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Verfahren zum Regenerieren von bei der Entfernung von Schwefelwasserstoff
aus Gasen anfallender, mit H2 S beladener wäßriger Waschlauge Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zum Regenerieren von bei der Entfernung von Schwefelwasserstoff aus
Gasen anfallender, mit H,S beladener wäßriger Waschlauge.
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Es ist ein Verfahren zur Entfernung von Schwefelwasserstoff aus Gasen,
insbesondere Kokereigasen, bekannt, wobei man abwechselnd die Gase mit einer Lösung
oder Suspension einer organischen Verbindung wäscht, die beim Zusammenbringen mit
Schwefelwasserstoff ein leicht wieder oxydierbares Reduktionsprodukt liefert, worauf
man die Lösung oder Suspension, die nun das Reduktionsprodukt enthält, mit Luft
oder Sauerstoff zusammenbringt und das Reduktionsprodukt in die ursprüngliche Verbindung
zurückverwandelt. Das Verfahren läßt sich durch folgende Nettogleichung wiedergeben:
Unter den zur Verwendung in diesem Verfahren vorgeschlagenen organischen Verbindungen
befinden sich bestimmte organische basische Farbstoffe, die normalerweise in Form
von Salzen erhältlich sind, z. B. Farbstoffe der Azin-, Thiazin-, Oxazin- und Triphenylmethanreihe,
wie Methylenblauchlorid, Methylenviolett und Meldolasblau.
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In der deutschen Auslegeschrift 1051451 sind für diesen Zweck
Farbstoffbasen beschrieben, die sich von diesen Klassen ableiten.
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Geeignete Lösungsmittel für derartige Farbstoffe und Farbstoffbasen
sind Anilin, Kresolsäuren, d. h. Alkylhydroxybenzoesäuren, entweder einzeln oder
in Mischung, sowie die Xylenole.
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Eine Schwierigkeit, die bei diesen Verfahren auftritt, ist der Verlust
bzw. die Abgabe an Lösungsmittel an die Gase während des Waschvorganges. Eine andere
Schwierigkeit, die bei Anilin stärker hervortritt als bei den Lösungsmitteln des
Kresol- und Xylenoltyps, besteht in Nebenreaktion zwischen dem Lösungsmittel und
reaktionsfähigen Verbindungen im Gas. Beispielsweise reagieren ungesättigte Verbindungen
mit dem Schwefelkohlenstoff.
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Ziel der Erfindung ist es, ein verbessertes Verfahren zum Regenerieren
von bei der Entfernung von Schwefelwasserstoff aus Gasen anfallender, mit H,S beladener
wäßriger Waschlauge zu schaffen, bei dem diese Komplikationen vermieden werden.
Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Waschlauge mit einer nichtwäßrigen,
mit Waschlauge nicht mischbaren Lösung eines organischen Farbstoffes bzw. einer
Farbstoffbase in innige Berührung gebracht wird, wobei der organische Farbstoff
oder die Farbstoffbase mit dem Schwefelwasserstoff der Waschlauge ein leicht oxydierbares
Reduktionsprodukt bildet, worauf man die nichtwäßrige, das Reduktionsprodukt enthaltende
Lösung von der wäßrigen Waschlauge abtrennt und die abgetrennte nichtwäßrige Lösung
mit Luft oder Sauerstoff in Berührung bringt und das Reduktionsprodukt zum Farbstoff
oder zur Farbstoffbase zurückoxydiert.
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Die regenerierte Waschflüssigkeit, auf diese Weise vom Schwefelwasserstoff
befreit, kann, im Kreislauf a
führt, wieder zur Gaswäsche verwendet werden;
die regenerierte nichtwäßrige Lösung, die den Farbstoff oder die Farbstoffbase in
oxydierter Form enthält, wird zur Regeneration der Waschlauge wiederverwendet.
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Zweckmäßigerweise ist die Waschlauge eine Flüssigkeit, wie sie im
allgemeinen zur Gaswäsche von Schwefelwasserstoff aus Gasen verwendet wird. Geeignete
Waschlaugen sind wäßrige Lösungen von Ammoniak oder Alkalisalzen schwacher Säuren,
wie Kohlensäure, Borsäure, Phosphorsäure und Phenole, oder wäßrige Lösungen organischer
Basen, z. B. Äthanolamine. Weitere Waschflüssigkeiten sind wäßrige Lösungen von
Alkalisalzen von Aminocarbonsäuren, wie Glycokoll oder Alanin.
