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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Positionsregelung für ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem eines Kraftfahrzeugs. Die Erfindung betrifft ferner ein Steuergerät für ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem, ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem sowie ein Computerprogramm.
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Aus dem Stand der Technik sind Kraftfahrzeuge bekannt, die ein Lenkungssystem mit einer elektromechanischen Lenkunterstützung aufweisen, wobei ein Elektromotor der elektromechanischen Lenkunterstützung ein Drehmoment bereitstellen kann, um so die Lenkbewegung des Fahrzeugführers vom Kraftfahrzeug zu unterstützen.
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Die elektromechanische Lenkunterstützung unterstützt den Fahrer beim Lenken und/oder lenkt das Kraftfahrzeug wenigstens teilweise automatisch in eine bestimmte Richtung. Insbesondere lenkt die elektromechanische Lenkunterstützung das Fahrzeug auch automatisch, also ohne eine entsprechende Lenkbewegung des Fahrers, basierend auf einer Sollposition in eine bestimmte Richtung, beispielsweise mit Hilfe von Daten einer Kamera oder anderer Sensoren, die eine Umgebung des Kraftfahrzeugs erfassen. Die automatische Lenkung von Kraftfahrzeugen wird insbesondere bei Steuersystemen wenigstens teilweise autonom fahrender Kraftfahrzeuge eingesetzt.
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Die Lenksysteme solcher wenigstens teilweise autonom fahrenden Fahrzeuge weisen typischerweise einen Positionsregler auf, der dazu ausgebildet ist, eine Stellgröße an die entsprechende Fahrsituation anzupassen und über den Elektromotor an das Lenksystem zu übertragen.
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Rückwirkungen von der Straße auf das Lenksystem und nicht lineare Effekte können die Güte der Positionsregelung wesentlich beeinflussen. Bisher bekannte Regelverfahren sind deshalb nur für bestimmte Fahrsituationen oder nur mit einer geringen Regelgüte verfügbar.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Positionsregelung für ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem bereitzustellen, bei dem die Nachteile aus dem Stand der Technik zumindest teilweise nicht mehr vorhanden sind.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Positionsregelung für ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem eines Kraftfahrzeugs, das eine elektromechanische Lenkunterstützung mit einem Elektromotor und zumindest einen Regler aufweist, wobei ein vom Elektromotor aufzubringendes Drehmoment die Stellgröße des zumindest einen Reglers ist, und wobei die Regelstrecke für den Reglerentwurf des zumindest einen Reglers wenigstens einen den Elektromotor umfassenden unteren Teil des Lenksystems umfasst. Das Verfahren weist die folgenden Schritte auf: Ein Frequenzgang der Regelstrecke wird basierend auf einem mathematischen Modell der vereinfachten Regelstrecke und/oder durch Vermessen der Regelstrecke bestimmt, insbesondere der gesamten Regelstrecke. Die Reglerparameter des zumindest einen Reglers werden basierend auf dem Frequenzgang der Regelstrecke angepasst. Wenigstens eine Sollposition wird generiert und/oder empfangen. Wenigstens eine Istposition wird erfasst und rückgeführt, und die Stellgröße wird mittels des wenigstens einen Reglers basierend auf einem Vergleich der wenigstens einen Sollposition mit der wenigstens einen Istposition angepasst.
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Bei der Regelstrecke für den Entwurf des Reglers handelt es sich also wenigstens um den unteren Teil des Lenksystems, der Komponenten unterhalb eines Drehmomentsensors des Lenksystems umfasst. Genauer gesagt umfasst der untere Teil des Lenksystems also den Elektromotor und weitere, zwischen dem Drehmomentsensor und Rädern des Kraftfahrzeugs angeordnete Bauteile. Insbesondere umfasst der untere Teil des Lenksystems ein Getriebe, das mit dem Elektromotor gekoppelt ist. Ferner kann der untere Teil des Lenksystems eine Zahnstange umfassen, die mit den Rädern des Kraftfahrzeugs, genauer gesagt mit den Vorderrädern und der Lenksäule gekoppelt ist.
