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Die Erfindung bezieht sich auf die Gebiete der Polymerwissenschaften und Nanotechnologien und betrifft ein Mittel zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten auf Oberflächen, wie es beispielsweise auf Brillen, Gesichtsschutzschilden, Windschutzscheiben, Spiegeln, medizinischen oder optischen Geräten eingesetzt werden kann.
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Kondensation ist der Übergang eines Stoffes vom gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand. Das Produkt einer Kondensation wird als Kondensat bezeichnet (Wikipedia, Stichwort Kondensation).
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Die Kondensation von Wasserdampf zu kleinen Wassertröpfchen mit Abmessungen von Nano-, Mikro- bis Millimeterdurchmesser findet auf festen Substratoberflächen, deren Temperaturen unterhalb des Taupunktes von feuchter Umgebungsluft liegen, statt. Der Taupunkt ist die Temperatur in einem Wasserdampf-Luft-Gemisch, bei der eine relative Luftfeuchtigkeit von 100% vorliegt. Die Kondensation erfolgt im ersten Schritt durch die sog. heterogene Tropfenkeimbildung (I.R. Duran, et al: Adv. Colloid Interfaces Sci., 2019, 263, 68-94).
Die Kondensation kann in zwei Formen auftreten. Entweder bildet sich aus den Wasserkeimen ein homogener Wasserfilm, der durch das spontane Spreiten des Wassers infolge hoher Oberflächenenergie des Substrates entsteht, oder es findet eine Zunahme der Tropfendurchmesser aufgrund der niedrigen Oberflächenenergie des Substrates statt.
Diese zweite Form der Kondensation wird als Beschlag oder Fog/Mist wahrgenommen.
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Jeder kondensierte Tropfen auf der Substratoberfläche streut, reflektiert und beugt einfallendes Licht in verschiedene Raumrichtungen. Die Wechselwirkungen mit dem Licht bewirken insgesamt die Änderung der optischen Eigenschaften, wie Transparenz und Reflektivität, wodurch Abbildungsfehler entstehen, die als Unschärfe wahrgenommen werden. Dies lässt die transparenten Materialien zunehmend opak erscheinen.
Daraus resultiert eine Verschlechterung der ästhetischen, hygienischen und sicherheitsrelevanten Eigenschaften der Substrate.
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Substratoberflächen, auf denen Wasserdampf kondensieren kann, können aus einer Vielzahl an Materialien bestehen, wie Nichtmetallen, Halbmetallen oder Metallen, sowohl anorganischer als auch organischer Natur.
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Die Kondensation von Wasserdampf findet in allen Umgebungen statt, in denen eine vergleichsweise kurzfristige und/oder große Temperaturänderung erfolgt, wie beispielsweise beim Übergang von kalte in warme Umgebungen, beim Schwitzen, beim Kochen, beim Atmen und Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen oder in Umgebungen mit starker Dampfentwicklung.
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Um die Kondensation in irgendeiner Art und Weise zu bestimmen, kann die Kondensation oder das Beschlagen oder die Fog-Bildung neben der qualitativen Beurteilung auf Substraten durch die Erfassung der Trübung bei verschiedenen Temperaturen und Luftfeuchten auch durch quantitative und dynamische Verfahren ermittelt werden (H.J.Kim et al: Macromol. Res, 2020, 28(13), 1241-1247).
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Qualitativ kann die Kondensation durch die visuelle Bewertung von z.B. der geschätzten Tröpfchengröße und deren ungefährer Anzahl oder auch über eine elektronische Bilderfassungssoftware zur Erfassung von optischen Abbildungsfehlern bestimmt werden.
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Die quantitative Bestimmung der Kondensation geht aus von der Tröpfchenbildung auf einer Oberfläche, die von der freien Oberflächenenergie und der geometrischen Struktur der Oberfläche abhängt. Das Erfassen der Tröpfchenbildung lässt sich durch eine Messung des Gleichgewichtskontaktwinkels eines Wassertropfens oder des dynamischen Verhaltens des Wassertropfens an der Grenzfläche im 3-Phasensystem Wasser/Festkörperoberfläche/wasserdampfgesättigte Atmosphäre quantitativ bestimmen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Kondensation von Wasserdampf auf Substraten mit Oberflächeneigenschaften, die einen höheren Kontaktwinkel der Wassertropfen zeigen - auf denen Wasser also nicht spontan spreitet - eher auftritt, diese also beschlagen.
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Das Beschlagen oder die Fog-Bildung auf Oberflächen kann bei verschiedenen Temperaturen und Luftfeuchtewerten erfolgen. Zum Beispiel durch Kühlung der Substrate auf -20°C und anschließende Überführung in feuchte Umgebungsluft oder indem das Substrat über siedendes Wasser in den Dampf gehalten wird. In Abhängigkeit von der Temperatur werden die beiden Grenzszenarien Kalt-Fogging-Test bei -40 °C (-20°C) und Warm-Fogging-Test bei 80°C unterschieden. Je nach Einsatzspektrum werden viele Tests unter weniger extremen Temperaturen durchgeführt.
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Weiterhin lässt sich die Fog-Bildung durch Transmissions- oder auch Reflexionsmessungen quantitativ erfassen. Hierfür können beispielsweise Weißlichtemitter oder Laser mit entsprechenden Fotodetektoren genutzt werden.
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Prüfstandards für die Fog-Bildung sind nach CEN EN und 166 und EU168 (1995) für Produkte, wie Brillen, vorhanden.
