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Vorrichtung zur Mtrierung der Innenoberfläche von Rohren Die bei Anwendung
der klassischen Nitrierverfahren für gewisse Spezialstähle erzielte sehr große Härte
der nitrierten Oberflächenschicht ist wegen der Sprödigkeit von Nachteil, weil die
nitrierten Werkstücke damit für Verwendungszwecke weniger geeignet sind, wenn die
Gefahr einer Abblätterung besonders groß ist.
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Es ist bereits versucht worden, diesen Nachteil dadurch abzuschwächen,
daß Stähle verschiedener Zusammensetzung verwendet worden sind. Unter den klassischen
Spezialstählen ermöglichen die auf der Basis von Chrom-Aluminium-Molybdän und Nickel-Chrom-MolybdänAluminium,
die maximale Härte von 1100 Vickers zu erreichen. Diese sind dann geeignet, wenn
keine Abblätterungsgefahr (Reibung und Schock) besteht; die Chrom-Molybdän-Stähle
mit mäßigem Chrom- und Molybdängehalt geben eine weniger hohe Oberflächenhärte (850
bis 900 Vickers), besitzen aber eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen Stöße.
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Bei strengen Bedingungen hat die Erfahrung gezeigt, daß bei verschiedenen
Stahlsorten mit besonders zäher, wenn auch etwas weniger harter nitrierter Schicht
die Gefahr einer raschen Abblätterung infolge heftiger Schockwirkung mit Hilfe einer
nach den klassischen Bedingungen durchgeführten Nitrierung nicht ausgeschaltet werden
kann.
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Diese Gefahr einer raschen Abblätterung tritt besonders bei Rohren
auf, deren Durchmesser in bezug auf die Länge der Rohre klein ist, weil diese Gefahr
durch Unregelmäßigkeiten erhöht wird, die experimentell in der nitrierten Schicht
im Innern des Rohres festgestellt werden können. Dies ist insbesondere der Fall
bei Schußrohren für Feuerwaffen.
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Eine eingehende Untersuchung dieser Frage hat zu folgenden Feststellungen
geführt: Bei der klassischen Nitrierung bildet sich an der Oberfläche des Metalls
eine Schicht sehr geringer Dicke aus (einige hundertstel Millimeter), die hauptsächlich
aus harten und spröden Nitriden besteht. Direkt unterhalb dieser Schicht ist die
Stelle mit der praktisch größten Härte, so daß die Härte-Tiefe-Kurve in direkter
Nachbarschaft der Oberfläche eine charakteristische Spitze aufweist.
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In den Fig. 1 und 2 der Zeichnung ist eine Härte-Tiefe-Kurve dargestellt,
deren eine a in vollen Linien und deren andere b gestrichelt gezeichnet ist. Die
Härte ist auf die Ordinate aufgetragen und in Vickers gemessen (unter verringerter
Belastung von 100 g). Die Tiefe ist auf der Abszisse aufgetragen und in Millimeter
gemessen. Die in vollen Linien ausgezogenen Kurven a stellen die bei den klassischen
Nitrierverfahren erhaltenen Resultate dar, und zwar für einen Chrom-Molybdän-Aluminium-Stahl
(Fig. 1) und für einen Chrom-Molybdän-Stahl (Fig. 2). Diese beiden Kurven besitzen
im Punkt c ein Härtemaximum bei einigen hundertstel Millimetern Tiefe.
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Der allgemeine Verlauf dieser ausgezogenen Kurven ist immer gleich,
unabhängig von der Art des verwendeten Stahls: das Maximum c der Kurve ist nur etwas
weniger hoch für die Chrom-Molybdän-Stähle, die eine weniger große Oberflächenhärte
ergeben.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Bildung der spröden
Schicht zu verhindern und die oben beschriebenen Nachteile dadurch zu beseitigen,
daß der Vorgang der Verbindung von Stickstoff mit dem Metallgesteuert wird, so daß
die eigenartige Spitze c am Anfang der Kurve unterdrückt wird und, ausgehend von
einer etwas weniger hohen Oberflächenhärte, eine stetige Abnahme der Härte eintritt,
die sich in einer geraderen und weniger geneigten Kurvenform ausdrückt, wie die
gestrichelten Kurven b in Fig. 1 und 2 zeigen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die
Empfindlichkeit der nitrierten Schicht gegen Abblättern um so geringer ist, je flacher
die Kurve verläuft.
