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Die vorliegende Erfindung betrifft Servolenkvorrichtungen.
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Sie betrifft insbesondere die Servolenkvorrichtungen, die ein Lenkrad aufweisen, auf das ein Fahrer eine Manövrierkraft, ein sogenanntes „Lenkraddrehmoment“ ausüben kann und innerhalb derer ein Steuergerät eine Servosteuerung des Lenkmechanismus unter Verwendung des Lenkraddrehmoments als Regelgröße ausführt.
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Solche Steuergeräte sind effizienter und ermöglichen insbesondere eine Bereitstellung eines Lenkraddrehmoments, das insbesondere mit der dynamischen Situation des Fahrzeugs vereinbar ist.
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Zu diesem Zweck beziehen die Steuergeräte insbesondere zunehmend zahlreiche und komplexe elektronische und Software-Funktionen ein.
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Diese zunehmende Komplexität erschwert jedoch mehr und mehr eine Konfiguration der Steuergeräte, bisweilen mit der Gefahr, dass diese Steuergeräte in einigen Situationen dem Fahrer ein Gefühl eines ziemlich künstlichen Fahrverhaltens, das unangenehm oder gar kontraintuitiv sein kann, vermitteln.
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Die der Erfindung zugeordneten Aufgaben zielen folglich darauf ab, die oben erwähnten Nachteile zu überwinden und einen neue Art von Steuergerät vorzuschlagen, das, während es Stabilität, Ansprechverhalten und Genauigkeit des Servolenksystems sicherstellt, auf der einen Seite dem Fahrer einen ausgezeichneten Fahrkomfort und auf der anderen Seite ein Gefühl für das Verhalten des Servolenksystems sowie ein Gefühl für die Wechselwirkung des Lenkmechanismus mit der Straße vermittelt, das so natürlich und informationsreich wie möglich ist.
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Die der Erfindung zugeordneten Aufgaben werden mittels einer Servolenkvorrichtung gelöst werden, die ein Lenkrad, auf das ein Fahrer eine Manövrierkraft, ein sogenanntes „Lenkraddrehmoment“, ausüben kann, sowie einen Hilfsmotor aufweist, der von einem Steuergerät gesteuert wird, das zumindest ein Regelgesetz verwendet, das eine Regelung des Lenkraddrehmoments sicherstellt, wobei das Steuergerät zumindest einen Rückkopplungszweig, einen sogenannten „Ableitungszweig“, aufweist, der eine Komponente, eine sogenannte „Ableitungskomponente“, berechnet, indem ein Parameter der tatsächlichen Kraft gemessen oder ausgewertet wird, der dem tatsächlichen Lenkraddrehmoment oder einer Größe entspricht, die ein Abbild des tatsächlichen Lenkraddrehmoments ist, dessen Wert und Variationen mit dem Wert und Variationen des tatsächlichen Lenkraddrehmoments korreliert sind, indem dann ein Zeitableitungswert des Parameters der tatsächlichen Kraft berechnet wird, indem dann der Zeitableitungswert mit einer Ableitungsverstärkung multipliziert wird, wobei die Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass das Steuergerät eine dreidimensionale Abbildung nutzt, um die Ableitungsverstärkung als Funktion, auf der einen Seite, des Parameters der tatsächlichen Kraft und, auf der anderen Seite, der longitudinalen Geschwindigkeit des Fahrzeugs einzustellen.
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Vorteilhafterweise ermöglicht die Verwendung einer Abbildung einer Ableitungsverstärkung unter Verwendung mehrerer Eingabeparameter, hierin zumindest zweier Eingabeparameter, nämlich des Parameters der tatsächlichen Kraft und des Parameters der longitudinalen Geschwindigkeit, eine Optimierung der automatischen Einstellung der Ableitungsverstärkung in Abhängigkeit von mehreren Eingabeparametern, welche die Lebenssituation des Fahrzeugs genau und vollständig kennzeichnen.
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Somit kann die Ableitungsverstärkung für jede verschiedene Lebenssituation des Fahrzeugs genau angepasst werden, um so das Verhalten und das Gefühl für das Servolenksystem, die für die betrachtete Lebenssituation am geeignetsten sind, zu begünstigen.
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Die Erfindung ermöglicht daher jeder Lebenssituation des Fahrzeugs, die durch die verschiedenen Eingabeparameter, welche in der Zusammensetzung der Abbildung verwendet werden, gebührend gekennzeichnet ist, eine Ableitungsverstärkung zuzuordnen, die in der betrachteten Situation dem bestmöglichen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Stabilitäts-, Komfort-, Genauigkeits-, Ansprechverhaltens- und Qualitätsanforderungen des Gefühls entspricht.