Allerdings sind die reproduzierbaren Prüfbedingungen nicht an die Nutzung im täglichen Gebrauch angepasst, wobei die getesteten Temperatur- und Feuchtebereiche häufig nicht für die Praxis ausreichend gewählt worden sind.
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Bekanntermaßen wird die Benetzbarkeit von Oberflächen über das Verfahren zur Messung des Gleichgewichtskontaktwinkels bestimmt.
Dabei ist beispielsweise angegeben, dass, wenn auf nicht-porösen Oberflächen Wasserkontaktwickel von maximal 40° bis 50° auftreten, diese Oberflächen nicht zum Beschlagen neigen, also Anti-Fog-Eigenschaften aufweisen (G. Grosu, et al: J. Phys. D: Appl. Phys., 2004, 37, 3350-3355).
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Mit Hilfe der Oberflächeneigenschaften, beispielsweise der Topologie, der Morphologie, den chemischen und/oder biologischen und/oder elektrischen Eigenschaften, kann auch die Tropfenbildung generell beeinflusst werden, insbesondere hinsichtlich der Anzahl der sich bildendenden Tropfen, als auch deren Form und/oder Größe (Z. Sun, et al: Small, 2014, 10, 3001-3006).
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Dementsprechend wurde versucht, die Oberflächen dahingehend zu modifizieren, dass eine Kondensation von Wasserdampf auf der Oberfläche möglichst behindert oder vorteilhafterweise auch verhindert wird.
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Dies wird nach dem Stand der Technik mittels Anti-Beschlag-Mitteln, Anti-Fog-Mitteln, Antifogging-Mitteln, Anti-cloud-Mitteln, Anti-mist-Mitteln auf den Oberflächen realisiert oder die Oberflächen selbst wurden so modifiziert, dass sie Fog-protected oder Fog-resistant sind. Dazu wurden allgemein chemische Verbindungen und Gemische eingesetzt, die die Wasserkondensation in Tröpfchenform auf festen Substratoberflächen verhindern, indem die Oberflächenenergie gezielt verändert wird (Definition Anti-Beschlag-Mittel). Zumeist wird eine Anhebung der Oberflächenenergie dazu genutzt und/oder es werden hydrophile Eigenschaften der Oberflächen generiert. Die inneren Eigenschaften des Substratmaterials bleiben von den Anti-Beschlag-Mitteln unbeeinflusst.
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Bekannte Anti-Beschlag-Mittel sind in der Regel Tenside oder andere oberflächenaktive Materialien mit amphiphilen Eigenschaften. Solche Materialien sind Moleküle mit mindestens zwei, lokal voneinander getrennten unterschiedlichen Molekülteilen, einem stark hydrophilen, zumeist als Kopf bezeichnet, und einem hydrophoben, zumeist als Schwanz bezeichnet. In Materialien, die unterschiedlich polare Phasen enthalten, konzentrieren sich Tenside an den Phasengrenzen auf oder diffundieren an die Oberfläche und verändern die Oberflächenspannung.
Synthetische Polymere für den Einsatz als Anti-Beschlag-Mittel in Form einer Beschichtung sind Polyether, Polyester, Polyacrylate, Polyacrylamide und Polyvinylene (
US 20210247548 A1 ), die auch als Copolymere Anwendung finden. Dies betrifft sowohl nicht-vernetzte, als auch physikalisch- oder chemisch-vernetzte Polymere.
Im Fall einer vernetzten hydrophilen Struktur wird häufig der Begriff Hydrogel für die Schicht verwendet.
Als eine besondere Art der Polymerbeschichtung wird die Anwendung von Polymerbürsten genannt (
US20200362193 A1 ).
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Anorganische Verbindungen für die Anwendung als Anti-Fog-Mittel sind in der Hauptsache partikuläre oder poröse Oxide, wie z.B. SiO2, ZrO2, MgO-Al2O3, TiO2, ZnO, und oxidiertes Graphen. Die Oxide besitzen hydrophile Oberflächeneigenschaften durch gebundene Hydroxylgruppen auf ihren Oberflächen (H. Schmidt et al, J. Non-Cryst. Solids, 1994, 178, 302-312).
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Um das Beschlagen von Oberflächen durch Kondensation von Wasserdampf zu be- und/oder verhindern sind nach dem Stand der Technik drei Hauptstrategien bekannt, die auch kombiniert werden.
- (1) Anpassung der Umgebungsparameter, wie Temperatur, relative Luftfeuchte und umfließende Luftströmungen, z.B. durch integrierte Heizelemente, elektrothermische Beschichtungen oder feuchteabsorbierende Schichten in der Umgebung des Substrates.
- (2) Anpassung der Benetzungseigenschaften der Substratoberflächen, wie beispielsweise gezielte Einstellung von Oberflächenmorphologie und/oder des chemischen Oberflächenpotenzials. Die Anpassung erfolgt entweder über eine Oberflächenmodifikation (2a) oder einen Beschichtungsauftrag (2b) auf dem Substrat.
- (3) Erhöhung der Verdampfungsrate nach erfolgter Kondensation im Niedrigtemperaturbereich.
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Bezüglich der Oberflächenmodifikation (Strategie 2a) ist eine weitere Untergliederung vorteilhaft.
