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Gasturbinenaggregat mit einem offenen Kreisprozeß Die Erfindung betrifft
ein Gasturbinenaggregat für Fahrzeuge aller Art mit einem offenen Kreisprozeß, bestehend
aus einem Verdichter, einer Brennkammer und einer kombinierten Verdichterantriebs-
und Nutzleistungsturbine oder aus einer Verdichterantriebsturbine und einer besonderen
Nutzleistungsturbine, die entweder parallel oder hintereinandergeschaltet sind,
und bei dem die erste Stufe entweder einer Turbine oder beider Turbinen unmittelbar
von dem aus der Brennkammer austretenden Gas beaufschlagt wird.
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Bei Fahrzeugantrieben für Land-, Luft- oder Wasserfahrzeuge ist es
in den meisten Fällen erwünscht, daß in möglichst kurzer Zeit eine möglichst große
Geschwindigkeit des Fahrzeuges und damit eine möglichst große Leistung der Turbine
erreicht wird. Die bisher bekannten Gasturbinen werden jedoch diesen Anforderungen
nicht gerecht und benötigen zum Übergang vom Leerlauf auf Vollast (im folgenden
als »Hochfahren« bezeichnet) relativ viel Zeit und vermögen darüber hinaus während
des Hochfahrens, besonders bei dessen Beginn, nur geringe Leistungen abzugeben.
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Der Schnelligkeit des Hochfahrens einer Gasturbine ist dadurch eine
Grenze gesetzt, daß die Pumpgrenze des Verdichters nicht überschritten werden darf.
Dieser Umstand läßt eine rasche Erhöhung der Turbineneintrittstemperatur nicht zu.
Damit kann während des Hochfahrens aber auch die Energiezufuhr nur mäßig gesteigert
werden. Durch die Erfindung wird angestrebt, beim Hochfahren einer Gasturbine von
Anfang an mit maximaler Turbineneintrittstemperatur zu arbeiten, was der maximal
möglichen Energiezufuhr entspricht.
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Es ist zwar bei Dampfturbinen bekannt, einzelne Turbinenstufen zu
umgehen, um hierdurch eine Überlastbarkeit der gesamten Turbine möglich zu machen.
Es ist auch schon bei Gasturbinen bekanntgeworden, bei überschreiten der zulässigen
Gastemperaturen zusätzliche Querschnitte innerhalb der Turbine freizulegen, um eine
überhitzung der Turbine zu vermeiden. Bei einer weiteren bekannten Gasturbinenanlage
sind mit Ventilen versehene Umgehungsleitungen vorhanden, die dazu dienen, die Turbine
unabhängig von der Last auf einer konstanten Drehzahl zu halten. Dabei wird durch
die genannten Umgehungsleitungen der Arbeitsturbine Treibgas entnommen, um auf diese
Weise die Leistung der Turbine herabsetzen zu können, ohne die Fördermenge des Verdichters
oder die Temperatur des Treibgases vermindern zu müssen. Statt der Arbeitsturbine
Treibgas zu entnehmen, kann ihr auch Treibgas über Umgehungsleitungen zugeführt
werden. Dies ist bei einer weiteren bekannten Turbine der Fall, die zum Antrieb
von elektrischen Generatoren bestimmt ist und daher unabhängig von der Last mit
konstanten Drehzahlen laufen muß. Da gerade bei elektrischen Versorgungsanlagen
relativ rasche Laständerungen auftreten können, muß die von der Turbine abgegebene
Leistung auch entsprechend rasch geregelt werden. Dies wird bei der bekannten Turbine
durch die bereits erwähnten Umgehungsleitungen erreicht. Es ist jedoch besonders
zu beachten, daß die bekannte Turbine stets mit konstanter Drehzahl laufen soll
und daß außerdem diese Turbinenanlage mit einem geschlossenen Kreisprozeß arbeitet.
