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Die Erfindung betrifft einen Lawinenschutzrucksack mit mindestens einem aufblasbaren Auftriebsairbag.
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Jeden Winter sterben zahlreiche Bergsportler an den Folgen eines Lawinenabgangs. Besonders betroffen sind Personengruppen, die sich im ungesicherten alpinen Gelände sportlich betätigen. Um die Überlebenschancen dieser Personen zu erhöhen, wurden bereits verschiedene Notfallsysteme entwickelt. Insbesondere ist es bekannt, an einem Rucksack einen aufblasbaren Auftriebskörper nach Art eines Airbags vorzusehen. Der Träger des Rucksacks kann das automatische Aufblasen des Auftriebskörpers auslösen, um so seine Oberfläche zu vergrößern. Mit Hilfe der vergrößerten Oberfläche soll erreicht werden, dass das Lawinenopfer nahe an der Oberfläche der Lawine verbleibt und somit nicht zu tief verschüttet wird.
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Für die Befüllung des Auftriebsairbags sind aus dem Stand der Technik verschiedene Methoden bekannt. Relativ weit verbreitet ist der Einsatz von mit Gas gefüllten Hochdruckkartuschen mit einem Druck von etwa 200 bis 300 bar. Alternativ oder zusätzlich kann ein durch Batterien oder Kondensatoren angetriebener Ventilator den Auftriebsairbag mit Umgebungsluft befüllen.
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Das von einer Sicherheitsnorm geforderte Volumen eines Lawinen-Auftriebskörpers muss mindestens 150 Liter umfassen. Der Großteil der auf dem Markt verfügbaren Systeme füllt dieses Volumen komplett durch das in den Hochdruckkartuschen enthaltene Gas oder über einen elektrischen angetriebenen Ventilator mit Umgebungsluft. Es sind jedoch auch Systeme bekannt, bei denen der Airbag eine Stützstruktur mit einem Volumen von nur ca. 30 Litern aufweist, wobei lediglich diese Stützstruktur direkt mit Gas befüllt wird. Der Rest des Airbags wird durch die Stützstruktur entfaltet und mit Umgebungsluft befüllt, sodass sich das von der Norm geforderte Gesamtvolumen des Airbags von 150 Litern ergibt.
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Der Nachteil bei den bekannten Systemen besteht darin, dass die Gaskartuschen oder die Batterien oder Kondensatoren zum Antrieb eines Ventilators konstruktions- und materialbedingt relativ schwer sind. Selbst die auf dem Markt verfügbaren Systeme, bei denen lediglich eine Stützstruktur direkt aufgeblasen wird, benötigen immer noch große und schwere Kartuschen.
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Beim Einsatz von Gaskartuschen ist außerdem ein Aufblasen des Airbags zu reinen Übungszwecken wegen der hohen Kosten für Ersatz-Kartuschen nur eingeschränkt möglich.
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Da bei jeder Art von Alpinsport das Gewicht ein entscheidender Faktor ist, liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen Lawinenschutzrucksack bereitzustellen, der leicht ist und auch ein wiederholtes Aufblasen des Airbags zu reinen Übungszwecken ohne hohe Kosten ermöglicht.
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Die Aufgabe wird gelöst durch einen Lawinenschutzrucksack mit mindestens einem aufblasbaren Airbag, der dadurch gekennzeichnet ist, dass er mit einer oder mehreren Druckkammern ausgestattet ist, in der ein Gas unter Druck, insbesondere Druckluft speicherbar ist, und dass er eine Ventileinrichtung aufweist, über die das in der oder den Druckkammern gespeicherte Gas in den mindestens einen Airbag strömt, wenn die Ventileinrichtung mittels einer am Rucksack vorgesehenen Auslöseeinrichtung betätigt wird.
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Beim erfindungsgemäßen Lawinenschutzrucksack wird die Druckluft oder auch ein anderes Gas zum Aufblasen des Airbags direkt in dafür vorgesehenen Druckkammern im Rucksack gespeichert. Auf das Mitführen von schweren Gaskartuschen kann somit verzichtet werden. Die Druckkammern lassen sich leicht befüllen und auch nach einem erfolgten Aufblasen des Airbags beispielsweise zu Übungszwecken beliebig oft erneut befüllen.
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Dazu können die Druckkammer oder Druckkammern vorzugsweise mit einem Einlassventil versehen sein, an das beispielsweise ein Handkompressor zum Befüllen der Kammern angeschlossen werden kann.
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Insbesondere wenn mehrere und/oder großvolumige Druckkammern im Rucksack vorgesehen sind, reicht auch der mit handelsüblichen Handkompressoren erzeugbarer Druck von 13 bis 18 bar aus, den Lawinenairbag aufzublasen und im Airbag den vorgeschriebenen Druck von ca. 3 bar zu erzeugen. Ein niedrigerer Druck in den Druckkammern hat außerdem den Vorteil, dass der Lawinenrucksack auch bei Flugreisen keine Gefahr darstellt. Bei Bedarf kann die Druckkammer vollständig entleert werden und am Ankunftsort einer Flugreise mit einem Handkompressor wieder befüllt werden.