Zum einen lassen sich vom unbehandelten Substrat unterschiedliche funktionelle Gruppen in die Oberfläche einbringen, die das chemische Potenzial der Oberfläche durch die Änderung der Oberflächenpolarität und -reaktivität verändert. Dadurch bleiben sowohl die Volumeneigenschaften, als auch die Oberflächenmorphologie des Substrates weitgehend erhalten.
Zum anderen kann durch eine Erhöhung der Oberflächenrauheit oder ein Einfügen von Oberflächenstrukturen oder Mustern im Mikro- oder Nanometerbereich zur Reduzierung von Streueffekten eine Anti-Fog-Ausrüstung der Substratoberfläche erfolgen. Meist verschlechtern sich hierbei die mechanischen Eigenschaften der Oberflächen und ihr zeitliches Verschleißverhalten.
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Bei einem Beschichtungsauftrag (Strategie 2b) lassen sich Anti-Fog-Oberflächen bezüglich ihrer Benetzungseigenschaften in vier Kategorien unterteilen: superhydrophil, hydrophil, hydrophob, ultrahydrophob.
- - Für superhydrophile Oberflächen gilt, dass Wassertropfen auf ihnen vollständig und spontan spreiten und damit einen Wasserfilm ausbilden. Der dünne Wasserfilm wirkt nicht als Streuelement, sondern lässt das Licht nahezu ungehindert transmittieren. Dieser Mechanismus wird als Spreitungsmechanismus bezeichnet.
- - Als Grenzwinkel für den hydrophilen Mechanismus ist ein Wasserkontaktwinkel von maximal 40° - 50° bekannt. Die Benetzung findet partiell statt.
- - Ultrahydrophobe und hydrophobe Oberflächen wirken entnetzend, also abweisend beim Kontakt mit Wassertropfen. Diese Oberflächenausrüstung spielt für Anti-Fog-Anwendungen eine untergeordnete Rolle, da die hydrophoben Oberflächen nur verkippt werden müssen, um die Tropfen ablaufen zu lassen und um die Transparenz des Substrates zu erhalten oder wiederherzustellen.
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Neben der Oberflächengestaltung oder -modifizierung für Anti-Fog-Eigenschaften lassen sich durch einen solchen Beschichtungsauftrag gleichfalls weitere Eigenschaftsänderungen realisieren, wie zum Beispiel Anti-Icing-, Antireflexions-, antibakterielle und Anti-Fouling-Eigenschaften.
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Eine weitere Klassifizierung der Beschichtungen beruht auf ihrer Wirkdauer. So werden permanente Beschichtungen von temporären unterschieden:
- Permanente Beschichtungen sind dauerhaft auf dem Substrat aufgebracht. Ihre Wirkungsdauer umfasst im Idealfall die gesamte Lebensdauer des ausgerüsteten Produktes. Allerdings unterliegen diese Beschichtungen einem starken Abfall in ihrer hydrophilen Benetzbarkeit, da sie ständig mit Verunreinigungen aus der umgebenden Atmosphäre, die an der Oberfläche adsorbieren, in Kontakt sind.
- Die Strategien zum angepassten Benetzungsverhalten, dass nicht mehr ausschließlich auf Hydrophilie oder Superhydrophilie beruht, haben die Wirkungsdauer der permanenten Anti-Fog-Beschichtungen verlängert. Bei mechanischer Belastung der Oberflächen wird an die Ausrüstung zur Kratzbeständigkeit und Verminderung des Abrasionsverlustes eine zusätzliche Herausforderung gestellt.
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Bei temporären Beschichtungen wird von einer Wirkungsdauer von wenigen Stunden bis wenigen Tagen ausgegangen. Danach ist oder muss die Beschichtung entfernt oder erneut aufgebracht werden.
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Die Aufbringung von Anti-Beschlag-Mitteln kann mit verschiedenen bekannten Verfahren realisiert werden, wie Trocken- und Nassätzverfahren, Lithographische Verfahren, Templatbasierte Verfahren, Plasmabehandlung und Ionenimplantation, Elektrochemische Beschichtungen, Layer-by-Layer Beschichtungen, Sol-Gel-Beschichtungen, Tauch- und Schleuderbeschichtungen, Material-Abscheidung und anschließende thermische Prozessschritte zur finalen Schichtausbildung, wie Kalzinierung oder Temperung.
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Diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie komplizierte Prozesse und aufwendige Prozesstechnik erfordern, zeitlich aufwendig sind, auf kleine Substratoberflächen beschränkt bleiben oder nur im Labormaßstab ausreichend-reproduzierbar anzuwenden sind.
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Sehr häufig sind vom Beschlagen Sehhilfen betroffen, insbesondere beim Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen, oder Schwimmbrillen, Taucherbrillen und Skibrillen. Das Beschlagen wird durch den Temperaturunterschied der körperzugewandten Innenseite und der Umgebungstemperatur ausgelöst.
Derartige Sehhilfen bestehen in der Regel aus einem Grundglas oder Kunststoffglas, auf welches verschiedene Funktionalisierungsschichten aufgebracht werden. Die Funktionalisierungsschichten weisen verschiedene Eigenschaften auf, zu denen der Schutz vor Beschädigung (Zerkratzen), Entspiegelung, Schmutzabweisung und Antistatik, UV-Licht absorbierende und polarisierende Schichten zählen. Diese Schichten werden sowohl auf der Innenseite als auch der Außenseite des transparenten Substrates aufgebracht. Hierbei ist die Anzahl und Anordnung der Schichten, je nach Hersteller und Funktionsprofil unterschiedlich. Bei der Realisierung einer Anti-Fog-Beschichtung ist es wichtig, dass die vorhandenen Funktionsschichten nicht beschädigt und nicht in ihrer Funktion beeinträchtigt werden.
