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Die
Erfindung betrifft die Verwendung von Ambroxol und dessen pharmakologisch
verträglichen
Salze zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Tinnitus
und anderen otologischen Störungen,
beispielsweise Hyperacusis, Morbus Meniere oder Endolymph-Hydrops.
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Hintergrund der Erfindung
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Der
Wirkstoff Ambroxol (trans-4-(2-Amino-3,5-dibrombenzylamino)-cyclohexanol)
ist ein bekanntes Lokalanaesthetikum, Antitussivum und Expektorant.
Darüber
hinaus ist die Wirkung von Ambroxol als Natriumkanalblocker in der
Literatur (Society for Neuroscience Abstracts, 2000, Vol.26, No.
1-2) beschrieben. Natriumkanalblocker sind in erster Linie als Lokalanästhetika
bekannt. Aus dem Stand der Technik ist bekannt, dass einzelne Natriumkanalblocker
positiv bei Tinnitus wirken können
(wie z. B. Lidocain, Hartigh et al. 1993, Clin. Pharm. and Ther.
54, 415-420).
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Für die Behandlung
von Tinnitus werden neben Natriumkanalblockern auch Calciumkanalblocker
diskutiert (Davies, Knox und Donaldson, British Journal of Audology
28: 125ff, 1994; Shulman, International Tinnitus Journal 3: 77ff,
1997). Es werden Antagonisten von ionotropen Glutamatrezeptoren,
insbesondere von AMPA (α-amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolepropionat)
Rezeptoren, zur Behandlung von Tinnitus (Shulman 1997, Int. Tin.
J 3, 77-93) empfohlen, jedoch bisher nicht in dieser Indikation
eingesetzt. Die Einnahme bisher bekannter Natriumkanalblocker im
Rahmen der Indikation Tinnitus ist häufig mit zentralnervösen und cardiovasculären Nebenwirkungen
verbunden.
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Eine
für den
Patienten vorteilhafte orale Einnahme des Medikaments ist im Falle
von beispielsweise Lidocain nicht möglich. Hier ist eine intravenöse Verabreichung
erforderlich.
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Es
ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung einen Wirkstoff
für die
Behandlung von otologischen Störungen,
beispielsweise von Tinnitus, Hyperacusis, Morbus Meniere oder Endolymph-Hydrops,
insbesondere von Tinnitus, bereitzustellen, welcher keine oder nur
unwesentliche zentralnervöse
und kardiovasculäre
Nebenwirkungen aufweist. Zusätzlich
sollte der bereitzustellende Wirkstoff für eine orale Gabe geeignet sein.
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Beschreibung der Erfindung
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Überraschender
Weise zeigt Ambroxol eine sehr gute Wirkung bei der Behandlung von
otologischen Störungen,
insbesondere von Tinnitus, die u.a. auf einer Blockade übermäßig stark
aktivierter spannungsabhängiger
Natriumkanäle
beruht. Bei einer pharmazeutisch wirksamen Dosis treten keine zentralnervösen und kardiovasculären Nebenwirkungen
auf. Überraschenderweise
zeigt Ambroxol auch sehr gute Wirkungen als Calciumkanalblocker
und als AMPA-Rezeptor Antagonist, welche eine ideale Ergänzung der
Behandlung von Tinnitus darstellen.
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Die
Erfindung betrifft daher die Verwendung von Ambroxol oder eines
seiner pharmakologisch verträglichen
Salze für
die Herstellung eines Arzneimittels zur systemischen Behandlung
von otologischen Störungen, vorzugsweise
Tinnitus, Hyperacusis, Morbus Meniere oder Endolymph-Hydrops, besonders
bevorzugt Tinnitus.
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Bevorzugt
ist die Verwendung von Ambroxol oder eines seiner pharmakologisch
verträglichen
Salze für
die Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Tinnitus.
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Ein
weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung einer oral
applizierbaren pharmazeutischen Zusammensetzung, vorzugsweise in
Form einer Tablette, enthaltend Ambroxol oder eines seiner pharmakologisch
verträglichen
Salze.
