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Verfahren zur Stabilisierung von Polyolefinen gegen termische Oxydation
In der deutschen Patentanmeldung F 18865 IVb/39b wird beschrieben, daß die Abbau-
und Versprödungsneigung von Polyolefinen, besonders von Polyäthylen, durch den Zusatz
von Mischungen aus aliphatischen geradkettigen oder verzweigten Merkaptanen und
organischen basischen Verbindungen, deren wässerige Lösungen phenolphthalein-alkalisch
reagieren, stark vermindert wird, wenn man die NIasse noch kurzfristig auf eine
Temperatur von mindestens 1200 C erhitzt.
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Es wurde nun gefunden, daß auch Gemische aus denselben basischen
Stoffen, z. B. Triäthanolamin, und Merkaptanen von der Art der Merkaptoalkylphosphonsäureester
der allgemeinen Formel
in welcher R einen gesättigten verzweigten oder unverzweigten Alkylrest, der durch
Sauerstoff unterl>rochen sein kann, und RL und R2 unter sich gleiche oder verschiedene
gesättigte verzweigte oder unverzweigte Alkylreste oder aromatische oder gesättigte
hydroaromatische Reste, die gegebenenfalls mit Alkylgruppen mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen
substituiert sein können, bedeuten, hervorragende Stabilisierungsmittel für Polyäthylen
darstellen. Wie bei den Stabilisirungsmittelgemischen des Hauptpatentes genügt zur
Einarbeitung ein kurzzeitiges Erhitzen auf mindestens 1200 C, jedoch ist auch ein
längeres, z. B. mehrstündiges Erhitzen nicht schädlich, wie sich auch aus den Beispielen
ergibt. Im einzelnen steht R z. B. für -CH2-, -CH2CH2-,-CH2CHCH3, -CH2CH2CH2CH2-,
-CH2-CH2-O-CH2-CH2-, entsprechend stehen Rj und R2 z. B. für -CH3, -C2H5, -C3H7
(normal und iso), - C4 H9 (normal, iso und tertiär), - C8 H17 (beliebige Isomere),
C6H5, -C6H4CH3, -C6H3(CH3)2, -CH2C6H5, CH2CH2C6H4C2H6X C6H11-, C6 Hlo C H3, C10
H7 Es wurde weiter gefunden, daß man die erfindungsgemäß vorgeschlagenen Merkaptane
sogar nicht einrnal mit den genannten organischen basischen Verbin-
dungen zu mischen
braucht, sondern diese mit besonderem Vorteil allein verwenden kann. Gegenüber den
obengenannten Merkaptanen weisen die Merkaptoalkylphosphonsäureester folgende Vorteile
auf: I. Da die Stabilisierungswirkung auch ohne den gleichzeitigen Zusatz von stark
basischen Verbindungen eintritt, wird die bei der Stabilisierung mit Merkaptanen
durch Aminzusatz mitunter auftretende Verfärbung des Polyäthylens beim längeren
Erhitzen auf höhere Temperatur dadurch vermieden.
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2. Der Geruch der Merkaptoalkylphosphonsäureester ist weniger intensiv
als der der Merkaptane, wodurch die Geruchsbelästigung beim Einarbeiten des Stabilisierungsmittels
in das Polyäthylen geringer ist.
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3. Die Merkaptoalkylphosphonsäureester sind viel leichter wasserlöslich
als Merkaptane vom gleichen Siedepunkt. Dadurch kann die Einarbeitung des Stabilisierungsmittels
in das Polyolefin aus wäßeriger Lösung erfolgen, was verfahrenstechnisch einen großen
Vorteil bedeutet.
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Um Korrosionen an Metallen, beispielsweise bei \ erwendung des stabilisierten
Polyäthylens als Metallüberzug, zu vermeiden, ist es zweckmäßig, daß die Nierkaptoalkylphosphonsäureester
möglichst säurefrei sind. Im übrigen können aber beliebige Gemische aus Verbindungen
der genannten Art verwendet werden.
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Die zur Stabilisierung der Polyolefine erforderlichen Mengen an Merkaptoalkylphosphonsäureestern
hängen
von der Oxydationsempfindlichkeit des zu stabilisierenden Polyolefins ab. Ein Polyolefin,
das verhältnismäßig oxydationsbeständig ist, benötigt nur 0.05 bis 0.10/0 Stabilisierungsmittel,
weniger beständige Polyolefine dagegen bis zu 3 ovo. Höhere Polyolefine, z. B. Polypropylen.,
benötigen im allgemeinen eine höhere Menge an Stabilisierungsmittel als Polyäthylen.
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Die Einarbeitung des Stabilisierungsmittels in das Polyolefin erfolgt
in der gleichen Weise wie im Hauptpatent angegeben worden ist, z. B. durch a) Einarbeiten
des unverdünnten Stabilisierungsmittels in das pulverförmige Polyäthylen mit Hilfe
einer üblichen Mischvorrichtung. Eine andere AIöglichkeit besteht darin, daß man
l) zuerst das Stahilisierungsmittel in einem geeigneten niedrigsiedenden Lösungsmittel
(z. 13. in ÄVasser, in einem Kohlenwasserstoff, wie Hexan oder Benzol. in einem
chlorierten Rohlenwasserstoff, wie LIethylenchlorid. in einem Ester, wie Methylacetat,
oder in einem Alkohol, wie Äthanol) auflöst, diese Lösung in das pulverförmige Polyäthylen
in einer WIischvorrichtung einarbeitet und endlich das Lösungsmittel verdampft.