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Gemäß IN202111049220 wird eine auf Micellen oder Nanopartikeln basierende Mischung von Aloe vera barbadensis Miller (Echte Aloe) Extrakt in Wasser, den tensidischen Komponenten Palmkernelate, Palmate und Polysorbat 80/Polysorbat 40 eingesetzt, um eine dünne Schicht mit Antibeschlags- und staubabweisenden Eigenschaften zu erzeugen. Die stabilisierte Lösung wird aufgesprüht.
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In der
WO 2017/199158 A1 ist ein kosmetisches Anti-Fog-Spray für Brillen, Schwimmbrillen, Schnorchel- und Tauchermasken und Ski-Brillen angegeben, welches aus Alkylsulfonat, Alkylester der Saccharose, Fettsäureester, Derivaten der Kokosnussfettsäuren und Hyaluronsäure oder einem Salz der Hyaluronsäure besteht.
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Nach der
DE 10 2005 050 976 A1 ist ein Antibeschlagmittel für Transparentscheiben bekannt, welches hydrophil und in der Lage ist, eine Oberfläche zu benetzen und einen stabilen Flüssigkeitsfilm zu bilden, der vor Beschlag schützt, indem kondensierendes Wasser in eben diesen Flüssigkeitsfilm aufgenommen wird. 100 g des Antibeschlagmittels bestehen dabei aus 80 g Glycerin, 19,5 g Wasser und 0,5 g Betain oder aus 60 g Wasser, 38,5 g Glycerin, 1 g Agar-Agar und 0,5 g Betain.
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Aus der DE1 914 494 A ist ein Antibeschlagmittel bekannt, welches aus einer wässrigen Lösung mit einem Gehalt an etwa 0,8 % Shampoon, etwa 1,6 % Haarfestiger sowie etwa 0,8 % Seife für Glasoberflächen besteht.
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Ein wässriges Reinigungsmittel ist aus
US 2015011448 A1 bekannt, welches 0,05 bis 1 Gew.- % eines Tensids, eines Polyamins und Propylenglycol enthält.
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Eine Zusammensetzung für ein Anti-Fog- und/oder Anti-Frost-Mittel für die Beschichtung von Kunststoff- und/oder Glas-Oberflächen ist aus der
WO 2016/077698 A1 bekannt. Es enthält ein anionisches Sulfat-Tensid und ein nichtionisches Tensid, die zusammen eine Flüssigkeit oder ein Gel bilden können.
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Nachteilig bei den Lösungen des Standes der Technik ist, dass die Anti-Fog-Eigenschaften der Modifizierungen oder Beschichtungen meist nicht ausreichend sind, das heißt, ihre Wirkungsdauer oder Wirkeffizienz ist zu gering und der Temperatureinsatzbereich zu eng.
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Ein weiteres Problem stellt die Wasserlöslichkeit von Komponenten der Anti-Fog-Beschichtung dar. Sollte die Brillen direkten Kontakt zu einer größeren Menge Wasser, wie bei Regen, bekommen, kann sich der Antibeschlagfilm ablösen, wodurch ein erneuter Beschlag nicht zu verhindern wäre.
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Auch ist nachteilig, dass, wenn die Entfernung einer temporären Anti-Fog-Beschichtung nicht vollständig erfolgt, es entweder zu einer Schädigung der Substratoberfläche durch aggressivere Entfernungsmethoden kommen kann oder die unvollständige Entfernung führt im Laufe der Mehrfach-Applikationen zu Abbildungsfehlern oder verminderter Wirkleistung.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, Mittel zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten auf Oberflächen anzugeben, bei denen eine Beschichtung mit hoher Wirkeffizienz in einem breiten Temperaturbereich vorliegt und die eine sehr hohe bis vollständige Anti-Beschlag-Wirkung realisieren.
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Die Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche, wobei die Erfindung auch Kombinationen der einzelnen Ansprüche im Sinne einer Verknüpfung einschließt, solange sie sich nicht gegenseitig ausschließen.
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Das erfindungsgemäße Mittel zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten auf Oberflächen enthält mindestens benetzungsvermittelnde Substanzen und hydrophile filmbildende Substanzen.
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Vorteilhafterweise sind als benetzungsvermittelnde Substanzen mindestens Polymere mit mindestens einer Diolgruppe vorhanden, wobei noch vorteilhafterweise als Polymer mit mindestens einer Diolgruppe 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol vorhanden ist.
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Weiterhin vorteilhafterweise sind als hydrophile filmbildende Substanzen mindestens Flaschenbürsten-Polymere vorhanden, wobei noch vorteilhafterweise als Flaschenbürsten-Polymere mindestens Glykoproteine, wie vorteilhafterweise Muzin, vorhanden sind.
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Ebenfalls vorteilhafterweise stehen die benetzungsvermittelnden Substanzen mindestens teilweise mit Oberflächen in Kontakt, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, wobei noch vorteilhafterweise der Kontakt der benetzungsvermittelnden Substanzen mit den Oberflächen über physikalische und/oder chemische Wechselwirkungen realisiert ist.