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Es ist bekannt, daß jede Temperatur und jeder Druck (bei der gewöhnlichen
Nitrierung kann der
Druck als konstant und etwa gleich dem Atmosphärendruck
angesehen werden) ein Gleichgewichtszustand für die aus Ammoniak und seinen Dissoziationsprodukten
bestehende gasförmige Phase in Gegenwart der aus dem zu nitrierenden Metall bestehenden
festen Phase entspricht, der praktisch durch die in Prozenten ausgedrückte Dissoziation
des Ammoniaks angegeben werden kann.
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Andererseits ist es auch bekannt, daß die Nitrierung nur dann wirksam
ist, wenn die Dissoziation des Ammoniaks in Berührung der Werkstücke vor sich geht,
weil nämlich der entstehende Stickstoff in das zu härtende Metall eindringe. Aus
diesem Grunde wird bei den klassischen Nitrierverfahren darauf geachtet, das Gas
vor einer zu frühen Dissoziation dadurch zu schützen, daß passive Metalle für die
Nitrierbehälter und die Zuführungsleitungen für Ammoniak verwendet werden.
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Weiterhin wurde gefunden, daß die Eindringgeschwindigkeit des Stickstoffs
in das Metall im Augenblick der Berührung mit der zu härtenden Oberfläche von der
Zusammensetzung und der Geschwindigkeit des Gasstromes für die Nitrierung abhängt.
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Es ist ferner wichtig, daß bei den verwendeten Einrichtungen alle
Werkstücke oder Werkstückteile im Inneren der Nitrierkammer mit einem Gas in Berührung
gebracht werden, dessen Dissoziationsgrad dem gewählten als optimal angesehenen
Dissoziationsgrad entspricht. Während der Gasstrom über die verschiedenen zu nitrierenden
Werkstücke oder Werkstückteile streicht, wird eine gewisse Menge Stickstoff absorbiert;
es ist deshalb nötig, daß der Gasstrom genügend stark ist, damit dieser Stickstoffverlust
nur einen nebensächlichen und vernachlässigbaren Einfluß auf dessen Zusammensetzung
ausübt. Ferner ist es erforderlich, daß die Stärke des Gasstromes an allen Punkten
die gleiche ist. Diese Bedingungen werden zum Nitrieren der Innenoberfläche von
Rohren, deren Durchmesser im bezug auf ihre Länge klein ist, gemäß der Erfindung
dadurch erfüllt, daß im oberen Teil des in einem Nitrierofen angeordneten Nitrierbehälters
im Abstand vom Deckel des Nitrierbehälters eine gasdichte Kammer angebracht ist,
in die das Nitriergas nach Durchleiten durch die zu nitrierenden Rohre eintritt,
die an ihren einen Enden im Boden der Kammer gehalten sind, und daß seitlich außerhalb
der Kammer von einem Gebläse eine Zuleitung für das Nitriergas bis in die. Nähe
des Bodens des Nitrierbehälters und aus der Kammer eine Rückleitung zu dem Gebläse
führt, so daß ein geschlossener Kreislauf für das Nitriergas gebildet wird, und
daß die Zuleitung eine Leitung für die regelbare Zufuhr von frischem Ammoniakgas
und das Gebläse eine Abzugleitung für verbranntes Gas aufweist.
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Die Sicherung einer gleichmäßigen Temperatur und die Regelmäßigkeit
der Gaszufuhr ist bekannt. Auch ist die Verwendung von Haubenöfen mit Gasumwälzung
bekannt. Die in der Regel von einem Gebläse hervorgerufene Gasumwälzung dient aber
zur Verhinderung von Gasstauungen und zur Gewährleistung einer konstanten Temperatur
durch Konvektion. Diese Umwälzung ist aber unregelmäßig und ruft deshalb auch Unregelmäßigkeiten
der Zusammensetzung des Gases an den verschiedenen Stellen der Werkstücke hervor,
was durch die Erfindung vermieden wird. Bei der bekannten Einrichtung wird keine
Umwälzung und Durchmischung des Gasstromes, sondern ein gleichmäßiger Fluß desselben
erzielt. Ferner streicht in den Haubenöfen der Gasstrom im allgemeinen über Heizwiderstände
oder an erwärmten Wänden entlang, was eine unkontrollierbare Dissoziation des Ammoniaks
hervorruft.