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Andere Aufgaben, Merkmale und Vorteile der Erfindung werden sich beim Lesen der folgenden Beschreibung sowie unter Verwendung der beigefügten, bloß veranschaulichend und nicht einschränkend bereitgestellten Zeichnungen zeigen, unter denen:
- 1 in einer schematischen Ansicht eine Servolenkvorrichtung gemäß der Erfindung veranschaulicht.
- 2 veranschaulicht eine Abbildung, die eine Einstellung der Ableitungsverstärkung gemäß der Erfindung ermöglicht.
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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Servolenkvorrichtung 1.
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Die Vorrichtung weist in an sich bekannter Weise und wie in 1 veranschaulicht ein Lenkrad 2 auf, auf das ein Fahrer eine Manövrierkraft, ein sogenanntes „Lenkraddrehmoment“ T2, ausüben kann.
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Die Vorrichtung 1 weist auch einen durch ein Steuergerät 4 gesteuerten Hilfsmotor 3 auf. Der Hilfsmotor 3 ist vorzugsweise ein Elektromotor beispielsweise des bürstenlosen Typs.
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Das Steuergerät 4 nutzt ein Regelgesetz, das eine Regelung des Lenkraddrehmoments T2 sicherstellt.
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In der Praxis bestimmt das Steuergerät 4 aus verschiedenen Parametern, welche eine Charakterisierung einer dynamischen Situation des Fahrzeugs zu einer bestimmten Zeit ermöglichen, einen Sollwert T2_set des Lenkraddrehmoments, der dem Drehmoment entspricht, das der Fahrer in der betrachteten Situation am Lenkrad 2 im Prinzip fühlen sollte.
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Das Steuergerät
4 betrachtet dann die Abweichung (die Differenz)
zwischen dem Sollwert
T2_set des Drehmoments und dem tatsächlichen Lenkraddrehmoment
T2_actual, leitet dann davon mittels eines entsprechenden Hilfsgesetzes einen Hilfs-Sollwert ab, den das Steuergerät auf den Hilfsmotor
3 anwendet, um so das tatsächliche Lenkraddrehmoment
T2_actual zum Sollwert
T2_set des Lenkraddrehmoments konvergieren zu lassen.
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Natürlich kann die Servolenkvorrichtung 1 in einer an sich bekannten Weise einen Lenkmechanismus aufweisen, der ein Ändern der Orientierung eines gelenkten Rades oder vorzugsweise zweier gelenkter Räder 5, 6 ermöglicht.
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Zu diesem Zweck kann der Lenkmechanismus eine Zahnstange 7 umfassen, die in einem Lenkgehäuse translatorisch geführt ist und deren Enden mit Lenkstangen 8, 9 verbunden sind, welche die Gierausrichtung der die Räder 5, 6 tragenden Achsschenkel steuern.
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Das Lenkrad 2 kann vorzugsweise mittels einer ein Antriebsritzel 11 tragenden Lenksäule 10 auf der Zahnstange 7 in Eingriff gebracht sein.
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Der Hilfsmotor 3 wiederum kann den Lenkmechanismus und insbesondere die Zahnstange 7 antreiben, indem er vorzugsweise über ein Getriebebauteil 12 vom Untersetzungsgetriebe- oder Kugelgewindetyp entweder an der Lenksäule 10 oder direkt an der Zahnstange 7 in Eingriff steht.
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Das Steuergerät
4 weist zumindest einen Rückkopplungszweig
13, einen sogenannten „Ableitungszweig“, auf, der eine Komponente, eine sogenannte „Ableitungskomponente“, Cd berechnet, indem ein Parameter der tatsächlichen Kraft gemessen oder ausgewertet wird, der dem tatsächlichen Lenkraddrehmoment
T2_actual entspricht oder der einer Größe entspricht, die ein Abbild des tatsächlichen Lenkraddrehmoments
T2_actual ist, dessen Wert bzw. Variationen mit dem Wert bzw. Variationen des tatsächlichen Lenkraddrehmoments
T2_actual korreliert sind,
indem dann ein Zeitableitungswert des Parameters der tatsächlichen Kraft berechnet wird:
indem dann der Zeitableitungswert mit einer Ableitungsverstärkung
Kd multipliziert wird:
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Der Parameter der tatsächlichen Kraft ist vorzugsweise das tatsächliche Lenkraddrehmoment T2_actual. Solch eine Wahl ermöglicht es insbesondere, die Einstellungen und die Abstimmung der Vorrichtung 1 zu erleichtern, indem der Parameter T2 des Lenkraddrehmoments ausgewertet wird, der in der Praxis dem entspricht, was der Fahrer über das Lenkrad 2 unmittelbar und direkt fühlt.