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Und auch vorteilhafterweise ist der Kontakt zwischen den benetzungsvermittelnden Substanzen und den hydrophilen filmbildenden Substanzen über physikalische und/oder chemische Wechselwirkungen realisiert.
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Vorteilhaft ist es auch, wenn die hydrophilen filmbildenden Substanzen mindestens teilweise Kontakt zur Umgebung aufweisen.
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Und auch vorteilhaft ist es, wenn mindestens die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen als Gemisch vorliegen.
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Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn weitere Stoffe oder Substanzen, wie pH-puffernde Substanzen, beispielsweise anorganische und/oder organische Salze, oder anorganische oder organische Ionen, welche als zusätzlich haftverbessernd wirken, oder biobasierte organische Vernetzungsstoffe oder Agglomerationshilfsstoffe im Gemisch vorliegen.
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Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen im Verhältnis 1 : 99 bis 99: 1 im Gemisch vorliegen.
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Von Vorteil ist es auch, wenn das Gemisch aus die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen mit Oberflächen in Kontakt gebracht ist, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen.
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Und auch von Vorteil ist es, wenn die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen einzeln vorliegen und nacheinander und mindestens teilweise übereinander mit Oberflächen in Kontakt gebracht sind, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, wobei die benetzungsvermittelnden Substanzen mit den Oberflächen mindestens teilweise in Kontakt gebracht werden.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist es erstmals möglich, Mittel zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten auf Oberflächen anzugeben, bei denen eine Beschichtung mit hoher Wirkeffizienz in einem breiten Temperaturbereich vorliegt und die eine sehr hohe bis vollständige Anti-Beschlag-Wirkung realisieren.
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Erreicht wird dies durch Mittel zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten auf Oberflächen, die mindestens benetzungsvermittelnde Substanzen und hydrophile filmbildende Substanzen enthalten.
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Benetzung ist ein Verhalten von Flüssigkeiten bei Kontakt mit der Oberfläche von Festkörpern. Je nachdem, um welche Flüssigkeit es sich handelt, aus welchem Material die Oberfläche besteht und wie deren Beschaffenheit ist, zum Beispiel in Bezug auf die Rauheit, benetzt die Flüssigkeit die Oberfläche mehr oder weniger (Wikipedia, Stichwort Benetzung).
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Die erfindungsgemäßen benetzungsvermittelnden Substanzen sollen die jeweilige Oberfläche, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, möglichst gut benetzen. Dabei können die benetzungsvermittelnden Substanzen Adhäsionsverstärkereffekte aufweisen.
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Derartige benetzungsvermittelnde Substanzen sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorteilhafterweise mindestens Polymere mit mindestens einer Diolgruppe.
Ein vorteilhaftes Beispiel für ein solches Polymer mit mindestens einer Diolgruppe ist 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol.
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Insbesondere weist das Polymer mit mindestens einer Diolgruppe, wie 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol, die Fähigkeit auf, dass die Moleküle auf Oberflächen von Materialien spontan und in Anwesenheit von Luftsauerstoff oxidativ polymerisieren.
Dieser bioinspirierte Mechanismus basiert bei den Polymeren mit mindestens einer Diolgruppe auf dem Klebstoffprinzip von Miesmuscheln, die sich als standorttreue Organismen auf Steinen, Holz, Kunststoff oder metallischen Oberflächen fest verhaften.
Die durch die bioinspirierte Polymerisierung der Polymere mit mindestens einer Diolgruppen entstandenen Polymercluster oder Polymerfilme sind meist nur wenige Nanometer dick, transparent, nicht toxisch, bioabbaubar und umweltfreundlich.
Ebenso lassen sich diese polymerisierten Cluster oder Filme rückstandfrei von den Oberflächen entfernen, beispielsweise durch eine alkalische Reinigung in wasser- oder salzbasierten Lösungen oder durch die Einwirkung einer einfachen und umweltfreundlichen nicht toxischen wässrigen Enzymlösung.
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Weiter weisen die Mittel erfindungsgemäß hydrophile filmbildende Substanzen auf. Hydrophilie bedeutet „wasserliebend“, was besagt, dass ein Stoff stark mit Wasser oder anderen polaren Stoffen wechselwirkt (Wikipedia, Stichwort Hydrophilie).
Im chemisch/physikalischen Kontext wird eher von hydrophil gesprochen, wenn der Stoff die Eigenschaft besitzt „leicht“ in Interaktion mit Wasser zu treten.
Bei einem hydrophilen Stoff wird das Wasser aber nicht chemisch gebunden. Hygroskopisch wird eher verwendet, um einen Stoff als wasser(an)ziehend, zwingend wasserbindend zu bezeichnen.
Prinzipiell sind „stark hygroskopische“ Stoffe auch hydrophil.
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Derartige hydrophile filmbildende Substanzen sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorteilhafterweise mindestens Flaschenbürsten-Polymere.
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Als Flaschenbürsten-Polymere werden Polymere bezeichnet, die eine Rückgratpolymerkette mit Büscheln von Seitenketten aufweisen und daher wie mikroskopisch kleine Flaschenbürsten aussehen. Dieses molekulare Design verleiht diesen Polymeren ungewöhnliche Fähigkeiten, wie beispielsweise die Fähigkeit Wirkstoffe zu binden und bei Temperaturänderung freizusetzen (Chemie.de, Stichwort Flaschenbürsten).
