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Verfahren zur Herstellung von herzwirksamen, im Aglykonteil methylverätherten
Verbindungen der Cardenolidreihe Es wurde gefunden, daß sich Cardenolide mit einer
Hydroxygruppe in 19-Stellung sowie gegebenenfalls einer Acyloxy- oder Glykosidgruppe
in 3-Stellung durch Behandlung mit Diazomethan in an sich bekannter Weise in methylierte
Produkte, wahrscheinlich in die entsprechenden 19-Methyläther, überführen lassen.
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Die Methylierung nichtaktivierter Hydroxygruppen mit Diazomethan gelingt
üblicherweise nur unter Zusatz von Bortrifluorid oder Fluorborsäure. Überraschenderweise
wurde gefunden, daß die Methylierung des Cardenolidmoleküls mit Diazomethan allein
durchgeführt werden kann, obwohl hier keine aktiven Hydroxygruppen vorhanden sind
und somit eine Reaktivität gegenüber Diazomethan nicht zu erwarten war (vgl. z.
B. Tetrahedron, Bd. 6 [1959], S.36).
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Die verfahrensgemäß erhaltenen Verbindungen sind neu. Sie stellen
teils wertvolle therapeutische Substanzen dar, teils lassen sie sich, besonders
die Methyläther der Aglykone, durch anschließende Glykosidierung nach an sich bekannten
Verfahren in solche umwandeln. Die Herzwirksamkeit der neuen Verbindungen ist gegenüber
den nicht methylierten Ausgangsstoffen bei oraler Anwendung stark erhöht. So wird
z. B. Convallatoxol und g-Strophantin bei oraler Verabfolgung praktisch nicht resorbiert,
so daß diese Substanzen in der Therapie parenteral verabfolgt werden müssen. Dagegen
zeigen Convallatoxolmethyläther in Katzenversuchen gegenüber den nicht methylierten
Cardenoliden erhöhte Resorptionsquoten von 13,5 % (8 = 8,2,e = 2,9, 1 = 8)
und g-Strophantin-methyläther von 22,60/, (b = 9,6,a = 3,0, = 10). (Genauere
Angaben vgl. Arzneimittelforschung, Bd. 13 [1963], S. 142 bis 149.) Gegenstand der
Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von herzwirksamen, im Aglykonteil methylverätherten
Verbindungen der Cardenolidreihe, das darin besteht, daß man ein 19-Hydroxy-cardenolid,
das gegebenenfalls in 3-Stellung eine Acyloxygruppe oder einen Glykosidrest enthält,
mit Diazomethan in an sich bekannter Weise umsetzt und das Reaktionsprodukt nach
bekannten Methoden isoliert.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Ausgangsverbindung in
einem inerten Lösungsmittel, wie absolutem Dioxan, gelöst und mit überschüssiger
ätherischer Diazomethanlösung versetzt. Zweckmäßig arbeitet man zunächst bei Zimmertemperatur
und steigert nach einiger Zeit die Temperatur bis zum Sieden. Die Behandlung kann
eventuell nach Abdestillieren des Äthers nochmals mit frischer Diazomethanlösung
wiederholt werden. Die Reaktionszeiten variieren dabei, je nachdem, welche Ausgangsverbindung
vorliegt, zwischen einigen Stunden und einigen Tagen. Das erhaltene Umsetzungsprodukt
wird in üblicher Weise durch Abdestillieren des Äthers, Chromatographie und Kristallisation
gereinigt und isoliert.
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Das Verfahren der Erfindung ist ganz allgemein auf solche Cardenoiide
anwendbar, die in 19-Stellung eine Hydroxygruppe tragen. Es lassen sich sowohl die
Aglykone als auch die entsprechenden 3-Glykoside oder 3-Acyloxyverbindungen für
die Umsetzung verwenden.
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Bevorzugte Ausgangsverbindungen sind Steroide der allgemeinen Formel
1
R1 = H oder OH, R, = H, ein Acyl- oder Glykosidrest, R3 = aH oder ßOH, R4 bis R7
= H oder OH,
wobei in 4(5)-Stellung eine Doppelbindung vorhanden
sein kann.
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Beispielsweise können folgende Cardenolide sowie die entsprechenden
3-Glykoside oder 3-Acyloxyverbindungen als Ausgangsmaterial verwendet werden: k-Strophanthidol,
Ouabagenin, ! Coroglaucigenin, 19-Dihydro-antiarigenin, 19-Dihydro-corotoxigenin,
19-Dihydro-adonitoxigenin, 19-Dihydro-allo-glaucotoxigenin, 19-Dihydro-sarmentosigenin
A, 19-Dihydro-cannogenin.
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Als Glykosidrest kommen grundsätzlich alle Mono-und Oligosaccharide
in Frage. Bevorzugte Reste sind Mono-, Di- und Trisaccharide, die sich aus Hexosen
der allgemeinen Formel 11
R1 und R3 = H oder OH, R2 = H oder CH,
ableiten, z. B. Aldohexosen, wie D-Glukose,
6-Desoxy-aldohexosen, wie L-Rhamnose, D-Antiarose, D-Allomethylose sowie die entsprechenden
3-O-Methyläther, wie L-Thevetose, ferner 2,6-Bis-desoxy-aldohexosen, wie D-Digitoxose
sowie die davon abgeleiteten 3-O-Methyläther, wie D-Diginose, D-Cymarose und D-Sarmentose.
Anwendbar sind aber auch Glykoside anderer Zucker, z. B. von Pentosen, wie D-Arabinose,
D-Xylose und D-Lyxose.