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Das tatsächliche Lenkraddrehmoment T2_actual könnte zum Beispiel mittels eines vorzugsweise auf der Lenksäule 10 platzierten Drehmomentsensors 14 gemessen werden oder sogar mittels eines geeigneten Abschätzungsalgorithmus von anderen Parametern abgeschätzt werden.
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Zur Vereinfachung der Beschreibung könnten im Folgenden ein Parameter der tatsächlichen Kraft und das tatsächliche Lenkraddrehmoment T2_actual in jedem Fall assimiliert werden.
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Alternativ dazu ist es jedoch möglich, im Ableitungszweig 13 als Parameter der tatsächlichen Kraft jede beliebige Größe zu verwenden, welche ein echtes Abbild des tatsächlichen Lenkraddrehmoments T2_actual ergibt und welches zum Beispiel mittels eines klar definierten Hilfsgesetzes mit dem tatsächlichen Lenkraddrehmoment T2_actual korreliert ist, so dass der Wert des Parameters der tatsächlichen Kraft (zu einer bestimmten Zeit) den Wert des tatsächlichen Lenkraddrehmoments T2_actual repräsentiert und dass die Variationen im Wert des Parameters der tatsächlichen Kraft über ein gegebenes Zeitintervall die Variationen im Wert des tatsächlichen Lenkraddrehmoments T2_actual über das gleiche Zeitintervall repräsentieren.
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Beispielsweise könnte die durch die Zahnstange 7 auf die Stangen 8, 9 ausgeübten Zug/Kompressionskraft entsprechende Zahnstangenkraft oder auch das durch den Hilfsmotor 3 entwickelte Drehmoment oder auch der durch das Hilfsgesetz in Abhängigkeit vom tatsächlichen Lenkraddrehmoment T2_actual bestimmte Hilfs-Sollwert als Parameter der tatsächlichen Kraft T2_actual genutzt werden.
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Die Zeitableitung entspricht hierin der ersten Ableitung, die gleich dem Quotienten der Variation d(T2_actual) des Werts des Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft derart, dass diese Variation über ein vorbestimmtes Zeitintervall dt beobachtet wird, durch das betrachtete Zeitintervall dt ist.
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Das verwendete Zeitintervall dt entspricht vorzugsweise der Aktualisierungsperiode (Dauer einer Iteration) des Ableitungszweigs 13 und allgemeiner der Aktualisierungsperiode des Regelgesetzes.
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Gemäß der Erfindung verwendet das Steuergerät 4 eine dreidimensionale , um die Ableitungsverstärkung Kd als Funktion, auf der einen Seite, des Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft (erste Eingabe der Abbildung) und, auf der anderen Seite, der longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic des Fahrzeugs (zweite Eingabe der Abbildung) einzustellen.
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Die Erfinder haben in der Tat festgestellt, dass die Ableitungskomponente Cd und daher die Ableitungsverstärkung Kd einen Einfluss auf verschiedene Phänomene ausübten, einschließlich insbesondere:
- - die Stabilität der Servosteuerung des Lenkraddrehmoments, die gemäß dem Regelgesetz ausgeführt wird, und insbesondere die Stabilität in Bezug auf Störungen oder sogar in Bezug auf die „Lenkradwelligkeit“, das heißt in Bezug auf die Tendenz, die das Lenkrad hat, eine wellige Bewegung bzw. ein Ripple (typischerweise mit einer Frequenz zwischen 20 Hz und 40 Hz) zu zeigen, insbesondere wenn der Fahrer das Lenkrad 2 loslässt;
- - der Manövrierkomfort und das Gefühl für das mechanische Verhalten des Lenkmechanismus als Antwort auf Manöver des Fahrers, einschließlich insbesondere des Gefühls für die Reibung, des Gefühls für die Viskosität, des Gefühls für die Trägheit des Lenkmechanismus, des Gefühls für den Lift-off (das heißt, die Kraftschwelle, die der Fahrer überwinden sollte, um die Versetzung des Lenkmechanismus auszulösen), aber auch des Gefühls für die Fahrgenauigkeit und der „Phasenlage“ (das heißt, der möglichen Phasenverschiebung) zwischen den Variationen des Lenkraddrehmoments T2, die durch vom Fahrer ausgeführte Manöver gesteuert werden, und den entsprechenden Reaktionen des Fahrzeugs, die eine tatsächliche und wahrnehmbare Variation der Gierrate des Fahrzeugs zur Folge haben;
- - die Wahrnehmung, über den Lenkmechanismus und das Lenkrad 2, der äußeren Umgebung des Fahrzeugs und der Wechselwirkungen zwischen dem Lenkmechanismus (und insbesondere den Rädern 5, 6) und der Umgebung des Fahrzeugs, insbesondere den Wechselwirkungen zwischen den Reifen und der Straße, und insbesondere das Gefühl eines Rückkehrmoments in Richtung der Mittenlage, wenn das Lenkrad gedreht wird, oder aber das Gefühl der Körnung der Straße über die durch die Straßenoberfläche in den Rädern induzierten Vibrationen.
