-
Verfahren zur Herstellung von feinteiligen Polymerisaten aus monomeren
Estern der Methacrylsäure Zur Erzeugung von form- und härtbaren Kunststoffmassen
auf Methacrylatbasis werden bekanntlich feinteilige, feste Primärpolymerisate mit
flüssigen Monomeren gemischt. Für die Härtbarkeit solcher Gemische ist es notwendig,
daß die Teilchen des Primärpolymerisats durch das Monomere angequollen werden, ohne
sich gänzlich im Monomeren zu lösen, und daß sich das Monomere während des Härtungsvorgangs
mit den angequollenen Teilchen des Primärpolymerisats durch Polymerisation zu einer
festen, homogenen Masse verbindet. Für die Herstellung von Klebern oder Lacken ist
es erwünscht, feinteilige Primärpolymerisate in möglichst geringen Mengen geeigneter
Lösungsmittel oder in Monomeren vollständig zu lösen, ohne daß die Viskosität der
Lösung wesentlich höher ist als die des reinen Lösungsmittels. Diese Voraussetzungen
können aber nur von Primärpolymerisaten erfüllt werden, deren durchschnittliche
Teilchengröße unter 60 bis 150 p liegt und deren K-Wert nicht mehr als 30 bis 80
beträgt.
-
Primärpolymerisate, die diesen Anforderungen genügen, werden bisher
nach dem sogenannten Suspensionspolymerisationsverfahren hergestellt. Dazu werden
monomere Methacrylsäureester und als Polymerisationsbeschleuniger wirkende Peroxyde,
deren Menge weniger als 1 Gewichtsprozent der eingesetzten Monomerenmenge beträgt,
in Gegenwart von dispergierenden und granulierenden Substanzen unter kräftigem Rühren
in Wasser suspendiert. Durch Erhitzen dieser Suspension unter Druck auf Temperaturen
von etwa 150 " C polymerisieren die suspendierten Tröpfchen des Monomeren zu kleinen
festen Kügelchen oder Perlen, die durch geringe Mengen der dispergierenden und granulierenden
Substanzen verunreinigt sind. Das von der Suspensionsflüssigkeit abgetrennte und
getrocknete Primärpolymerisat läßt sich mit geeigneten polymerisationsfähigen Monomeren
gut zu form- und härtbaren Massen verarbeiten.
-
Gegenüber einer drucklosen Arbeitsweise erfordert die Herstellung
des Primärpolymerisats nach dem Suspensionspolymerisationsverfahren in einem wäßrigen
Medium unter Druck einen technischen Mehraufwand. Außerdem werden nach den bekannten
und unter Druck verlaufenden Suspensionspolymerisationsverfahren nur Primärpolymerisate
erhalten, die durch dispergierende und granulierende Substanzen verunreinigt sind.
-
Es wurde deshalb nach einem einfacheren bei Normaldruck ablaufenden
Verfahren zur Erzeugung solcher Primärpolymerisate gesucht, die nicht in wäßriger
Phase durchgeführt werden müssen und so die Anwendung von dispergierenden und granulieren-
den
Substanzen überhaupt überflüssig machen. Um diese Forderungen zu erfüllen, mußte
eine Möglichkeit zur Erzeugung von leicht zu zerkleinernden Polymerisaten mit niederem
mittlerem Molekulargewicht gefunden werden. Dabei wurde von der Auffassung ausgegangen,
daß sich poröse Polymerisate, die sich durch große Sprödigkeit auszeichnen, besonders
gut zerkleinern lassen.
-
Es ist nämlich bereits bekannt, poröse, schmelzfähige Polymerisate
aus Methylmethacrylat dadurch zu gewinnen, daß zunächst eine große Menge monomeren
Methylmethacrylats in Gegenwart von 0,2 bis 0,4 Mol eines Polymerisationskatalysators
pro 100 Mol polymerisierbarem Monomeren erwärmt wird, um die Polymerisation einzuleiten.
Die Polymerisation soll möglichst so schnell fortschreiten, daß die hierbei frei
werdende Reaktionswärme in der polymerisierenden Masse verbleibt. Trotzdem soll
die Temperatur des Polymerisationsgemisches nicht über 100"C steigen, da bei weiterer
Erhitzung des Reaktionsgemisches erhebliche Substanzverluste zu erwarten wären.
In einer Polymerisationszeit von 4 bis 20 Stunden entstehen so bimssteinartige Polymerisate.
Diese Produkte, deren mittleres Molekulargewicht und deren Molekulargewichtsstreuung
in der Nähe der unteren Grenze der entsprechenden Werte von Methylmethacrylatpolymerisaten
liegen, die im normalen Blockpolymerisationsverfahren erzeugt wurden, können von
monomeren Methylmethacrylat nur sehr schwer gelöst oder angequollen werden, so daß
ihre Weiterverarbeitung nur im Preßverfahren möglich ist. Auf Grund ihrer hohen
Zähigkeit lassen sich diese Produkte auch nur unter erheblichem technischem Aufwand
zerkleinern.
