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Quecksilberhaltige Vorrichtung für elektrochemische Reaktionen Es
ist bekannt, elektrochemische Reaktionen, insbesondere die Reduktion oder Oxydation
von Stoffen, die in einem wasserhaltigen Elektrolyten gelöst sind, mit Hilfe einer
flüssigen metallischen Elektrode, insbesondere Quecksilber, durchzuführen. Wird
für diese Reaktion ein Diaphragma zur Trennung von Anoden-und Kathodenraum benötigt,
dann ist es schwer zu verhindern, daß das Quecksilber den Elektrolyten vom Diaphragma
verdrängt. Insbesondere beim kontinuierlichen Arbeiten treten große Schwierigkeiten
auf.
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Es wurde gefunden, daß diese Nachteile vermieden werden, wenn man
eine quecksilberhaltige Vorrichtung aus einer festen Anode, einem Diaphragma, einem
wässerigen Elektrolyten und einer Quecksilberkathode des senkrechten Zellentyps
verwendet, in welcher der Kathodenraum aus einer oder mehreren parallelgeschalteten,
senkrecht stehenden Rohrschlangen aus Diaphragmamaterial besteht, wobei dieser Kathodenraum
gleichzeitig von oben nach unten von Quecksilber und von unten nach oben von dem
Katholyten durchströmt ist.
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Als Diaphragma kann man ein Rohr aus gebranntem, aber nicht glasiertem
Ton oder sonstigem keramischem Material verwenden.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung hat den Vorteil, daß das Quecksilber
sich in geschlossenen Räumen befindet. Als Anodenzelle kann ein glasiertes heizbares
Steinzeuggefäß dienen, in dem die Diaphragmenzelle, aus unglasiertem Tonrohr oder
der unglasierten Steinzeugrohrschlange bestehend, in jeder Windung an der Wand gefaßt
und aufgehängt, in dem Elektrolyten untersinkt. Trotz der Länge des Katholytweges
(= Rohrschlangenlänge) sind keine großen Niveau-bzw. Druckunterschiede zu überwinden.
Das Quecksilber läuft dem aufsteigenden Katholyten entgegen von oben nach unten.
Bei 1520 mm Niveauhöhe des Quecksilbers (= 2 atm) und 1000 mm Schlangendurchmesser
und 15 bis 20 mm Rohrdurchmesser sind beispielsweise leicht 20 Windungen unterzubringen.
Die Windungen können auch, parallel geschaltet, etagenweise übereinander angeordnet
werden, wobei sie spiralförmig von außen nach innen oder von innen nach außen mit
kleiner Steigung vom Katholyten durchströmt werden. Dies entspricht einer Weglänge
des Katholyten von etwa 120 m auf engstem Raum. Die Ausbildung der Stromlinien zur
Anode gestaltet sich konzentrisch und einigermaßen längengleich. Die Anodenzelle
aus Diaphragmenmaterial braucht nicht mehr mit großer Kraft unter das Quecksilberniveau
gerückt zu werden, wie es der Fall ist, wenn das Quecksilber nicht in dem Rohr ist.
Die Kathodenoberfläche vergrößert sich automatisch beim Durchpumpen größerer Mengen
Katholyt bis die Hälfte des Füllungsquerschnittes erreicht ist. Die Kathodenoberfläche
kann auch durch Einbringen mehrerer parallellaufender Rohrschlangen noch auf etwas
mehr als das Doppelte erhöht werden, ohne daß neue Pumpaggregate notwendig wären,
weil sie parallel geschaltet werden können. Die Zellen arbeiten absolut geschlossen,
wodurch die Gefährlichkeit des Quecksilbers, insbesondere beim Arbeiten bei höherer
Temperatur, beherrscht werden kann. Anstatt keramischer Diaphragmen kann man auch
z. B. metallkeramische Sinterkörper aus Metallen verwenden, welche für den jeweiligen
Anwendungsfall gerade korrosionsfest sind, also im Falle eines sauren Elektrolyten
aus Ti, V, W, Mo, Nb, Ta, in Fällen eines alkalischen Elektrolyten vor allem Sinternickel.