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Eine Einstellung der Ableitungsverstärkung Kd von Fall zu Fall in Abhängigkeit von der Lebenssituation des Fahrzeugs, sodass diese Lebenssituation durch zumindest zwei Eingabeparameter (hierin zumindest der Parameter T2_actual der tatsächlichen Kraft und die Fahrzeuggeschwindigkeit V_vehic) gekennzeichnet ist, ermöglicht vorteilhafterweise eine Optimierung für die Verhaltens des Steuergeräts 4, um das (die) Verhalten (Verhaltensweisen), die im Kontext der beobachteten Lebenssituation als am wichtigsten und daher am nützlichsten beurteilt werden, zu begünstigen.
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Vorzugsweise weist die dreidimensionale , wie in 2 veranschaulicht ist, eine erste Domäne D1, eine sogenannte „Park-Domäne“ D1, auf, die sich von einer longitudinalen Geschwindigkeit des Fahrzeugs Null (V_vehic = 0) bis zu einer vorbestimmten Schwelle V_thresh der longitudinalen Geschwindigkeit ungleich Null erstreckt, und eine zweite Domäne D2, eine sogenannte „Fahr-Domäne“ D2, die sich über die Schwelle V_thresh der longitudinalen Geschwindigkeit hinaus erstreckt.
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In der Fahr-Domäne D2 nimmt die Ableitungsverstärkung Kd ab, wenn der Parameter T2_actual der tatsächlichen Kraft zunimmt, während in der Park-Domäne D1 die Ableitungsverstärkung Kd zunimmt, wenn der Parameter T2_actual der tatsächlichen Kraft zunimmt.
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Sofern nicht anders angegeben, gibt in der vorliegenden Beschreibung der Begriff „zunehmen“ eine Zunahme im Absolutwert (das heißt, eine Abweichung von Null) an, während der Begriff „abnehmen“ eine Abnahme im Absolutwert (das heißt, eine Annäherung an Null) angibt.
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Vorteilhafterweise kann durch Bereitstellung differenzierter Domänen D1, D2 die verschiedene Arten von Lebenssituationen erkennen und verwalten und die Ableitungsverstärkung Kd je nach betrachteter Domäne unterschiedlich einstellen.
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Insbesondere wird ungeachtet der longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic die Ableitungsverstärkung Kd, je größer die Schwelle V_thresh ist, bei der gegebenen Geschwindigkeit V_vehic gemäß einer monoton abnehmenden Funktion des Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft und bevorzugter gemäß einer monoton abnehmenden Funktion des tatsächlichen Lenkraddrehmoments T2_actual vorzugsweise abnehmen.
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Diese abnehmende Funktion ist vorzugsweisestetig bzw. kontinuierlich (das heißt, entspricht einer Kontinuitätsklassenfunktion von zumindest C0), um so sanfte Entwicklungen zwischen verschiedenen Lebenssituationen, die zur Fahr-Domäne D2 gehören, zu begünstigen.
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Ähnlich wird in der Park-Domäne D1 ungeachtet der betrachteten longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic (unterhalb der Schwelle V_thresh) die Ableitungsverstärkung Kd bei der gegebenen Geschwindigkeit V_vehic gemäß einer monotonen und vorzugsweise kontinuierlichen Funktion des Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft vorzugsweise zunehmen.
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Vorteilhafterweise wird in einer Parksituation, und daher in Situationen, die hohe Lenkraddrehmomente erfordern können, um die Räder 5, 6 zu manövrieren, und/oder in denen man möglicherweise, insbesondere wenn das Fahrzeug gestartet wird, entsprechend der Beschaffenheit des Bodens (trocken, nass, gefrorener Boden ...) mit einer großen Vielzahl an Haftbedingungen der Räder 5, 6 umgeht, solch eine zunehmende Funktion, die die Ableitungsverstärkung Kd mit dem tatsächlichen Lenkraddrehmoment T2_actual erhöht, die Stabilität des Servolenksystems 1 fördern.