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Ein vorteilhaftes Beispiel für ein solches Polymer sind mindestens Glykoproteine. Glykoproteine sind Makromoleküle, die aus einem Protein und einer oder mehreren kovalent gebundenen Kohlenhydratgruppen bestehen (Wikipedia, Stichwort Glykoproteine).
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Muzin ist beispielsweise ein Glykoprotein, welches den strukturgebenden Bestandteil des Schleims von Organismen bildet.
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Die Struktur der Glykoproteine balanciert hydrophil-hydrophobe Eigenschaften aus. Glykoproteinen sind wie alle Proteine biologischen Ursprungs und lassen sich als Bausteine von Sekreten sowohl von Pflanzen als auch von Tieren nachhaltig gewinnen. Im biologischen Kontext besitzt es die Funktionen, innere und äußere Organismenoberflächen vor dem Austrocknen oder mechanischen Verletzungen zu schützen. Es besitzt sehr hohe Wasserbindungseigenschaften.
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Vorteilhafterweise stehen die benetzungsvermittelnden Substanzen mindestens teilweise mit Oberflächen in Kontakt, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen.
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Insbesondere die benetzungsvermittelnden Substanzen sollen mindestens teilweise, möglichst überwiegend oder vollständig mit den Oberflächen, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, angeordnet und mit diesen Oberflächen in Kontakt befindlich sein.
Sofern das erfindungsgemäße Mittel als Gemisch vorliegt, werden die benetzungsvermittelnden Substanzen nur teilweise mit den Oberflächen in Kontakt stehen, sofern die benetzungsvermittelnden Substanzen separat vorliegen, werden sie vorteilhafterweise auf die Oberflächen, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, aufgebracht, beispielsweise als Schicht, und stehen dann im Wesentlichen vollständig mit der Oberfläche in Kontakt.
Der Kontakt zwischen den benetzungsvermittelnden Substanzen und den Oberflächen ist vorteilhafterweise über physikalische und/oder chemische Wechselwirkungen realisiert. Dadurch ist eine temporäre Benetzung der Oberflächen durch die benetzungsvermittelnden Substanzen realisiert, wodurch die benetzungsvermittelnden Substanzen dann auch vollständig von der Oberfläche entfernt werden können.
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Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn der Kontakt zwischen den benetzungsvermittelnden Substanzen und den hydrophilen filmbildenden Substanzen über physikalische und/oder chemische Wechselwirkungen realisiert ist.
Diese Wechselwirkungen können sich ausbilden sowohl im Gemisch der erfindungsgemäßen Mittel als auch bei einem nachfolgenden Schichtauftrag von hydrophilen filmbildenden Substanzen auf benetzungsvermittelnden Substanzen auf einer Oberfläche.
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Bei dem Kontakt der beiden in den erfindungsgemäßen Mitteln zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten auf Oberflächen vorhandenen benetzungsvermittelnden und hydrophilen filmbildenden Substanzen, insbesondere zwischen Polymeren mit mindestens einer Diolgruppe, wie 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol, und Flaschenbürsten-Polymeren, wie Glykoproteinen, treten starke molekulare, sekundäre Wechselwirkungen auf, die ein Anhaften der beiden Substanzen aneinander bewirkt.
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Erfindungsgemäß weisen die hydrophilen filmbildenden Substanzen mindestens teilweise einen Kontakt zur Umgebung auf.
Dies bedeutet, dass diese Substanzen mit der Umgebungsluft oder der umgebenden Atmosphäre, die Wasser oder andere polare Stoffe aufweist, in Kontakt stehen.
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Sofern das erfindungsgemäße Mittel als Gemisch vorliegt, werden die hydrophilen filmbildenden Substanzen nur teilweise mit der Umgebung in Kontakt stehen, sofern die hydrophilen filmbildenden Substanzen separat vorliegen, werden sie vorteilhafterweise auf die benetzungsvermittelnden Substanzen aufgebracht, beispielsweise als Schicht, und stehen dann im Wesentlichen vollständig mit der Umgebung in Kontakt.
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Weiter vorteilhafterweise liegen mindestens die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen als Gemisch in den erfindungsgemäßen Mitteln vor.
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Ein Gemisch ist eine Substanz, die aus mindestens zwei Reinstoffen besteht (Wikipedia, Stichwort Gemisch).
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In dem Gemisch der erfindungsgemäßen Mittel können vorteilhafterweise weitere Stoffe oder Substanzen, wie pH-puffernde Substanzen, beispielsweise anorganische und/oder organische Salze, oder anorganische oder organische Ionen, welche als zusätzlich haftverbessernd wirken, oder biobasierte organische Vernetzungsstoffe oder Agglomerationshilfsstoffe vorliegen.
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Die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen können vorteilhafterweise im Verhältnis 1 : 99 bis 99: 1 im Gemisch vor.
Ein besonders vorteilhaftes Verhältnis ist 40 : 60 bis 60 : 40 oder 50 : 50.
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Werden die erfindungsgemäßen Mittel als Gemisch eingesetzt und gleichzeitig auf Oberflächen aufgebracht, so entsteht ein stark adsorptiv gebundener Film, der ebenfalls intrinsisch vernetzt vorliegt. Für diesen Film können chemisch die Viskosität, das Wasseraufnahme- und abgabevermögen, die Dynamik der Wasseraufnahme und -abgabe und die optischen Eigenschaften gemessen werden.
