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Verfahren zur Herstellung von flüssigen Polysulfidpolymeren durch
reduktive Aufspaltung von Disulfldgruppen in festen Polysulfidpolymeren Polysulfidpolymere
können grob in zwei Klassen eingeteilt werden, deren eine (a) die normalerweise
festen Polymere eines Molekulargewichtes von etwa 15 000 bis 200 000 oder größer
und deren andere (b) die normalerweise flüssigen Polymeren eines Molekulargewichtes
von etwa 500 bis 12000 umfassen. Die normalerweise festen oder Polysulfidpolymere
hohen Molekulargewichtes können geradlinig, teilweise kreuz-oder vollkommen kreuzverkettet
sein. Die flüssigen Polymere werden durch Aufspaltung der Polymeren hohen Molekulargewichtes
in solche niederen Molekulargewichtes gewonnen.
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Es ist bekannt, flüssige Polysulfidpolymere durch reduktive Aufspaltung
der Disultidgruppen aus Polysulfidpolymeren hohen Molekulargewichtes zu gewinnen.
Die gewonnenen flüssigen Polysulfidpolymere besitzen Thiolgruppen am Ende der Kette.
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Das bekannte Herstellungsverfahren besteht darin, daß man eine wäßrige
Dispersion eines Polysuffidpolymeren mit Natriumhydrosuffid und Natriumsulfit behandelt.
Das Natriumhydrosuffid spaltet eine Disulfidkette auf und bildet ein Thiol und das
Natriumsalz eines Thiols. Der Ablauf der chemischen Reaktion läßt sich durch die
nachfolgende Gleichung veranschaulichen: -R-S-S-R- + NaSH + Na2 SO3 -RSNa + HSR-
+ Na2S2O3 worin R einen organischen Rest bedeutet. Die Zugabe einer Säure zum Zwecke
der Koagulation der flüssigen polymeren Wasserdispersion führt zur Überführung des
Natriumsalzes - RSNa - in das freie Thiol.
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Der Nachteil der reduktiven Aufspaltung der Disulfidgruppen in Polysulfidpolymeren
höheren Mole kulargewichtes in einer wäßrigen Dispersion und die Gewinnung der flüssigen
Polymeren sind offenbar.
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Es wurde festgestellt, daß man flüssige Polysulfidpolymere durch
reduktive Aufspaltung von Disulfidgruppen in Polysulfidpolymeren hohen Molekulargewichtes
herstellen kann, indem man die Polysuffidpolymere mit mindestens einem Polythiol
umsetzt, welches zwei oder mehr Mercaptogruppen im Molekül enthält.
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Die nach der Erfindung zu verwendenden Polythiole treten in das flüssige
Produkt ein und werden ein integrierender Bestandteil des flüssigen Produktes oder
der durch die nachträgliche Ausreifung oder Oxydation dieses Produktes erhaltenen,
kautschukartigen Polysulfidpolymeren.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verf ahrens lassen sich, wie
oben bereits erwähnt, beliebige
Polythiole verwenden, die zwei oder mehr Mercaptogruppen
im Molekül enthalten. Zweckmäßig bedient man sich der aliphatischen Thiole, welche
zwei bis vier Thiolgruppen im Molekül aufweisen, d. h. also, Polythiole der allgemeinen
Formel HSR(SH)X, wobei R einen gegebenenfalls durch Sauerstoffatome unterbrochenen
1- bis 3wertigen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest und x eine ganze Zahl von 1
bis 3 bedeutet. Geeignete Dithiole sind: I.
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HSCH2CH2SH HSCH2CH2CH2SH
HSCH2CH2CH2CH2SH HSCH2CH2CH2CH2CH2CH2SH HSCH2CH2OCH2CH2SH HSCH2CH2oCH2CH2OCH2CH2SH
HSCH2CH2oCH2CH2OCH2CH2OCH2CH2SH
HSCH2CH2OCH2CH2OC H2CH2OCH2CH2OCH2CH2SH
HSCHCHOCHCHOCCHOCH2CHOCHCH2OCH2CH2SH
HSCH2CH2OCH2CH2CH2OCH2CH2SH HSCH2CH20CH2CH2CH2CH20CH2CH2SH
Geeignete Tri- und Tetramercaptoverbindungen sind in der nachfolgenden Tafel II
wiedergegeben:
Von den Polythiolen der oben wiedergegebenen allgemeinen Formel sind diejenigen
Polythiole, die zwei bis drei Mercaptogruppen im Molekül enthalten, bevorzugt zu
verwenden. Solche Polythiole sind z. B. Tetramethylendithiol-1,4, Hexamethylendithiol-1,6,
1,2,3-Trimercaptopropan und Dithiole der nachfolgenden Strukturformel: HSCH2CH20(CnH2nO)mCH2cH2sH
worin n und m voneinander unabhängig eine ganze Zahl von 1 bis 4 bedeuten.
