DE10333872B4 - Verwendung einer löslichen Glaszusammensetzung als Gießkern - Google Patents

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Abstract

Verwendung eines Glases mit der Zusammensetzung 10...50 Mol-% BaO, 30...80 Mol-% B2O3 und 10...30 Mol-% SiO2 als löslicher Gießkern zur Herstellung von Metallbauteilen mit komplex gestalteter Innengeometrie.

Description

  • Die Erfindung betrifft eine Verwendung löslicher Glaszusammensetzungen als Gießkern zur Herstellung von Kunststoff- und Metallbauteilen mit komplexgestalteten Innengeometrien.
  • Stand der Technik
  • Die Schmelzkerntechnologie dient zur Fertigung von Produkten mit komplexgestalteten Innengeometrien aus Kunststoff und Metall. Der bisher geringe Einsatz der Schmelzkerntechnologie hat seine Ursache u. a. darin, dass es kaum geeignete Werkstoffe für die Kerne gibt, die sich nach der Formgebung des geometrisch komplizierten, hohlen Fertigerzeugnisses leicht daraus entfernen lassen. Das Fertigerzeugnis soll aus Kunststoff oder Metall bestehen. Besonders im letzteren Fall liegen die Gießtemperaturen so hoch, dass schmelzende Wachskerne oder niedrig schmelzende Metall-Legierungen unter Beachtung der filigranen Formen des Erzeugnisses die Forderungen nicht erfüllen. Niedrig schmelzende Legierungen als Kernmaterial sind außerdem teuer und ggf. toxisch.
  • Aus der EP 0 313 923 A2 sind ein Verfahren und ein Formkern zur Herstellung von Kunststoffgegenständen mit Hinterschneidungen bekannt. Der Formkern besteht aus einem wasserlöslichen Kunststoff auf Acrylsäure-Basis.
  • In DE-PS 956 985 B wird ein Verfahren beschrieben, bei dem Formkerne aus Polystyrol zur Herstellung von Bauteilen aus Polyamid verwendet werden. Nach dem Erhärten des Polyamids wird der Kern durch Lösen in Benzol entfernt. Die Verwendung von Benzol ist aus gesundheitlichen und sicherheitstechnischen Gründen überaus problematisch.
  • Daneben wird in der DE 195 34 836 C2 ein wasserlöslicher Formkern zum Spritzgießen von Kunststoffteilen vorgestellt, der aus Quarzsand und Glaspartikeln oder Metallpulver unter Zugabe einer wässrigen Binderlösung auf der Basis von Polyvinylalkohol hergestellt wird. Durch Zugabe von Wasser zerfällt der Formkern. Der verwendete Feststoff kann abgetrennt, gereinigt und wiederverwendet werden.
  • Der bisher verbreitetste Werkstoff für Schmelzkerne ist eine niedrigschmelzende Legierung aus Zinn und Bismut. Die Schmelztemperatur einer eutektischen Schmelze beträgt 138°C. Die Nachteile der bisher bekannten Gießkerne liegen darin, dass mit ihnen die Herstellung von Aluminium-Bauteilen nicht möglich ist. Außerdem verfügen sie nicht über die notwendige Festigkeit und Härte. Ihre Oberflächengüte ist ebenfalls nicht ausreichend.
  • Aus der DE 31 38 136 A1 ist es bekannt, Gießkerne aus einem säurelöslichen Glas zu verwenden. Aus der DE 1 679 955 A ist dagegen ein wasserlösliches Glas bekannt.
  • Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, einen Gießkern aus leichtlöslichem Glas bereitzustellen, welches eine höhere Schmelztemperatur als die zu produzierenden Kunststoff- oder Metallbauteile (insbesondere Aluminium) aufweist und welches den mechanischen und thermischen Anforderungen eines Formgebungsprozesses standhält. Mit dem erfindungsgemäßen Glas sollen die besseren mechanischen Eigenschaften (Festigkeit, Härte), die glatte Kernoberfläche sowie die deutlich erhöhte Temperaturbeständigkeit von Gläsern gegenüber von Wachsen, Kunststoffen, kunststoffgebundenen Pulvern sowie Zinn/Bismut-Legierungen ausgenutzt werden, so dass sich größere Anwendungsmöglichkeiten in der Formgestaltung der Erzeugnisse und in der Materialauswahl ergeben.