Der Sintergrad muß so gewählt werden, daß das Quecksilber innerhalb des Rohres aus
Sintermaterial ist, der Elektrolyt aber den Sinterkörper benetzt und insofern eine
Halbdurchlässigkeit besteht, was jeweils eine Sinterung auf eine bestimmte Dichte,
charakteristisch für das jeweils gewählte Metall; bedeutet. Die Anwendung solcher
Sintermetallröhren bedeutet große Vorteile: Geringer elektrischer Widerstand, große
mechanische Festigkeit und Bearbeitbarkeit, wie Biegen dieser Röhren in beliebige
Schlangensysteme, Anschweißen von beliebigen Rohranschlüssen, Zuleitungen an beliebigen
Stellen, geringe Bruchanfälligkeit und direkter kathodischer Stromanschluß an jeder
Stelle.
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Die Herstellung solcher Sinterkörper ist auf dem üblichen metallkeramischen
Weg möglich. Die Metallsinterröhren sind kathodisch natürlich nur anwendbar, wenn
sie von der direkten kathodischen Stromzuführung durch ein zwischengeflaschtes Polyäthylenrohr,
Polypropylenrohr, Porzellen-Hartporzellenrohr isoliert sind, die Stromverbindung
zum Kathodenpol also nur über das bis zur Stromzuführung über einen
Nickel-
oder Hastelloystab reichende Hg-Niveau möglich ist.
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Solche Metallsinterrohrschlangen sind einer für elektrochemische Zwecke
weiten Variationsmöglichkeit zugänglich. Ihre Porenweite kann bei der Herstellung
schon mit durch das Kornspektrum des Metalls sowie seiner Sintertemperatur und Sinterdauer
eindeutigen Kenngrößen für seine Diaphragmennatur ausgestattet werden. Die Poren
selbst können aber auch nachträglich mit kathodisch nicht reduzierbaren anorganischen
Verbindungen, wie Kieselsäure, Glasstaub, zugesintert oder zunächst als Anode geschaltet
oberflächlich in jeder Weise verändert werden, um für spezielle elektrochemische
Zwecke ausgestattet zu werden. Selbst das nachträgliche Zusintern mit einer keramischen
Schicht unter Zuhilfenahme von Haftoxyden ist möglich. Auch durch Anstriche finit
Wasserglas und eventuell. nachfolgenden Anstrichen mit geeigneten Metallsalzen kann
man bestimmte Ziele erreichen und die Porengröße und Diaphragmenwirkung nachträglich
noch ändern. Oft ist dies auch der Weg, um bei einer elektrochemischen Reduktion
eine eventuelle Wasserstoffentwicklung an-der Außenseite der Sinterröhre zu vermeiden
und den. Wasserstoff nur durch die Überspannung des Quecksilbers an den zu reduzierenden
Akzeptor im Katholyten weiterzuleiten und anzubieten.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann beispielsweise zur Reduktion
von Phthalsäure zu Dihydrophthalsäure verwendet werden. Eine derartige Vorrichtung
wird in der Abbildung `dargestellt. In einem Behälter 1 aus Steinzeug befindet sich
der Elektrolyt (5°/oige Schwefelsäure) 2 und die Anode 3 aus Platin. Der Katholyt
(5°/oige Schwefelsäure, die 4 bis 5 °/o Phthalsäure enthält) wird bei
4 in den Kathodenraum (Rohrschlange 5) gedrückt. Er verläßt die Vorrichtung
bei 13. Der Wasserstoff verläßt die Vorrichtung bei 6. Durch die Leitung 7 wird
das Quecksilber eingeführt. Es verteilt sich bei 8 in den Rohrschlangen und sammelt
sich bei 9, wo auch die Kathode 10 ist. Das Quecksilber verläßt die Vorrichtung
bei 11,
wo der Überlaufspiegel das gleiche Niveau hat wie bei B. Der Sauerstoff'
wird bei 12 abgeführt.