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Vorteilhafterweise sind die erfindungsgemäßen Mittel als Gemisch aus den benetzungsvermittelnden Substanzen und den hydrophilen filmbildenden Substanzen mit Oberflächen in Kontakt gebracht, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen.
Dies kann mittels verschiedener bekannter Verfahren realisiert werden, jedoch vorteilhafterweise mittels Auftragen als Lösung oder Gel mit einem getränkten Vlies, Tuch oder Textil oder mittels Sprühen oder Schleudern oder Tauchen.
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Eine weitere Möglichkeit für den Einsatz des erfindungsgemäßen Mittels besteht darin, dass die benetzungsvermittelnden Substanzen und die hydrophilen filmbildenden Substanzen einzeln vorliegen und nacheinander und mindestens teilweise übereinander mit Oberflächen in Kontakt gebracht sind, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, wobei die benetzungsvermittelnden Substanzen mit den Oberflächen mindestens teilweise in Kontakt gebracht werden.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird eine temporären Anti-Fog-Beschichtung auf Oberflächen realisiert.
Von besonderem Vorteil ist die Anwendung des erfindungsgemäßen Mittels auf Oberflächen von transparenten optischen Substraten, wie Brillen, was beim Gebrauch der Brillen zur Verbesserung der Sehleistung oder zum Schutz der Augen, insbesondere auf Oberflächen mit Hartschicht- und/oder Antihaftausrüstungen und sogenanntem Lotus-Effekt® führt.
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Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung besteht darin, dass bereits vorhandene permanente Funktionalisierungsschichten auf den Oberflächen, auf denen Kondensate be- und/oder verhindert werden sollen, nicht zerstört oder beschädigt werden.
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Die Verwendung der erfindungsgemäßen Mittel zur Be- und/oder Verhinderung von Kondensaten kann ohne Anforderungen an komplexe technische Anlagen oder Reaktionsführungen erfolgen, einfach im Haushalt und auch vom Nichtfachleuten.
Ebenso können die eingesetzten erfindungsgemäßen Mittel ohne Anforderungen einfach und rückstandfrei entfernt werden.
Die Zeiten für die Aufbringung der erfindungsgemäßen Mittel auf eine Oberfläche sind im Vergleich zur Wirkungsdauer sehr kurz und umfassen wenige Minuten.
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Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung besteht darin, dass bei den Flaschenbürsten-Polymere der hydrophilen filmbildenden Substanzen der Brechungsindex an den des Substrates, beispielsweise eines optischen Glases einer Brille, angepasst werden kann, um eine minimale Reflektion zu realisieren. Dazu wird die Schichtdicke der Schicht aus dem erfindungsgemäßen Mittel auf der Glasoberfläche nach d= A/4nc (d... Dicke der Beschichtung, λ ... Wellenlänge des einfallenden Lichtes, nc... Brechungsindex der Beschichtung) und nc= (ns*nLuft)1/2 (ns... Brechungsindex des Substrates, nLuft... Brechungsindex der umgebenden Luft) eingestellt.
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Ebenfalls ist es ein Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung, dass die Mittel als wässrige Lösung/Suspension/Dispersion vorliegen. Dazu können zur Verbesserung der Wirksamkeit pH-puffernde Substanzen zugegeben sein, die aus dem Bereich der anorganischen oder organischen Salze stammen.
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Weitere Vorteile der erfindungsgemäßen Lösung bestehen darin:
- a) Die erfindungsgemäßen Mittel können auf verschieden-funktionalisierten Oberflächen angewendet werden.
- b) Sowohl die Oberflächentopographie, als auch permanente schmutz- und wasserabweisende Ausrüstungen oder weitere chemische Oberflächeneigenschaften des Substrates bleiben nach der Entfernung der erfindungsgemäßen Mittel vollständig erhalten, da durch das Fehlen von kovalenten Bindungen nur eine temporäre Beschichtung der Substratoberflächen mit den erfindungsgemäßen Mitteln realisiert wird.
- c) Der Topographie einer Oberfläche folgend werden die erfindungsgemäßen Mittel als Film temporär aufgebracht, der trotz nur weniger Nanometer Schichtdicke gute Hafteigenschaften auf der Oberfläche durch eine Vielzahl von Wechselwirkungen zwischen Oberfläche und benetzungsvermittelnden Substanzen und zwischen den benetzungsvermittelnden Substanzen und den hydrophilen filmbildenden Substanzen aufweist.
- d) Es sind für die erfindungsgemäßen Mittel keine spezifischen Synthesen der Flaschenbürstenmoleküle, keine umweltschädlichen Hilfsstoffe oder Stabilisatoren erforderlich. Die Substanzen des erfindungsgemäßen Mittels sind vorteilhafterweise biogenen Ursprungs.
- e) Flaschenbürsten-Polymere und Polymere mit mindestens einer Diolgruppe sind vorteilhafterweise biobasiert, nicht-giftig, umweltfreundlich, antibakteriell, bioabbaubar und gut verfügbar.
- f) Wasser dient vorteilhafterweise als Medium zur Anwendung des erfindungsgemäßen Mittels; es sind keine organischen Lösemittel oder Tenside notwendig.
- g) Es sind keine nachträglichen Prozessschritte, wie thermische Nachbehandlung oder lichtinduzierte Vernetzungsreaktionen und keine mehrfachen Abscheidezyklen erforderlich. Nanopartikel sind nicht involviert. Damit entfallen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen und Handhabungsregeln.
