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Verfahren zum Herstellen hitzebeständiger Werkstoffe aus Titanlegierungen
Titanlegierungen mit Vanadin und/oder Molybdän, die außerdem einen gewissen Aluminiumgehalt
aufweisen, werden nach einem bekannten Verfahren zunächst im Mehrphasengebiet homogenisierend
geglüht und nach Abschrecken weiterhin, ebenfalls bei erhöhter Temperatur, gealtert.
Es bildet sich dabei in der ersten, d. h. der Glühstufe unter Vergröberung der Mikrostruktur
eine kontinuierliche a-Phase, und beim Altern oder Aushärten regeneriert hieraus
die j'-Phase. Die Homogenisierung bzw. Stabilisierung (erste Stufe) erfolgt nach
diesem bekannten Verfahren bei 537 bis 593° C, während das Altern (zweite Stufe)
durch eine bis zu 200 Stunden dauernde Behandlung bei Temperaturen bis zu 426° C
durchgeführt wird. Die gewünschten Eigenschaften (gute Wärmestabilität, leichte
Verformbarkeit, Zähigkeit usw.) werden nach dieser bekannten Methode weiterhin dadurch
erreicht, daß man außer der erwähnten Temperaturbehandlung noch eine mechanische
Behandlung (mehrstufiges Verstrecken bei über 700° C) einschaltet. Demgegenüber
wurde nun gefunden, daß man aus Titanlegierungen mit 1 bis 6% Vanadin und/oder Molybdän,
die daneben einen mindestens ebenso hohen Gehalt an Aluminium aufweisen, Werkstoffe
mit besonders guten Eigenschaften herstellen kann, wenn man das Glühen 4 bis 24
Stunden bei Temperaturen zwischen 815 und 899° C und das Altern oder Aushärten nach
raschem Abkühlen 12 bis 24 Stunden bei 540 bis 649° C durchführt.
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Die erfindungsgemäß erhaltenen Werkstoffe zeigen auch unter extremen
Temperaturbedingungen, insbesondere in der Hitze, Zug- und Bruchfestigkeitswerte,
die sie allen Anforderungen, welche an derartige Legierungen gestellt werden können,
gewachsen sein lassen. Während die bekannten vergleichbaren Werk-stoffe meist
bei höheren Temperaturen spröde werden, wodurch ihre Verwendbarkeit stark eingeschränkt
ist, besteht diese Neigung bei den durch die Wärmebehandlung nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren veredelten Titanlegierungen nicht mehr.
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Das Titan, welches das Grundmetall für die erfindungsgemäß zu behandelnden
Legierungen darstellt, kann rein oder von handelsüblicher Beschaffenheit sein, d.
h. die üblichen Gehalte an Kohlenstoff, Sauerstoff oder Stickstoff aufweisen. Wasserstoff
soll nur in Spuren (vorzugsweise unter 0,02%, höchstens bis etwa 0,03 @0; o) darin
vorhanden sein, da höhere Wasserstoffgehalte den Erfolg der Veredelung beeinträchtigen.
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Der Aluminiumgehalt soll aus dem gleichen Grund etwa 80;o nicht übersteigen,
andererseits jedoch mindestens die Höhe des Vanadin- und/oder Molybdängehaltes erreichen.
Er liegt vorzugsweise zwischen 4 und 6%.
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Der Anteilsbereich für Vanadin bzw. Molybdän oder beide Metalle zusammen
liegt erfindungsgemäß zwischen einem Mindestgehalt von etwa 1 bis 2-%, wobei bereits
eine deutliche Verbesserung der Festigkeit und Formbarkeit eintritt und einem Maximum
von etwa 6"lo, oberhalb dessen keine offensichtlichen Vorteile bei der erfindungsgemäßen
Behandlung mehr erzielt werden. Es hat den Anschein, daß ein Molybdängehalt bei
geringen Anteilsmengen vorteilhafter ist als ein Vanadingehalt, so daß 1 % Molybdän
etwa 21/o Vanadin entsprechen. Gewöhnlich ist es vorteilhaft, bei Vanadin allein
im Bereich von 4 bis 6%, vorzugsweise von 3 bis 511/o, zu bleiben, während bei Verwendung
von Molybdän allein der vorteilhafte Anteilsbereich zwischen etwa 1 und 5,9/o, vorzugsweise
zwischen 3 und 4%, liegt. Derartige Legierungen entsprechen am besten den Vorbedingungen,
die an das Ausgangsmaterial zu stellen sind.
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Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Aluminium einerseits und Vanadin
und/oder Molybdän andererseits
ist zu sagen, daß verhältnismäßig
hohe AI-Gehalte zwar die Festigkeit der Werkstoffe erhöhen, jedoch ihre Formbarkeit
unter Umständen herabsetzen. Als Mindestwert für das Verhältnis von Al: V
bzw. Mo oder V + Mo wurde oben bereits der Wert 1:1 genannt. Vorteilhaft ist ein
Wert von 2:1 für dieses Verhältnis mit der Maßgabe, daß nicht mehr als 8 °/o Al
(also nicht mehr als 4% V bzw. Mo bzw. V + Mo) vorhanden sind.
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Gegebenenfalls sind geringe Siliciumgehalte in der Ausgangslegierung
nicht nur unschädlich, sondern erhöhen die Wirkung des Veredelungsverfahrens. Der
bevorzugte Bereich hierfür liegt bei 0,5 bis 1,0 % Si, mehr als 1,5019 Si sind nachteilig.