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Im Gegensatz zu den bekannten Gasturbinen betrifft die Erfindung ein
Gasturbinenaggregat, das mit ständig wechselnden Drehzahlen laufen muß. Insbesondere
soll ja, wie erwähnt, sehr schnelles Hochfahren der Turbine ermöglicht werden. Um
das Hochfahren an sich zu verbessern, kann durch die Erfindung die Hochfahrzeit
abgekürzt oder das Niveau der Nutzleistung während des Hochfahrens angehoben werden.
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Die Erfindung besteht darin, daß bei Turbinenaggregaten der eingangs
genannten Art zum schnellen Hochfahren und zur nahezu sofortigen Leistungsabgabe
des Aggregates zusätzlich über Umgehungsleitungen, auch in Strömungsrichtung gesehen,
weiter hintenliegende Stufen einer Turbine oder beider Turbinen beaufschlagt werden.
Durch diese zusätzliche Beaufschlagung weiterer Turbinenstufen wird eine erhöhte
Schluckfähigkeit der gesamten Turbine bewirkt.
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Zusätzliche Umgehungsleitungen gemäß der Erfindung können angewendet
werden, wenn die Verdichterturbine
und die Arbeitsturbine auf einer
gemeinsamen Welle angeordnet sind, wobei die Verdichterturbine und die Arbeitsturbine
auch ein gemeinsames Maschinenaggregat bilden können. Andererseits können aber die
zusätzlichen Umgehungsleitungen gemäß der Erfindung auch angewendet werden, wenn
die Verdichterturbine und die Arbeitsturbine unabhängig voneinander ohne mechanische
Verbindungsmittel zur Drehmomentübertragung angeordnet sind.
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Bilden dieVerdichterturbine und dieArbeitsturbine ein gemeinsames,
insbesondere mechanisch gekoppeltes Aggregat, so kann die zusätzliche Umgehungsleitung
vor irgendeiner der hinteren Stufen der als mehrstufig vorausgesetzten Turbine einmünden.
Bei Hintereinanderschaltung der Verdichterturbine und der Arbeitsturbine ohne mechanische
Verbindung durch eine gemeinsame Welle kann die zusätzliche Umgehungsleitung alle
Stufen des Verdichterturbinenteiles überbrücken. Bei hintereinandergeschalteter
Verdichterturbine und Arbeitsturbine kann aber die zusätzliche Umgehungsleitung
auch nur einen Teil der Stufen der Verdichterturbine überbrücken. Die Zusatzleitung
führt dann zu einer der mittleren Stufen dieser Turbine. Sind jeweils mehrstufige
Verdichter- und Arbeitsturbinen parallel geschaltet, so kann an beiden Turbinen
je ein Bypaß vorgesehen werden, der mindestens eine Stufe umgeht.
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In weiterer Ausgestaltung der Erfindung sollen die die einzelnen Turbinenstufen
umgehenden Zusatzleitungen, die Bypässe, mit Regelorganen versehen sein. Der durch
die Bypässe umgeleitete Gasstrom kann zur Durchführung der Erfindung ohne weiteres
so geregelt werden, daß während des gesamten Hochfahrvorganges ohne Pumpgefahr für
den Verdichter die Turbineneintrittstemperatur auf der Höhe gehalten wird, die der
Maximaltemperatur entspricht.