Ein weiterer Weg ist der, c) eine das Polyäthylen bei erhöhter Temperatur, z. B.
bei 1000 C, lösende oder zum mindesten stark anquellende und gleichzeitig auch den
Biterkaptoalkylphosphonsäiireester lösende Verbindung, z. B.
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Xylol, Chlorbenzol oder Tetrachloräthan, zu verwenden, wobei zuerst
aus den drei Bestandteilen Polväthvlen, Stabilisierungsmittel und Lösungsmittel
ein möglichst homogenes Gemisch bei erhöhter Temperatur hergestellt und anschließend
das Lösungsmittel wieder verdampft wird.
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Zur weiteren Homogenisierung einer nach einem der drei Verfahren
hergestellten Klasse aus Polyäthylen und Stabilisierungsmittel kann sie oberhalb
des Sclimelzpunktes des Polyäilyletis z. B. durch eine heizbare Strangpresse oder
über eine Walze geschickt werden. Polväthylen. das bei der Herstellung nicht pulverförmig,
sondern wie das nach dem Hochdruckverfahren hergestellte, unmittelbar als Granulat
anfällt. Iäßt sich grundsätzlich auf die gleiche Weise mit dem Stabilisierungsmittel
vermengen, nur ist hier ein zweimaliger Durchgang des groben Gemisches aus Granulat
und Stabilisierungsmittel z.B. durch die Strangpresse zur möglichst homogenen Verteilung
des Stal>ilisierungsmittels zwecLinäßig.
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I)ie Versuche zur Bestimmung des Abbauverhaltens und der hiermit
verknüpften Versprödung des Polyäthylens wurden meistens bei 1200 C durchgeführt.
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Diese Temperatur liegt zwar schon sehr nahe bei der Temperatur bei
der die Niederdrudpolyolefine mit dem höheren Schmelzpunkt (125 bis 1300 C) schmelzen
und kommt daher in der technischen Verwendung selten in Betracht. Die Versucllstemperatur
wurde aber absichtlich so hoch gewählt, um den Abbau und die Versprödung unter extremen
Bedingungen zu untersuchen und dabei gleichzeitig die Versuchszeit erhehlich abzulxürzen.
Die Versuche wurden daher mit dem genannten Niederdruckpolyäthylen ausgeführt.
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Grundsätzlich gilt das gleiche aber auch für Hochdruclipolyäthylen.
nur daß die Versuche hier bei etwas tieferer Temperatur ausgeführt werden müssen,
da eine Versprödung nur am festen NIaterial zu prüfen ist.
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Der Abbau der Njlakromoleküle wurde durch Lassen der reduzierten
Viskositäten iyred= t/solc in mit 0,1 °lo Phenyl-,B-naphthylamin stabilisiertem
Tetrahydrollapllthalin als Lösungsmittel bei 1200 C bei der
Konzentration c = 0,5
g Polyolefin in 100 cms Lösung bestimmt. Zur Ermittlung der Versprödung wurden aus
den Polyäthylenproben durch Pressen von Pulver oder Granulat unter 300 atü bei 1500
C 0,5 mrn dicke Platten hergestellt. Die Platten wurden ebenfalls auf 1200 C erhitzt
und täglich auf ihre Versprödung nach dem Handbiegetest (Durchbiegen der Platte
um etwa 1300 mit der Hand) geprüft; spröde Proben brechen dabei sofort auseinander,
während nicht spröde Proben bis zu etwa 900 gebogen werden können, ohne daß ein
Bruch erfolgt.
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Die erfindungsgemäß vorgeschlagenen Stoffe lassen sich z. B. nach
dem Verfahren der deutschen Patentanmeldung F 19504 IVb/12O herstellen.
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In der USA.-Patentschrift 2 448 799 wurde die Verwendung von 2-Merkaptobenzthiazol
als Stabilisierungsmittel für Polyolefine beschrieben. Vergleichsversuche zeigen,
daß die Stabilisierungswirkung von 2-Merkaptobenzthiazol wesentlich schlechter als
die der beanspruchten Merkaptoalkylphosphonsäureester ist. Die Verwendung der letzteren
stellt also einen klaren technischen Fortschritt gegenüber dem Bekannten dar.
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In der USA.-Patentschrift 2 494 126 wird die Verwendung von Phosphorsäurederivaten
als Weichmacher in Verbindung mit Kunststoffen beschrieben.
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Die bekannten Phosphorsäurederivate wirken aber keineswegs bei Polyolefinen
als Weichmacher, da sie wegen ihrer stark polaren Natur mit den unpolaren Polyolefinen
unverträglich sind. Aus diesem Stand der Technik konnte nicht ohne weiteres abgeleitet
werden, daß die gemäß der Erfindung verwendeten Merkaptoalkylphosphorester, die
auch einen anderen Aufbau als die bekannten Verbindungen haben, sich gut als Stabilisatoren
verwenden lassen.