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Im einzelnen kommen als Ausgangsmaterial z. B. folgende Glykoside
in Frage: Convallatoxol, Cymarol, 19-Dihydro-convallosid, 19-Dihydro-k-strophantosid,
19-Dihydro-strophanthidin-D-digitalosid, 19-Dihydrocheirotoxin,19-Dihydro-desglucocheirotoxin,
Ouabain, Frugosid, 19-Dihydro-ß-antiarin, 19-Dihydro-a-antiarin, 19-Dihydro-gofrusid,
19-Dihydro-strobosid, 19-Dihydro-boistrosid, 19-Dihydro-millosid, 19-Dihydro-pauliosid,
19-Dihydro-christyosid, 19-Dihydroadonitoxin, 19-Dihydro-sarmentosid A, 19-Dihydrochorchorosid,
19-Dihydro-helveticosid, 19-Dihydroperuvosid, 19-Dihydro-thevetin A.
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Die 3-ständige Hydroxygruppe der nach dem Verfahren der Erfindung
verwendbaren Aglykone kann auch verestert sein. Bevorzugt werden hier die niederen
aliphatischen Carbonsäureester, wie Acetat, Propionat oder Butyrat. Es sind jedoch
auch Ester geeignet, die in der Estergruppe noch zur Salzbildung befähigte Substituenten,
wie Amino- oder Carbonsäuregruppen, enthalten. Beispielsweise seien hier die Glycin-,
Alanin-, Serin- oder Valinester oder Bernsteinsäure-, Oxalsäure oder Zitronensäureester
genannt. Als Salze der aminogruppenhaltigen Ester kommen vorzugsweise die Hydrochloride
in Betracht.
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Die zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens erforderlichen
Ausgangsstoffe sind zum Teil bekannt, zum Teil durch Reduktion der 19-A1-dehydgruppe
mit Natriumborhydrid in an sich bekannter Weise leicht zugänglich.
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Die nach dem Verfahren der Erfindung erhaltenen neuen Verbindungen
weisen eine starke Herzwirksamkeit auf. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Träger-und/oder
Hilfsstoffe zu den verschiedensten pharmazeutischen Zubereitungsformen, wie Tabletten,
Pillen, Drag6es, Lösungen, Emulsionen und Suspensionen, verarbeiten und sollen vor
allem für die orale Applikation in der Herztherapie verwendet werden. Beispiel 1
4 g k-Strophanthidol werden in 100 ml absolutem Dioxan gelöst, mit einer ätherischen
Diazomethanlösung, bereitet aus 15g Nitrosomethylharnstof, 150 ml Äther und 40 ml
40%iger Kalilauge, versetzt und zunächst einige Stunden bei Zimmertemperatur, dann
bei schwach erhöhter Temperatur (etwa 35°C) stehengelassen. Schließlich wird rückfließend
bis zur Entfärbung gekocht und der Ätheranteil des Gemisches abdestilliert. Die
verbleibende Dioxanlösung wird nochmals in gleicher Weise mit frischer Diazomethanlösung
behandelt. Anschließend wird im Vakuum zur Trockne eingedampft und das aus etwa
70% Methyläther und 30% Ausgangsmaterial bestehende Reaktionsprodukt durch Chromatographie
über eine Kieselgelsäule in seine Bestandteile zerlegt.
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Durch Kristallisation aus Alkohol-Äther-Petroläther erhält man etwa
2,5 g k-Strophanthidol-methyläther vom Schmp. 121 bis 124°C; [a]ö = +33° (c = 2,
Chloroform); Methoxylgehalt: 7,5%. Das zurückgewonnene Ausgangsmaterial kann erneut
zur Methylierung eingesetzt werden. Beispiel 2 2 g 3-Acetyl-k-Strophanthidol werden
entsprechend Beispiel 1 behandelt. Die Ausbeute an Methyläther ist hierbei geringer.
Es werden durch Kristallisation aus Aceton-Äther-Petroläther 0,3 g 3-Acetylk-Strophanthidol-methyläther
vom Schmp.206 bis 208'C erhalten. Zur Identifizierung kann die gleiche Verbindung
durch Acetylierung von k-Strophanthidolmethyläther hergestellt werden. Beispiel
3 2 g g-Strophanthin werden in 100m1 absolutem Dioxan gelöst und in drei bis vier
Portionen mit einer ätherischen Diazomethanlösung, bereitet aus 30 g Nitrosomethylharnstofl;
200 ml Äther und 80 m1 40%iger Kalilauge, versetzt. Es wird jeweils nur so viel
ätherische Diazomethanlösung zugegeben, daß eine Ausfällung des Glykosids unterbleibt.
Im übrigen wird entsprechend Beispiel 1 vorgegangen und nach Zugabe jeder Portion
bei Zimmertemperatur bzw. gelinder Wärme stehengelassen, dann unter Rückfluß gekocht
und schließlich der Ätheranteil vor Zugabe neuer Diazomethanlösung abdestilliert.
Das zu etwa 50% vorliegende Umsetzungsprodukt wird ebenfalls durch Chromatographie
über eine Kieselgelsäule vom noch vorhandenen Ausgangsmaterial getrennt. Durch Kristallisation
aus wenig Wasser erhält man etwa 0,8 g g-Strophanthin-monomethyläther-heptahydrat.
Schmp. 176 bis 179°C; [,x]ö = -26° (c = 0,5, Methanol); Methoxylgehalt: 4,5%.