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Vorrichtung zum-raschen Entfalten eines Fallschirmes Heute werden
Flugzeuge gebaut, die in vertikaler Richtung starten und landen können. Solche Senkrechtstartmaschinen
sind während der ersten Start-und der letzten Landungsphase vollständig vom vertikalen
Schub ihrer Düsen- oder Propellertriebwerke abhängig. Im Falle eines Triebwerkdefektes
stürzen sie ab, und die Besatzung muß versuchen, sich mit Fallschirmen zu retten.
Aus Höhen unter 300 m ist jedoch ein Fallschirmsprung sehr gefährlich und aus noch
kleineren Höhen mit den üblichen Fallschirmen überhaupt unmöglcih, da bei einer
Luftgeschwindigkeit von 0 km/h eine beträchtliche Freifallhöhe notwendig ist, bis
sich ein Fallschirm üblicher Bauart entfaltet.
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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum raschen Entfalten eines
Fallschirmes.
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Solche Vorrichtungen sind bereits bekanntgeworden. Außer mit Treibpulverladungen
wurde auch schön vorgeschlagen, die Fallschirme mittels Druckluft oder Federkraft
auszuwerfen. Alle diese Vorschläge vermochten jedoch die gestellten Anforderungen
nicht zu erfüllen, da zwar der gefaltete Fallschirm selbsttätig ausgeworfen wurde,
aber das Fallschirmtuch durch die Luftkräfte entfaltet werden mußte, was ebenfalls
noch eine verhältnismäßig große Fallhöhe bedingte, bis der Fallschirm wirksam wurde
und deshalb einen Absprung in Bodennähe nicht gestattete.
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Durch die Vorrichtung nach der Erfindung wird dieser Nachteil behoben.
Erfindungsgemäß ist mit dem auswerfbaren, gefalteten Fallschirm eine mit einer weiteren
Treibpulverladung ausgerüstete Auswerfvorrichtung zum Entfalten des Fallschirmes
verbunden, die Zündmittel enthält, welche die zweite Treibpulverladung gegenüber
der ersten Treibpulverladung zeitlich verzögert zünden.
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Die Verzögerung der Zündung der zweiten Treib-Pulverladung wird derart
bemessen, daß sich das ausgeworfene, gefaltete Fallschirmpaket um beinahe die volle
Länge der Fallschirmseile vom Fallschirmspringer entfernst befindet, wenn die zweite
Treib-Pulverladung den Fallschirm entfaltet. Durch die erfindungsgemäße Vorrichtung
kann ein Fallschirm innerhalb einer Zeitspanne von weniger als einer Sekunde ausgeworfen
und zur Entfaltung gebracht werden, so daß Absprünge aus sehr geringer Höhe möglich
sind oder durch Fallschirme geeigneter Größe selbst ganze Senkrechtstartflugzeuge
im Falle einer Triebwerkpanne sicher auf den Boden zurückgebracht werden können.
Es wurde zwar auch schon vorgeschlagen, einen Fallschirm durch die Kraft gespannter
Federn zu entfalten, doch hat sich dies in der Praxis als unmöglich erwiesen, da
Federn von geeigneter Stärke für den vorliegenden Zweck viel zu schwer würden. In
den Zeichnungen ist eine beispielsweise Ausführungsform des Erfindungsgegenstandes
dargestellt, und zwar zeigt Fig. 1 eine schematische Darstellung. des Auswerfens
und Entfaltens des Fallschirmes, Fig. 2 einen Vertikalschnitt durch den Fallschirmbehälter,
Fig. 3 einen, Schnitt nach der Linie III-III in Fig. 2, wobei der untere Teil des
Behälters weggelassen ist, und Fig. 4 eine perspektivische Ansicht eines Auswurfkörpers
mit montiertem Abscherbolzen.
