-
Verfahren zur Herstellung einer Aluminiumlegierung mit niedriger Rekristallisationstemperatur
Die Erfindung bezieht sich auf eine Aluminiumlegierung mit niedriger Rekristallisationstemperatur,
geringer Härte, hoher elektrischer Leitfähigkeit und hoher Korrosionsbeständigkeit.
Diese Eigenschäften werden erfindungsgemäß durch den Zusatz von Kalzium sowie durch
eine geeignete Wärmebehandlung und Verarbeitung erreicht.
-
Es ist bereits bekannt, bei der Herstellung von Leichtmetallgegenständen
mit hohen Verformungsgraden auch Aluminiumlegierungen als Werkstoffe zu verwenden,
die einen niedrigen Gehalt an Kalzium, Strontium, Barium, Cadmium oder Blei aufweisen.
Auch die Wärmebehandlung wird zur Beseitigung von Spannungen im Metall seit langer
Zeit angewendet. Bei durch Kaltverarbeitung gehärteten Metallen tritt bei der Erwärmung
übel eine gewisse Temperatur hinaus der sogenannte Rekristallisationseffekt ein.
Dabei werden die bei der Verarbeitung aufgetretenen Spannungen im Metallgefüge beseitigt,
frische Kristallkörnchen geschaffen und die Metalle erheblich erweicht. Die Temperatur,
bei der diese Rekristallisation eintritt, hängt von der Reinheit der Metalle ab
sowie von dem Ausmaß der Verformung bei der Fertigverarbeitung und der Dauer der
Wärmebehandlung. in der Praxis liegt die Rekristallisationstemperatur von handelsüblichem
Aluminium bei etwa 250 bis 350'C.
-
Es ist jedoch manchmal erwünscht, bei einer Temperatur von unter 250°C,
vorzugsweise schon bei Zimmertemperatur, erweichende Aluminiumlegierungen zu erhalten,
ohne daß man die daraus hergestellten Werkstücke nach ihrer Verarbeitung einer besonderen
Wärmebehandlung unterziehen muß.
-
Es ist das Ziel der Erfindung, eine derartige Aluminiumlegierung,
welche für gewerbliche Zwecke verwertbar ist, zu schaffen. Es war auch schon bekannt,
daß eine Aluminiumlegierung aus Aluminium einer Reinheit von 99,99 % und
einem über 0,48 °/o liegenden Kalziumzusatz bereits bei einer Temperatur von 150°C
rekristallisiert. Ebenso war es bekannt, daß Aluminiumlegierungen geringerer Reinheit
mit einem Zusatz von 0,04 bis 1,00/, Nickel und 0,05 bis 0,25 % Beryllium
bereits bei einer Temperatur von 200°C rekristallisieren. Es war bisher jedoch unmöglich,
den Rekristallisationspunkt dieser Nickel und Beryllium enthaltenden Aluminiumlegierungen
unterhalb 200°C zu drücken. Deshalb war man gezwungen, bei der Verarbeitung mit
hohen Verformungsgraden diese Legierungen zu erwärmen. Auch war es bisher unmöglich,
bei Aluminium mit einem Reinheitsgrad von 99,99 % mit einem unter 0,48
% Kalzium liegenden Legierungszusatz die Rekristallisationstemperatur zu
senken. Die Forschungsarbeiten des Erfinders haben ergeben, daß man Aluminiumlegierungen
mit niedriger Rekristallisationstemperatur, d. h. also Legierungen, die bei niedriger
Temperatur erweichen, erhalten kann, wenn man eine weniger als 0,48"/, Kalzium enthaltende
Aluminiuihlegierung einer Reinheit von mindestens 99;9'9 °/0 einer anschließenden
Wärmebehandlung und Querschnittsverformung unterwirft. Eine derartige Erniedrigung
der Rekristallisationstemperatur läßt sich auch bei Aluminiumlegierungen mit einer
geringeren Reinheit als 99,99 °/o Aluminium durch Kalziuinzusatz und anschließende
Wärmebehandlung erreichen.
-
Es ist das Kennzeichen der erfindungsgemäß hergestellten Legierung,
daß dem Aluminium 0,001 bis 0,47 % Kalzium zulegiert wird und daß die Legierung
einer künstlichen Alterung in einem Temperaturbereich zwischen 250 und 500°C für
etwa 10 Stunden ausgesetzt wird, an welche sich gegebenenfalls noch eine langsame
und geregelte Abkühlung anschließt, und daß die aus dieser Legierung bestehenden
Körper anschließend auf einen mindestens 30"/, kleineren Querschnitt verformt werden.
