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Titanlegierung und Verfahren zu ihrer Wärmebehandlung Die Erfindung
bezieht sich auf Titanlegierungen vom Alpha-Beta-Typ. Es ist bekannt, daß die mechanischen
Eigenschaften dieser Legierungen im Gußzustand und auch nach der Warmverarbeitung
weitgehend von der Größe der Kristallite abhängen, die im Gußgefüge vorliegen. Es
ist daher das Ziel der vorliegenden Erfindung, die Größe dieser Kristallite herabzusetzen,
um dadurch die Festigkeit der Legierung zu erhöhen.
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Eine Verminderung der Größe der im Gußblock vorliegenden Primärkristallite
kann bei den in Rede stehenden Legierungen bekanntlich durch Zusatz von Beryllium
erreicht werden. Außer Beryllium müssen die Legierungen noch einen Stabilisator
für die a-Phase enthalten, etwa Aluminium, und einen Stabilisator für die ß-Phase,
etwa Vanadium.
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Es hat sich gezeigt, daß durch den Zusatz von Beryllium zu derartigen
Legierungen zwar die Primärkorngröße bedeutend erniedrigt und dadurch die Zugfestigkeit
erhöht werden kann, daß aber hiermit ein Verlust an Duktilität, vor allem im wärmebehandelten
Zustand, verbunden ist. Der beobachtete Abfall der Duktilität ist um so größer,
je höher der Berylliumgehalt gewählt wird. Bei Berylliumgehalten über 0,10'% tritt
schließlich im wärmebehandelten Zustand sogar Versprödung der Legierung ein.
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Ferner ist bekannt, daß die Zugfestigkeit von Titan und Titanlegierungen
durch geringe Zusätze an Schwefel vergrößert werden kann, wobei ebenfalls die Duktilität
absinkt. Auch der Zusatz von geringen Mengen Schwefel führt zu einer mitunter beträchtlichen
Kornverfeinerung.
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Der vorliegenden Erfindung liegt das Ziel zu Grunde, die Größe der
Primärkristallite in a-ß-Titanlegierungen, bestehend aus 4 bis 8% Aluminium, 3 bis
5'% Vanadium, Rest Titan, herabzusetzen und dadurch die Festigkeit dieser Legierungen
in gegossenem und warmverformtem Zustand zu erhöhen, ohne einen nennenswerten Abfall
der Zähigkeit in Kauf nehmen zu müssen. Dieses Ziel wird erreicht, wenn der Legierung
außer Beryllium noch Schwefel in Mengen von 0,02 bis 0,071/o zugesetzt wird. Die
erfindungsgemäßen Titanlegierungen weisen daher folgende Zusammensetzung auf: 4
bis 8 % Aluminium, 3 bis 5 °/o Vanadium, 0,05 bis 0,15% Beryllium, 0,02 bis 0,07%
Schwefel, wobei der Gehalt an Beryllium und Schwefel mindestens 0,08% beträgt, Rest
Titan mit erschmelzungsbedingten Verunreinigungen an Sauerstoff, Stickstoff und
Kohlenstoff von zusammen höchstens 0,5010.
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Legierungen der erfindungsgemäßen Zusammensetzung werden auf die gleiche
Art hergestellt, wie dies auch bei den bereits bekannten Titanlegierungen üblich
ist. Am besten bewährt hat sich das Schmelzen im Lichtbogenvakuumofen unter Anwendung
einer Abschmelzelektrode. Versuche haben gezeigt, daß die Größe der im Gußgefüge
enthaltenen Kristallite bei der erfindungsgemäß zusammengesetzten Legierung geringer
als ein Viertel der Korngröße einer ähnlich zusammengesetzten Legierung ist, die
jedoch ohne Beryllium- und Schwefelzusatz unter sonst gleichen Bedingungen erschmolzen
und vergossen wurde. Der Anstieg der Festigkeit = und zwar sowohl der Zugfestigkeit
als auch der Streckgrenze - beträgt an geschmiedeten Proben wenigstens 3,5 kg/mm2.
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Der Gesamtgehalt an Beryllium und Schwefel in den erfindungsgemäßen
Legierungen soll nicht kleiner als 0,08'% sein, da unterhalb dieser Grenze die erstrebte
Kornverfeinerung nicht eintritt. Andererseits ist auch eine Erhöhung des Schwefel-
und Berylliumgehaltes über insgesamt 0,22'% nicht erwünscht, da sonst doch ein gewisser
Duktilitätsabfall eintritt. Wie bereits erwähnt, soll der Berylliumgehalt der Legierungen
0,05 bis 0,15% und der Schwefelgehalt 0,02 bis 0,07% betragen.
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Tafel 1 zeigt die Verbesserung des Gußgefüges von Legierungsproben,
die entsprechend der vorliegenden Erfindung zusammengesetzt sind, gegenüber Proben
aus sonst vergleichbaren Legierungen ohne Zusätze an Beryllium oder Schwefel sowie
mit Zusätzen von Beryllium bzw. Schwefel allein.
Die in der Tafel
wiedergegebenen Werte wurden an Gußblöcken erhalten, die unter Verwendung einer
Abschmelzelektrode im Lichtbogenvakuumofen hergestellt wurden. Die Abschmelzelektroden
waren aus Titanschwamm und den erforderlichen Legierungselementen zusammengesetzt
und wurden in einem Tiegel mit einem Innendurchmesser von 6,35 cm abgeschmolzen.