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Weiterhin
bevorzugt ist die oben beschriebene Verwendung von Ambroxol oder
eines seiner pharmakologisch verträglichen Salze, wobei Ambroxol
in einer Tagesdosis von 30 mg bis 4000 mg, vorzugsweise von 150
mg bis 3000 mg, besonders bevorzugt von 350 mg bis 2500 mg, insbesondere
bevorzugt von 500 mg bis 2000 mg, eingesetzt wird.
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Besonders
bevorzugt ist die Verwendung von Ambroxol oder eines seiner pharmakologisch
verträglichen
Salze für
die Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Hyperacusis,
Morbus Meniere oder Endolymph-Hydropsy.
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Ein
weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine pharmazeutische Zusammensetzung
enthaltend Ambroxol und einen oder mehrere Wirkstoffe ausgewählt aus
der Gruppe der Calciumkanal-Antagonisten, Glutamatrezeptor Antagonisten,
insbesondere Glutamatrezeptor Antagonisten vom NMDA- oder AMPA-Subtyp, CGRP
Agonisten, CGRP Antagonisten, Anticonvulsantien vom Baclofentyp
und Osmoregulatoren, beispielsweise Mannitol, Glyceri und Frusemid.
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Ebenfalls
Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung von Ambroxol oder eines
seiner pharmakologisch verträglichen
Salze in Kombination mit einem oder mehreren weiteren Wirkstoffen,
ausgewählt
aus der Gruppe bestehend aus Analgetika, Antidepressiva, Calciumkanal-Antagonisten,
Glutamatrezeptor Antagonisten, insbesondere Glutamatrezeptor Antagonisten
vom NMDA- oder AMPA-Subtyp, CGRP Agonisten, CGRP Antagonisten, Anticonvulsantien
vom Baclofentyp, Osmoregulatoren, beispielsweise Mannitol, Glycerin
oder Frusemid, Natriumkanalblocker, Antikonvulsiva, beispielsweise
Barbiturate oder Benzodiazepine, Antiarrhythmika und Neuroprotektiva.
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Bevorzugt
ist die Verwendung von Ambroxol oder eines seiner pharmakologisch
verträglichen
Salze in Kombination mit einem oder mehreren Analgetika, ausgewählt aus
der Gruppe bestehend aus Opioiden, nicht-steroidalen Analgetika,
Gabapentin und alpha-adrenergen Agonisten.
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Unter
der Bezeichnung Ambroxol sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung
sowohl die Base Ambroxol, als auch deren Solvate oder Hydrate zu
verstehen, vorzugsweise die Base Ambroxol.
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Zur
Salzbildung von Ambroxol geeignete Säuren sind beispielsweise Salzsäure, Bromwasserstoffsäure, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Salpetersäure, Oxasäure, Malonsäure, Fumarsäure, Maleinsäure, Weinsäure, Zitronensäure, Ascorbinsäure und
Methansulfonsäure,
vorzugsweise Salzsäure.
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Die
erfindungsgemäße Wirkung
von Ambroxol soll durch nachfolgende Beispiele erläutert werden. Diese
dienen lediglich zur Veranschaulichung der Erfindung und sind nicht
als limitierend anzusehen.
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Ambroxol
hemmt verschiedene neuronale Natriumkanalsubtypen, wobei die halbmaximale
Hemmung von zentral expremierten Kanälen bei 111 μM liegt (Weiser
und Wilson 2002, Mol Pharmacol 62, 433-438).
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Spannungsabhängige Calciumkanäle spielen
eine wichtige Rolle bei der Neurotransmission. Es wurde überraschenderweise
gefunden, dass Ambroxol ebenfalls spannungsabhängige Calciumkanäle in Neuronenkulturen
aus der Ratte in Konzentrationen von 10 bis 1000 μM blockiert.
Es wurden Neuronen aus Hinterwurzelganglien adulter Ratten präpariert
und in Kurzzeitkultur genommen. Die Zellen wurden elektrophysiologisch mit
der Patch-Clamp Technik (Spannungsklemme) untersucht, und der Stromfluß durch
spannungsabhängige Calciumkanäle nach
elektrischer Stimulation (Spannungssprünge von –80 mV auf 0 mV Haltepotential
für 50 ms)
in Abwesenheit und Gegenwart von Ambroxol gemessen.
