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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Airbagsystem für Motorräder gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
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Aus der
DE 197 20 622 A1 ist ein Motorrad bekannt, bei dem im hinteren Tankbereich ein Airbagmodul mit einem aufblasbaren Airbag angeordnet ist. Bei einem Aufprall des Motorrads auf ein Hindernis, was durch einen Beschleunigungssensor detektiert wird, löst das Airbagmodul aus und entfaltet einen Airbag, der in der Draufsicht auf das Motorrad die Form eines „C” hat. Der Airbag besteht aus einem vorderen Sackabschnitt und einem linken und bzw. einen rechten Seitensackabschnitt. Im aufgeblasenen Zustand umgreift der Airbag den Oberkörper des Fahrers von vorne und seitlich. Die dem Fahrer zugewandte Seite des Airbags ist mit einem Flächenhaftenmittel beschichtet wodurch sichergestellt ist, dass der Airbag an der Kleidung des Fahrers haften bleibt. Der Airbag ist lösbar am Motorrad angeordnet, so dass bei einem Abheben des Fahrers vom Motorrad der Airbag am Oberkörper des Fahrers haften bleibt.
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Aus der
DE 197 20 621 A1 ist ein Motorrad bekannt, bei dem ebenfalls im hinteren Tankbereich ein Airbagmodul vorgesehen ist. Im aufgeblasenen Zustand erstreckt sich der Airbag über den gesamten Bereich zwischen dem Oberkörper des Fahrers und den Armaturenbereich. Der Airbag erstreckt sich dabei vom Armaturenbereich nach hinten oben bis etwa in Nasenhöhe des Fahrers.
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Die
DE 299 17 343 U1 beschreibt verschiedene Arten von Airbags für Motorroller, wobei die einzelnen Airbags aus mehreren Kammern bestehen können, die bei einem Unfall nacheinander aufgeblasen werden.
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Aus der
EP 1155 949 A2 ist ein Airbagsystem bekannt, bei dem der von der Sitzposition des Fahrers abhängige Abstand zwischen einem motorradfesten Punkt und dem Körper des Fahrers gemessen wird. Dieser Abstand wird als Steuergröße für die Airbagauslösung verwendet.
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Aus der
DE 38 01 462 C1 ist ein Airbagsystem bekannt, bei dem unterhalb der Sitzbank des Fahrers ein Airbag angeordnet ist. Beim Aufblasen des Airbags wird die Sitzbank angehoben, wodurch sichergestellt werden soll, dass der Motorradfahrer in einem höheren Bogen über das Hindernis geschleudert wird.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Airbagsystem zu schaffen, das in Abhängigkeit von der Unfallsituation einen bestmöglichen Schutz für den Fahrer gewährleistet.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen zu entnehmen.
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Das Grundprinzip der Erfindung besteht in einem „zweiteiligen” Airbagsystem mit einem vorderen, lenkernahen Airbag und einem sich daran anschließenden hinteren, fahrernahen Airbag. Der hintere Airbag kann auch als „Energieabsorptionsairbag” bezeichnet werden und der vordere Airbag als „Rampenairbag” bzw. „Überflugairbag”.
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Im aufgeblasenen Zustand ist der Innendruck im hinteren Airbag geringer als im vorderen Airbag. Der hintere Airbag hat primär die Aufgabe eines weichen Abfangsacks, der Energie abbauen und den Fahrer, insbesondere den Oberkörper des Fahrers auffangen soll. Der vordere „härtere” Airbag hat in einer Seitenansicht des Motorrads die Form einer schräg nach vorne oben ansteigenden „Rampe”. Der vordere „Rampenairbag” stellt bei stärkeren Auffahrunfällen, bei denen ein Abheben des Fahrers vom Motorrad unausweichlich ist, sicher, dass der Fahrer nach vorne über das Motorrad geschleudert wird, und zwar ohne dass er am Lenker bzw. an der Verkleidung oder einem Windschild hängen bleibt. Bei weniger schweren Unfällen stellt das Airbagsystem eine zuverlässige Rückhaltung des Fahrers sicher. Bei höheren Geschwindigkeiten hingegen wird ein „sicherer” Überflug nach vorne sichergestellt. Ein derartiges Airbagsystem verbessert die Sicherheit des Fahrers bei Frontalkollisionen, aber auch bei Streifkollisionen, insbesondere bei solchen, bei denen der Kollisionswinkel in einem Winkelbereich von +/–30° liegt.