Die so erhaltenen Proben wurden nochmals in einem Tiegel von 8,90 cm Innendurchmesser
und 10,1 cm Länge umgeschmolzen. Die Gußblöckchen wurden durchgeschnitten und die
Größe der Kristallite ausgemessen.
Die Weiterverarbeitung der Blöcke erfolgt durch Schmieden und Walzen. Das Schmieden
kann bei etwa 1008° C und das Walzen bei etwa 955° C durchgeführt werden. Nach der
Warmverformung werden die Proben etwa 2 Stunden bei 710° C geglüht und dann an Luft
abgekühlt.
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Tafel 2 gibt die Festigkeitseigenschaften der Proben bei Raumtemperatur
im geglühten Zustand wieder.
Die im Rahmen der Erfindung angestellten Untersuchungen ergaben, daß die Festigkeitseigenschaften
der geschmiedeten und gewalzten Proben noch verbessert werden können, wenn diese
etwa 1 Stunde lang auf 845° C erhitzt, in Wasser abgeschreckt, sodann 8 Stunden
lang auf 482° C erhitzt und schließlich an Luft abgekühlt werden.
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Diese Wärmebehandlung ist an sich für Titan-Aluminium-Vanadium-Legierungen,
die kein Beryllium und keinen Schwefel enthalten, bekannt.
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Tafel 3 zeigt die entsprechenden Werte der so wärmebehandelten Proben.
Tafel 3 (Fortsetzung) |
0,21/0- Bruch- Bruch- |
Zug- ggkeit Streck- schnü- deh- |
Legierung grenze nung |
rung |
(kg/mm2) (kg/mm2) (%) (°/o) |
6 % Al |
4'% V |
Nr. 4 0,100/O S 113,4 105,7 43,2 17 |
Rest Ti |
6 ro/o Al |
4 % V |
Nr. 5 * 012% Be 123,7 111,0 40,1 17 |
0,0411/o s |
Rest Ti |
6 % Al |
4% V |
Nr.6 0,15% Be . 118,8 109,0 36,9 12,5 |
0,021/o s |
Rest Ti |
Bei 840° C 1 Stunde mit Wasser und 460° C 8 Stunden |
mit Luft wärmebehandelte Proben. |
Aus Tafel t ist ersichtlich, daß der Zusatz von Beryllium allein (Legierung Nr.
2) die durchschnittliche Korngröße im Gußzustand bei einer Legierung mit 6'°/o Al
- 4 % V (Legierung Nr. 1) von 5 mm auf 1,5 mm vermindert, während der Zusatz von
Schwefel allein (Legierung Nr. 3 und 4) im analogen Fall keine Verringerung der
durchschnittlichen Korngröße im Gußzustand bewirkt. Die Kombination von Beryllium
und Schwefel setzt die durchschnittliche Korngröße im Gußzustand auf 0,5 mm herab,
wie die Legierungen Nr. 5 und 6 zeigen. Das bedeutet, daß Beryllium und Schwefel
zusammen eine stärker reduzierende Wirkung auf die Korngröße ausüben als ein Zusatz
von 0,22°/o Beryllium allein.
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Die Festigkeitseigenschaften der geschmiedeten Proben im geglühten
Zustand sind in Tafel t zusammengestellt. Es ist daraus zu entnehmen, daß der bekannte
Zusatz von Beryllium oder Schwefel die Zugfestigkeit erhöht, aber die Duktilität
vermindert. Wird der Legierung außer Beryllium noch Schwefel zugesetzt, so ergeben
sich im nur geglühten Zustand ähnliche Festigkeitseigenchaften wie bei einem Zusatz
von Beryllium allein.
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Dieser Sachverhalt ändert sich jedoch, wenn die Proben nach der Warmverformung
einer zusätzlichen Wärmebehandlung unterworfen werden, wie sie oben beschrieben
ist. Die entsprechenden Werte sind in Tafel 3 zusammengestellt. Es ist ersichtlich,
daß die Legierung Nr. 2 eine geringe Duktilität aufweist, die zu einem Dehnungswert
von weniger als 1011/o führt. Wird den Legierungen statt Beryllium oder Schwefel
allein nunmehr Beryllium und Schwefel gemeinsam zugesetzt (Legierungen Nr. 5 und
6), so ergeben sich gegenüber der Schwefel- und berylliumfreien Legierung ebenfalls
wesentlich erhöhte Zugfestigkeitswerte, ohne daß die Duktilität stärker absinkt.
Die Legierungen nach der Erfindung entsprechen daher der praktischen Forderung nach
möglichst hoher Duktilität bei gleichzeitig hoher Festigkeit und 0,2'% Streckgrenze
von allen Legierungen (Nr. 1 bis 6) am ehesten.
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Insgesamt bedeutet dies, daß die Festigkeitseigenschaften der beryllium-
und schwefelhaltigen Legierungen im wärmebehandelten Zustand wesentlich besser sind
als diejenigen der beryllium- und schwefelfreien oder der nur berylliumhaltigen
bzw. nur schwefelhaltigen bekannten Legierungen.
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Legierungen, die gemäß der vorliegenden Erfindung zusammengesetzt
und wärmebehandelt sind, sind wegen ihrer guten Festigkeitseigenschaften mit Vorteil
überall dort zu verwenden, wo geringes Gewicht und hohe Festigkeit erforderlich
sind, wie dies etwa bei der Herstellung von Flugzeugen oder Flugzeugteilen der Fall
ist.