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Der Farbstoff bzw. die Farbstoff`base kann irgendeine der obenerwähnten
Verbindungen sein.
Das nichtwäßrige Lösungsmittel für den Farbstoff
bzw. die Farbstoffbase soll mit der gewählten Waschlauge nicht mischbar sein und
kann jedes der obenerwähnten Lösungsmittel sein. Das verwendete Lösungsmittel darf
mit keinem Bestandteil der ausgewählten Waschlauge in ihrem frischen Zustand reagieren.
Zum Beispiel sollte man Alkylhydroxybenzoesäuren als Lösungsmittel nicht verwenden,
wenn die Waschlauge eine organische Base, wie Äthanolamin, enthält. Das bevorzugt
verwendete Lösungsmittel ist Anilin, da seine Lösungen Schwefelwasserstoff aus den
Waschlaugen schneller extrahieren als die anderen erwähnten Lösungsmittel. Darüber
hinaus trennt sich Anilin leichter von der wäßrigen Waschlauge ab als z. B. die
Alkylhydroxybenzoesäuren.
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Durch die vorliegende Erfindung werden die obenerwähnten Schwierigkeiten
behoben. Es erfolgt keine nennenswerte Aufnahme an nichtwäßrigem Lösungsmittel durch
das Gas, da das Lösungsmittel nie in Berührung mit dem Gas kommt. Aus dem gleichen
Grunde erfolgen keine Nebenreaktionen zwischen dem nichtwäßrigen Lösungsmittel und
reaktionsfähigen Bestandteilen des Gases. Ein weiterer Vorzug gemäß der Erfindung
ist darin zu sehen, daß Schwefelwasserstoff aus dem Gas in vielen der wäßrigen Waschlaugen
schneller aufgenommen wird als von einer nichtwäßrigen Lösung eines der erwähnten
Farbstoffe oder Farbstoffbasen, wodurch man nur einen verhältnismäßig kleinen Absorber
benötigt.
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Die Erfindung bietet auch Vorzüge gegenüber bekannten Verfahren zur
Absorption von Schwefelwasserstoff unter Verwendung von wäßrigen Waschlaugen der
oben beschriebenen Art, da bei allen diesen Verfahren große Wärmemengen zur Regeneration
der Waschlaugen notwendig sind. Darüber hinaus wird bei diesen Verfahren Schwefelwasserstoff
nicht vollständig aus dem Gas entfernt, da es unwirtschaftlich ist, Schwefelwasserstoff
vollständig aus den Waschlaugen während der Regeneration zu entfernen.
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Bei dem Zweistufenverfahren der vorliegenden Erfindung wird Schwefelwasserstoff
aus der Waschlauge ohne Anwendung von Wärme praktisch vollständig entfernt. Die
auf diese Weise vollständig regenerierte Waschlauge kann daher Schwefelwasserstoff
aus Gasen praktisch vollständig entfernen. Das Verfahren läßt sich bei Normaldruck
oder bei erhöhtem Druck durchführen.
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Die Abtrennung der nichtwäßrigen Lösung von der wäßrigen Waschlauge
wird am zweckmäßigsten durch Phasenabtrennung in zwei Phasen auf Grund der Schwere
bewirkt. Die Abtrennung auf Grund der Schwere läßt sich durch Zugabe eines wasserlöslichen
Neutralsalzes zur Waschlauge fördern. Hierbei wird der Unterschied in der Dichte
zwischen der Waschlauge und der nichtwäßrigen Lösung erhöht.
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Die nichtwäßrige Lösung kann zur Abtrennung von Schwefel in kristalliner
Form abgekühlt werden.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Abtrennung von Schwefelwasserstoff
aus einem Gas besteht aus einem ersten Kreis, durch den eine wäßrige Waschlauge
fließen kann, einschließlich einem Absorber, der die Waschlauge in Berührung mit
dem schwefelwasserstoffhaltigen Gas bringt, einem Mischer zum Mischen der nun Schwefelwasserstoff
enthaltenden Waschlauge mit einer nichtwäßrigen Lösung eines organischen Farbstoffes
oder einer Farbstoff base, wobei der Schwefelwasserstoff mit dem Farbstoff oder
der Farbstoffbase unter Bildung eines leicht oxydierbaren Reduktionsproduktes reagiert,
das in der nichtwäßrigen Lösung gelöst bleibt, und die wäßrige Waschlauge regeneriert
wird, sowie einem Abscheider zur Abtrennung der regenerierten wäßrigen Waschlauge
von der nichtwäßrigen Lösung. Die Vorrichtung enthält einen zweiten Kreis, durch
den die genannte nichtwäßrige Lösung fließt, einschließlich dem angeführten Mischer,
dem Abscheider und einem Oxydationsraum, in dem die nichtwäßrige Lösung mit Luft
oder Sauerstoff in Berührung gebracht wird, um das erwähnte Reduktionsprodukt zum
Farbstoff bzw. der Farbstoffbase zurückzuoxydieren.