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Nach einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass der vordere Airbag, der weiter vom Fahrer entfernt und kleiner ist als der hintere Airbag, aggressiver, das heißt schneller aufgeblasen wird, als der hintere Airbag.
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Ferner kann vorgesehen sein, dass im aufgeblasenen Zustand der Druck aus dem hinteren Airbag schneller entweicht als aus dem vorderen Airbag. Vorzugsweise kann vorgesehen sein, dass im vorderen Airbag über einen längeren Zeitraum von circa 1 bis 3 Sekunden ein möglichst hoher Innendruck aufrechterhalten bleibt. Der vordere Airbag besteht hierzu beispielsweise aus einem relativ gasdichten Gewebe. Der hintere Airbag hingegen fällt, ähnlich wie ein Pkw-Fahrerairbag relativ schnell in sich zusammen, wodurch sichergestellt wird, dass Energie abgebaut und die Sicht des Fahrers kaum beeinträchtigt wird.
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Wie bereits erwähnt hat der vordere Airbag die Form einer nach vorne ansteigende Rampe. Die Höhe im vorderen Bereich entspricht vorzugsweise im wesentlichen der Höhe der Verkleidung bzw. des Windschilds. Der Fahrer kann also ohne weiteres über den vorderen Airbag hinwegsehen.
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Nach einer Weiterbildung der Erfindung weist der vordere Airbag im Lenkerbereich eine Aussparung auf. Vorzugsweise stützt sich der vordere Airbag aber nicht am Lenker ab. Vorzugsweise weist der vordere Airbag im Bereich der Lenkermitte eine Einschnürung bzw. „Taillierung” auf, welche einen sich oberhalb des Lenkers erstreckenden oberen Airbagbereich mit einem sich unterhalb des Lenkers erstreckenden unteren Airbagbereich verbindet. Beide zuletzt genannten Maßnahmen haben den Zweck, dass die Lenkbarkeit des Motorrads auch bei aufgeblasenem Airbagsystem nicht beeinträchtigt wird. Der Fahrer kann also seine Hände auch dann an den Lenkergriffen lassen kann, wenn das Airbagsystem aufgeblasen ist.
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Der Innendruck des vorderen Airbags ist vorzugsweise so groß gewählt, dass ein Durchschlagen” des Fahrers auf „unter” dem vorderen Airbag liegende Motorradteile, wie Lenker, Armaturen, Verkleidung, vermieden wird und zwar auch dann, wenn zusätzlich ein Beifahrer mitfährt.
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Der vordere Airbag ist nach vorne großflächig über ein „Instrumentenkombi” und eine gegebenenfalls vorhandene Verkleidung bzw. Windschild abgestützt. Zusätzlich kann der vordere Airbag mittels Halteelementen, wie z. B. Gurtbändern am Rahmen des Motorrads gesichert sein. Aufgrund des im Vergleich zum hinteren Airbag relativ hohen Innendrucks ist der vordere Airbag im aufgeblasenen Zustand sehr eigenstabil.
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Vorzugsweise ist der vordere Airbag so konzipiert und angeordnet, dass er primär nach vorne, das heißt vom Fahrer weg ausgelöst und aufgeblasen wird. Ein aktives „Anschießen” des Fahrers wird dadurch vermieden.
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Zur Verbesserung des Schutzes bei Streifkollisionen kann vorgesehen sein, dass der vordere Airbag zum Fahrer hin konkav geformt ist bzw. in der Draufsicht die Form eines „C” hat. Durch eine derartige Form wird der Fahrer bei Kollisionen besser „zentriert”. Hierdurch verringert sich die Gefahr, dass der Fahrer seitlich vom Airbag abrutscht.
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Der hintere Airbag wird in der konkaven Einbuchtung des vorderen Airbags zentriert und stützt sich daran großflächig ab. Er erreicht dadurch ebenfalls eine relativ große Eigenstabilität.
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Der hintere fahrernahe Airbag ist vorzugsweise, wie bereits erwähnt, wesentlich weicher. Dies kann beispielsweise durch ein relativ gasdurchlässiges Gewebe bzw. Gasaustrittsöffnungen erreicht werden, was ein relativ schnelles Entweichen des Drucks ermöglicht. Der hintere Airbag fällt also schneller in sich zusammen als der vordere Airbag.
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Vorzugsweise löst auch der hintere Airbag nach vorne, das heißt vom Fahrer weg in Fahrtrichtung aus, wodurch ein „Anschießen” des Fahrers vermieden wird. Der hintere Airbag ist also im Unterschied zum vorderen Airbag nicht als „Rampenairbag” ausgelegt, sondern primär als Rückhalteairbag. Der hintere Airbag wird nach vorne durch den vorderen Airbag abgestützt. Zusätzlich können Gurtbänder vorgesehen sein, die den hinteren Airbag mit dem Rahmen verbinden.
