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Verfahren zum Freihalten von Apparaten und Leitungen von Kalkverkrustungen
bei der großtechnischen Trockenvergasung von Calciumcarbid und Reinigung des Acetylens
Die vorliegende Erfindung hat eine Arbeitsweise zum Gegenstand, die das Auftreten
der lästigen und tostenverursachenden Verkrustungen von Apparaten ufid Leitungen
mit Kalk bei der großtechnischen Trockenvergasung von Calciumcarbid und der nachfolgenden
Reinigung des gewonnenen Roh-Acetylens ausschließt.
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Bei der Erzeugung von Acetylen aus Calciumcarbid in großen Trockenvergasem
ist es erforderlich, das Gas in dem Trockenvergaser nachgeschalteten Reinigungseinrichtungen
zunächst von mechanisch mitgerissenen Feststoffteilchen, im wesentlichen Kalkhydrat,
zu befreien, es zu kühlen und schließlich dampf- und gasförmig mitgeführte Stoffe,
gegebenenfalls auf chemischem Wege, zu entfernen.
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Hierzu wird das Acetylen üblicherweise nach dem Verlassen des Trockenvergasers
in einem ersten Waschturm, in dem außer einer Anzahl von Sprühdüsen keine weiteren
Einbauten angebracht sind, beVn Durchgang durch die Sprühnebel des verwenden Wassers
von dem mitgerissenen Kalkhydratsib befreit. Beschickt man diese Sprühdüsen mit
geulgLärtem Kalkwasser, also mit einer gesättigten wäßengen Lösung von Kalkhydrat,
so werden in dieser ersten Reinigungsstufe auch etwa 900/0 des mitgeilührten Schwefelwasserstoffs
durch Reaktion mit dem Kalkhydrat zu Calciumhydrosulfid gebunden und damit aus dem
Acetylen entfernt. Die übrigen gasförmig im Acetylen enthaltenen Verunreinigungen
(Ammoniak, Phosphorwasserstoffe, Divinylsulfid u. a.) werden in dem Kalkwasser nur
in sehr kleinem Umfang gelöst und entfernt.
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Die sich anschließende zweite Reinigungsstufe besteht aus einem mit
Füllkörpern, z.B. Raschig-Ringen, beschickten Waschturm, in dem als Waschflüssigkeit
gebrauchtes Chlorwasser aus der chemischen Gasreinigung und Frischwasser verwendet
werden. Hier wird das Gas noch weiter gekühlt, und Ammoniak wird völlig entfernt,
die übrigen Verunreinigungen (Schwefelwasserstoff usw.) werden jedoch nur zu einem
kleinen Teil entfernt. Das Abwasser dieses zweiten Waschturmes (pH-Wert 4 bis 8)
läuft zusammen mit dem Abwasser des ersten Waschturmes in Klärbecken.
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Auf die zweite Reinigungsstufe folgt die chemische Gasreinigung,
in der das Acetylen in einem dritten Waschturm oxydierend mit Chlorwasser behandelt
wird, worauf die Schlußbehandlung mit Natronlauge in einem vierten Waschturm ein
Reingas liefert, aus dem Schwefelwasserstoff völlig, Phosphorwasserstoffe und Divinylsulfid
bis auf Spuren entfernt sind.
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Die Nachteile dieser Fahrweise bestehen darin,
daß der Ablauf des
ersten Waschturmes zur Entfernung der beträchtlichen in ihm suspendierten Kalkhydratmengen
sowie zur Kühlung in Klärgruben eingeleitet werden muß, bevor er im Kreislauf wieder
auf den gleichen ersten Waschturm zurückgepumpt werden kann. Nach etwa 24stündigem
Betrieb wird die Klärgrube gewechselt, der abgesetzte Schlamm mit Wasser aufgewirbelt
und zu den Schlammgruben gepumpt. Dieses Schlammwasser aus den Schlammgruben mit
etwa 5 bis 20 O/o Kalkhydrat wird als Vergasungswasser auf die Vergaser gegeben.
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Ein weiterer großer Nachteil ist, daß das umfangreiche System von
Gruben, Leitungen und Pumpen als Folge von Kalkausscheidungen aus dem Klärwasser
zuwächst, so daß die Anlageteile etwa alle 2 Monate mit verdünnter Salzsäure freigespült
werden müssen. Hierfür ist eine stationäre Spülanlage mit gummiausgekleideten Pumpen,
Leitungen und Behältern usw. notwendig. Der Spülvorgang dauert pro Vergaser 2 Tage,
so daß empfindliche Ausfälle in der Gewinnung von Acetylen und den daraus hergestellten
Produkten, beispielsweise Aldehyd, entstehen. Gerade bei der Herstellung von Aldehyd
entstehen durch das häufige An- und Abstellen der ausgemauerten Aldehyd-Generatoren
Schäden an der Ausmauerung, die dann ihrerseits ebenfalls wieder Produktionsverluste
und Reparaturkosten verursachen. Dazu kommen noch die beim Acetylen und beim Aldehyd
durch das beim An- und Abstellen notwendig werdende Ausblasen hervorgerufenen Ausbeuteverluste.