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Der zweite Kreis kann auch einen Schwefelkristallisierbehälter enthalten,
in dem die nichtwäßrige Lösung abgekühlt und der Schwefel durch Kristallisation
aus ihr entfernt wird.
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Die Erfindung läßt sich natürlich auf verschiedene Weise durchführen.
Eine spezielle Ausführungsform der Vorrichtung und ein Verfahren sollen nun an Hand
des Fließschemas näher erläutert werden. In dem Fließschema ist schematisch die
Reinigung von Kokereigas von Schwefelwasserstoff beschrieben. Die Vorrichtung enthält
einen Absorptionsturm 10, der mit hölzernen Rosten vollgepackt ist, in den schwefelwasserstoffhaltiges
Kokereigas von unten durch ein Rohr 11 eingeleitet wird und in den eine wäßrige
Waschlauge bei einer Temperatur von etwa 15° C von oben durch ein Rohr 12 und einen
Sprüher 13 herabrieselt. Die Waschlauge absorbiert im Turm 10 Schwefelwasserstoff
vom aufwärts steigenden Gas, und die verunreinigte Waschlauge wird unten durch ein
Rohr 14 mit einer Pumpe 15 abgezogen. Das gereinigte Gas wird vom Absorptionsturm
10 oben durch das Rohr 16 abgelassen.
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Die verunreinigte Waschlauge wird von der Pumpe 15 zu einem Erwärmer
17 geführt und ihre Temperatur auf etwa 40° C gebracht. Die warme verunreinigte
Waschlauge fließt vom Erwärmer 17 durch ein Rohr 18 und kommt bei der Verbindungsstelle
19 mit einem Strom einer nichtwäßrigen Lösung eines Farbstoffes oder einer Farbstoffbase
mit einer Temperatur von etwa 35° C in Berührung, die durch das Rohr 20 fließt.
Die nichtwäßrige Lösung enthält auch etwas gelösten Schwefel. Die Gründe hierfür
werden weiter unten deutlich. Die Mischung fließt in einen Mischer 21, wobei sorgfältige
Mischung erfolgt und der Schwefelwasserstoffgehalt der verunreinigten wäßrigen Waschlauge
vom Farbstoff oder der Farbstoff Base in der nichtwäßrigen Lösung aufgenommen wird.
Schwefelwasserstoff reduziert den Farbstoff zu einem im nichtwäßrigen Lösungsmittel
in Lösung bleibenden Reduktionsprodukt. Hierauf fließt die Mischung in einen Abscheider
22, in dem sich die nichtwäßrige Phase als obere Schicht von der wäßrigen Phase
abtrennt. Die obere Schicht enthält das nichtwäßrige Lösungsmittel, die reduzierte
Verbindung des Farbstoffes und gelösten Schwefel. Die untere Schicht enthält die
gereinigte wäßrige Waschlauge. Beide Schichten besitzen eine Temperatur von etwa
38° C.
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Die wäßrige Waschlauge wird vom Abscheider durch ein Rohr 24 zum Kühler
25 abgelassen, in dem seine Temperatur auf etwa 15° C erniedrigt wird. Aus dem Kühler
25 fließt die abgekühlte Waschlauge durch ein Rohr 12 in den Kreis zurück.