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Solch eine Funktion wird auch die Verstärkung der Unterstützung im Fall oszillierender Phänomene fördern und wird folglich die Beschränkung der Lenkradwelligkeit bzw. des Lenkrad-Ripples fördern.
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Die Schwelle V_thresh der longitudinalen Geschwindigkeit wird natürlich so ausgewählt, dass sie in der Praxis einer Grenze zwischen, auf der einen Seite, einer Situation, in der das Fahrzeug stillsteht oder sich in einer Parkmanövriersituation langsam bewegt, und, auf der anderen Seite, einer Situation, in der das Fahrzeug fährt, entspricht.
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Aus diesem Grund ist die Schwelle (V_thresh) der longitudinalen Geschwindigkeit, die die Grenze zwischen der Park-Domäne D1 und der Fahr-Domäne D2 markiert, vorzugsweise (in Absolutwerten) gleich 5 km/h oder geringer, vorzugsweise gleich 3 km/h oder geringer oder sogar gleich 2 km/h oder geringer.
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In 2 ist hierin V_thresh = 2 km/h ausgewählt.
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Um die Instabilitäten oder den ruckartigen Betrieb des Servolenksystems 1 zu vermeiden, sieht die Abbildung vorzugsweise eine gewisse Stetigkeit bzw. Kontinuität der Übergänge zwischen der Park-Domäne D1 und der Fahr-Domäne D2 vor, um so einen sanften Betrieb zu garantieren, wenn die durch die Schwelle V_thresh der longitudinalen Geschwindigkeit repräsentierte Grenze überquert wird.
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Aus diesem Grund weist die dreidimensionale grafisch vorzugsweise einen Punkt, einen sogenannten „Inversionspunkt“, P0 auf, der an der Grenze zwischen der Park-Domäne D1 und der Fahr-Domäne D2 liegt (das heißt, dessen Koordinate der longitudinalen Geschwindigkeit gleich der Geschwindigkeitsschwelle V_thresh ist), und von dem aus, falls die in der Richtung einer zunehmenden longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic in Absolutwerten und in der Richtung eines abnehmenden Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft in Absolutwerten beschrieben wird, dann die Ableitungsverstärkung Kd (Vektor F1 auf der Oberfläche der Abbildung in 2) in Absolutwerten zunimmt, während, falls die immer in der Richtung einer zunehmenden longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic in Absolutwerten, aber in der Richtung eines zunehmenden Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft in Absolutwerten beschrieben wird, die Ableitungsverstärkung Kd (Vektor F2 auf der Oberfläche der Abbildung in 2) in Absolutwerten abnimmt.
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Grafisch entspricht der Inversionspunkt P0 für eine longitudinale Geschwindigkeit V_vehic, die gleich der Geschwindigkeitsschwelle V_thresh ist, und daher in einer normalen Projektion in einer Projektionsebene, die durch V_vehic = V_thresh definiert ist, am Schnittpunkt, auf der einen Seite, einer abnehmenden Funktion, die die Ableitungsverstärkung Kd in Abhängigkeit vom tatsächlichen Lenkraddrehmoment T2_actual in der Fahr-Domäne D2 verwaltet, und, auf der anderen Seite, der zunehmenden Funktion, die die Ableitungsverstärkung Kd in Abhängigkeit von diesem gleichen tatsächlichen Lenkraddrehmoment T2_actual in der Park-Domäne D1 verwaltet.
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Umgekehrt haben auf der anderen „Steigung“, die auf der Seite der Park-Domäne D1 in Bezug auf den Inversionspunkt P0 gelegen ist und von diesem gleichen Inversionspunkt P0 ausgeht, eine abnehmende longitudinale Geschwindigkeit V_vehic und ein abnehmendes tatsächliches Lenkraddrehmoment T2_actual eine abnehmende Ableitungsverstärkung Kd zur Folge, während eine abnehmende Geschwindigkeit V_vehic und ein zunehmendes tatsächliches Lenkraddrehmoment T2_actual eine zunehmende Ableitungsverstärkung Kd zur Folge haben.