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Fig. 1 zeigt die Wirkungsweise des Gerätes zum Auswerfen und Entfalten
des Fallschirmes in verschiedenen Phasen. Bei a löst der Fallschirmspringer die
Auswurfvorrichtung aus. Das Fallschirmpaket wird innerhalb eines Bruchteils einer
Sekunde nach oben ausgeworfen, wie b-zeigt. Bei c hat das Fallschirmpaket beinahe
den durch die Länge der Fallschirmseile bedingten größten Abstand vom Fallschirmspringer
erreicht, und die Entfaltung des Fallschirmtuches wird eingeleitet. Bei d beginnt
die Entfaltung des Fallschirmes; und bei e ist er voll wirksam. Dank der erfindungsgemäßen
Vorrichtung zum Auswerfen und Entfalten mittels Pulverladungen fällt der Fallschirmspringer
zwischen der Position a und e nur wenige Meter. -
Fig. 2 zeigt den
Fallschirmbehälter 1 im Schnitt, wobei die üblichen Gürte zur Befestigung der Last
weggelassen sind. Der Ausdruck »Last« ist allgemein aufzufassen, er schließt nicht
nur Menschen, sondern jede Art von Fracht, selbst ganze Flugzeuge ein, beispielsweise
die bereits erwähnten senkrecht startenden Maschinen. Zum Fallschirmbehälter gehört
ein kastenartiger Behälter 2 von rechteckigem Querschnitt, der die gefalteten Tragseile
4 des Fallschirmes enthält. Die oberen Enden dieser Seile sind an den Punkten 6
am Umfang des Fallschirmtuches 5 befestigt, während das untere Ende (nicht gezeichnet)
mit dem Behälter 1 verbunden ist.
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Das gefaltete Fallschirmtuch 5 ist mit einer Segeltuchdecke 8 bedeckt,
die an ihrem unteren Rand durch Seile 9 befestigt ist. Das Fallschirmtuch 5 selbst
ist ringförmig gefaltet mit primären Falten, wie in Fig. 2 schematisch dargestellt,
und sekundären Dreieckfalten innerhalb jeder Primärfalte (nicht gezeichnet).
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Im Mittelpunkt des Fallschirmtuches 5 ist ein Ring 10 befestigt, durch
den eine bolzenartige Verlängerung 11 eines zylindrischen Rohres 12 hindurchragt.
Das Rohr 12 ist im Vergleich zu seinem Durchmesser sehr lang und am oberen Ende,
an dem der Bolzen 11 angebracht ist, geschlossen, an seinem unteren Ende jedoch
offen. Das untere Ende ist mit einer Verbindungsmuffe 13 verschraubt, die ein tellerartiges
Gestell 14 trägt, in dem das Fallschirmtuch 5 aufliegt.
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In das Rohr 12 ist teleskopartig ein längeres Rohr 15 eingeschoben.
Dieses ist an seinem oberen. Ende offen. An seinem unteren Ende ist ein Gewinde
angebracht und darüber ein Flansch 15'. Das Rohr 15 greift mit seinem unteren Ende
in eine Bohrung des kastenartigen Teils 2 ein, der sich gegen den Flansch 15' abstützt
und durch eine aufgeschraubte Verbindungsmuffe 16 festgeklemmt wird. Ein, zylindrisches
Rohr 17 ragt von unten in das Rohr 15 hinein. Es ist in der Verbindungsmuffe 16
geführt und wird durch eine Überwurfmutter 19 befestigt. Das Rohr 17 enthält eine
Pulverladung 18, die zum explosiven Auswerfen des Fallschirmtuches 5 und der Fallschirmseile
4 dient. Am unteren Ende des Rohres 17 ist .eine Zündkapsel 20 angeordnet, die auf
irgendeine geeignete Art gezündet werden kann (nicht dargestellt).
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Da das Rohr 15 an seinem unteren Ende verschlossen ist und sein oberes
Ende durch das geschlossene äußere Rohr 12 .abgedeckt wird, entsteht nach der Zündung
der Pulverladung 18 im Innenraum des Rohres 15 ein hoher Gasdruck. Dieser wirkt
auch auf den Deckel des äußeren Rohres 12 und preßt dieses und das an ihm befestigte
tellerartige Gestell 14 zusammen mit dem Fallschirmtuch 5 mit großer Kraft aufwärts.