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Die obere Schicht im Abscheider 22 wird durch ein Rohr 26 entfernt
und tritt in einen Schwefelkristalli
Bierbehälter 27, in dem sie
auf eine Temperatur von etwa 30° C durch eine mit Wasser gespeiste Kühlschlange
28 abgekühlt wird. Der Kristallisierbehälter 27 enthält Schwefelkristalle. Durch
den Temperaturabfall auf etwa 29° C kristallisiert im Kristallisationsbehälter ein
Teil des in der nichtwäßrigen Lösung enthaltenden Schwefels an den vorhandenen Schwefelkeimen
aus. Von Zeit zu Zeit wird die Aufschlämmung von Schwefelkristallen aus dem Kristallisierbehälter
27 durch ein Rohr 29 abgelassen. Die nichtwäßrige Lösung, die auf diese Weise teilweise
vom gelösten Schwefel befreit wird, verläßt den Behälter 27 durch ein Rohr 30 und
wird durch einen Sprüher 31 von oben in den Oxydationsturm 32 versprüht, der mit
Holzrosten versehen ist. Luft wird von unten in den Oxydationsturm durch ein Rohr
33 geblasen und strömt im Gegenstrom der herabrieselnden Lösung entgegen. Durch
den Sauerstoff wird das Reduktionsprodukt des Farbstoffes zurückoxydiert und somit
der Farbstoff bzw. die Farbstoffbase in ihre ursprüngliche Form zurückverwandelt.
Hierbei wird Schwefel in Freiheit gesetzt, der im nichtwäßrigen Lösungsmittel in
Lösung bleibt. Überschüssige Luft streicht oben aus dem Turm durch ein Rohr 34 ab.
Da die Oxydation exotherm verläuft, steigt die Temperatur der nichtwäßrigen Lösung
von etwa 29 auf etwa 35° C bei ihrem Herabrieseln durch den Turm. Die nichtwäßrige
Lösung wird vom Boden des Turmes durch ein Rohr 35 mit Hilfe der Pumpe 36 abgezogen,
in das Rohr 20 geleitet und auf diese Weise wieder dem Kreis zugeführt.
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Die wäßrige Waschlauge ist vorzugsweise eine normale Natriumcarbonat-
und Natriumbicarbonatlösung. Bei Kokereigas mit etwa 20/, Gehalt an Kohlendioxyd
liegen im Gleichgewicht 600/, des Natriums in der Lösung als Bicarbonat vor.
Daneben kann die Lösung ein wasserlösliches Neutralsalz, wie Kaliumchlorid, in einer
Menge von etwa 20 bis 25 Gewichtsprozent, bezogen auf die Natriumsalze, enthalten.
Dieses Neutralsalz hat die Aufgabe, die Dichte der wäßrigen Lösung zu erhöhen und
auf diese Weise die Abtrennung der wäßrigen Lösung von der nichtwäßrigen Lösung
im Abscheider 22 zu erleichtern.
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Die nichtwäßrige Lösung ist vorzugsweise eine etwa 4gewichtsprozentige
Lösung von Methylenblaubase in Anilin.
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Zur Verringerung des Schwefelwasserstoffgehaltes von Kokereigas, das
etwa 36g Schwefelwasserstoff je 2,83 m3 enthält, auf einen Gehalt von 0,00015 °/o
bei einer Durchsatzgeschwindigkeit von etwa 28320m3 Gas je Stunde sind folgende
Werte der verwendeten Lösungen und Abmessungen in der Vorrichtung geeignet Geschwindigkeit
des Kreislaufs der wäßrigen Lösung ....... 272 750 1/Std. Geschwindigkeit
des Kreislaufs der nichtwäßrigen Lösung ... 136 377 1/Std. Verweilzeit der
Lösung im Abscheider .................. 15 Minuten Abmessungen des Absorptionsturms
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,35m Durchmesser, 22,8 m Höhe Abmessungen
des Oxydationsturms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,50m Durchmesser, 12,20
m Höhe Strömungsgeschwindigkeit der Luft durch den Oxydationsturm .....................
2124 m3/Std. Abmessungen des Kristallisationsbehälters . . . . . . . . . . . . 1,80
m Durchmesser, 4,90 m Höhe Die oben und im Fließschema angegebenen Temperaturen
sind nicht von entscheidender Bedeutung. Vorzugsweise beträgt jedoch die Temperatur
der nichtwäßrigen Lösung, die in den Kristallisationsbehälter eintritt, etwa 38°
C, da man auf diese Weise mit Wasser gewöhnlicher Temperatur den Kristallisationsbehälter
kühlen kann. Die Temperatur der nichtwäßrigen Lösung, die in den Kristallisationsbehälter
eintritt, bestimmt zu gewissem Grad die an anderen Stellen der Vorrichtung angewendeten
Temperaturen. Gegebenenfalls kann ein Teil des Erwärmens und ein Teil der Abkühlung
in den Kühlern 25 und/oder 28 mit Hilfe von Wärmeaustauschern bewirkt werden.