größeren Oberfläche der beschichteten Linse die Empfindlichkeit der
Linse gegenüber Absorption vergrößert wird. Ein solcher Überzug hat deshalb eine
verhältnismäßig kurze Lebensdauer und muß bald ersetzt werden.
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Man nimmt an, daß alle auf den Kunststoff aufgedampften oder darauf
hydrolysierten Überzüge gegenüber diesem Oberflächeneffekt empfindlich und deshalb
nur von beschränktem Nutzen sind.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist deshalb die Schaffung
eines Verfahrens zur Behandlung von Kontaktlinsen aus Kunststoff, um einem Teil
der Oberfläche dieser Linsen hydrophile Eigenschaften zu verleihen, das zu verhältnismäßig
dauerhaften Produkten führt, wobei die optischen Eigenschaften und die physikalischen
Abmessungen der Linse nicht verändert werden.
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Üblicherweise besitzt eine Kontaktlinse, wie sie von Augenärzten
u. a. benutzt wird, genau geformte Oberflächen aus einem Methylmethacrylatkunststoff
deren hintere Form die Menge der Augenflüssigkeit bestimmt, die als Linsenelement
zwischen der konkaven Oberfläche der Linse und der Hornhaut des Auges wirkt.
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Es ist sehr erwünscht, daß beide Oberflächen des Kunststoffes leicht
benetzt werden können, damit die Reibung zwischen dem Augenlid und der konvexen
Oberfläche einerseits und zwischen der Hornhaut und der konkaven Oberfläche andererseits
vermindert wird.
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Dadurch wird die Möglichkeit einer Reizung vermieden, und die Bildung
der gewünschten »tränenförmigen« Linse wird erleichtert.
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Leider ist ein Methylmethacrylatkunststoff nicht von sich aus hydrophil.
Der chemische Aufbau dieses Kunststoffes verhindert eine direkte Benetzung, da die
molekularen Gruppen eine andere elektrische Polarität als die des Wassers haben.
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Die Erfindung kennzeichnet sich dadurch, daß man die Oberflächen
der Kunststofflinse der Einwirkung von Radikalen aussetzt, die sich mit der Oberfläche
verbinden und polare funktionelle Gruppen bilden.
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Diese polaren Gruppen sind den polaren Gruppen im Wasser ähnlich und
können durch Wasser leicht solvatisiert werden.
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Die freien Radikale können auf vielerlei Weise erzeugt werden. Nach
dem vorliegenden Verfahren wird zur Erzeugung von freien Hydroxylradikalen die elektrische
Entladung durch Wasserdampf angewendet.
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Freie Radikale können aber auch durch Radiolyse in der Gasphase, Photolyse,
Mikrowellenentladungen und Radiofrequenzentladungen erzeugt werden.
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Das angewendete Verfahren führt zu einer dauernden chemischen Veränderung
der Oberfläche insofern,
als die hydrophilen Gruppen mit der Oberfläche
reagieren und in Form einer dauerhaften chemischen Bindung mit der Oberfläche verbunden
sind.
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Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, kann man wie folgt vorgehen:
Die saubere, trockene Linse wird in eine Apparatur mit einer Gasentladungsröhre
gebracht, die bis auf einen Druck von etwa 10-3 mm Hg evakuiert wird.
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Dann läßt man die molekularen Dämpfe in das Entladungsrohr diffundieren,
wobei man den Druck auf etwa 1 mm Hg konstant hält. Man legt an die auf beiden Seiten
der Linse befindlichen Elektroden eine Wechselspannung von etwa 10 000 Volt an und
zersetzt die Dämpfe zu freien Radikalen.
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Diese Radikale läßt man dann mit der Oberfläche der Kunststofflinse
reagieren; eine Behandlungsdauer von etwa 5 Minuten führt zu einer eindeutigen und
meßbaren Verbesserung der Benetzbarkeit der Kunststoffoberflächen.
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Die als Quelle für die freien Radikale verwendeten Verbindungen sind
Wasser, Hydrazin, Ammoniak, Essigsäure, Ameisensäure, organische Amide, wie Acetamid
und Formamid, flüchtige Alkohole mit einem hohen Verhältnis zwischen funktionellen
Hydroxylgruppen und Gesamtkohlenstoffatomen, Amine, wie Methylamin oder Äthylendiamin
mit einem hohen Verhältnis zwischen funktionellen Aminogruppen und Gesamtkohlenstoffatomen.
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Vorzugsweise sind die freien Radikale Hydroxyl-, Amino-, Formyl-
oder Carbonylradikale. Diese Radikale sind einzelne Gruppen, die Sauerstoff- oder
Stickstoffatome enthalten; enthalten sie Kohlenstoff, so soll die Zahl der Kohlenstoffatome
nicht mehr als 5 betragen.
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Verwendet man Wasserdampf, so wird nur die Hälfte der Oberfläche
durch Hydroxylradikale ersetzt, während die andere Hälfte erwartungsgemäß Wasserstoffatome
enthält. Wird jedoch an Stelle von Wasserdampf Wasserstoffperoxyd verwendet, so
ist wahrscheinlich ein größerer Teil der Oberfläche durch Hydroxylradikale ersetzt.