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Bei dieser Fahrweise wird das im System überschüssige, H2S-haltige
Wasser mit in die Klärbecken gegeben und als geklärtes Kalkwasser in den Abwasserkanal
gepumpt.
Trifft es hier mit sauren Abwässern anderer Herkunft zusammen, so tritt eine als
starke Belästigung empfundene Entwicklung von Schwefelwasserstoff auf.
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Es wurde nun gefunden, daß die geschilderten Schwierigkeiten vermieden
werden können, wenn gemäß der vorliegenden Erfindung als Waschflüssigkeit in der
ersten Reinigungs- und Kühlzone an Stelle des bisher verwendeten geklärten Kalkwassers,
das mit etwa 0,1 °/o . Kalk eine gesättigte Lösung von Kalkhydrat in Wasser darstellt,
ebenfalls Calciumhydroxyd-Schlammwasser verwendet wird und daß nach bekannter Zugabe
der verbrauchten Wassermenge zu der Waschflüssigkeit diese zum Teil im Kreislauf
der Reinigungs- und Kühlzone erneut aufgegeben, zum Teil der Calciumhydroxyd-Schlammgrube
wieder zugeführt und zum Teil als Waschflüssigkeit für die Naßentstaubung der kalkhydrathaltigen
Brüden der Förderanlagen und Vorratsbunker für Kalkhydrat verwendet wird.
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Als Calciumhydroxyd-Schlammwasser wird eine Suspension von Kalkhydrat
in einer gesättigten wäßrigen Lösung mit einem Gehalt von 3 bis 500/0, vorzugsweise
5 bis 20°/o Kalkhydrat verwendet.
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Die günstige Wirkung des Calciumhydroxyd-Schlammwassers kann auf
die abschleifende Wirkung der mit Kalkhydratteilchen beladenen Suspension zurückgeführt
werden, durch die diePumpen- und Leitungssysteme von Kalkablagerungen frei gehalten
werden und die Spülungen mit verdünnter Salzsäure in Wegfall kommen können. Die
dadurch ermöglichte Änderung der Fahrweise der Reinigungsanlage wird anschließend
erläutert.
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Zur besseren Erläuterung der durch den Erfindungsgedanken möglich
gemachten geänderten Fahrweise ist in den Zeichnungen die Gesamtanlage für die Entwicklung
und Reinigung des Acetylens im Fließschema dargestellt. In F i g. 1- ist dabei die
bisherige Anlage schematisch wiedergegeben, während in F i g. 2 die Anlage nach
der Umgestaltung für die Verwendung von Schlammwasser als Waschflüssigkeit gezeigt
wird.
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Nach F i g. 1 wird das zu vergasende Calciumcarbid aus der Beschickungsvorrichtung
2 in den Trockenvergaserl eingetragen und mit dem durch die Leitung 3 herangebrachten,
mittels der Schlammwasserpumpe 4 aus der Schlammgrube 5 abgesaugten Schlammwasser
zur Reaktion gebracht. Aus dem Vorratsbehälter 7 oder aus dem Versorgungsnetz wird
Preßluft zur gelegentlichen oder dauernden Aufwirbelung des Schlammes und zur Verhinderung
des Absetzens in die Schlammgrube 5 eingeleitet.
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Der im Trockenvergaser 1 anfallende, wasserfreie oder wasserarme
Hydratkalk gelangt in den Kalkaustrag 6; während das Gemisch von Acetylen, Wasserdampf
und gasförmigen Verunreinigungen und in diesem Gasgemisch schwebendem staubförmigem
Hydratkalk durch das Überströmrohr 8 in den unteren Teil des Waschturmes 9 eintritt.
Dieser Waschturm 9 enthält bis auf eine Anzahl übereinander angeordneter Sprühdüsen
10 keine weiteren Einbauten.
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Die Sprühdüsen 10 werden mit geklärtem Kalkwasser beschickt. Der Ablauf
des Waschturmes 9 gelangt durch die Leitung 17 in die Klärgrube 14, in der durch
Absitzenlassen eine Trennung in einen feststofffreien Anteil 16 und einen feststoffbeladenen
Anteil 15 erfolgt. Letzterer wird diskontinuierlich nach
dem Wechseln der Klärgrube
durch die Schlammpumpe 46 in die Schlammgrube 5 befördert. Der Anteil 16, geklärtes
Kalkwasser, wird von der Klärwasserpumpe 13 durch die Leitung 12 als Waschflüssigkeit
den Sprühdüsen 10 zugeführt. Ein Überschuß an Waschflüssigkeit kann durch die Uberlaufleitung
18 in den Kanal ablaufen.