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Ionotrope
Glutamatrezeptoren vom AMPA Subtyp sind ebenfalls essentiell für die exzitatorische
Neurotransmission. In HEK 293 Zellen, die heterolog humane GluR1/2
Rezeptoren expremieren, inhibiert Ambroxol überraschenderweise Glutamatinduzierte
Membranströme
im Konzentrationsbereich von 30-1000 μM.
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HEK
293 Zellen, die funktionell rekombinante humane GluR1/2-Rezeptoren
expremierten, wurden elektrophysiologisch mit der Patch-Clamp Technik
(Spannungsklemme) untersucht. Die Applikation von 1 mM Glutamat
(für 1
s bei einem Haltepotential von –80
mV) induzierte Membranströme,
die durch Coapplikation von Ambroxol gehemmt wurden.
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Ambroxol
kann allein oder in Kombination mit weiteren pharmakologisch aktiven
Wirkstoffen zur Anwendung gelangen. Geeignete Anwendungsformen sind
beispielsweise Tabletten, Kapseln, Zäpfchen, Lösungen, Säfte, Emulsionen oder dispersible
Pulver. Entsprechende Tabletten können beispielsweise durch Mischen
des oder der Wirkstoffe mit bekannten Hilfsstoffen, beispielsweise
inerten Verdünnungsmitteln,
wie Calciumcarbonat, Calciumphosphat oder Milchzucker, Sprengmitteln,
wie Maisstärke
oder Alginsäure,
Bindemitteln, wie Stärke
oder Gelatine, Schmiermitteln, wie Magnesiumstearat oder Talk, und/oder
Mitteln zur Erzielung des Depoteffektes, wie Carboxymethylcellulose,
Celluloseacetatphthalat, oder Polyvinylacetat erhalten werden. Die
Tabletten können
auch aus mehreren Schichten bestehen.
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Entsprechend
können
Dragees durch Überziehen
von analog den Tabletten hergestellten Kernen mit üblicherweise
in Drageeüberzügen verwendeten
Mitteln, beispielsweise Kollidon oder Schellack, Gummi arabicum,
Talk, Titandioxid oder Zucker, hergestellt werden. Zur Erzielung
eines Depoteffektes oder zur Vermeidung von Inkompatibilitäten kann
der Kern auch aus mehreren Schichten bestehen. Desgleichen kann
auch die Drageehülle
zur Erzielung eines Depoteffektes aus mehreren Schichten bestehen
wobei die oben bei den Tabletten erwähnten Hilfsstoffe verwendet
werden können.
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Säfte der
erfindungsgemäßen Wirkstoffe
beziehungsweise Wirkstoffkombinationen können zusätzlich noch ein Süßungsmittel,
wie Saccharin, Cyclamat, Glycerin oder Zucker sowie ein geschmacksverbesserndes Mittel,
z.B. Aromastoffe, wie Vanillin oder Orangenextrakt, enthalten. Sie
können
außerdem
Suspendierhilfsstoffe oder Dickungsmittel, wie Natriumcarboxymethylcellulose,
Netzmittel, beispielsweise Kondensationsprodukte von Fettalkoholen
mit Ethylenoxid, oder Schutzstoffe, wie p-Hydroxybenzoate, enthalten.
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Injektionslösungen werden
in üblicher
Weise, z.B. unter Zusatz von Konservierungsmitteln, wie p-Hydroxybenzoaten,
oder Stabilisatoren, wie Alkalisalzen der Ethylendiamintetraessigsäure hergestellt
und in Injektionsflaschen oder Ampullen abgefüllt.
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Die
eine oder mehrere Wirkstoffe beziehungsweise Wirkstoffkombinationen
enthaltenden Kapseln können
beispielsweise hergestellt werden, indem man die Wirkstoffe mit
inerten Trägern,
wie Milchzucker oder Sorbit, mischt und in Gelatinekapseln einkapselt.