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Die Polythiole der obengenannten Formel dienen zur reduktiven Aufspaltung
von Disulfidgruppen in irgendeinem Polysulfidpolymeren hohen Molekulargewichtes,
und es werden auf diese Weise Produkte mit Thiolgruppen am Ende der Kette erhalten.
Die Polysulfidpolymeren höheren Molekulargewiahtes können durch Umsetzung eines
organischen Dihalides und Natriumpolysullid gewonnen werden (Ind. Eng.
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Chem., Bd. 28, S. 1145 bis 1149 [1936]) oder sie können durch Oxydation
eines oder mehrerer Polythiole der obengenannten Formel erhalten werden.
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In der Praxis wird man zur Gewinnung von flüssigen Polysulfidpolymeren
ein normales, festes Polysulfidpolymeres mit einem oder mehreren Polythiolen in
Verhältnissen entsprechend 2,5 bis 100 Gewichtsteilen des Polytinols je 100 Teilen
des festen Polysulfidpolymeren mischen. Die Reaktion kann bei Temperaturen zwischen
20 und 2200 C, vorzugsweise zwischen 20 und 1200 C bei atmosphärischem oder im wesentlichen
atmosphärischem Druck durchgeführt werden. Der Ablauf der Reaktion erfolgt unter
Rühren der vorliegenden Reaktionspartnern und unter beschränktem Luft- oder Sauerstoffzutritt
zu den Reaktionsteilnehmern unter Verwendung eines Rückflußkühlers. Die Reaktion
kann auch unter dem atmosphärischen Druck eines inerten Gases, z.B. Stickstoff oder
Helium, durchgeführt werden, bis eine homogene Flüssigkeit vorliegt.
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Das gewonnene flüssige Polysulfidpolymere ist ohne weitere Behandlung
und Reinigung für den Gebrauch geeignet.
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Das Molekulargewicht der flüssigen Polysulfidpolymeren läßt sich
über einen weiten Bereich hin verändern, und zwar je nach dem Verhältnis des festen
Polysulfidpolymeren hohen Molekulargewichts zu den angewendeten Polythiolen. Ein
Anwachsen des Anteiles des Polythiols gegenüber dem mit diesem umzusetzenden Polysulfid
hat eine Zunahme des durchschnittlichen Molekulargewichtes des Produktes zur Folge.
Bei Verwendung eines festen Polysulfidpolymeren und 1,11 -Dimercapto-3,6,9 -trioxaundecan
in einem Verhältnis von 2,5 zu 100 Gewichtsteilen des Dithiols je 100 Gewichtsteile
des Polysuffldpolymeren werden flüssige Produkte erhalten mit absoluten Viskositäten
zwischen etwa 500 und 100000 cP bei 250 C. Bei Verwendung eines Gemisches von einem
Dithiol und einem Trithiol oder Tetrathiol werden flüssige Polysulfldpolymere gewonnen,
welche in der Lage sind, zu reifen oder sich zu oxydieren, um kreuzverkettete Polysulfidpolymere
zu bilden, welche unlöslich in den üblichen Lösungsmitteln für linear verkettete
Polysulfidpolymere sind.
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Nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren gewonnene, flüssige
Polysulfldpolymere können alle gereift oder durch geeignete Behandlung mit oxydierenden
Agenzien, wie Sauerstoff, organische Peroxyde, Metalloxyde usw., vulkanisiert werden.
Dies erfolgt in Mischung mit kleinen Mengen, z. B. von 1 bis 10 Gewichtsprozent
eines Tri- oder Tetrathiols als kreuzverkettendes Agens, um so für viele Zwecke
brauchbare, zähe, kautschukartige Zusammensetzungen zu bilden.