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Es lassen sich jedoch auch andere, leistungsfähigere Kompressoren, Gaskartuschen oder Ventilatoren an das Einlassventil anschließen, sodass in der oder den Druckkammern Gas mit einem Druck von bis zu 200 bar gespeichert werden kann.
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Besondere Vorteile ergeben sich, wenn mindestens eine Druckkammer in einen Rückenprotektor des Rucksacks integriert ist. Die meisten Rucksäcke für den Wintersport sind mit solchen Protektoren ausgestattet, die aufgrund ihrer Funktion eine hohe Stabilität aufweisen. Daher bietet sich ein Rückenprotektor für die Integration einer Druckkammer an. Es können auch mehrere getrennte Druckkammern in einem Protektor vorgesehen werden.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform können im Protektor vorgesehene Kanäle die mindestens eine Druckkammer ausbilden. Die Kanäle können auch verstärkende Auskleidungen aufweisen, sofern Gas unter einem sehr hohen Druck gespeichert werden soll.
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Alternativ kann der Protektor Aussparungen aufweisen, in denen ein oder mehrere Druckluftschläuche eingelegt sind. Diese Schläuche können auch lösbar in den Aussparungen angeordnet sein.
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Weiter ist es möglich, den gesamten Protektor mit der oder den Druckkammern aus dem Rucksack zu entnehmen.
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Der Rückenbereich des Rucksacks und insbesondere ein dort angeordneter Rückenprotektor ist jedoch nicht der einzige Ort des Rucksacks, in den eine oder mehrere Druckkammern integriert werden können. Es kann auch mindestens eine Druckkammer in Seitenpartien und/oder in einem Bodenbereich des Rucksacks integriert sein. Dabei kann die mindestens eine Druckkammer in den Seitenpartien und/oder dem Bodenbereich des Rucksacks zweckmäßigerweise eine reißfeste und luftdichte Ummantelung aufweisen, um dem herrschenden Druck gut standhalten zu können.
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Die Ummantelung kann dabei aus einem flexiblen Material gefertigt sein und die mindestens eine Druckkammer zur Formstabilisierung mit Streben oder Fäden durchsetzt sein. Eine flexible Ummantelung lässt sich leicht in das flexible Außenmaterial des gesamten Rucksacks integrieren. Die Ummantelung kann beispielsweise aus Para-Aramidfasern wie Kevlar gefertigt sein. Die Fäden oder Streben im Innern der Druckkammern verhindern zu starke Auswölbungen der Seitenpartien und/oder des Bodens des Rucksacks durch das unter Druck stehende Gas.
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Vorzugsweise können alle dafür geeignete Bereiche des Rucksacks, d.h. der Rückenbereich, die Seitenpartien und der Boden mit Druckkammern versehen werden. Je höher das Druckluft- oder Gasvolumen in den Druckkammern, desto geringer kann der in den Druckkammern aufzubauende Druck sein, um den Airbag zuverlässig aufzublasen zu können.
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Eine weitere Maßnahme zur Reduzierung des erforderlichen Drucks besteht darin, den Lawinenschutzrucksack mit einer aus Schläuchen gebildeten Stützstruktur für den mindestens einen Airbag zu versehen, wobei Gas aus der oder den Druckkammern über die durch die Auslöseeinrichtung betätigbare Ventileinrichtung in die Stützstruktur strömt. Das Aufblasen der Stützstruktur erfordert weniger Gasvolumen aus den Druckkammern als das Aufblasen des gesamten Airbags. Falls das Volumen der Druckkammern nicht für das Aufblasen des gesamten Airbags, sondern nur für die Stützstruktur ausreicht, können die übrigen Bereiche des Airbags mit Umgebungsluft gefüllt werden, wenn der Airbag dazu mit entsprechenden Ventilen versehen ist.
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Die Ventileinrichtung zur Ausleitung des Gases aus den Druckkammern kann vorzugsweise mindestens ein Rückschlagventil zwischen der oder den Druckammern und dem mindestens einen Airbag und mindestens eine mit der Umgebungsluft des Airbags kommunizierende Venturi-Düse aufweisen. Vorzugsweise sind jedoch mehrere Rückschlagventile vorgesehen, um das Aufblasen des Airbags zu beschleunigen. Die Venturi-Düse sorgt dafür, dass auch Umgebungsluft in den Airbag geleitet werden kann.
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Im Folgenden werden bevorzugte Ausführungsbeispiele erfindungsgemäßer Lawinenschutzrucksäcke mit Bezug auf die Zeichnung näher beschrieben.
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Es zeigen:
- 1 eine perspektivische Ansicht eines Lawinenschutzrucksacks;
- 2 eine perspektivische Ansicht eines entfalteten Airbags des Rucksacks aus 1;
- 3 eine schematische Ansicht von Rucksackbereichen mit Druckkammern;
- 4 ein Rückenprotektor des Rucksacks aus 1;
- 5 ein Querschnitt einer ersten Ausgestaltung des Protektors aus 4;
- 6 ein Querschnitt einer zweiten Ausgestaltung des Protektors aus 4;
- 7 ein schematischer Querschnitt durch eine Druckkammer in einer Seitenpartie des Rucksacks aus 1.