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Die als Ausgangsmaterial dienenden Legierungen sind Mehrphasenlegierungen,
die hauptsächlich aus Titan in der a-Form mit wenigstens einer weiteren ausgesprochen
mikrokristallinen Phase bestehen, die als fl ,-Form des Titans bekannt ist. Ein
Erhitzen der Legierung auf extrem hohe Temperaturen würde zum so gut wie vollkommenen
Übergang in eine einzige mikrokristalline Phase, vermutlich die ß-Phase, führen.
Erfindungsgemäß wird jedoch die Legierung nicht auf eine Temperatur gebracht, bei
der das Mehrphasengebiet überschritten wird.
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Andererseits ist es bekannt, daß das Erhitzen innerhalb des Mehrphasengebietes
zur Vergröberung der Mikrostruktur führt, falls die entsprechende Temperatur eine
beträchtliche Zeit lang eingehalten wird. Diese Vergröberung ist demnach eine metallurgische
Erscheinung, bei welcher der Zeitfaktor eine große Rolle spielt. Das Glühen allein
reicht offensichtlich noch nicht aus, um die Vergröberung einzuleiten, vielmehr
muß die Legierung beträchtliche Zeit bei hoher Temperatur gehalten werden, wobei
es sich gewissermaßen um eine Ankubations«-Zeit handelt, die erforderlich ist, damit
sich in der Legierung das notwendige Energiegleichgewicht einstellt, bei welchem
die Vergröberung beginnt. Auch in ihrem weiteren Verlauf ist die Vergröberung eine
Funktion der Zeit.
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Bei der bekannten Verarbeitung von Titanlegierungen ist häufig von
»Nachglühen« die Rede, wobei ein Umkristallisieren erzielt wird, jedoch keine wesentliche
Zunahme der Korngröße bzw. kein Wiederauflösen von Carbiden. So hält man beispielsweise
nach der USA.-Patentschrift 2 596 489 die Legierung etwa 31/s Stunden bei 850' C,
was als zweckmäßig zur Erzielung einer Umkristallisation beschrieben wird, wobei
jedoch kein wesentliches Anwachsen der Korngröße stattfindet.
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Die erfindungsgemäßen Legierungen bestehen zum größten Teil aus Titan
in der a-Phase, und die übrigen Phasen, wie die /;-Phase, zeigen sich beim Ätzen
als dispergierte Körper oder Lamellen in der Mikrostruktur, wobei die a-Phase den
»interlamellaren« Raum ausfüllt. Die erfindungsgemäß erreichte Vergröberung besteht
im Anwachsen des durchschnittlichen Abstandes der Körper oder Lamellen und führt
letztlich zur Ausbildung einer kontinuierlichen u-Phase. Es ist anzunehmen, daß
die Entstehung einer kontinuierlichen a-Phase während des Vergröberungsvorganges
von Bedeutung ist, da hierdurch die einzelnen f-Phasenteilchen von einer zusammenhängenden
a-Titanmatrix umhüllt werden, in der sie dispergiert sind. Die a-Phase weist aber
wahrscheinlich eine gewisse Elastizität auf, was der Legierung eine größere Dehnbarkeit
verleiht. Dies wirkt sich besonders dann aus, wenn die a-Phase als kontinuierliche
Phase vorliegt.
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Die erste Stufe des erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsverfahrens bewirkt
diese vorteilhafte Vergröberung der Mikrostruktur der Legierung unter Ausbildung
einer kontinuierlichen und groben a-Phase. Ein ähnliches Resultat wird durch die
üblichen Herstellungsverfahren für Legierungen, d. h. zweimaliges Schmelzen im Lichtbogen
u. dgl., nicht erreicht, auch nicht durch eine mechanische Bearbeitung der Legierung
etwa durch Verstrecken (Walzen oder Schmieden). Im übrigen schreiben alle bekannten
Verfahren vor, die Legierung nicht längere Zeit bei einer Temperatur zu halten,
bei der eine Strukturvergröberung eingeleitet oder gar in einem Ausmaß durchgeführt
wird, wie es zur Bildung einer kontinuierlichen a-Phase notwendig ist.
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Erfindungsgemäß wird demgegenüber die Vergröberung auf Grund der vorgeschriebenen
Glühtemperatur und -dauer zumindest so weit getrieben, bis der durchschnittliche
interlamellare Abstand in der Mikrostruktur verdoppelt ist, vorzugsweise so, daß
der mittlere Abstand um 300 bis 500 % zunimmt.
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Nach dem Glühen wird die Legierung schnell abgekühlt, was in einer
inerten Atmosphäre, in Luft oder durch Abschrecken der vergröberten Legierung erfolgen
kann. Das Abkühlen kann bis auf etwa Raumtemperatur getrieben werden, wobei dann
für die nachfolgende Alterungsstufe wieder erhitzt wird, oder es kann lediglich
darin bestehen, daß man die Legierung bis zu der Temperatur abkühlt, bei welcher
die Alterung in der letzten Stufe der Wärmebehandlung stattfindet.
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Bei der Alterung, die auch als Stabilisierung angesehen werden kann,
wird die Legierung bei Temperaturen gehalten, die der Anwendungstemperatur für derartige
hitzebeständige Legierungen entsprechen, d. h. bei mindestens 540° C. Erfindungsgemäß
wird die Alterung im Bereich von 540 bis 649° C durchgeführt, was etwas über den
im allgemeinen in Betracht kommenden Anwendungstemperaturen (gewöhnlich etwa 430
bis 540° C) liegt. Die Alterung ist beendet, wenn die fl-Phase, die beim Ätzen dunkel
erscheint, gebildet ist, was nach 12 bis 24 Stunden der Fall ist.