-
Verfahren zur Herstellung von hochnaßfesten Cellulosehydratfäden Bekanntlich
verliert die Viskosefaser in nassem Zustand etwa 50% ihrer Festigkeitswerte, d.
h., die relative Naßfestigkeit beträgt nur rund 5011/o. Es hat nicht an Versuchen
gefehlt, um diesen Mangel der Viskosefasern zu beseitigen. So hat man durch Nachbehandlungen
mit Aldehyden oder Kunstharzen, die zu Brückenbildungen zwischen den kettenförmigen
Cellulosemolekülen in den Fasern führen, wohl die Quellfähigkeit der Fasern in Wasser
vermindert und die relative Naßfestigkeit verbessert. Man mußte aber andere Nachteile
in Kauf nehmen, u. a. den Nachteil, daß die Fasern spröde werden.
-
In der Viskoseindustrie wird seit Jahren so gearbeitet, daß man die
Cellulosemoleküle des angewendeten Zellstoffs weitgehend abbaut. Der Durchschnittspolymerisationsgrad
(DP) der Cellulose nimmt dabei niedrige Werte (zwischen etwa 250 bis 300) an.
-
Der weitgehende Abbau der Cellulosemoleküle wird hauptsächlich deshalb
vorgenommen, weil sonst die Viskosität der Spinnmassen (Natriumcellulosexanthogenat)
so hoch wäre, daß man die Spinnmassen nicht glatt und störungsfrei durch die engen
Bohrungen (von etwa 100 #t und weniger) der Spinndüsen hindurchpressen könnte. Wenn
man diese Schwierigkeit durch Druckerhöhung beheben wollte, würde man Gefahr laufen,
daß die Düsenböden abreißen. Eine Abhilfe durch Verstärkung der Düsenböden durch
Einbau von dickeren Platten kann deshalb nicht in Betracht kommen, weil dann die
»Spinnkanäle« zu lang würden und der Widerstand gegen das Durchpressen der Spinnmasse
untragbar hoch würde.
-
Gegenstand vorliegender Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung
von hochnaßfesten Cellulosehydratfäden, das darin besteht, daß eine völlig unaereifte
Viskose mit einem Durchschnittspolymerisationsgrad (DP-Wert) von etwa 500 bis 600
in einem üblichen Spinntrichter mittels einer stark verdünnten, sauren, salzfreien
Lösung, z. B. einer l%igen Schwefelsäure, bei niedriger, vorzugsweise unter 15°
C liegender Temperatur zu Fäden koaguliert wird, die aus dem Spinntrichter austretenden
noch plastischen Gebilde durch ein schwach saures, salzfreies Spinnbad von etwa
20° C, das z. B. aus 5- bis 5,5%iger Schwefelsäure besteht, geführt werden, die
Fäden anschließend durch eine Luftstrecke von einigen Metern geleitet und dann einer
nochmaligen zusätzlichen Verstreckung unter Führung durch ein heißes Wasserbad von
etwa 85 bis 90° C unterworfen werden.
-
In der Viskoseindustrie hat man das Trichterspinnverfahren bisher
nur für die Verarbeitung von stark bzw. völlig gereiften Viskosemassen benutzt.
Hierbei wird die Reifung so weit getrieben, daß die Viskose knapp vor ihrer Eigenkoagulation
steht, also in einen Zustand versetzt ist, in dem sie bei Weiterreifung zu Gelform
erstarren würde. Diese stark gereifte Viskose wird im Trichterspinnverfahren so
versponnen, daß die Koagulation der Fäden durch Bespülen im Spinntrichter mit warmem
Wasser erfolgt. Der durch die relativ weiten Düsenlöcher von 800 #t und darüber
tretende Spinnstrahl wird im Trichter, den die Badflüssigkeit von oben nach unten,
also von der weiten gegen die verengte Stelle des Trichters mit zunehmender Geschwindigkeit
durchströmt, verstreckt, wobei sich der Fadendurchmesser allmählich bis zum Austritt
aus dem Spinntrichter verjüngt. Da die hochgereiften Viskosen einen niedrigen DP-Wert
haben, führen sie zufolge des molekularen Abbaus der Cellulose zu Fäden mit unzureichenden
Festigkeitseigenschaften.
-
In der schweizerischen Patentschrift 237 361 ist ein Verfahren beschrieben,
bei dem weniger gereifte Viskosen in einem alkalischen Spinnbad versponnen werden,
das neben freiem Alkali noch Alkalimetallsalze von verhältnismäßig hoher Konzentration
enthält. Bei Verwendung einer üblichen Trichterspinnanlage, bei der die Dimensionen
des Spinntrichters den Abmessungen entsprechen, die in der Praxis für die Herstellung
von Kupfer-Kunstseide Verwendung finden, können mit ungereifter Viskose unter Verwendung
von alkalischer salzhaltiger Spinnflüssigkeit keine Fäden erhalten werden, die frei
von klebriger oder schmieriger Beschaffenheit sind. Die so gesponnenen
Viskosefäden
zeigen hohen Ouellwert in Wasser (etwa 1004/o) und unbefriedigende relative Naßfestigkeit.
-
Die vorliegende Erfindung beruht auf einem anderen Prinzip. Hier wird
die Fadenbildung in einem Spinntrichter normaler Dimension mit einer stark verdünnten
Säurelösung vorgenommen, die von Elektrolyten, also Salzen, frei ist. Die hierbei
entstehenden Fäden sind soweit vorkoaguliert, daß sie nicht mehr miteinander verkleben,
aber noch so plastisch und dehnbar sind, daß man sie durch zusätzliches Verstrecken
verfestigen kann. Die erfindungsgemäß hergestellten Viskosefäden zeigen einen Quellungswert
in Wasser, der etwa bei 60% liegt.