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_ Im einzelnen geht die Reduktion wie folgt vor sich: Der Katholyt,
welcher aus 5- bis 20°/oiger wäßriger Schwefelsäure mit 4 bis 5 °/ö Phthalsäuregehalt
besteht, wird bei 60 bis 100°C im Umlauf so geführt, daß sich -jeweils eine optimale
Verweilzeit von 1 bis 3 Stunden ergibt. Durch Zusatz von 0,1 bis 10/() eines Netz-
und/ oder Dispergiermittels vom Charakter der Polyäthylen-, oxyd-Additionsverbindungen
oder aralkylsulfonsaurer oder paraffinsulfonsaurer Alkali- oder Tetraalkylammoniumsalze
zum Katholyten wird die Umsetzung weniger störanfällig. Der Katholyt wird nach Überlauf
aus dem Kathodenraum von dem eventuell mitgeführten Quecksilber in einer Falle abgetrennt
und in eine auf 80 bis 90°C gehaltene Säule eines sauren Ionenaustauschers geleitet.
Dieser hellt (eventuell zu-_ sammen mit gesäuerter Bleicherde oder Aktivkohle) den
Katholyten sehr merklich auf. Aus der nun hellen, . gesättigten, schwefelsauren,
4- bis 5°/oigen Lösung von etwa 95- bis 98°/jger 1,2-trans-Dihydrophthalsäure, 2-
bis 30/,i,-er Phthalsäure und wenig d-2,6-Cyclohexadien-1,2-dicarbonsäure, kristallisiert
in der Kälte bei 0 bis 10°C 1/2 bis 3/4 der vorhandenen 1,2-trans-Dihydrophthalsäure
aus und kann abgesaugt und mit wenig Eiswasser nachgewaschen werden. Die Mutterlauge
wird mit 96°/oiger Schwefelsäure und Phthalsäure oder Phthalsäureanhydrid in einem
Zulaufkessel ergänzt (bei 80 bis 90°C) und fließt wieder zur Elektrolyse. Die rohe
feuchte Dihydrophthalsäure ist direkt oder nach dem Trocknen weiter verarbeitbar.
Ihre baldige Weiterverarbeitung scheint geraten, um die wegen ihrer Labilität, besonders
bei höherer Temperatur, möglichen Sekundärveränderüngen auszuschalten. Die Reinigung
erfolgt durch Ausschlämmen in wenig Eiswasser und Zugabe von NH40H oder NaOH, bis
die Mineralsäure. verschwunden ist, Absaugen und Nachwaschen mit Eiswasser. Das
Umkristallisieren wird unter Zusatz von Tierkohle oder Bleicherde in Wasser oder-
Eisessig oder Alkohol bzw. deren Gemischen mit Wasser vorgenommen (Schmelzpunkt
der 1,2-trans-Dihydrophthylsäure: 208 bis 212°C). Verwendet man zur Aufhellung des
elektrolysierten Katholyten keinen Ionenaustauscher, so ist die rohe Dihydrophthalsäure
wesentlich unreiner und dunkler gefärbt. Eine Austauschersäule vom doppelten Volumen
der Elektrolysezelle kann mehr als 1100 Stunden bei Vollbelastung verwendet werden.
Die Stromdichte betrug 10 bis 40 Amp/cm2 und die Klemmenspannung 6,5 bis 7,3 Volt.
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Für den Umlauf des als Kathode verwendeten Quecksilbers, welcher für
die Waschung mit Lauge (oder 20- bis 50°/oiger HNO3) und Wasser notwendig ist, soll
die Lauge- und Wasserwaschstrecke mit gedrosseltem Quecksilberzulauf unterhalten
oder Prallbleche zur Zerstäubung des Quecksilbers verwendet werden oder sollen die
Waschungen auf Wendelbahnen durchgeführt werden. Es soll ungefähr das Gesamtvolumen
des Quecksilbers einmal in der Stunde über die Waschung umgepumpt werden. Man kann
durch Reduktion ferner N-Nitroso-alkyl- oder Arylverbindungen in die asymmetrischen
Hydrazinverbindungen überführen.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann beispielsweise auch mit Erfolg
für die Oxydation verwendet werden. In diesem Fall dient das Quecksilber als Anode.
Auf diese Weise kann man z. B. Kalium-ferrocyanid in Kalium-ferricyanid, Cuprosalz
in Cuprisalz und Propargylalkohol in Hexadiindiol überführen.