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Wie in 2 gezeigt ist, weist die Fahr-Domäne D2 vorzugsweise mehrere Teildomänen auf, welche umfassen:
- - eine erste Teildomäne, eine sogenannte „Nachbarschafts-Teildomäne der geraden Linie“, D2_1, die sich von einem Nullwert des Parameters der tatsächlichen Kraft (T2_actual = 0) bis zu einer ersten vorbestimmten Kraftschwelle (T2_actual = T_thresh_low) erstreckt und in der die Ableitungsverstärkung Kd in Absolutwerten größer als eine erste Verstärkungsschwelle, eine sogenannte „Obergrenze-Schwelle“, Kd_high bleibt,
- - eine zweite Teildomäne, eine sogenannte „Wende- bzw. Kurven-Teildomäne“, D2_2, die sich von einer zweiten vorbestimmten Kraftschwelle T_thresh_high, die (in Absolutwerten) größer als die erste Kraftschwelle T_thresh_low ist, und darüber hinaus erstreckt und in der die Ableitungsverstärkung Kd in Absolutwerten geringer als eine zweite Verstärkungsschwelle, eine sogenannte „Boden-Schwelle“, Kd_low in Absolutwerten strikt unterhalb der Obergrenze-Schwelle Kd_high, bleibt,
- - eine dritte dazwischen liegende Teildomäne, eine sogenannte „Übergangs-Teildomäne“, D2_3, die sich von der ersten Kraftschwelle T_thresh_low zur zweiten Kraftschwelle T_thresh_high erstreckt und in der, wenn der Parameter T2_actual der tatsächlichen Kraft zunimmt, bei einer gegebenen longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic die Ableitungsverstärkung Kd in Absolutwerten von der Obergrenze-Schwelle Kd_high zur Boden-Schwelle Kd_low abnimmt.
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Die Teildomänen D2_1, D2_2, D2_3 der Fahr-Domäne D2 erstrecken sich vorzugsweise über einen Bereich von longitudinalen Geschwindigkeiten V_vehic, deren Amplitude gleich 60 km/h oder gar 90 km/h oder größer ist.
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Die Teildomänen D2_1, D2_2, D2_3 könnten sich vorzugsweise zumindest zwischen einer niedrigen (absoluten) longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic von 60 km/h (oder geringer) und einer hohen longitudinalen Geschwindigkeit, die zum Beispiel der maximalen Fahrzeuggeschwindigkeit entsprechen könnte und/oder zum Beispiel zumindest 150 km/h oder gar zumindest 180 km/h betragen könnte, erstrecken.
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Die allgemeinen Prinzipien, die oben die allgemeine Form der Teildomänen D2_1, D2_2, D2_3 der Fahr-Domäne D2 beschreiben, könnten vorzugsweise über einen großen Bereich longitudinaler Geschwindigkeiten bis zur Geschwindigkeitsschwelle V_thresh beibehalten werden, die die Grenze mit der Park-Domäne D1 markiert, selbst wenn aus Gründen der Stetigkeit bzw. Kontinuität die Boden-Schwelle Kd_low und/oder die Obergrenze-Schwelle Kd_high der Ableitungsverstärkung Kd eingestellt, in diesem Fall erhöht bzw. verringert, werden könnten/könnte, wenn die longitudinale Geschwindigkeit V_vehic (in Absolutwerten) unter eine vorbestimmte Schwelle vor der Grenze (zum Beispiel V2 im Fall von Kd_low) abnimmt, um sich der Geschwindigkeitsschwelle V_thresh anzunähern, wie in 2 gezeigt,.
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Die Nachbarschafts-Teildomäne der geraden Linie D2_1 oder die Teildomäne „in der Mitte“ entspricht einer Situation, in der das Fahrzeug auf einer geraden Linie oder nahezu geraden Linie fährt und in der daher das Lenkrad 2 und allgemeiner der Lenkmechanismus in einer Mittellage sind.
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Das Lenkraddrehmoment T2, das vom Fahrer ausgeübt wird, und folglich der Parameter T2_actual der tatsächlichen Kraft sind daher verhältnismäßig gering, gar im Wesentlichen Null.
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Eine Ableitungsverstärkung Kd, die ausreichend hoch ist, wird dann ausgewählt, in diesem Fall größer als die Obergrenze-Schwelle Kd_high, um den Komfort der Manöver beginnend von der Mittellage aus zu verbessern und insbesondere um, auf der einen Seite, die Lift-off-Kraft zu begrenzen, die der Fahrer aufbringen muss, um den Lenkmechanismus nach links oder rechts zu bewegen und/oder, auf der anderen Seite, das unangenehme Gefühl zu verringern, das durch Reibung während der Manöver hervorgerufen wird. Daher wird die Position im oberen Bereich der liegen.