Dadurch erhält man Aluminiumlegierungen, die bei niedriger Temperatur rekristallisieren.
Die erfindungsgemäßen Vorteile lassen sich auch noch für Aluminiumlegierungen erreichen,
die neben Aluminium die folgenden Verunreinigungen und/oder weiteren Zusätze einzeln
oder zu mehreren jeweils bis zu den angegebenen Gehaltsgrenzen
enthalten:
1,00/" Fe, 0,60/, Si, 0,501, Cu, 0,1 °/o Mg, 0,06 °/o Mn, 0,08 °/a Cr, 0,08
°/o Ti, 0,9 °/o Zn, 0,5010 Ni, 0,20/, Be, 0,20/, B, 0,501, Sn und
weniger als je 0,05 °/o Mo, V und Zr.
-
Die Kalziumzugabe und die Wärmebehandlung nach der vorliegenden Erfindung
stellen die für die Reinigung des Aluminiumgitters notwendigen Schritte dar. Die
Wirkungsweise der Kalziumzugabe läßt sich folgendermaßen erklären. Das Kalzium lagert
sich normalerweise mit den das Aluminium verunreinigenden Elementen unter Bildung
intermetallischer Verbindungen zusammen. Diese Verbindungen bilden selten Mischkristalle
im Aluminiumgitter, so daß die Verunreinigungen aus dem Aluminiumgitter ausscheiden.
Dadurch wird das Aluminiumgrundgefüge gereinigt. Es verbleibt jedoch eine geringe
Menge derartiger Kalziumverbindungen als Mischkristall im Aluminium. Es wurde gefunden,
daß eine alleinige Kalziumzugabe die Rekristallisationstemperatur der Legierung
erhöht.
-
Diese Erscheinung wird dadurch erklärt, daß sich Kalziumatome im Aluminium
im übersättigten Zustand lösen und als das Kristallgefüge verunreinigende Fremdatome
wirken. Um derartige Verunreinigungen und das Kalzium im Gefüge unschädlich zu machen,
wird die Legierung nach der Erfindung einer Wärmebehandlung unterworfen, an welche
sich gegebenenfalls eine gelenkte Abkühlung anschließen kann. Auch die beschriebene
Querschnittsverformung unter Druck bietet eine Möglichkeit zur Reinigung des Aluminiumgrundgefüges,
weil bei dieser Verformung ähnliche Effekte wie bei der Wärmebehandlung durch Verkleinerung
der Aktivierungsenergie für die Ausscheidung der Fremdatome erreicht werden.
-
Entsprechend der Art und Menge der das Aluminium verunreinigenden
Elemente sind die Bedingungen für die Wärmebehandlung, beispielsweise die notwendige
Zeit und der optimale Temperaturbereich der Behandlung für die vollständige Reinigung
des Gefüges unterschiedlich. Der Bereich der wirksamen Wärmebehandlung hängt daher
von der Reinheit des Aluminiums ab. Er nimmt im allgemeinen mit höherer Reinheit
zu.
-
Die erfindungsgemäß hergestellte AluminiumlegierungrekristallisiertbeiZimmertemperaturwiebesonders
raffiniertes Reinstaluminium mit einer Reinheit von 99,9999 °/o. Einen weiteren
Schritt zur Erniedrigung der Rekristallisationstemperatur bildet die Querschnittsverformung
des Materials, welche an die Wärmebehandlung angeschlossen wird. Je weiter die Verformung
getrieben wird, desto größer wird der Erweichungseffekt des behandelten Materials.
-
Der Kalziumzusatz ist auf 0,001 bis 0,47"/, beschränkt. Bei einer
unter 0,0010/, liegenden Zugabemenge von Kalzium konnte keine Wirkung beobachtet
werden. Dagegen genügt ein Zusatz bis 0,47°/o Kalzium bereits, um das Aluminium
selbst mit den beschriebenen Verunreinigungen bei Zimmertemperatur weich werden
zu lassen. Erhöht man die Kalziumzugabe weiter, d. h., gibt man mehr als 0,470/"
Kalzium zum Aluminium dazu, so erhält man unerwünschte härtere Legierungen, welche
in etwa linearem Verhältnis zu ihrem Kalziumgehalt gegen Korrosion anfällig werden.
Die optimalen Ergebnisse bezüglich der Erniedrigung der Rekristallisationstemperatur
wurden innerhalb der angegebenen Bereiche der Wärmebehandlung zwischen 250 und 500°C
und bei über 30°/oigem Verformungsgrad erreicht.