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Beispiel 1 7 Gewichtsteile eines Polysulfldpolymeren werden mit 1
Gewichtsteil von 1,1 1-Dimercapto-3, 6,9-trioxaundecan gemischt. Die Mischung wird
48 Stunden lang bei Zimmertemperatur gerührt, und es fällt schließlich ein sirupöses,
flüssiges Polysulfidpolymeres an, welches bei 250 C eine absolute Viskosität von
3200 cP besitzt.
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Beispiel 2 20 Gewichtsteile eines kautschukartigen Polysulfidpolymeren
werden mit 1 Teil von 1,11-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecan gemischt, und es wird
72 Stunden lang bei Zimmertemperatur gerührt. Das Produkt ist flüssig und besitzt
eine absolute Viskosität von 50000cPbei250C.
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Beispiel 3 7 Gewichtsteile eines festen Polysulfidpolymeren werden
mit 1 Teil von 1,11-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecan gemischt, und es wird 2 Stunden
lang bei einer Erhitzung auf 95 bis 970 C gerührt. Das gewonnene Produkt ist ein
flüssiges Polysulfidpolymeres einer Viskosität von etwa 3200 cP bei 250 C.
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Beispiel 4 7 Gewichtsteile eines festen Polysulfidpolymers, hergestellt
durch Oxydierung von 1,5-Dimercapto-3 oxaheptan, werden mit 1 Gewichtsteil 1,11-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecan
gemischt. Die Mischung wird 48 Stunden lang bei Zimmertemperatur gerührt. Das Produkt
ist ein zäher Sirup.
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Beispiel 5 1 Gewichtsteil des 1,5-Dimercapto-3 oxaheptan wird bei
atmosphärischem Druck zum Kochen gebracht, d. h. auf 2170 C erhitzt. 7 Gewichtsteile
eines festen Polysulfidpolymers werden zugegeben, die Misohung wird gerührt und
in Stickstoffatmosphäre 15 Minuten lang auf eine Temperatur zwischen 217 und 2200
C erhitzt. Nach Abkühlung erhält man ein Produkt in Form eines bei Zimmertemperatur
flüssigen Sirups.
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Beispiel 6 7 Gewichtsteile eines festen Polysuffidpolymeren werden
mit 1 Gewichtsteil 1,11-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecan und 0,4 Gewichtsteilen von
1,2,3-Trimercaptopropan gemischt. Die Mischung wird bei Zimmertemperatur 48 Stunden
lang gerührt. Das Produkt ist eine zähe, aber noch gießbare Flüssigkeit.
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Beispiel 7 7 Gewichtsteile eines kautschukartigen Polysulfldpolymeren,
hergestellt durch Oxydierung einer Mi-
schung von 95 Gewichtsprozent des 1,11-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecans
und 5 Gewichtsprozent des 1,2,3-Trimercaptopropans, werden mit 1 Teil des 1,1 1-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecans
gemischt. Die Mischung wird bei Zimmertemperatur 48 Stunden lang gerührt. Das Produkt
ist ein flüssiges Polysulfidpolymeres.
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Beispiel 8 10 Gewichtsteile eines festen kautschukartigen Polysulfidpolymers
werden mit 1 Teil Hexamethylendithiol H 5 (C H2)6 5 H gemischt. Die Mischung wird
6 Stunden lang bei Zimmertemperatur gerührt. Das Produkt ist ein flüssiges Polysulfldpolymeres.
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Beispiel 9 6 Gewichtsteile eines wachsartigen Polysulfidpolymers
des Hexamethylendithiols werden mit 1 Teil Hexamethylendithiol gemischt. Die Mischung
läßt man 6 Stunden lang bei Zimmertemperatur stehen.
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Man erhält eine klare flüssige Lösung.
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Beispiel 10 7 g des kautschukartigen Polysulfidpolymers werden mit
1 g 1,11-Dimercapto-3,6,9-trioxaundecan gemischt. Die Mischung wird 24 Stunden lang
bei Zimmertemperatur gerührt. Eine klare, sirupartige Flüssigkeit wird erhalten.