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Wenn daher eine Gaszufuhr konstanter Zusammensetzung bekannt ist,
so sind die dafür vorgesehenen Einrichtungen nicht imstande, einen so regelmäßigen
Gasstrom von so genauen Zusammensetzungen an allen Punkten' zu gewährleisten, wie
das nach der Erfindung möglich ist, um die Lösung der Aufgabe zu erreichen, die
Eindringgeschwindigkeit des Stickstoffes so zu steuern, daß sich dabei eine schwächer
geneigte Härte-Tiefe-Kurve der Werkstücke ohne Spitze ergibt.
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Es ist auch bekannt, eine Nitrierhärtung der Innenflächen von Hohlräume
enthaltenden Maschinenteilen oder Werkstücken durchzuführen, insbesondere eine Nitrierhärtung
von Zylinderbohrungen von Flugzeugmotoren. Bei solchen Werkstücken treten nicht
die Schwierigkeiten auf wie bei langen Rohren mit verhältnismäßig kleinem Innendurchmesser.
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Bei dieser bekannten Nitrierhärtung wurden nur die Innenflächen gehärtet,
und die Nitriergase wurden dazu ausschließlich durch das Innere der relativ großen
Hohlräume geleitet, während die Außenflächen mit der Atmosphäre in Berührung blieben.
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In Fig.3 der Zeichnung ist eine beispielsweise Ausführungsform der
Vorrichtung nach der Erfindung im Längsschnitt dargestellt.
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Ein Nitrierbehälter 1 ist im Innern eines Nitrierofens 2 vorgesehen.
In diesem Behälter werden die zu nitrierenden Rohre 4 an ihren einen Enden im Boden
3, der mit dem Deckel 6 des Nitrierbehälters 1 mit einer Stange 5 verbunden ist,
gehalten. Der Boden 3 ist durchlocht, so daß mehrere Rohre 4 aufgenommen werden
können, die mit einer Dichtung 7 befestigt sind und frei hängen. Eine gasdichte
Kammer 8 ist oberhalb des Bodens 3 durch eine zylindrische Wand 9 mit Deckel 10
und Abdichtung 11 begrenzt. Der Boden 3 bildet eine dichte Trennwand zwischen.dem
Inneren des Nitrierbehälters 1 und der Kammer B. Ein in einem Gehäuse angeordnetes
Gebläse 12 ist einerseits durch die Rückleitung 13 mit der Kammer 8 und andererseits
durch die Zuleitung 14 mit dem Nitrierbehälter 1 verbunden. Die Zuleitung 14 mündet
in der Nähe des Grundes des Nitrierbehälters 1 in genügend großem Abstand von dem
unteren Ende der zu nitrierenden Rohre 4, damit jedes Rohr ein Gasgemisch gleicher
Zusammensetzung zugeführt erhält. Durch die Leitung 15 wird die regelbare Zufuhr
von frischem Ammoniakgas in die Zuleitung 14 gewährleistet und durch die Abzugleitung
16 das Abziehen von verbrauchtem Gas aus dem Kreislauf, der aus dem Gebläse 12,
der Zuleitung 14, dem Nitrierbehälter 1, den zu nitrierenden Rohren 4, der Kammer
8, der Rückleitung 13 besteht. Die aus Gebläse 12 und dem Leitungssystem bestehende
Gesamtheit ist gut isoliert.
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Das in den Nitrierbehälter 1 eingeführte Gasgemisch (Ammoniak, Stickstoff,
Wasserstoff) strömt durch das Innere der zu nitrierenden Rohre 4. Die Umlaufgeschwindigkeit
des Gasgemisches in den zu nitrierenden Rohren ist beliebig regelbar und der Ammoniakgehalt
beliebig einstellbar. Ferner ist die Umwälzgeschwindigkeit in den zu nitrierenden
Rohren 4 unabhängig von der Menge des durch die Leitung 15 zugeführten Ammoniakgases.
Der weitaus größte Teil des aus der geschlossenen Kammer 8
mittels
der Rückleitung 13 angesaugten Gases wird durch die Leitung 14 in den Nitrierbehälter
1 zurückgeführt.
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Die Vorrichtung nach der Erfindung kann auch horizontal oder im Winkel
stehend vorgesehen werden.