  • Erfindungsgemäß gelingt die Lösung dieser Aufgabe mit den Merkmalen des ersten und zweiten Patentanspruches.
  • Die chemische Zusammensetzung des erfindungsgemäßen Glases unterscheidet sich deutlich von herkömmlichen silicatischen, chemisch hoch beständigen Gläsern. Diese sind für die Verwendung als leicht lösbares Gießkernmaterial verständlicherweise ungeeignet.
  • Anders verhält es sich mit Phosphatgläsern. Aus dem Stand der Technik ist bekannt, dass reine Phosphatgläser eine relativ geringe chemische Beständigkeit aufweisen, wobei hoch P2O5-haltige Gläser sogar durch eine Hygroskopizität gekennzeichnet sind. Deshalb wurde untersucht, ob Phosphatgläser als lösliche Glaskerne in der Schmelzkerntechnologie angewendet werden können. So sind z. B. Kalium-Phosphat-Gläser als Düngemittel mit Langzeitwirkung bekannt. Ihre Löslichkeit im feuchten Boden ist gerade so groß, dass sie allmählich über mehrere Jahre K2O und P2O5 an die Pflanzen abgeben.
  • Eine kristalline Form phosphatischer Verbindungen existiert als Tricalciumphosphat. Es wird in der Medizin als vom menschlichen Körper resorbierbares Implantat genutzt. Beide Materialien sind aufgrund der zu geringen Auflösungsgeschwindigkeiten für die Herstellung leichtlöslicher Gießkerne jedoch nicht zu verwenden.
  • Anders verhalten sich Boratgläser. Reines B2O3 lässt sich schmelzen und als Glas abkühlen. Durch Adsorption des Wasserdampfs der Luft und folgender Hydratbildung zerfließt es bereits nach kurzer Zeit und bildet wässrige Borsäure. Ursache dafür ist u. a. die niedrige Aktivierungsenergie von nur 310 kJ/mol für die B-O-Bindung. Durch Zugabe von Alkalimetall- und/oder Erdalkalimetall-Ionen kann man die chemische Beständigkeit gezielt verbessern. Man wandelt dadurch die Koordination von Bor durch Sauerstoff von der Koordinationszahl 3 in die Koordinationszahl 4 um. Durch die Variierung der chemischen Zusammensetzung binärer oder ternärer Boratgläser ist es somit möglich, die chemische Löslichkeit auf einen gewünschten Wert einzustellen. Das gilt auch für alle anderen Eigenschaften.
  • Die niedrige Bindungsenergie der Boratgläser führt im Vergleich mit anderen Silicatgläsern auch zu deutlich abgesenkten Schmelztemperaturen. Je nach Zusammensetzung kann sie zwischen 200 und fast 1000°C liegen. Aufgrund der geforderten mechanischen Stabilität der Glaskerne bei höherer Temperatur muss die chemische Zusammensetzung auch aus dieser Sicht ausgewählt werden. Ist die chemische Löslichkeit der Boratgläser generell zu hoch, verbessert eine Zugabe von SiO2 die Beständigkeit in jedem Fall.
  • Um für die speziellen Anwendungsfälle eine optimale Glaszusammensetzung zu erreichen, wurden in zahlreichen Versuchen verschiedene Zusammensetzungen der Gläser getestet: Gläser mit einem hohen Gehalt an B2O3 und ohne SiO2 sind relativ unbeständig gegenüber wässrigen Medien. Deshalb wurden diese Boratgläser in binären (Na2O-B2O3, PbO-B2O3, CaO-B2O3) und ternären (Na2O-B2O3-SiO2, BaO-B2O3-SiO2) Systemen hergestellt. Mittels der Variation der Netzwerkbildner- (B2O3, SiO2) bzw. Netzwerkwandleranteile (R2O, RO) konnten gezielt die Eigenschaften der Gläser beeinflusst werden.