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Das aus dem Waschturm 9 oben durch Überströmrohr 11 abziehende Gemisch
von Acetylen und Wasserdampf tritt hierauf in den unteren Teil des Waschturms 20
ein, um in diesem durch die beispielsweise aus Raschig-Ringen bestehende Füllkörperschicht
21 nach oben zu strömen. In den Kopf dieses Waschturmes wird von Pumpe 24 durch
Leitung 23 gebrauchtes Chlorwasser aus der sich anschließenden chemischen Gasreinigung
gedrückt, wobei aus Behälter22. oder aus dem Netz der allgemeinen Wasserversorgung
Frischwasser zugesetzt wird. Das gebrauchte Waschwasser läuft durch die Leitung
19 in den Sumpf des Waschturmes 9 und zusammen mit der in diesem sich ansammelnden
Waschflüssigkeit in die Klärgrube 14.
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Das so vorgereinigte Acetylen wird nun von Ventilator 29 durch die
Leitung 28 angesaugt und zwecks chemischer Reinigung in den zum Teil mit den Füllkörpern
27 beschickten Waschturm 26 gedrückt, in dem es oxydierend mit dem durch Pumpe 32
und die Leitungen25, 33 und 30 im Kreislauf gefahrenen und aus dem Vorrat 31 ergänzten
Chlorwasser behandelt wird.
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In dem ebenfalls zum Teil mit Füllkörpern 36 beschickten Waschturm
35 wird das durch tJbertsrömrohr 34 eintretende Acetylen abschließend mit im Kreislauf
gefahrener Natronlauge gewaschen und als Rein-Acetylen am Kopf abgezogen. Der Kreislauf
besteht hier aus den Leitungen 41, 43 und 40 sowie der Pumpe 39. Verbrauchte Natronlauge
kann in den Behälter 44 ablaufen, während frische Natronlauge aus dem Vorrat 37
entnommen wird.
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Die zur Durchführung der erfindungsgemäßen Fahrweise erforderlichen
Änderungen der Gasreini gungsanlage sind in F i g. 2 schematisch dargestellt.
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Dem Trockenvergaserl wird das aus der Schlammgrube 5 durch die Schlammwasserpumpe4
abgezogene Schlammwasser durch die Leitung 3 wie bisher als Vergasungswasser zugeführt.
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Das entwickelte-Acetylen gelangt im Gemisch mit Wasserdampf und staubförmigmitgerissenemI4ydratkalk
in den unteren Teil des Waschturms 9 und strömt in diesem nach oben der durch die
Sprühdüsen 10 feinverteilten Waschflüssigkeit entgegen.
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Die Waschflüssigkeit besteht nunmehr aber gemäß der vorliegenden
Erfindung aus dem gleichen Schlamm wasser, das auch zum Vergasen des Calciumcarbids
verwendet wird. Von der Schlammwasserleitung 3 ist eine neue Leitung 47 bzw. 57
abgezweigt und über den Kühler 48 bzw. über die Umwegleitung 49 mit der alten Verteilerleitung
12 verbunden. Das im Sumpf des Waschturms 9 sich ansammelnde Schlammwasser wird
über Ablaufleitung 65 durch die Schlammwasserpumpe 50 durch die Leitung 57 iiber
den Kühler 48 oder durch die Umwegleitung 49 in die Verteilerleitung 12 gedrückt
oder läuft über die Leitung 51 frei in die Schlammgrube 5 ab, die dann als Kühler
wirkt.
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Das am Kopf des Waschturms 9 durch tZberströmrohr 11 abziehende,
praktisch staubfreie Acetylen tritt nun wie früher in den unteren Teil des mit Füllkörpern
beschickten
Waschturms 20 ein und wird in ihm zur Kühlung und zur Entfernung des Ammoniaks mit
gebrauchtem Chlorwasser behandelt, das aus der sich anschließenden chemischen Gasreinigung
stammt und durch Leitung 23 dem Kopf des Waschturms 20 zugeführt wird.
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Das überschüssige Wasser des Systems wird jetzt nicht mehr wie früher
in Klärbecken gegeben, sondern es wird aus dem Sumpf des Waschturms 20 herausgenommen,
durch Leitung 52 über den Ventilatorkühler 56 gekühlt, dem mit dem Überlauf 62 versehenen
Behälter 55 zugeführt, nachdem ein Teil des Wassers vorher durch Leitung 19 abgezweigt
und zur Ergänzung der durch die Reaktion im Trockenvergaser 1 und durch Verdampfung
in diesem verbrauchten Wassermengen in den Sumpf des Waschturms 9 eingefahren wurde.