-
Nach einem anderen bekannten Verfahren können poröse Polymerisationsprodukte
aus monomeren Acrylsäureestern oder Lösungen von polymeren Acrylsäureestern mit
niederem Polymerisationsgrad in monomeren Acrylsäureestern in Gegenwart von 6 bis
10 Gewichtsprozent an organischen Peroxyden
hergestellt werden.
Wesentlich ist für dieses Verfahren, daß zunächst in einer Zeit von etwa 6 Stunden
bei Temperaturen von 0 bis 40"C ein Vorpolymerisat hergestellt wird. Unter diesen
Bedingungen wird nur ein Teil des als Polymerisationskatalysator mit dem Monomeren
vermischten organischen Peroxyds verbraucht. Das erhaltene gelartige Vorpolymerisat
wird dann auf 110 bis 130"C erhitzt und auspolymerisiert.
-
Hierbei reagiert die in diesem Vorpolymerisat eingeschlossene Hauptmenge
des organischen Peroxyds unter Bildung eines in der Hauptsache aus Kohlendioxyd
bestehenden Gasgemisches, durch das das Polymerisationsgemisch aufgeschäumt wird.
Es entsteht so ein Polymerisat, das beim Abkühlen zu einem thermoplastischen Schaum
niederer Dichte und ausreichender Steifheit erstarrt. Der Polymerisationsgrad dieser
Produkte ist jedoch dem von normalen Blockpolymerisaten durchaus vergleichbar, so
daß diese Produkte von monomeren Acrylsäureestern ebenfalls nur sehr schwer gelöst
oder angequollen werden.
-
Die nach den vorstehend angegebenen bekannten Verfahren erzeugten
Produkte sind demnach auf Grund ihrer Eigenschaften nicht geeignet, die obenerwähnten
Forderungen, wie beispielsweise leichte Löslichkeit oder Anquellbarkeit in Monomeren
sowie Sprödigkeit und niederes mittleres Molekulargewicht, zu erfüllen.
-
Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von feinteiligen Polymerisaten
durch Polymerisation von monomeren Methacrylsäureestern oder von in der Hauptsache
aus Methacrylsäureestern bestehenden polymerisierbaren Monomerengemischen bei Temperaturen
von 130 bis 160"C unter Normaldruck in Gegenwart von Polymerisationsbeschleunigern,
, die bei Temperaturen von 100 bis 160"C unter Freiwerden von Inertgasen reagieren,
und gegebenenfalls Inertgasen, die während der Polymerisation in das Polymerisationsgemisch
eingeleitet werden, sowie anschließende Zerkleinerung des gebildeten aufgeschäumten
Polymerisats auf eine durchschnittliche Korngröße von 40 bis 150 t gefunden. Kennzeichnend
ist für dieses Verfahren, daß pro 100 Mol polymerisierbarer Verbindungen 0,5 bis
3,0 Mol des Polymerisationsbeschleunigers eingesetzt werden, das erhaltene Polymerisationsgemisch
in 5 bis 40 Minuten auspolymerisiert und dabei auf das sechs- bis zwölffache Volumen
aufgeschäumt wird.
-
Für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens können alle
monomeren Ester der Methacrylsäure eingesetzt werden. Es sind aber auch Monomerengemische
geeignet, die - neben Styrol, Acrylnitril, Acrylsäureestern, Vinylacetat oder anderen
Verbindungen mit polymerisationsfähigen Doppelbindungen - als Hauptbestandteile
Ester der Meth acrylsäure enthalten. Derartige Monomerengemische lassen sich besonders
gut nach dem Verfahren der Erfindung verarbeiten, wenn die Siedepunkte und die Polymerisationsgeschwindigkeiten
der einzelnen Mischungskomponenten nicht zu unterschiedlich sind.
-
An Stelle frisch synthetisierter monomerer Methacrylsäureester können
für das erfindungsgemäße Verfahren ganz oder teilweise auch solche monomeren Methacrylsäureester
verwendet werden, die nach bekannten Depolymerisationsverfahren aus polymeren Methacrylsäureestern
hergestellt worden sind. Diese Regeneratmonomeren werden vorteilhaft vorher mit
Natriumhydroxydlösung gewaschen und anschließend destilliert. Zur Vereinfachung
der Erfindungsbeschreibung
werden die vorgenannten Ausgangsmaterialien unter dem
Begriff »monomere Methacrylsäureester« zusammengefaßt.