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Nach einer Weiterbildung der Erfindung weist auch der hintere Airbag im Bereich der Arme des Fahrers Aussparungen auf, um zu vermeiden, dass die Arme beim Auslösen des Airbagssystems vom Lenker „gedrückt” werden.
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Vorzugsweise hat auch der hintere Airbag in der Draufsicht eine konkave Form, um den Körper des Fahrers zu zentrieren und ein seitliches Abrutschen bei Streifkollisionen, insbesondere bei Streifkollisionen in einem Winkelbereich von +–30° zu verhindern.
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Die Steuerung bzw. Auslösung des Airbagsystems erfolgt elektronisch, vorzugsweise durch ein zentrales Steuergerät mit einem Verzögerungssensor, der beispielsweise nahe am Schwerpunkt des Motorrads angeordnet sein kann.
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Zusätzlich oder alternativ dazu können weitere Sensoren zur Detektierung eines Unfalls vorgesehen sein:
- – ein Reifenfülldrucksensor im Vorderrad, der einen schnellen Druckanstieg beim Aufprall auf ein Hindernis detektiert;
- – ein Sensor, der die Deformation der Vorderradgabel sensiert, was z. B. mit Dehnmessstreifen möglich ist;
- – ein am Lenkkopflager angeordneter Sensor, der bei einem Aufprall die Deformation bzw. auftretende Biegemomente sensiert;
- – ein Kontaktsensor im vorderen Bereich des Motorrads, der gezielt einen Aufprall detektiert.
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Zusätzlich können weitere Sensoren vorgesehen sein, die in bestimmten Situationen das Airbagsystem abschalten. Beispielsweise kann ein Sensor vorgesehen sein, der den Abstand des Fahrers von einem motorradfesten Punkt ermittelt. Das Airbagsystem kann dann abgeschaltet werden, wenn sich der Fahrer zu nahe am Airbagmodul befindet, beispielsweise wenn der Fahrer im Windschatten des Windschildes über dem Tank liegt. Desweiteren kann das Airbagsystem abgeschaltet werden, wenn sich ein Tankrucksack bzw. anderes Gepäck im Auslösebereich der Airbags befindet.
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Ferner kann ein Sensor vorgesehen sein, der detektiert, ob sich ein Beifahrer mit seinen Händen im Bereich des Tanks abstützt. Ein derartige „Beifahrererkennung” kann zum einen für die Deaktivierung des Airbagsystems herangezogen werden und zum anderen für eine Steuerung der erforderlichen Airbaginnendrücke. Wenn ein Beifahrer mitfährt, muss insbesondere beim vorderen Airbag ein hinreichend hoher Airbaginnendruck sichergestellt sein, um ein „Durchschlagen” zu verhindern.
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Der hintere Airbag kann je nach Unfallschwere, was durch Sensoren detektierbar ist, langsamer oder schneller ausgelöst werden, zum Beispiel auch zwei oder mehrstufig.
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Ferner kann vorgesehen sein, dass der vordere und hintere Airbag getrennt voneinander ausgelöst werden. Den beiden Airbags können jeweils zwei separate oder alternativ dazu ein gemeinsamer Gasgenerator zugeordnet sein.
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Im folgenden wird die Erfindung an Hand von Ausführungsbeispielen im Zusammenhang mit der Zeichnung näher erläutert. Es zeigen
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1a–1c das Grundprinzip der Erfindung in Seitenansicht, Vorderansicht und Draufsicht;
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2a, 2b ein erstes Ausführungsbeispiel eines vorderen Airbags in Rückansicht und Seitenansicht;
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3a, 3b ein zweites Ausführungsbeispiel eines vorderen Airbags in Rückansicht und Seitenansicht;
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4a, 4b ein Airbagsystem mit einem ersten Ausführungsbeispiel eines hinteren Airbags in Rückansicht und Seitenansicht; und
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5a, 5b ein Airbagsystem mit einem zweiten Ausführungsbeispiel eines hinteren Airbags in Rückansicht und Seitenansicht.
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Die 1a–1c zeigen ein Motorrad 1 mit einem hier im aufgeblasenen Zustand dargestellten Airbagsystem 2. Das Airbagsystem 2 weist einen vorderen lenkernahen Airbag 3 und einen hinteren fahrernahen Airbag 4 auf.