Die Hauptmenge dieses Wassers wird als gekühltes Wasser von Pumpe 53 durch Leitung
54 auf den Waschturm 20 zurückgepumpt, der tJberschuß durch Leitung 58 in den Kanal
gegeben.
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Dieses Wasser hat einen pH-Wert zwischen 3 und 8. Da es praktisch
keine sulfidischen Verbindungen enthält, kann es ohne die Gefahr der Bildung von
Schwefelwasserstoff mit anderen sauren Abwässern zusammentreffen.
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Frisches Gebrauchswasser kann im Bedarfsfall aus dem Versorgungsnetz
60 durch die Speiseleitung (ç1 dem System zugeführt werden.
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Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet findet der Erfindungsgedanke
bei der Verwendung eine strömenden Suspension, die als abschleifend wirkendes Medium
den gleichen Feststoff enthält, dessen Ablagerungen verhütet werden sollen, bei
der Entstaubung der kalkhydrathaltigen Dampfbrüden der Kalkhydratförderanlagen und
-vorratsbunker.
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Diese, der Sammelbehälter 6 für die festen, im wesentlichen aus Kalkhydrat
bestehenden Vergasungsrückstände nachgeschalteten Anlageteile, müssen wegen der
Gefahr der Bildung von festen Ablagerungen feuchten Kalkes als Folge von Kondensatbildung,
beheizt und die Filter oft gereinigt werden.
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Eine Trockenentstaubung der entstehenden kalkhydrat- und acetylenhaltigen
Dampfbrüden ist in Anlage und Betrieb sehr aufwendig.
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Bei einer Naßentstaubung hingegen verursacht die Verwendung von Frischwasser
sowohl in den Sprühdüsen der Wascheinrichtungen wie auch an den Wandungen der letzteren
und in den Ablaufleitungen einen starken Kalkansatz, dessen Beseitigung bisher nur
durch periodisch wiederholtes Auswaschen dieser Teile mit verdünnter Salzsäure gelang.
Bei Verwendung von Schlammwasser als Waschflüssigkeit können bei gleich guter Entstaubungswirkung
auch in diesen Anlageteilen die Spülungen mit Salzsäure vollständig in Wegfall kommen.
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Die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei der großtechnischen
Trockenvergasung von Calciumcarbid und der Reinigung des entwickelten Acetylens
bringt mannigfache Vorteile in betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht.
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Das bei der alten Fahrweise erforderliche umfangreiche Gruben-, Pumpen-
und Leitungssystem wird nunmehr sehr viel einfacher. Die Gruben können bis
auf eine
einzige entfallen, damit auch das Klären und Wechseln der Klärgruben und der entsprechende
Arbeitsplatz sowie das Pumpensystem für Klärwasser.
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Selbstverständlich ist es auch möglich, die Waschtürme übereinander
zu bauen. Dabei muß der Waschturm 20 auf den Waschturm 9 aufgesetzt werden und dessen
Wasser gesondert aufgefangen und abgeführt werden.
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Bei dem Waschturm 9 kann wahlweise der Kühler 48 oder die Schlammgrube
5 in Betrieb genommen werden.
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Das Freispülen der Anlageteile mit verdünnter Salzsäure entfällt
gänzlich. Die bisher als unvermeidbar angesehenen empfindlichen Ausfälle in der
Acetylenerzeugung und der sich auf ihr aufbauenden Produktion, z. B. Acetaldehyd,
treten nicht melr auf.
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Bei dem nun möglichen kontinuierlichen Betrieb kommen auch die durch
das bisher notwendige häufige An- und Abstellen, z. B. der Aldehydgeneratoren, bedingten
Schäden an deren Ausmauerung, die wiederum Produktionsausfälle und Reparaturkosten
sowie Ausbeuteverluste beim Acetylen und Acetaldehyd als Folgen des beim An- und
Abstellen erforderlichen Ausblasens der Anlageteile verursachen, in Wegfall.
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Auch die Abwassermenge vermindert sich, die Qualität des Abwassers
wird ganz wesentlich verbessert, und es tritt keine Entwicklung von Schwefelwasserstoff
mehr auf.
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Die Verminderung der Pumpenarbeit bedeutet eine Einsparung elektrischer
Arbeit und auch entsprechender Wartung und Reparaturkosten.
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Schließlich wirkt sich die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens
infolge der nunmehr möglichen Vermeidung von Stillständen auch im Sinne einer Kapazitätserhöhung
der Anlage aus.