Da auch die Fallschirmseile 4 am Umfang des Fallschirmtuches befestigt sind, werden
diese beim Auswerfen mitgerissen und aus dem kastenartigen Behälter 2 herausgezogen.
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Das äußere Rohr 12 ist über die Verbindungsmuffe 13 mit einer Auswerfvorrichtung
21 zum Entfalten des Fallschirmtuches verbunden, die durch eine obere Wand 22, eine
untere Wand 23 und auf der Innenseite durch eine zylindrische Wand 24 begrenzt ist.
Die zylindrische Wand 24 ist mit der unteren Wand 23 verschraubt und demzufolge
trennbar. Die obere Ward 22 trägt eine Anzahl keilförmige Teile 25 (vgl. Fig. 3),
die den durch die Wände 22, 23 und 24 begrenzten Raum in Kammern von rechteckigem
Querschnitt aufteilen. In diesen Kammern sind rechteckige Auswurfkörper oder Pfosten
26 angebracht, die an ihrem äußeren Ende rechteckige Schäfte mit durchgehenden Längsbohrungen
27 tragen. Der Durchmesser der Bohrungen 27 entspricht demjenigen der Fallschirmseile
4. Diese sind, wie in Fig. 2 erkennbar, durch diese Bohrungen 27 hindurchgeführt
und auf geeignete Weise (nicht gezeichnet) gegen Verschieben gesichert.
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Die Pfosten. 26 werden durch Scherbolzen 28 mit Verlängerungen 28'
an beiden Enden (vgl. Fig. 4), die in entsprechende Ausnehmungen in den Wänden 22
und 23 eingreifen, festgehalten. Die Fig. 4 zeigt einen Pfosten 26 mit seinem Scherbolzen
28 separat gezeichnet. Die Scherbolzen sind lose in die Wände 22, 23 eingeschoben
und sind auf der dem Pfosten 26 gegenüberliegenden Seite mit einer keilförmigen
Ausnehmung 29 versehen, deren Zweck später erklärt wird. Die Verbindung der Scherbolzen
28 mit den Pfosten 26 erfolgt durch einen schwalbenschwanzförmigen Vorsprung 28",
der in eine entsprechende Nut .im Pfosten 26 eingreift. Die Scherbolzen 28 sind
so stark dimensioniert, daß sie zwar die Pfosten 26 tragen können, jedoch bei stärkerer
Beanspruchung durch einen hohen Innendruck auf die Fläche 29 abgeschert werden.
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Im ringförmigen Raum zwischen der zylindrischen Wand 24 und den Scherbolzen
28 ist eine Pulverladung 30 angeordnet, die von einem Pfropfen 31 axial festgehalten
wird. Durch die Explosion dieser Pulverladung 30 kann im genannten ringförmigen
Raum ein hoher Druck erzeugt werden, der auch auf die Flächen 29 des Scherbolzens
28 wirkt, wie dies die Pfeile in Fig. 4 andeuten.. Dadurch werden die in die Wände
22 und 23 eingreifenden Verlängerungen 28' der Scherbolzen 28 abgeschert und sämtliche
Scherbolzen mit den Pfosten 26 radial nach außen geschleudert. Mit den Pfosten 26
bewegen sich auch die mit diesen verbundenen Fallschirmseile 4, wodurch das Fallschirmtuch
5 in kürzester Zeit entfaltet wird.