  • Die thermischen Eigenschaften (Transformationstemperatur Tg, Ausdehnungskoeffizient α) sind mittels dilatometrischer Untersuchungen ermittelt worden. Die Löslichkeit der Gläser wurde in verdünnter, 5 oder 10%iger Essigsäure und in Wasser getestet. Verdünnte Essigsäure ist leicht handhabbar und greift den Kunststoff oder das Aluminium nur in geringem Masse an. Daneben sind ihre Anschaffungskosten gering. Aber auch andere verdünnte organische und anorganische Säuren sind anwendbar.
  • Die Auflöseversuche wurden im Ultraschallbad bei 30–40°C durchgeführt. Die Behandlungszeit betrug je nach der Löslichkeit der Gläser 20–90 Minuten. Zur Bestimmung der Auflöserate der Gläser wurde der Masseverlust durch den Löseprozess gravimetrisch ermittelt und dieser mit der Behandlungszeit und der vor dem Versuch bestimmten Oberfläche der Probe ins Verhältnis gesetzt.
  • Durch die vielfältige Variation der Zusammensetzung (Art der Komponenten, Konzentration) konnten Gläser mit unterschiedlichen thermischen und chemischen Eigenschaften hergestellt werden: Die Na2O-B2O3-Gläser wiesen im Vergleich zu ”normalen” silicatischen Gläsern niedrigere Transformationstemperaturen auf. Sie liegen aber noch deutlich über der Erweichungs- bzw. Schmelztemperatur von Wachsen und Zinn/Bismut-Legierungen. Aufgrund dieser Eigenschaften und der mechanischen Festigkeit sind höhere Verarbeitungstemperaturen des anzuwendenden Kunststoffes als bei Verwendung von Zinn/Bismut-Legierungen als Kernmaterial möglich. Die Gläser lösen sich sehr gut in verdünnter, 10%iger Essigsäure auf. Dagegen ist die Löslichkeit dieser erfindungsgemäßen Gläser in Wasser um ein Vielfaches schlechter, so dass die Gläser durch Luftfeuchtigkeit nur gering angegriffen werden und somit eine Lagerung von Gießkernen an der Luft möglich ist.
  • Mit zunehmendem B2O3/Na2O-Verhältnis nimmt die Löslichkeit der Gläser in verdünnter Essigsäure zu, jedoch ist bei diesen Gläsern auch eine beträchtliche Anlösung durch die Luftfeuchtigkeit zu beobachten. Aufgrund der möglicherweise längeren Lagerung der Gießkerne sind diese Zusammensetzungen für eine Herstellung von löslichen Kernmaterialien nicht relevant.
  • Infolge der Veränderung der Zusammensetzung ist es zu der erwarteten Verringerung der Transformationstemperatur und zur Vergrößerung des Ausdehnungskoeffizienten der Gläser gekommen.
  • Mittels einer variablen Zugabe von SiO2 zum Rohstoffgemenge konnten Gläser mit gezielt veränderten thermischen Eigenschaften und Löslichkeitsverhalten hergestellt werden. Mit zunehmendem SiO2-Gehalt im Glas erhöhten sich die Transformationstemperaturen und verringerten sich die hohen Ausdehnungskoeffizienten der Gläser. Dabei nahm die chemische Löslichkeit der Gläser ab.