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Geeignete
Zäpfchen
lassen sich beispielsweise durch Vermischen mit dafür vorgesehenen
Trägermitteln,
wie Neutralfetten oder Polyäthylenglykol
beziehungsweise dessen Derivaten, herstellen.
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Eine
therapeutisch wirksame Tagesdosis beträgt zwischen 30 mg bis 4000
mg, vorzugsweise von 150 mg bis 3000 mg, besonders bevorzugt von
350 mg bis 2500 mg, insbesondere bevorzugt von 500 mg bis 2000 mg,
Ambroxol pro Erwachsenem.
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Die
nachfolgenden Beispiele illustrieren die vorliegende Erfindung ohne
sie jedoch in ihrem Umfang zu beschränken:
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Pharmazeutische
Formulierungsbeispiele
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Ambroxol,
Milchzucker und ein Teil der Maisstärke werden miteinander vermischt.
Die Mischung wird gesiebt, worauf man sie mit einer Lösung von
Polyvinylpyrrolidon in Wasser befeuchtet, knetet, feuchtgranuliert und
trocknet. Das Granulat, der Rest der Maisstärke und das Magnesiumstearat
werden gesiebt und miteinander vermischt. Das Gemisch wird zu Tabletten
geeigneter Form und Größe verpresst.
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Ambroxol,
ein Teil der Maisstärke,
Milchzucker, mikrokristalline Cellulose und Polyvinylpyrrolidon
werden miteinander vermischt, die Mischung gesiebt und mit dem Rest
der Maisstärke
und Wasser zu einem Granulat verarbeitet, welches getrocknet und
gesiebt wird. Dazu gibt man die Natrium-carboxymethylstärke und das
Magnesiumstearat, vermischt und verpresst das Gemisch zu Tabletten
geeigneter Größe.
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Ambroxol,
Maisstärke,
Milchzucker und Polyvinylpyrrolidon werden gut gemischt und mit
Wasser befeuchtet. Die feuchte Masse drückt man durch ein Sieb mit
1 mm-Maschenweite, trocknet bei ca. 45°C und schlägt das Granulat anschließend durch
dasselbe Sieb. Nach dem Zumischen von Magnesiumstearat werden auf
einer Tablettiermaschine gewölbte
Drageekerne mit einem Durchmesser von 11 mm gepresst. Die so hergestellten
Drageekerne werden auf bekannte Weise mit einer Schicht überzogen,
die im wesentlichten aus Zucker und Talkum besteht. Die fertigen
Dragees werden mit Wachs poliert.
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Ambroxol
und Maisstärke
werden gemischt und mit Wasser befeuchtet. Die feuchte Masse wird
gesiebt und getrocknet. Das trockene Granulat wird gesiebt und mit
Magensiumstearat gemischt. Die Endmischung wird in Hartgelatinekapseln
Größe 1 abgefüllt.
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Ambroxol
wird bei Eigen-pH oder gegebenenfalls bei pH 4,5 bis 5,5 in Wasser
gelöst
und mit Mannit als Isotonans versetzt. Die erhaltene Lösung wird
pyrogenfrei filtriert und das Filtrat unter aseptischen Bedingungen
in Injektionsflaschen abgefüllt,
die anschließend
mit Gummistopfen verschlossen und autoklaviert werden.
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Das
Hartfett wird geschmolzen. Bei 40°C
wird Ambroxol homogen dispergiert. Es wird auf 38°C abgekühlt und
in schwach vorgekühlte
Suppositorienformen ausgegossen.
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Destilliertes
Wasser wird auf 70°C
erhitzt. Hierin wird unter Rühren Hydroxyethylcellulose
gelöst.
Nach Zugabe von Sorbitlösung
und Glycerin wird auf Raumtemperatur abgekühlt. Bei Raumtemperatur werden
Sorbinsäure,
Aroma und Ambroxol zugegeben. Zur Entlüftung der Suspension wird unter
Rühren
evakuiert.
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Die
Bestandteile werden in üblicher
Weise zu einer Salbe verarbeitet.