-
Polymerisationsbeschleuniger, die bei Temperaturen von 100 bis 160"C
unter Freiwerden eines Intertgases reagieren, sind beispielsweise Benzoylperoxyd,
Laúroylperoxyd oder o;,a'-Azoisobuttersäuredinitril.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren kann kontinuierlich und diskontinuierlich
in einem Gefäß durchgeführt werden, das mit einer Vorrichtung zur Kondensation der
während des Polymerisationsvorgangs verdampfenden Anteile des Monomeren versehen
ist.
-
Der monomere Methacrylsäureester z. B., der pro 100 Mol 0,5 bis 3,0
Mol des Polymerisationsbeschleunigers enthält, wird in dieses Gefäß eingeführt und
unter mornalem Druck erwärmt. Sobald die Temperatur des monomeren Methacrylsäuresters
auf über 80"C gestiegen ist, beginnt die stark exotherm verlaufende Polymerisation.
Sie ist in etwa 5 Minuten beendet. Durch die frei werdende Polymerisationswärme
wird die Temperatur des Polymerisationsgemisches während des Polymerisationsvorgangs
weiter erhöht. Gegebenenfalls muß durch geeignete Wärmeabführung dafür gesorgt werden,
daß die Temperatur des Polymerisationsgemisches nicht über 150 bis 160"C ansteigt.
Der während des Polymerisationsvorgangs verdampfte Anteil des monomeren Methacrylsäureesters
wird in der Kondensationsvorrichtung kondensiert und in den Verfahrensablauf zurückgeführt.
-
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren entstehen Polymerisate mit K-Werten
von etwa 30 bis 80. Das aufgeschäumte Polymerisat erstarrt beim Abkühlen sofort
zu einem losen Netzwerk von Polymerisatfäden, das sich auch bei niedrigem Molekulargewicht
erstaunlich leicht zerkrümeln läßt. Es kann in bekannter Weise in einfachen Zerkleinerungs-
oder Mahlvorrichtungen unter geringem Energieaufwand leicht und in kürzester Zeit
zu einem Pulver zerkleinert werden, dessen durchschnittliche Teilchengröße unter
40 bis 150 p liegt.
-
Die erfindungsgemäß erhaltenen feinteiligen Polymerisationsprodukte
haben ein sehr niedriges mittleres Molekulargewicht und eine geringe Molekulargewichtsstreuung.
Sie sind in großen Mengen in organischen Lösungsmitteln, wie beispielsweise monomerem
Methylmethacrylat, flüssigen Estern, Ketonen, Benzolkohlenwasserstoffen oder halogenierten
aliphatischen Kohlenwasserstoffen, sehr gut löslich. Die Viskosität der Lösung ist
dabei nicht viel größer als die Viskosität des reinen Lösungsmittels. So ist beispielsweise
die Viskosität einer etwa 35 bis 400/0gen Lösung eines erfindungsgemäß hergestellten
Polymerisats in monomerem Methylacrylat die gleiche wie die einer 5°/Oigen Lösung
eines auf normalem Wege hergestellten feinzerteilten Blockpolymerisats. Solche Lösungen,
die bei niederer Viskosität einen hohen Prozentsatz an festem Polymerisat enthalten,
sind besonders geeignet für die Herstellung von Kunststofflacken oder -klebern.
-
Die erfindungsgemäß hergestellten feinteiligen Polymerisate sind
aber auch zur Herstellung von form-und härtbaren Kunststoffmassen auf der Basis
von Methacrylsäureestern hervorragend geeignet. Sie werden an Stelle der bisher
für diesen Zweck gebräuchlichen Suspensionspolymerisate als Primärpolymerisat mit
flüssigen polymerisierbaren Monomeren vermischt.
-
Durch beispielsweise kurzzeitige Einwirkung des Monomeren auf das
Polymerisat kann das einzelne
Teilchen des erfindungsgemäß erzeugten
Primärpolymerisats angequollen werden, ohne daß es sich vollständig in dem Monomeren
löst. Auf Grund des niedrigen Polymerisationsgrads dieses nach dem Verfahren der
Erfindung, hergestellten Primärpolymerisats verbindet sich das Monomere während
der Weiterverarbeitung beim Härten des Gemisches mit den angequollenen Teilchen
des Primärpolymerisats durch weitere Polymerisation zu einer homogenen festen Masse.
-
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es nunmehr möglich, aus
monomeren Methacrylsäureestern bzw. aus polymerisierbaren Monomerengemischen, deren
Hauptbestandteile Methacrylsäureester sind, in einem drucklosen und einfach durchzuführenden
Verfahrensablauf spröde und leicht zu zerkleinernde Polymerisate zu erzeugen, die
nicht durch dispergierende und granulierende Substanzen verunreinigt sind, sich
aber durch gute Quellbarkeit und Löslichkeit, insbesondere in monomeren Methacrylsäureestern,
auszeichnen.