  • Die Gläser im System BaO-B2O3-SiO2 weisen sehr hohe Transformationstemperaturen auf, so dass sie als Kernmaterial besonders für den Aluminium-Guss verwendet werden können. Für den Aluminium-Guss sind die bisher in der Schmelzkerntechnologie benutzten Zinn/Bismut-Legierungen aufgrund der viel niedrigeren Schmelztemperaturen nicht anwendbar. Durch die Verringerung des SiO2-Gehaltes im Glas sowie durch die Vergrößerung der BaO-Gehaltes zu Lasten des Anteils an B2O3 konnte die Löslichkeit der Gläser verbessert werden. Bei diesen Variationen der Zusammensetzung musste aber eine Verringerung der Transformationstemperatur in Kauf genommen werden. Für einen Einsatz dieser Gläser als Kernmaterial im Aluminium-Guss sind aufgrund der Verarbeitungstemperatur des Aluminiums aber Transformationstemperaturen der Gläser von 600°C notwendig, so dass nur ausgesuchte Zusammensetzungen der Gläser für diesen Anwendungszweck geeignet sind.
  • Im System PbO-B2O3 führte ein zunehmender PbO-Gehalt zur Verringerung der Transformationstemperatur, zur Vergrößerung des Ausdehnungskoeffizienten sowie zur Zunahme der Löslichkeit der Gläser in verdünnter Essigsäure und in Wasser.
  • Im System CaO-B2O3 war nach Variation des CaO/B2O3-Verhältnisses die Herstellung von Gläsern nur in einem engen Zusammensetzungsbereich möglich. Die Löslichkeiten der zuvor behandelten Gläser in den wässrigen Untersuchungsmedien konnten nicht erreicht werden, so dass die Variation der Zusammensetzung in diesem System nicht weiter untersucht wurde.
  • Im Ergebnis der beschriebenen Untersuchungen wurden zwei Gläser ausgewählt, um mittels einer zweiteiligen Grafitform Gießkerne mit der gewünschten Endgeometrie für ein Flügelrad zum Einsatz im Pumpenbau herzustellen.
  • Das Glas aus dem System Na2O-B2O3 weist eine sehr gute Löslichkeit in verdünnter Essigsäure auf und sollte im Kunststoff-Spritzguss eingesetzt werden.
  • Die Gießkerne aus dem Glas des Systems BaO-B2O3-SiO2 wurden auf die Eignung des Glases als Gießkern für die Herstellung von Flügelrädern aus Aluminium überprüft.
  • Die Schmelztemperaturen der Gläser richten sich nach der Aufschmelzbarkeit der Rohstoffe und der Viskosität der Schmelze beim Formen. Die Temperatur des Kühlofens ist von der Transformationstemperatur des Glases abhängig. Bei der Temperatur des Formenmaterials muss zwischen der Ausbildung der Oberfläche des Kerns und der Entformbarkeit des Kerns optimiert werden. Wenn die Temperatur der Form zu hoch ist, bilden sich zwar die Oberfläche und Kanten des Kerns sehr gut aus, jedoch ist eine Entformung des Kerns nicht mehr möglich. Zu niedrige Formentemperaturen bewirken wellige Kernoberflächen.
  • Mit den hergestellten Gießkernen aus Glas ist es gelungen, mittels Aluminium-Guss bzw. Spritzguss von PPS-GF 40 (Polyphenylensulfid mit 40% Glasfaseranteil) Flügelräder mit Hinterschneidungen herzustellen, die die geforderten Eigenschaften aufweisen und für den Einsatz in der industriellen Fertigung geeignet sind.

Claims (2)

  1. Verwendung eines Glases mit der Zusammensetzung 10...50 Mol-% BaO, 30...80 Mol-% B2O3 und 10...30 Mol-% SiO2 als löslicher Gießkern zur Herstellung von Metallbauteilen mit komplex gestalteter Innengeometrie.
  2. Verwendung eines Glases mit der Zusammensetzung a) 20...70 Mol-% PbO und 30...80 Mol-% B2O3, oder b) 10...40 Mol-% R2O (mit R = Li, Na, K), 40...90 Mol-% B2O3 und 0...30 Mol-% SiO2 als löslicher Gießkern zur Herstellung von Kunststoffbauteilen mit komplex gestalteter Innengeometrie.
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