Verwendet man dagegen Ammoniak oder Hydrazin, so kann man erwarten, daß bis zu zwei
Drittel der Oberfläche durch hydrophile Gruppen ersetzt sind.
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Selbstverständlich hängt die Zeit, bis der Austausch der Oberfläche
durch die gewünschten Gruppen den Gleichgewichtszustand erreicht hat, von dem verwendeten
Gas, dem Druck, dem Entladungsstrom und der Anordnung der Linse ab. Es wird jedoch
angenommen, daß diese Gegebenheiten dem Fachmann bekannt sind, so daß es einer näheren
Erläuterung hierzu nicht bedarf.
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Es wurde gefunden, daß die Linse gerade etwas außerhalb der Bahn
der Glimmentladung gehalten werden sollte, damit eine Korrosion der Linsenoberfläche
vermieden wird.
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Es finden folgende Vorgänge statt: Die Oberfläche des polymeren Methylmethacrylats
besteht wahrscheinlich aus den Gruppen S-CH2-(CH2b- CH2-S S-CH3 und 5-OCH3 wobei
S die Oberfläche bedeutet. Diese Oberflächengruppen sind für die hydrophobe Natur
des Kunststoffes verantwortlich, da sich diese Gruppen nicht in Wasser lösen. Es
ist bekannt, daß freie Radikale, wie H, OHR NH. usw., leicht ein Wasserstoffatom
aus einer Alkylgruppe herausreißen können. Bei den an der
Oberfläche gebundenen Alkylgruppen
bildet sich dann ein an der Oberfläche gebundenes freies Radikal
Das an der Oberfläche gebundene freie Radikal kann sich nun mit einem anderen freien
Radikal im Gasentladungssystem wie folgt kombinieren:
Die hierbei entstehende Oberfläche ist nun wegen der polaren, wasserlöslichen Oberflächengruppen
hydrophil. Der Benetzungsgrad oder der Kontaktwinkel würde also bei einem Wasserdampfentladungssystem
von der relativen Konzentration der Radikale H. und OH. im Gas abhängen, da die
Reaktion
ebenfalls stattfinden muß. Obgleich also ein vollständiger Ersatz der Oberfläche
durch hydrophile Reste noch nicht möglich ist, so kann zumindest ein Ersatz von
50 0/, sehr leicht erreicht werden.
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Die Bildung von Hydroxylradikalen in wäßriger Phase kann ebenfalls
zur Behandlung der Oberfläche angewendet werden. Hierfür wird das an sich bekannte
Fentonsche Reagens verwendet. Dieses stellt ein Gemisch aus Wasserstoffperoxyd und
Ferroion, das in Lösung Hydroxylreste erzeugt, dar.
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Es ist jedoch bekannt, daß die Lebensdauer dieser Radikale kürzer
als die der Radikale in der Gasphase ist, wodurch für die Oberflächenbehandlung
weit längere Zeiten erforderlich sind. Jedoch zeigen auch die nach diesem Verfahren
behandelten Linsen eine beträchtliche Verbesserung.
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Die verbesserte Benetzbarkeit der Linsen wurde auf Grund der Kontakt-
oder Randwinkel nach der Methode des Buches von A d a m, »The Physics and Chemistry
of Surfaces«, Verlag Oxford University Press, London 1941, S. 182, ermittelt.
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Es wurden kleine Probestücke (1,6 x 12,7 x 76 mm) aus Polymethylmethacrylatfolie
(Röhm & Haas) der gleichen Entladungsbehandlung unterworfen und zur Bestimmung
der Randwinkel verwendet. Die Randwinkel wurden nach der Methode von A d a m gemessen.
Die Durchschnittswerte für die zunehmenden und abnehmenden Winkel sind in Tabelle
I angegeben.
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An der Luft getrocknete Proben zeigten auch nach Tagen und Wochen
eine gute Benetzbarkeit, wenn sie vor dem Trocknen mit destilliertem Wasser gewaschen
wurden.
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Randwinkel für verschiedene Gase und Behandlungszeiten
Randwinkel Behand- |
Probe vor der nach der lungs- Gas |
Nr. Behand- Behand- dauer |
lung lung |
1 58" 17° 5 H2O |
2 55" 17° 10 H2O |
4 55" 20° 10 H2O |
7 60° 15° 7 N2H4 |
4a 60° 18° 5 N2H4 |
14 55o 18° 5 N2H4 |
3 600 23° 5 CH3COOH |
5 65" 150 5 C HSC O O H |
7a 58" 10° 5 HCOOH |
2a 60° 15° 5 HCOOH |
Es wurde gefunden, daß die nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren
behandelten Kontaktlinsen ausgezeichnet waren und einen großen Beitrag zur Lösung
des Benetzbarkeitsproblems durch den Träger der Kontaktlinsen leisten.
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Durch die Reibwirkung des Augenlids und der Augenflüssigkeit kann
nach längerer Zeit ein gewisser Teil der Oberfläche entfernt werden, wodurch eine
erneute Behandlung der Linsen notwendig wird. Die nach dem vorstehend beschriebenen
Verfahren vorgenommene Behandlung führt jedoch zu keiner mechanischen Veränderung
der Linsenform und kann leicht durchgeführt werden.