-
Die Erfindung gestattet die Herstellung von Viskosefasern, deren relative
Naßfestigkeit gegenüber der bisherigen Naßfestigkeit von Viskosefasern erheblich
verbessert ist. Die Reißfestigkeit, die bisher nur etwa 21 Reißkilometer (Rkm) betrug,
liegt etwa bei 32 Rkm und darüber bei einer relativen Naßfestigkeit von etwa 851/o
und mehr. Beispiel Handelsüblicher Fichtenzellstoff, wie er heute allgemein in der
Kunstseiden- und Zellwollindustrie zum Einsatz kommt, wird unter den üblichen Bedingungen
eingemaischt, abgepreßt, zerfasert und anschließend mit 50% Schwefelkohlenstoff
8 Stunden lang bei einem Temperaturintervall von 18 bis 27° C sulfidiert. Das ausgebrachte
Xanthenat wird schwach abgesaugt, 5 bis 6 Stunden lang unter zeitweiligem Anlegen
von Vakuum zu einer Viskose mit 9 bis 9,511/o Cellulose und einem Alkaliverhältnis
von 0,85 bis 0,90 gelöst, zur Vermeidung jeglicher Reife auf - 3 bis 0° C eingekühlt
und anschließend bei dieser Temperatur über feine Metallgazen mit Baumwollfilz als
Zwischenlage bei 5 atü zweimal hintereinander filtriert. Die gefilterte Masse läßt
man zur vollständigen Entlüftung 3 bis 4 Tage unter zeitweiligem Durchkneten und
Anlegung von Vakuum bei möglichst tiefen Temperaturen stehen, anschließend wird
langsam auf etwa 5° C temperiert.
-
Eine auf diese Weise hergestellte erfindungsgemäß brauchbare Spinnmasse
zeigt folgende analytische Daten:
Cellulosegehalt .... 9,1% |
DP-Wert ......... 560 |
Gesamtalkali ...... 8,0% |
CS2-Gehalt . . . . . . . . 40 bis 43 0/0 |
Viskosität ....... . 826 Kgfsec. |
Reifegrad . . . . . . . . größer als 20 (abs. unreif) |
Die gut entlüftete und absolut unreife Viskose mit einer Temperatur von 5° C wird
unter einem Druck von 3 atü einer üblichen Dosierpumpe zugeführt und nach Passierung
eines üblichen Kerzen- oder Tellerfilters mit mehrfacher Metallgazebespannung über
eine Tantaldüse mit sechzig zylindrischen Bohrkanälen von je 800 #t in eine der
Düse entsprechend dimensionierte übliche Trichtereinheit mit einer Geschwindigkeit
von 4,25 ccm/Min. ausgepreßt. Die austretenden Spinnstrahlen werden von dem darin
befindlichen Umlaufmittel (= Bad 1), das 10 g H,SO4/Liter enthält, eine Temperatur
von 12° C besitzt und dessen Umlaufgeschwindigkeit 550 ccm/Min. beträgt, sehr fein
ausgezogen und oberflächlich gerade so weit verfestigt, daß sie einen zusammenhängenden
noch plastischen Faden ergeben. Dieser wird nach Verlassen des Trichters zur weiteren
Verfestigung durch ein 75 bis 80 cm langes zweites Bad mit 50 bis 55g H,S04/Liter
von 20° C geführt (der Faden ist dabei immer noch plastisch), von einer Galette
in dreifacher Umschlingung und zwei vorgeschalteten Badabstreifern mit einer Geschwindigkeit
von 43 m/Min. über eine Luftstrecke von 400 cm abgezogen und anschließend in einem
2 m langen Regenerationsbad (=drittes Bad) mit Wasser von 85 bis 90° C unter andauernder
Erneuerung desselben im Gegenstromprinzip über eine Haspel mit einer Geschwindigkeit
von 54 m/Min. zusätzlich um etwa 25% verstreckt. Die gemessene Bruchdehnung lag
bei 40 %.
-
Der von der Haspel abgenommene Strang wird in bekannter Weise entschwefelt,
ausgebleicht, aviviert und getrocknet. Ein Zusammenkleben der Fäden ist dabei nicht
festzustellen. Es genügt eine einfache Avivage mit den üblichen anion- oder kationaktiven
Mitteln. Doppelavivage, wie sie in der Trichterspinneren vielfach noch ausgeführt
wird, setzt den Quellwert noch weiter herab. Faserbefund Die Faser ist sehr weich
und weist eine feinwellige Kräuselung auf. Die Oberfläche ist glatt, Längsriefungen
sind kaum noch angedeutet. Im Querschnitt findet man rundliche, ziemlich einheitliche
Formen mit vereinzelt eingestreuten gröberen und feineren Fasern. Charakteristisch
ist die Besetzung der Querschnitte mit feinen Poren. Unterschiede zwischen Mantel
und Kern, wie sie bei normalen Viskosefasern bekannt sind, existieren praktisch
nicht mehr, die Faser ähnelt in dieser Hinsicht mehr der Kupfer-Kunstseide.
-
Polarisationsoptisch findet man wie bei diesen, jedoch wesentlich
stärker ausgeprägt und je nach dem Grad der Verdichtung im Bad 3, eine mehr oder
weniger breite, stark leuchtende Randpartie und einen weniger leuchtenden inneren
Teil.
Titer ........................ 1,4 den |
Dehnung |
trocken . . . . . . . . . . . . . . . ..... 7,5% |
na.ß ........................ 8,5% |
DP-Wert ..................... 560 |
Quellung ..................... 68% |
Festigkeit |
trocken .................... 31 Rkm |
naß ........................ 26,6% |
relativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8611/o |
Dichte ....................... 1,5223 |