-
Im allgemeinen läßt sich ein je höherer Erweichungseffekt erreichen,
je höher der Verformungsgrad des Materials ist. Bei einem unter 300/0 liegenden
Verformungsgrad des Materials ist der Erweichungseffekt jedoch kaum bemerkbar. Bei
der erfindungsgemäß herzustellenden Legierung kann die mindestens 30°/Qige Querschnittsminderung
auch bei der Verarbeitung der Legierung zu Blech, Metallfolie, Draht od. dgl. für
Kabelmäntel, elektrische Leiter und ähnliche Artikel erfolgen.
-
Zur Erläuterung der Erfindung dienen die folgenden Beispiele: Aluminiumblöcke
mit verschiedenen Kalziumzusätzen werden einer Warm- oder Kaltverarbeitung und einer
Verformung mit oder ohne Wärmebehandlung in den geeigneten Stadien unterworfen und
anschließend zu Folien von 0,1 mm Dicke verarbeitet. Die nachstehende Tabelle zeigt
bei Angabe der Behandlungsbedingungen einen Vergleich zwischen den Rekristallisationstemperaturen
der fertigen Platten und denjenigen von Mustern, welche der erfindungsgemäßen Behandlung
nicht unterworfen wurden. Mit Rekristallisationstemperatur wird dabei diejenige
Temperatur bezeichnet, bei welcher das Erweichen des Materials nach einer Wärmebehandlung
von 30 Minuten Dauet abgeschlossen war.
Aluminium Kalziumzusatz Fertigbearbeitung Temperatur der |
Nr. Wärmebehandlung Rekristallisation |
0 / 0 0 / 0 011 0
° C |
1 99,99 0 A 95 250 |
2 99,99 0,004 keine 95 250 |
3 99,99 0,004 A 95 150 |
4 99,99 0,2 keine 95 300 |
5 99,99 0,2 A 20 300 |
6 99,99 0,2 A 40 100 |
7 99,99 0,2 A 95 Zimmertemperatur |
8 99,7 0,4 keine 95 325 |
9 99,7 0,4 250°C 95 Zimmertemperatur |
5 Stunden |
10 99,7 0,4 B 95 125 |
11 99,7 0,4 C 95 Zimmertemperatur |
12 99,3 0,45 C 95 175 |
Aluminium Kalziumzusatz Fertigbearbeitung Temperatur der |
Nr. Wärmebehandlung Rekristallisation |
°/o °/o °/o ° C |
13 99,99 -I- 1,0°/o Fe 0,2 C 95 Zimmertemperatur |
14 99,99 -I- 0,5 °/o si 0,45 C 95 Zimmertemperatur |
15 99,8 -I- 0,3 °/o Cu 0,45 C 95 125 |
16 99,8 -I-0,05° o Mg 0,45 C 95 150 |
17 99,8 -f- 0,03 % Mn 0,45 C 95 75 |
18 99,99 -I- 0,040/, Cr 0,45 C 95 Zimmertemperatur |
19 99,99 -f- 0,04°/o Ti 0,45 C 95 Zimmertemperatur |
20 99,99 -I- 0,9 % Zn 0,45 C 95 50 |
21 99,99 -f- 0,5 °/o Ni 0,2 C 95 Zimmertemperatur |
22 99,99 -I- 0,2l)/, Be 0,2 C 95 Zimmertemperatur |
23 99,99 -I- 0,20/, B 0,2 C 95 Zimmertemperatur |
24 99,99 -f- 0,5010 Sn 0,2 C 95 Zimmertemperatur |
In der vorstehenden Tabelle bedeutet A die Wärmebehandlung durch Erhitzen bei 500°C
für die Dauer von 10 Stunden mit anschließender Abkühlung von 500 auf 250° um stündlich
je 30°C.
-
B bedeutet die Wärmebehandlung durch Abkühlen von 500 auf 200°C um
stündlich je 250°C.
-
C bedeutet eine Wärmebehandlung, bei welcher die Kaltverformung nach
der Behandlung gemäß A durchgeführt und die Legierung anschließend 10 Stunden lang
einer Wärmebehandlung bei 250°C unterzogen wurde.
-
In der vorstehenden Tabelle sind die Beispiele entsprechend den Versuchsnummern
1, 2, 4, 5 und 8 diejenigen, bei welchen ein Teil der vorliegenden Erfindung keine
Anwendung fand. Wie aus der Tabelle ersichtlich, rekristallisieren die der erfindungsgemäßen
Behandlung unterzogenen Aluminiumlegierungen bei niedriger Temperatur als diejenigen
Muster, welche der erfindungsgemäßen Behandlung nicht unterzogen wurden. Auch Aluminiumlegierungen
von geringerem Reinheitsgrad zeigen eine genügend niedrige Rekristallisationstemperatur,
wie aus den Beispielen 12 bis 14, 20, 21, 23 und 24 hervorgeht.