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Mit der Vorrichtung nach der Erfindung werden folgende Vorteile erreicht:
Das durch das Gebläse 12 angesaugte Gas ist gezwungen, durch die zu nitrierenden
Rohre 4 hindurchzuströmen, weil die Rohre einerseits parallel zueinander zwischen
dem Nitrierbehälter 1 von relativ großem Volumen verlaufen, worin sich die
Hauptmasse des umzuwälzenden Gases befindet, und andererseits parallel zu einer
gasdichten Kammer 8, in welcher in allen Punkten eine gleichmäßige Depression
herrscht, so daß in allen zu nitrierenden Rohren 4 ein Fluß gleicher Gasmenge
gegeben ist.
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Die am Boden des Nitrierbehälters 1 befindliche Gasmasse, in
welche die zu nitrierenden Rohre 4 eintauchen, bildet ein Gaskissen konstanter
Temperatur, dessen Zusammensetzung sowohl vom Volumen dieser Gasmasse als auch von
der Leistung des Gebläses 12 sowie von der durch die Leitung 15 zugeführten frischen
Amoniakmenge abhängt. Durch Regelung dieser verschiedenen Faktoren werden die besten
Bedingungen für die Zusammensetzung des Gases beim Einfließen in die zu nitrierenden
Rohre 4 erreicht.
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Die umlaufende Gasmenge in den Rohren 4 ist bedeutend größer
als die ankommende Frischgasmenge, was zu einer großen Durchflußgeschwindigkeit
in den Rohren führt und zudem eine konstante Zusammensetzung des Gases von einem
Ende zum anderen des gleichen Rohres gewährleistet.
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Die Arbeitsweise ist wie folgt: Der Eintritt des frischen Ammoniakgases
durch die Leitung 15 auf den gewünschten Ammoniakgehalt des durch die Zuleitung
14 in den Nitrierbehälter 1 eingeblasenen Gasgemisches und die Geschwindigkeit
des Gebläses 12 werden geregelt, um in den zu nitrierenden Roh- , ren
4 die der gewünschten Durchgangsgeschwindigkeit des Gasgemisches entsprechende
Gasmenge zu erzielen.
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Wenn der Nitrierbehälter 1 z. B. einen Inhalt von 10001 hat, so ist
ein Gebläse zu verwenden, das mit einer Geschwindigkeit von 1100 Umdrehungen je
Minute läuft und eine theoretische Fördermenge an Ammoniak von 70001 je Stunde von
einer Temperatur von 500° C gewährleistet. Der Zufluß von frischem Ammoniak durch
die Leitung 15 wird auf 1501 je Stunde (gemessen bei Normaltemperatur) eingestellt.
Das Gas strömt durch die Abzugsleitung 16 aus, so daß der Druck im ganzen
Kreislauf konstant bleibt. Das durch die Abzugsleitung 16 austretende Gas
enthält 70 bis 75'% Ammoniak, Rest Wasserstoff und Stickstoff.
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Messungen haben gezeigt, daß in den verschiedenen Abschnitten der
zu nitrierenden Rohre Ergebnisse erzielt wurden, die den gestrichelten Kurven der
Fig. 1 und 2 entsprechen. Mit der Vorrichtung nach der Erfindung ist es möglich,
Rohre von mehreren Metern Länge zu nitrieren. Ist eine große Anzahl Rohre mit gleichem
Durchmesser in Serie zu nitrieren, dann können bei genügend tiefem Nitrierbehälter
mehrere Rohre mit den Enden miteinander verbunden werden, so daß sie ein Rohrbündel
von größerer Länge ergeben.
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Es können zusätzliche Mittel zur Anordnung eines Katalysators vorgesehen
werden, um in an sich bekannter Weise eine Dissoziation von Ammoniak im Inneren
des zu nitrierenden rohrförmigen Werkstückes herbeizuführen.
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Die nitrierten Werkstücke aus Stahl weisen mindestens auf einem Teil
ihrer Oberfläche eine nitrierte Schicht auf, deren oberflächlicher Teil keine spröden
Nitride enthält und deren Härte als Funktion der Tiefe ständig abnimmt.
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Mit der Vorrichtung nach der Erfindung gelingt es, die Eindringgeschwindigkeit
des Stickstoffs in das Metall nach Belieben zu verändern, eine die Bildung der oberflächlichen
spröden Schicht hervorrufende Anreicherung von Stickstoff zu verhindern, die Spitze
c auf den klassischen Nitrierkurven zu unterdrücken (Kurve a in ausgezogenen Linien
in Fig. 1 und 2) und die günstigsten Nitrierkurven zu erzielen (gestrichtelte Kurven
b der Fig. 1 und 2).