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Aus 1a ist ersichtlich, dass der vordere Airbag 3 etwas kleiner als der hintere Airbag 4 ist und sich hier lediglich bis etwa in den Bereich der oberen Verkleidung bzw. des Windschilds 5 erstreckt. Der vordere Airbag 3 hat in der in 1a dargestellten Seitenansicht des Motorrads die Form einer nach vorne, das heißt in Fahrtrichtung, ansteigenden Rampe.
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Aus 1c ist ersichtlich, dass der vordere Airbag 3 in seinem hinteren Bereich eine konkave Einbuchtung 6 aufweist, der sich der vordere Bereich des hinteren Airbags 4 anschmiegt. Der hintere Airbag 4 weist fahrerseitig ebenfalls eine konkave Einbuchtung 7 auf. Die beiden Airbags 3, 4 sind also in der in 1c dargestellten Draufsicht „C-förmig”. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Fahrer bei Schrägkollisionen mit einem Hindernis „zentriert” wird und nicht seitlich von den Airbags 3, 4 abrutscht.
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Der hintere Airbag 4 ist größer als der vordere Airbag 3 und weist einen geringeren Fülldruck als der vordere Airbag 3 auf. Ferner fällt der hintere Airbag 4 relativ schnell wieder in sich zusammen, das heißt es findet ein vergleichsweise schneller Druckabbau statt. Dazu ist einerseits eine gute Energieabsorption sichergestellt und auch, dass die Sicht des Fahrers kaum bzw. nur sehr kurzzeitig durch den hinteren Airbag beeinträchtigt wird.
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Der vordere sehr prall gefüllte Airbag 3 stellt insbesondere aufgrund seiner Rampenform sicher, dass der Fahrer bei Kollisionen mit höheren Geschwindigkeiten nach vorne über das Motorrad bzw. das Hindernis geschleudert wird. Verletzungen des Fahrers an der Verkleidung bzw. am Windschild 5 werden dadurch weitgehend vermieden.
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Die 2a und 2b zeigen ein erstes Ausführungsbeispiel eines vorderen Airbags 3. In 2a ist das Motorrad 1 von hinten dargestellt. Deutlich zu sehen ist, dass der vordere Airbag 3 im Bereich der Griffe 8, 9 des Lenkers ausgespart ist. Der Airbag 3 stützt sich wie aus 2b ersichtlich ist, primär im Bereich der Verkleidung bzw. des Windschilds 5 nach vorne ab, nicht aber am Lenker. Die Lenkbarkeit des Motorrads wird also durch den Airbag 3 nicht bzw. nur kaum beeinflusst. Im ausgelösten Zustand ist der Airbag 3 prall gefüllt und hat, wie insbesondere aus 2b ersichtlich ist, die Form einer schräg nach vorne ansteigenden Rampe.
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Die 3a, 3b zeigen ein weiteres Ausführungsbeispiel des vorderen Airbags 3. Der Airbag 3 weist im Bereich der Lenkermitte eine Einschnürung 10 auf, über die ein oberer Airbagteil 11 mit einem unteren Airbagteil 12 verbunden ist. Der obere Airbagteil 11 stützt sich nach vorne am Windschild 5 bzw. im Bereich der Armaturen ab. Der untere Airbagteil 12 erstreckt sich in einen Bereich unterhalb der Griffe 8, 9.
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Die 4a und 4b zeigen ein Airbagsystem mit dem in den 3a, 3b gezeigten vorderen Airbag und einem ersten Ausführungsbeispiel eines hinteren Airbags 4. Der hintere Airbag 4 weist im Bereich der Arme des Fahrers seitliche Einbuchtungen 13, 14 auf. Durch diese „Verjüngung”, das heißt durch die Einbuchtungen 13, 14 wird sichergestellt, dass das Motorrad auch im ausgelösten Zustand des Airbagsystems lenkbar bleibt. Die Anne bzw. Hände werden also nicht von den Griffen 8, 9 „weggedrückt”.
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Die 5a, 5b zeigen eine Variante des Ausführungsbeispiels der 4a, 4b. Hier hat der hintere Airbag 4 von der Motorradrückseite (5a) aus gesehen die Form eines Pilzes. In seinem unteren Bereich, nahe des Tanks 13, ist der hintere Airbag wesentlich schmaler als im oberen Bereich. Im Unterschied zu den 4a, 4b, bei denen sich der hintere Airbag in seinem unteren Bereich wieder verbreitert, ist dies bei den 5a, 5b nicht der Fall.