-
Dagegen zeigen die Beispiele 2, 4, 5 und 8 selbst bei Kalziumzusatz
jedoch ohne die erfindungsgemäße Wärmebehandlung oder Verformung kein Absinken der
Rekiistallisationstemperatur.
-
Durch das Verfahren der Reinigung des Aluminiumgrundgefüges werden
die Legierungen gemäß der vorliegenden Erfindung nicht nur bei niedrigerer Temperatur
weich und zeigen eine feine Rekristallisationskörnung, sondern weisen auch eine
bessere Korrosionsbeständigkeit und elektrische Leitfähigkeit im Vergleich zum unbehandelten
Aluminium und den Aluminiumlegierungen mit bloßem Kalziumzusatz ohne die erfindungsgemäße
Wärmebehandlung oder Verformung auf. Beispielsweise beliefen sich die spezifischen
elektrischen Widerstände bei drei Aluminiumdrähten von 99,7 °/o Reinheit, mit einem
Kalziumzusatz von 0,07 % und der Wärmebehandlung nach der Erfindung auf 2,77
bzw. 2,76 bzw. 2,74 AQ je cm. Die Zugfestigkeiten von zwei Proben mit je 99,70/,
Reinheit und einem Kalziumzusatz von 0,20/, beliefen sich auf 7,0 kg/mm2 ohne Behandlung
und auf 5,8 kg/mm2 bei der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelten Probe.
-
Gewöhnlich neigen Aluminiumlegierungen dazu, durch das beim Glühen
verbrannte Öl fleckig zu werden. Dieser Nachteil tritt bei den erfindungsgemäß hergestellten
Legierungen nicht auf, weil dieselben bereits bei niedriger Temperatur weich werden
und keinem besonderen Glühprozeß unterworfen werden müssen.
-
Die erfindungsgemäß hergestellten Aluminiumlegierungen können in sehr
wirksamer Weise als Werkstoff für dünne Bleche, Kabelmäntel, zum Strangpressen,
zum Kaltpressen, zum Tiefziehen, für korrosionsfeste Stoffe sowie für elektrische
Leiter verwendet werden. Bei der Verwendung für Folien und dünne Bleche zeigt die
erfindungsgemäße Legierung nur einen geringen Grad der Härtung durch Verarbeiten
und kann bei niedrigerer Temperatur erweicht werden. Bei einem geeigneten Fabrikationsverfahren
ist neben der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung kein sonstiges Zwischen- oder Fertigglühen
erforderlich. Man kann tadellose Folien auch ohne das Anhaften von Ölabbränden und
ohne feine Löcher, dafür aber mit einer feinen Kristallstruktur erhalten.
-
Wenn die erfindungsgemäße Aluminiumlegierung verwendet wird, um elektrische
Kabel für die Kraftübertragung oder für das Nachrichtenwesen zu umhüllen, können
Kabelmäntel aus Weichaluminium bei niedriger Temperatur auf das Kabel aufgepreßt
werden, ohne dabei die Kabelisolierung zu zerstören. Ferner ist bei dem direkten
Aufpressen der Aluminiumlegierung auf das Kabel bei Zimmertemperatur und ebenso,
wenn der Werkstoff nach der Kaltverformung, wie z. B. durch Walzen, Ziehen u. dgl.,
mit einem geeigneten Verformungsgrad ausgewählt wird, das Glühen zum Verleihen einer
besseren Biegsamkeit und Geschmeidigkeit nach dem Aufpressen des Kabelmantels überhaupt
überflüssig oder kann doch bei niedrigerer Temperatur vorgenommen werden, in jedem
dieser Fälle können die Kabelisolierungen niemals beschädigt werden. Durch Fließpressen
aus handelsüblichem Aluminium hergestellte Gegenstände werden anschließend oft geglüht,
um den Werkstoff zu eiweichen. Bei den erfindungsgemäß hergestellten Aluminiumlegierungen
nimmt die Rekristallisationstemperatur durch die bei der Verarbeitung bedingte Verformung
so stark ab, daß keine weiteren mühseligen Behandlungen erforderlich sind und die
Fertigverarbeitung sich sehr einfach gestaltet. Man wird erkennen, daß die Rekristallisation
der erfindungsgemäßen Legierung bei niedrigerer Temperatur eintritt und daß dieselbe
eine höhere Korrosionsfestigkeit und verschiedene andere ausgezeichnete Eigenschaften
besitzt, so daß der technische Fortschritt der Erfindung bedeutend ist.