-
Beispiel 1 10 Mol Methacrylsäuremethylester werden mit 0,12 Mol Benzoylperoxyd
auf 800 C erhitzt. Nach kurzer Zeit beginnt die Polymerisation. Durch Freiwerden
der Polymerisationswärme steigt die Temperatur im Polymerisationsgemisch über den
Siedepunkt des Monomeren hinaus bis auf 150 bis 160"C an. Die verdampfenden Anteile
des Monomeren werden kondensiert und im nächsten Verfahrensablauf eingesetzt. Das
hochviskose Polymerisat schäumt gegen Ende der Polymerisation auf ungefähr das Sechsfache
seines Flüssigvolumens auf. Die Polymerisation ist nach etwa 5 Minuten beendet.
Beim Abkühlen erstarrt das Polymerisat schließlich zu einem losen, spröden Netzwerk.
Mit einer Pralltellermühle läßt sich dieses Polymerisat auf einfache Weise und unter
geringem Energieaufwand zu einem Pulver mit einer Körnung < 60 p zerkleinern.
-
Beispiel 2 10 Mol Methacrylsäuremethylester werden mit 0,06 Mol Benzoylperoxyd
auf 80"C erhitzt. Die Polymerisation wird wie im Beispiel 1 beschrieben durchgeführt.
Nach etwa 7 Minuten Polymerisationszeit wird ein schwacher Stickstoffstrom so durch
das Polymerisationsgemisch geleitet, daß dieses auf etwa das Sechsfache seines Flüssigkeitsvolumens
aufschäumt. Die Polymerisation ist nach etwa 8 Minuten beendet. Das erhaltene lose
und spröde Netzwerk aus Polymethylmethacrylat läßt sich durch Vermahlen leicht zerkleinern.
-
Beispiel 3 10 Mol Methylmethacrylat werden mit 0,18 Mol oc,oc'-Azoisobuttersäuredinitril
auf 800 C erhitzt. Die Polymerisation wird wie im Beispiel 1 beschrieben durchgeführt.
-
Der aus dem Beschleuniger frei werdende Stickstoff treibt das Polymerisat
auf das Zehn- bis Zwölffache seines Flüssigvolumens auf. Das erhaltene lose und
spröde Netzwerk aus Polymethylmethacrylat läßt sich durch Vermahlen leicht zerkleinern.
-
Beispiel 4 10 Mol Methylmethacrylat werden mit 0,075 Mol Lauroylperoxyd
auf 80"C erhitzt. Die Polymerisation
wird wie im Beispiel 1 beschrieben durchgeführt.
Das erhaltene Polymethylmethacrylat läßt sich durch Vermahlen leicht zerkleinern.
-
Beispiel 5 7 Mol Methylmethacrylat und 3,4 Mol Vinylacetat werden
mit 0,075 Mol Lauroylperoxyd auf 80"C erhitzt. Die Polymerisation wird wie im Beispiel
1 beschrieben durchgeführt. Nach etwa 40 Minuten ist die Polymerisation beendet.
Das erhaltene Mischpolymerisat läßt sich durch Vermahlen leicht zerkleinern.
-
Beispiel 6 7 Mol Methylmethacrylat und 2,9 Mol Styrol werden mit
0,18 Mol oc,a'-Azoisobuttersäuredinitril auf 800 C erhitzt. Die Polymerisation wird
wie im Beispiel 1 beschrieben durchgeführt. Nach 5 Minuten ist die Polymerisation
beendet. Das erhaltene Mischpolymerisat läßt sich durch Vermahlen leicht zerkleinern.
-
Beispiel 7 11,4 Mol Äthylmethacrylat werden mit 0,12 Mol Benzoylperoxyd
auf 80"C erhitzt. Die Polymerisation wird wie im Beispiel 1 beschrieben durchgeführt.
Nach 20 Minuten ist die Polymerisation beendet. Danach wird das Polymerisat noch
weitere 10 Minuten bei 80"C getempert, um ein monomerenfreies Produkt zu erhalten.
Das erhaltene Polymerisat läßt sich durch Vermahlen leicht zerkleinern.
-
Beispiel 8 10 Mol Methylmethacrylat, das durch Depolymerisation von
Polymethylmethacrylat hergestellt wurde und leicht verunreinigt war, wird mit 0,12
Mol Benzoylperoxyd auf 80"C erhitzt. Die Polymerisation wird wie im Beispiel 1 beschrieben
durchgeführt. Es wird ein aufgeschäumtes Polymethylmethacrylat erhalten, das etwa
die gleichen Eigenschaften aufweist wie die nach den vorstehenden Beispielen erzeugten
Polymerisate.