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Die Ableitungsverstärkung Kd wird jedoch auch als ausreichend moderat (ausreichend niedrig) ausgewählt, um keinen Phasenvorlauf zu erzeugen, das heißt, um zu verhindern, dass das Fahrzeug zu schnell auf eine Kursänderung durch Ändern seiner Gierrate reagiert, während der Fahrer gerade damit begonnen hat, das Lenkrad 2 zu betätigen.
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Die Wende- bzw. Kurven-Teildomäne D2_2 oder die Teildomäne „außerhalb der Mitte“, entspricht einer Wende- bzw. Kurvensituation, in der das Fahrzeug mit einem Lenkrad, das einen signifikanten Lenkwinkel, und zwar ungleich Null, aufweist, fährt, um eine gekrümmte Bahn zu übermitteln.
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In solch einer Situation wird das „Straßengefühl“, das heißt, das Gefühl für die Straßenkörnung und die Wechselwirkung, insbesondere die Haftung, zwischen den Reifen der Räder 5, 6 und der Straße, gefördert.
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Zu diesem Zweck wird daher eine ausreichend niedrige Ableitungsverstärkung Kd gewählt, in diesem Fall geringer als die Boden-Schwelle Kd_low oder gleich dieser, und allgemeiner geringer als die Ableitungsverstärkung, die in der Umgebung der geraden Linie verwendet wird, um eine Hinzufügung einer zu signifikanten Unterstützung zu vermeiden, die die schnellen Variationen im Lenkraddrehmoment (deren Frequenz typischerweise zwischen 2 Hz und 20 Hz, sogar 30 Hz, liegt) übermäßig korrigieren würde und die daher die durch diese Variationen übermittelte Information übermäßig dämpfen (filtern) würde, was das Straßengefühl verschlechtern würde.
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Die Ableitungsverstärkung Kd kann jedoch ausreichend hoch bleiben, um zu vermeiden, dass eine Empfindlichkeit gegenüber einem „Stick-Slip“-Phänomen der Reifen erzeugt wird, entsprechend dem sich die Reifen beim Beginn des Manövers vor einem ziemlich abrupten Lift-off tendenziell stark am Boden festhalten.
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Da dieses Stick-Slip-Phänomen umso sensitiver ist, je niedriger die longitudinale Geschwindigkeit V_vehic ist, wird die Boden-Schwelle Kd_low der Ableitungsverstärkung Kd vorzugsweise erhöht, wenn die longitudinale Geschwindigkeit V_vehic abnimmt und insbesondere wenn die longitudinale Geschwindigkeit V_vehic in der Richtung der Schwelle V_thresh der longitudinalen Geschwindigkeit (und daher wenn sie der Park-Domäne D1 nahekommt) unter eine gewisse Schwelle V2 vor der Grenze fällt, welche größer als die Schwelle V_thresh der longitudinalen Geschwindigkeit und hierin als V2 bezeichnet ist, welche Schwelle V2 vor der Grenze beispielsweise zwischen 60 km/h und 30 km/h, wie in 2 gezeigt, liegt.
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Im Allgemeinen könnte die Wende- bzw. Kurven-Teildomäne D2_2 innerhalb der die Form einer Wanne einnehmen.
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Die Übergangs-Teilschwelle D2_3 wird wiederum den Übergangssituationen entsprechen, die einen Übergang von einer Situation einer geraden Linie zu einer Wende- bzw. Kurvensituation oder umgekehrt ermöglichen.
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In dieser Übergangs-Teildomäne D2_3 wird daher die Ableitungsverstärkung Kd zwischen der Boden-Schwelle Kd_low und der Obergrenze-Schwelle Kd_high schrittweise eingestellt.
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In einer „Gegenlenkungs“-Situation, in der der Fahrer das Lenkrad 2 loslässt, um es zur Mittellage zurückkehren zu lassen, oder auch in der der Fahrer das Lenkrad 2 betätigt, um das Lenkrad 2 zur Mittellage zurückkehren zu lassen, wird die Ableitungsverstärkung Kd so gewählt, dass sie die Umsetzung eines Hilfsmoments bei der Rückkehr begünstigt.
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An sich kann insbesondere eine verhältnismäßig hohe Ableitungsverstärkung Kd gefördert werden. Falls der Fahrer das Lenkrad 2 loslässt oder sein Manöver im Hinblick auf dessen anfängliches Wende- bzw. Kurvenmanöver umkehrt, um das Lenkrad zur Mittellage zu bringen, gibt es einen schnellen, nahezu augenblicklichen Abfall des Lenkraddrehmoments T2 und daher des Parameters T2_actual der tatsächlichen Kraft.
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Daher wird die Zeitableitung dT2_actual/dt besonders hoch.