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Die Pulverladung 30 wird mit einer gewissen Verzögerung nach der Pulverladung
18 entzündet, so daß das gefaltete Fallschirmtuch 5 bereits genügend weit vom Behälter
1 weggeschleudert wird, bis die Pulverladung 30 zur Wirkung kommt, oder, mit anderen
Worten, die Verzögerung wird derart gewählt, daß die Pulverladung 30 erst wirkt,
wenn das Fallschirmtuch beinahe um die volle Länge der Seile 4 vom Behälter 1 entfernt
ist. Die Verzögerung der Zündung der zweiten Pulverladung 30 gegenüber der ersten
Pulverladung 18 wird durch eine Übertragungsladung 35 bewirkt, die in der Verbindungsmuffe
13 angeordnet ist und durch Schlitze 36 mit dem Innenraum des Rohres 15 in Verbindung
steht. Diese Schlitze 36 liegen unweit vom oberen Ende der Pulverladung 18, so daß
bei deren Verbrennung Flammen die Übertragungsladung 35 erreichen können. Letztere
entzündet ihrerseits eine Verzögerungsladung 40, die innerhalb des Auswerfers 21
angeordnet ist :und die eigentliche Pulverladung 30 entzündet. Die Verzögerungsladung
40 ist derart bemessen, daß die Fallschirmseile beinahe auf ihre volle Länge aus
ihrem Behälter 3 herausgezogen werden, wenn die Pulverladung 30 gezündet wird.
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Die Wirkungsweise des Fallschirmes ist folgende: Wenn seine Benutzung
notwendig wird, betätigt man die Zündvorrichtung der Zündkapsel 20; welche ihrerseits
die Pulverladung 18 entzündet. Dadurch entsteht ein plötzlicher Druckanstieg im
Innern .dies Rohres 15, wodurch das äußere Rohr 12 und mit ihm der Auswerfer 21,
das Fallschirmtuch 5, die Fallschirmseile 4 und die Segeltuchhülle 8 in axialer
Richtung
zum Rohr 15 mit großer Geschwindigkeit ausgestoßen werden.
An der Last befestigt verbleiben nur noch das Rohr 15 und der Behälter 3 mit ihren
Verbindungsteilen 16 und 19 und dem Rohr 17.
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Gleichzeitig schlagen die Flammen. der verbrennenden Pulverladung
18 durch die Schlitze 36 auf die Übertragungsladung 35 und entzünden diese, die
ihrerseits die Verzögerungsladung 40 entzündet. Während sich nun das ausgeworfene
Fallschirmpaket immer weiter vom Behälter 3 entfernt, brennt die Verzögerungsladung
40 ab und zündet die Pulverladung 30, kurz bevor die Fallschirmseile 4 ganz aus
dem Behälter 3 herausgezogen sind.
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Bei der Explosion der Pulverladung 30 werden die Scherbolzen 28 abgeschert
und sämtliche Pfosten 26 mit den Fallschirmseilen 4 radial nach außen geschleudert,
so daß sich das Fallschirmtuch 5 entfaltet und wirksam wird.
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Versuche haben ergeben, daß durch die beschriebene Konstruktion der
Fallschirm innerhalb einer Zeitspanne von weniger als einer Sekunde ausgeworfen
und voll entfaltet werden kann. Dies entspricht einer Freifallhöhe von nur etwa
1 bis 2 m, was ermöglicht, den Fallschirm auch in großer Bodennähe zu benutzen.
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Die beschriebene Konstruktion des Fallschirmes stellt nur eine bevorzugte
Ausführungsform der Erfindung dar. Ohne vom Erfindungsgedanken abzuweichen, ist
es beispielsweise auch möglich, die Pulverladung 30, die das Entfalten des Fallschirmes
bewirkt, auf andere Art zu zünden. Dies kann z. B. derart erfolgen, daß ein Seil
von etwas geringerer Länge als die Fallschirmseile 4 einen Zündstift auslöst, der
über eine Zündkapsel die Pulverladung 30 im richtigen Moment entzündet. Wesentlich
ist nur, daß sowohl zum Auswerfen des Fallschirmes als auch zum Entfalten desselben
Pulverladungen dienen, damit der Fallschirm in kürzester Zeit entfaltet werden kann,
und daß die Pulverladung 30, die das Entfalten des Fallschirmtuches bewirkt, gegenüber
der Pulverladung 18, die das Auswerfen des Fallschirmpaketes bewirkt, mit Verzögerung
gezündet wird.