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Die Erfindung ist an mehreren schematischen Darstellungen verschiedener
Gasturbinenschaltungen erläutert; außerdem sind die Leistungs- und Geschwindigkeitsverhältnisse,
die zur Erfindung führen, an Hand von mehreren Diagrammen dargestellt. Es zeigt
Fig. l das gesamte mehrstufige Gasturbinenaggregat mit Verdichter, Verdichterturbine
und Arbeitsturbine, wobei die Verdichterturbine und die Arbeitsturbine ein gemeinsames,
einwelliges Maschinenaggregat bilden, Fig. 2 eine Ausbildung der Gasturbine, bei
der die Verdichterturbine und die Arbeitsturbine hintereinandergeschaltet und mechanisch
getrennt sind (der Eingangsteil wurde hierbei weggelassen), Fig. 3 eine Ausbildung
der Gasturbine, bei der die Verdichterturbine und die Arbeitsturbine parallel geschaltet
und mechanisch getrennt sind (Eingangsteil wurde weggelassen), Fig.4 das Druckverhältnis
am Verdichter als Funktion des Durchsatzes sowie die Turbinenkennlinien für Leerlauf-
und Höchsttemperatur, Fig.5 Nutzleistung, Verdichterdrehzahl und Turbineneintrittstemperatur
als Funktion der Hochfahrzeit bei einer Gasturbine ohne Bypaß, Fig. 6 die in der
Fig. 1 dargestellte Gasturbine mit einem erfindungsgemäßen Bypaß, Fig. 7 und 8 jeweils
die in der Fig. 2 dargestellte Gasturbine mit verschiedenen erfindungsgemäßen Bypaßleitungen,
Fig. 9 die in der Fig. 3 dargestellte Gasturbine mit erfindungsgemäßen Bypaßleitungen
und die Fig. 10 Nutzleistung, Verdichterdrehzahl und Turbineneintrittstemperatur
bei einer erfindungsgemäßen Gasturbine in Abhängigkeit von der Hochfahrzeit.
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In den Fig. 1 bis 10 bedeutet 1 = Verdichter, 2 = Brennkammer, 3 =
Verdichterturbine, 4 = Arbeitsturbine, 5 = Abtriebswelle, 6, 6 a = Bypaßleitung,
7, 7 a = Bypaßventil, 8 a bis 8 f = Verdichterkennlinien für konstante Drehzahlen,
9 = Pumpgrenze des Verdichters.
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10 = Turbinenkennlinie für Leerlauf, 11 = Turbinenkennlinie für maximale
Turbineneintrittstemperatur. Es bedeutet ferner nV = Verdichterdrehzahl, nA = Arbeitsturbinendrehzahl,
nL = Leerlaufdrehzahl.
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Die in den Fig.1 bis 3 dargestellten mehrstufigen Gasturbinenaggregate
zeigen in schematischerDarstellung die Anordnung bekannter Ausführungen mit verschiedener
Schaltung der Verdichterturbine und der Arbeitsturbine. In der Fig. 1 folgt auf
den Verdichter 1 die Brennkammer 2. Von dort führt eine Leitung zu der mehrstufigen
Turbine 3, 4, die den Verdichter 1 antreibt und zugleich Nutzleistung an die Abtriebswelle
5 abgibt.
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In den Fig. 2 und 3 sind Varianten für die Schaltung der Verdichterturbine
3 und derArbeitsturbine 4 dargestellt. Da bei diesenAusführungen derEingangsteil
ebenso wie in Fig. 1 ausgestaltet ist, wurde er weggelassen. Die Fig.2 zeigt hinsichtlich
der Strömung die Hintereinanderschaltung der Verdichterturbine 3 und der Arbeitsturbine
4, die jedoch mechanisch voneinander getrennt sind. Die Fig. 3 zeigt, wie die Verdichterturbine
3 und die Arbeitsturbine 4 parallel geschaltet werden können, wobei ebenfalls keine
mechanische Verbindung zwischen den beiden Turbinenteilen besteht.
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Die Charakteristik einer Gasturbine beim Hochfahrvorgang ist in der
Fig. 4 näher erläutert, in der die Ordinate das Druckverhältnis am Verdichter kennzeichnet.
Die Fig.4 zeigt das Druckverhältnis am Verdichter 1 als Funktion des sekundlichen
Durchsatzes G. Die Kurven 8 a bis 8 f stellen das Verdichterkennfeld, und
zwar mit den Kennlinien 8 a bei der Leerlaufdrehzahl, 8 c im Punkt X und 8 f bei
der Höchstdrehzahl des Verdichters dar. Die Kurve 9 stellt die Pumpgrenze des Verdichters
dar. Die Kurven 10 und 11 stellen Turbinenkennlinien dar, die Hyperbeln entsprechen,
und zwar zeigen die Kurve 10 die Turbinenkennlinie entsprechend der Turbineneintrittstemperatur
bei Leerlauf und die Kurve 11 diejenige für maximale Turbineneintrittstemperatur.