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Je höher die Ableitungsverstärkung Kd ist, desto mehr wird dieser Abfall in der Berechnung der Ableitungskomponente Cd verstärkt werden, und daher wird umso schneller die herkömmliche Unterstützung reduziert werden, die bis dahin dazu tendierte, den Lenkwinkel in der vom Fahrer gewünschten Wende- bzw. Kurvenrichtung beizubehalten oder zu verstärken.
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Die Rückkehr zur Mittellage des Lenkrads, die in der Richtung stattfinden soll, die der Richtung entgegengesetzt ist, in die diese anfängliche Unterstützung wirkte und die daher behindert werden würde, falls die anfängliche Unterstützung andauert, wird daher durch die Anwendung einer verstärkten Ableitungsverstärkung Kd gefördert.
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Umgekehrt hebt in einer Lenkmanöversituation der Fahrer den Lenkwinkel hervor, um eine Kurve zu nehmen.
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Insbesondere ist es für den Fahrer möglich, schnell zu lenken, um somit nahezu eine „Step-Eingabe“ eines Lenkraddrehmoments T2, T2_actual auszuführen.
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In der Praxis kann solch ein „Step-Eingabe“-Manöver durch eine Drehgeschwindigkeit des Lenkrads gekennzeichnet sein, die gleich einer zwischen 150 Grad/s und 300 Grad/s gelegenen Schwelle oder größer als diese ist, und kann insbesondere einem dringenden Manöver zur Umgehung eines Hindernisses entsprechen.
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In solch einer Situation ist es daher zweckmäßig, eine Ableitungsverstärkung Kd auszuwählen, die eine ausreichende Reaktivität und daher eine moderate Phasenverzögerung zwischen dem Manöver des Lenkrads 2 und der Ausführung einer tatsächlichen Änderung in der Gierrate durch das Fahrzeug bereitstellt, ohne umgekehrt eine zu frühe Reaktion herbeizuführen, die den Fahrer überraschen könnte.
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In solch einer Wende- bzw. Kurvenmanöversituation und insbesondere in einer „Step-Eingabe“-Situation wird die Ableitungsverstärkung Kd auch in Abhängigkeit von der longitudinalen Geschwindigkeit V_vehic des Fahrzeugs eingestellt, um so eine weniger intensive Reaktion bei hoher Geschwindigkeit als bei einer niedrigen Geschwindigkeit herbeizuführen, um zu verhindern, dass die Lenkunterstützung ein unbeabsichtigtes Fahren abseits der Spur fördert.
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Vorzugsweise, und insbesondere um die Nachbarschaftssituationen einer geraden Linie (Teildomäne D2_1) und/oder die „Step-Eingabe“-Situationen (Lenkraddrehung entsprechend der Teildomäne D2_3) richtig zu verwalten, ist die dreidimensionale so ausgelegt, dass die resultierende Ableitungsverstärkung Kd eine Phasenverzögerung zwischen einem Fahrermanöver, das eine Variation des Lenkraddrehmoments T2, T2_actual, auslöst, und einer tatsächlichen Änderung in der Gierrate des Fahrzeugs, die sich aus dem Manöver ergibt, induziert, welche zwischen zumindest 50 ms, vorzugsweise zumindest 100 ms und höchstens 300 ms, vorzugsweise höchstens 200 ms, liegt.
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Unterhalb von 100 ms (typischerweise eine „Sport“-Einstellung) und erst recht unterhalb von 50 ms kann das Servolenksystem 1 den Fahrer mit einer viel schnelleren Reaktion als erwartet überraschen.
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Jenseits 200 ms (typischerweise eine „Komfort“-Einstellung) und erst recht jenseits von 300 ms kann das Servolenksystem 1 als „weich“ wahrgenommen werden, das heißt, es weist einen Mangel an Ansprechverhalten und Genauigkeit auf, was insbesondere nachteilig ist, wenn ein Hindernis umgangen oder aber wenn eine Reihe von Kurven genommen wird, Situationen, die eine gute Synchronisierung zwischen den Reaktionen des Fahrzeugs und den vom Fahrer vorgenommenen Lenkradbewegungen 2 erfordern.
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Die der Ableitungsverstärkung könnte beispielsweise empirisch mittels Testkampagnen und/oder mittels numerischer Simulationen bestimmt werden.
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Natürlich ist die vorliegende Erfindung nicht auf die oben beschriebenen alleinigen Varianten beschränkt, und der Fachmann kann das eine oder das andere der oben erwähnten Merkmale trennen oder frei miteinander kombinieren.