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Der in 1 gezeigte Lawinenschutzrucksack 10 weist einen Rucksackkörper 11 auf, an dem Schultergurte 12, 13 befestigt sind. An einem der Schultergurte 12 ist ein Auslösegriff 14 für einen in 2 dargestellten Airbag 20 angeordnet. Neben dem Airbag 20 sind im Rucksackkörper 11 vier in 3 dargestellte Druckkammern 30 - 33 angeordnet. Diese können über ein Einlassventil 15 in einer Seitenpartie 16 des Rucksacks 10 von außen beispielsweise mittels eines Handkompressors mit Druckluft befüllt werden. Zur Kontrolle des Drucks in den Druckkammern ist außerdem ein Manometer 17 in der Seitenpartie 16 angeordnet. Sind die Druckkammern 30 - 33 nicht miteinander verbunden, so können weitere Einlassventile 15 für jede der Druckkammern 30 - 33 am Rucksack 10 vorgesehen sein.
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Weiter weist der Rucksack 10 an seiner Oberseite und entlang den Seitenpartien 16 Reißverschlüsse 18 auf, die unter Druck aufplatzen, wenn der Airbag 20 aufgeblasen wird. Damit diese Reißverschlüsse 18 sich nicht unbeabsichtigt öffnen, sind Schutzlaschen 19 mit Klettverschlüssen vorgesehen, die die Reißverschlüsse 18 bereichsweise nach außen abdecken.
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Der in 2 im aufgeblasenen Zustand dargestellte Airbag 20 des Lawinenschutzrucksacks 10 aus 1 weist eine aus Schläuchen 22 gebildete Stützstruktur 21 auf. Diese Stützstruktur 21 wird zunächst über eine Ventileinrichtung 25 mit mehreren Ventilen 26 mit der Druckluft aus den Druckkammern 30 - 33 aufgeblasen, bevor ein Volumen 23 des Airbags 20 zwischen den Schläuchen 22 ebenfalls mit Luft befüllt wird. Die Ventileinrichtung 25 wird mittels des Auslösegriffs 14 betätigt. Das Volumen 23 kann zumindest teilweise auch mit Umgebungsluft gefüllt werden. Dazu weist der Airbag 20 an seiner Außenseite mindestens ein Rückschlagventil 24 auf.
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3 verdeutlicht schematisch, dass der Rucksack 10 mit insgesamt vier Druckkammern 30 - 33 ausgestattet ist. Eine erste Druckkammer 30 ist in den Rücken des Rucksacks 10 integriert, während die Druckkammern 31, 32 in den Seitenpartien des Rucksacks vorgesehen sind. Außerdem ist eine weitere Druckkammer 33 im Boden des Rucksacks angeordnet.
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Die Druckkammer 30 im Rückenbereich des Rucksacks 10 kann auch in eine Rückenprotektor 34 integriert sein, der in 4 dargestellt ist. 4 zeigt dabei eine erste Hälfte 36 des Rückenprotektors 34, der aus zwei Hälften 35, 36 zusammengesetzt ist, wie die Querschnittsdarstellung in 5 verdeutlicht. Die beiden Hälften 35, 36 bilden zwischen sich einen mäanderförmigen Kanal 37 aus, der entweder selbst als Druckkammer 30 dienen kann, sofern der gesamte Protektor 34 aus einem dafür geeigneten druckfesten und luftdichten Material gefertigt ist, oder der - wie dargestellt - der Aufnahme eines Druckluftschlauches 38 (5) dienen kann.
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6 zeigt eine alternative Ausgestaltung eines Rückenprotektors 34', der Aussparungen 39 aufweist, die zum Rücken des Trägers des Rucksacks 10 hin offen sind und in die der Druckluftschlauch 38 eingelegt werden kann. Im gefüllten Zustand bildet damit der Druckluftschlauch 38 einen Teil des Protektors 34' und kann für eine zusätzliche Dämpfung sorgen. Der Druckluftschlauch 38 kann vorzugsweise aus hochfestem Polyester gewebt sein, wobei das Gewebe von Nitril-Gummi durchsetzt ist bzw. dieses Material eine Außen- und Innenbeschichtung des Gewebes bildet.
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7 zeigt schematisch eine mögliche Ausgestaltung der Druckkammer 33 im Bodenbereich des Rucksacks 10. Sie weist eine erste Ummantelung 40 aus einem hochdruckfesten Laminat auf. Dieses wird von einem reißfesten Außenmaterial 41 des Rucksacks nach außen hin abgedeckt und damit vor Verletzungen durch Steine, Skikanten oder dergleichen geschützt. Im Inneren ist die Druckkammer 33 von Fäden 42 durchsetzt, die die Form der Druckkammer 33 stabilisieren und ein Aufwölben verhindern.