Die Pumpgrenze 9 des Verdichters wird von der Turbinenkennlinie 10 im Punkt L und
von der Turbinenkennlinie 11 im Punkt X geschnitten. Die maximale Turbineneintrittstemperatur
kann also - ohne Verwendung von Bypässen - frühestens im Punkt X bei der Drehzahl
nx erreicht werden.
Oberhalb des Punktes X, wenn also bereits die
Eintrittstemperatur der Turbine ihren Höchstwert erreicht hat, strebt mit zunehmender
Drehzahl die Nutzleistung der Turbine relativ schnell ihrem Maximalwert zu. Im Bereich
unterhalb des Punktes X ist jedoch die Beschleunigung - besonders zu Anfang - sehr
mäßig. Der größere Teil der Hochfahrzeit wird daher benötigt, um auf die Drehzahl
nx zu
kommen.
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Daß bei Gasturbinen üblicher Bauart bei kleinen Drehzahlen die Nutzleistung
sehr gering ist, zeigt die Fig. 5. In diesem Diagramm sind die Leistung NA, die
Drehzahl nv und die Turbineneintrittstemperatur T3 als Funktion der Hochfahrzeit
t dargestellt. Die Vertikale tx gibt die Zeit an, bis zu der die Turbineneintrittstemperatur
unter dem Maximalwert bleiben muß. Die Vertikale tif gibt die Zeit an, bei der die
Höchstdrehzahl und damit die Höchstleistung erreicht und damit der Hochfahrvorgang
beendet ist.
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In der Fig. 6 ist eine Gasturbine dargestellt, bei der in einem wie
Fig. 1 ausgeführten Maschinenaggregat eine erfindungsgemäße Bypaßleitung 6 eingebaut
ist. Der Bypaß 6 umgeht mindestens eine Turbinenstufe. Dadurch wird eine erhöhte
Schluckfähigkeit der gesamten Turbine bewirkt. In den Bypaß 6 ist ein Regelorgan
7 eingeschaltet.
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Bei der in der Fig. 7 dargestellten Gasturbine sind die Verdichterturbine
3 und die Arbeitsturbine 4 hintereinandergeschaltet. Die Verbesserung des Hochfahrvorganges
wird bei diesem Ausführungsbeispiel dadurch herbeigeführt, daß die Verdichterturbine
3 durch die Bypaßleitung 6 umgangen wird. In die Bypaßleitung 6 ist auch in diesem
Fall wieder ein Regelorgan 7 eingeschaltet. Durch diese Schaltung wird neben einer
Verkürzung der Hochfahrzeit vor allem das Niveau der Nutzleistung angehoben.
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Auch in der Fig. 8 sind die Verdichterturbine 3 und die Arbeitsturbine
4 hintereinanderaeschaltet. Der Bypaß 6 umgeht hier jedoch nur einen Teil der Stufen
der Verdichterturbine 3. Durch diese Schal-Lung wird in der Hauptsache die Hochfahrzeit
tg verkürzt.
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Die Fig. 9 zeigt eine entsprechend der Fig. 3 ausgeführte Gasturbine
mit den erfindungsgemäßen Bypaßleitungen in doppelter Ausführung (6 und 6n). Bei
der in dieser Figur dargestellten Schaltung können beide Möglichkeiten zur Verbesserung
des Hochfahrvorganges, nämlich Hebung des Niveaus der Nutzleistung und Verringerung
der Hochfahrzeit, beliebig kombiniert werden. In die Bypaßleitungen 6 und 6a ist
je ein Regelorgan 7 bzw. 7a eingebaut.
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Das Diagramm 10 zeigt für eine Ausführung der Gasturbine mit
Bypaß analog zu der Fig. 5 Leistung, Drehzahl und Turbineneintrittstemperatur als
Funktion der Hochfahrzeit. Bei wesentlich kürzerer Hochfahrzeit ist die maximale
Turbineneintrittstemperatur Ts,nax von Anfang an zulässig, und es steht schon zu
Beginn des Hochfahrvorganges eine gewisse Nutzleistung zur Verfügung.