- h) Die Wirksamkeit der erfindungsgemäßen Mittel bleibt auch auf flexiblen Substraten erhalten.
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Nachfolgend wird die Erfindung an mehreren Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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Beispiel 1
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600 ml einer TRIS-Pufferlösung (pH 8) mit 60 Gew.-% 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol als benetzungsvermittelnde Substanz werden mit 400 ml einer TRIS-Pufferlösung (pH 8) mit 40 Gew.-% Muzin als hydrophile filmbildende Substanz, welches aus Rinder-Unterkieferdrüsen als Nebenprodukt bei der Lebensmittelherstellung gewonnen worden ist, gemischt.
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Kommerziell erhältliche Brillenkunststoffgläser mit einer äußeren kratzfesten und entspiegelten Oberflächenmodifizierung werden zunächst mit Wasser und Isopropanol gründlich von Verunreinigungen befreit.
Nachfolgend wird auf die Oberfläche der Außenseite der Kunststoffgläser Teile der Mischung aus der benetzungsvermittelnden Substanz und der hydrophilen filmbildenden Substanz aufgesprüht und für 5 min getrocknet. Dieser Vorgang kann wird zweimal wiederholt.
Im Anschluss wird die überschüssige Mengen an Mischung unter lauwarmem Wasser (20 °C) abgewaschen und bis zur Trocknen mit einem fusselfreien Tuch poliert.
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Mit der aufgebrachten Schicht wird die Bildung von Kondensaten auf der Oberfläche der Gläser bei täglicher Verwendung der Brille für mindestens einen Monat bei mehrmaligem Temperaturwechsel von -10 °C auf 22 °C verhindert und eine vollständig Anti-Beschlag-Wirkung erreicht. Die Oberfläche der Kunststoffgläser weist keine Schlieren auf und die optischen Eigenschaften der Brillengläser sind unverändert.
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Beispiel 2
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Kommerziell erhältliche Brillengläser aus Glas mit einer äußeren obersten, schmutzabweisenden Schicht, sowohl auf der Außen- als auch der Innenseite, wurden zunächst mit lauwarmem Wasser und Isopropanol (30 °C) gründlich von anhaftenden Verunreinigungen befreit.
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Anschließend wurde als benetzungsvermittelnde Substanz eine Lösung aus 2 g/L 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol in 10 ml TRIS-Puffer (pH 8,5) bis zur Trocknen mit einem textilen Tuch auf der Innen- und Außenseite der Gläser eingerieben.
Im Anschluss wird als hydrophile filmbildende Substanz ein Gel aus einer 20 Gew.-% Glykoprotein, welches als Nebenprodukt aus der Schweinemagenschleimhaut bei der Lebensmittelherstellung gewonnen worden ist, in 10 ml PBS-Puffer auf die aufgetragene und getrocknete Lösung mit einem textilen Tuch bis zur Trocknen eingerieben.
Im Anschluss werden durch kurzes Nachspülen unter fließendem lauwarmem Wasser (30 °C) die überflüssige Gelmenge der hydrophilen filmbildenden Substanz mit leichtem mechanischem Druck abgerieben und der Schichtstapel damit konditioniert.
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Mit dem aufgebrachten Schichtstapel wird die Bildung von Kondensaten auf der Oberfläche der Gläser bei täglicher Verwendung der Brille für mindestens einen Monat bei mehrmaligem Wechsel der Atmosphäre bezüglich des Wasserdampfgehaltes beim Kochen verhindert und eine vollständig Anti-Beschlag-Wirkung erreicht. Die Oberfläche der Kunststoffgläser weist keine Schlieren auf und die optischen Eigenschaften der Brillengläser sind unverändert.
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Beispiel 3
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Kommerziell erhältliche optische Scheiben für Taucherbrillen mit einer äußeren und inneren kratzfesten Oberflächenfunktionalisierung werden mit einem kommerziell erhältlichen feuchten Reinigungstuch vorgereinigt.
Die Scheiben werden anschließend in eine Lösung aus 5 g/L 4-(2-Aminoethyl)-benzen-1,2-diol in 100 ml TRIS-Puffer (pH 8,5) als benetzungsvermittelnde Substanz für 1-10 Minuten eingetaucht. Anschließend werden auf Scheiben 0,5 g einer ethanolischen Lösung aus 40 g/L Glykoprotein, als Nebenprodukt der Heparingewinnung, in absolutem Ethanol aufgesprüht. Nach dem Trocknen werden die Oberflächen zunächst mit Wasser klargespült und anschließend auf der Innenseite poliert.
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Mit dem aufgebrachten Schichtstapel wird die Bildung von Kondensaten auf der Oberfläche der Scheiben über mehrere Tauchgänge verhindert und eine vollständig Anti-Beschlag-Wirkung erreicht. Die Oberfläche der Kunststoffgläser weist keine Schlieren auf und die optischen Eigenschaften der Scheiben sind unverändert.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 20210247548 A1 [0017]
- US 20200362193 A1 [0017]
- WO 2017199158 A1 [0029]
- DE 102005050976 A1 [0030]
- US 2015011448 A1 [0032]
- WO 2016077698 A1 [0033]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- G. Grosu, et al: J. Phys. D: Appl. Phys., 2004, 37, 3350-3355 [0013]
- Z. Sun, et al: Small, 2014, 10, 3001-3006 [0014]
- H. Schmidt et al, J. Non-Cryst. Solids, 1994, 178, 302-312 [0018]