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Beispiel 1 Das Pulver eines nach dem Niederdruckverfahren hergestellten
Polyäthylens der reduzierten Viskosität 2,90 wurde ohne Stabilisierungsmittelzusatz
auf 1200 C erhitzt. Nach 3 Tagen war die reduzierte Viskosität rred infolge oxydativen
Abbaues der Molekülketten auf 1,60 abgefallen. Eine aus dem gleichen Polyäthylen
hergestellte Platte war unter den gleichen Erhitzungsbedingungen nach 3 Tagen bereits
völlig spröde geworden.
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Wurde dieselbe Polyäthylensorte aber zuerst mit 0,5 Gewichtsprozent
2-Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester
0,5 Kp. = 910 C, stabilisiert, indem 300 g Polyathylenpulver mit einer Lösung von
1,5 g des Esters in 200g Methylacetat vermischt wurden und das Lösungsmittel im
Luftstrom bei 600 C wieder verdampft worden war, so war Wred die reduzierte Viskosität,
des so stabilisierten Polyäthylens auch nach 50tägigem Lagern bei 120°C erst um
90/0 abgefallen. und eine Versprödung war bei diesen Lagerbedingungen nicht festzustellen.
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Beispiel 2 Ein anderes nicht stabilisiertes Niederdruckpolyäthylen
(#red = 2,60) war nach 3tägigem Erhitzen auf 1200 C versprödet. Wurden dem gleichen
Produkt 0,2 °/o 2-Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester zugesetzt,
so
fiel die reduzierte Viskosität rlred nach 3tägigem Lagern zuerst von 2,60 auf 1,92
ab, änderte sich aber nach weiterem 25tägigem Erhitzen auf 1200 C nicht mehr merklich;
eine Versprödung war auch nach dieser Zeit noch nicht festzustellen.
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Beispiel 3 Ein nach dem Hochdruckverfahren hergestelltes Polyäthylen
der Ausgangsviskosität r1red 1,08 war nach 6 Tagen Lagerung bei 1050 C versprödet.
Nach Zusatz von 1 O/o 2-Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester trat Versprödung
bei 1050 C erst nach 40 Tagen auf.
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Beispiel 4 Polypropylen ist wesentlich oxydationsempfindlicher als
Polyäthylen. So sank die reduzierte Viskosität gred nach 4 Tagen Lagerung bei 1200
C von 5,70 auf 0,11. Nach Zusatz von 1 0/o 2-Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester
betrug die Viskosität tyred nach 4 Tagen 0,98. Hieraus ist zu sehen, daß der Stabilisator
auch hier wirksam ist, wenn auch nicht in so starkem Masse wie bei Polyäthylen.
Wird die Stabilisatormenge aber auf 3 ovo erhöht, so beträgt die Viskosität gred
nach 4 Tagen noch 5,12.
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Vergleichsversuch Die gleiche Polyäthylenprobe wie Beispiel 2 wurde
mit 0,50/0 2-Merkaptobenzthiazol stabilisiert. Beim Lagern einer daraus hergestellten
Platte bei 1200 C trat nach 18 Tagen eine Versprödung auf, während bei dem Beispiel
2 mit nur 0,2 0/o 2-Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester erst nach 31 Tagen ein
Beginn der Versprödung festzustellen war.
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Beim Lagern bei 1300 C wurde die Probe mit 0,50/0 2-Merkaptobenzthiazol
nach 4 Tagen, die Probe mit nur 0,2 O/o 2-Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester
erst nach 7 Tagen unbrauchbar.
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Daraus folgt deutlich, daß Merkaptoäthylphosphonsäurediäthylester
besser stabilisiert als 2-Merkaptobenzthiazol.
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PATENTAXSPRt7CHE 1. Verfahren zur Stabilisierung von Polyolefinen
gegen thermische Oxydation durch Zusatz von geradkettigen oder verzweigten Merkaptanen
und basischen organisschen Verbindungen und kurzfristiges Erhitzen der Masse auf
1200 C nach Patent 1 025 139, dadurch gekennzeichnet, daß man als Merkaptane Merkaptoalkylphosphonsäureester
der allgemeinen Formel
verwendet, in welcher R einen gesättigten verzweigten oder unverzweigten Alkylrest,
der durch Sauerstoff unterbrochen sein kann, und R, und R2 unter sich gleiche oder
verschiedene gesättigte verzweigte oder unverzweigte Alkylreste oder aromatische
oder gesättigte hydroaromatische Reste, die gegebenenfalls mit Alkylgruppen mit
1 bis 4 Kohlenstoffatomen substituiert sein können, bedeuten.
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2. Abänderung des Verfahrens des Anspruchs 1, dadurch gekennzeichnet,
daß man die Merkaptoalkylphosphonsäureester für sich allein ohne Zusatz von basischen
organischen Verbindungen verwendet.