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Der zumindest eine Regler ist Teil eines geschlossenen Regelkreises. Dabei stellt die Sollposition die Führungsgröße des Reglers dar, während die Istposition die Regelgröße des Reglers ist.
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Der Frequenzgang für den Reglerentwurf kann bestimmt werden, indem dieser basierend auf dem mathematischen Modell des unteren Teils des Lenksystems analytisch berechnet wird, wobei der Frequenzgang dann von Modellparametern des mathematischen Modells abhängt. Alternativ oder zusätzlich kann der Frequenzgang durch Vermessen des Lenksystems, genauer gesagt der gesamten Regelstrecke bestimmt werden.
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Insbesondere wird die Übertragungsfunktion der Regelstrecke lediglich einmalig bestimmt und dann zur weiteren Verwendung in einem Steuergerät des Lenksystems hinterlegt.
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Ferner können die Reglerparameter des zumindest einen Reglers einmalig basierend auf dem Frequenzgang der Regelstrecke ermittelt werden. Die Reglerparameter können dann zur weiteren Verwendung in einem Steuergerät des Lenksystems hinterlegt werden.
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Anders ausgedrückt werden die Reglerparameter also wenigstens einmalig basierend auf dem Frequenzgang der Regelstrecke bestimmt, insbesondere optimiert.
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Das oben beschriebene Verfahren zur Positionsregelung kann auf jede Art von Lenksystem angewendet werden. Insbesondere ist das erfindungsgemäße Verfahren geeignet für ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem mit Lenksäulenunterstützung sowie für Lenksysteme, bei denen ein aufzubringendes Drehmoment über ein Ritzel, Doppelritzel oder einen Riementrieb auf die Zahnstange übertragen wird. Ferner ist das erfindungsgemäße Verfahren auch für Steer-by-wire Lenksysteme geeignet, bei denen keine mechanische Wirkverbindung zwischen dem Lenkrad und den Rädern besteht.
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Das mathematische Modell kann auf einem physikalischen Ersatzmodell der Regelstrecke basieren, insbesondere auf einem vereinfachten physikalischen Ersatzmodell. In dem physikalischen Ersatzmodell können einzelne Abschnitte der Regelstrecke jeweils als Masse mit einer Feder und/oder wenigstens einer Dämpfung modelliert sein, wobei die Masse jeweils ein vordefiniertes Trägheitsmoment aufweist.
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Ein Aspekt sieht vor, dass die Reglerparameter des wenigstens einen Reglers basierend auf dem Verfahren des symmetrischen Optimums ermittelt werden. Dieses Verfahren ist besonders dann vorteilhaft, wenn Störungen auf die Regelstrecke wirken, beispielsweise in Form von Reibung und/oder in Form von Rückwirkungen von der Straße. Anders ausgedrückt ermöglicht die Reglerauslegung, also die Ermittlung der Reglerparameter nach dem Verfahren des symmetrischen Optimums, dass Störmomente und/oder Störkräfte gut ausgeregelt werden können und ein gutes Führungsverhalten gewährleistet wird.
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Gemäß einem weiteren Aspekt handelt es sich bei der wenigstens einen Istposition um einen Drehwinkel des Elektromotors und/oder um einen Drehwinkel unterhalb eines Drehmomentsensors des Lenksystems. Insbesondere wird der Drehwinkel des Elektromotors verwendet, wenn der Drehwinkel unterhalb des Drehmomentsensors messtechnisch nicht zur Verfügung steht.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung wird ein Beobachter entworfen, der an der Regelstrecke wirkende Störmomente und/oder in der Regelstrecke auftretende Reibungsmomente ermittelt. Anders ausgedrückt werden die Störmomente und/oder Reibungsmomente, beispielsweise mittels eines Kalman-Filters, geschätzt, wobei ein Zustandsraummodell für die Abschätzung verwendet werden kann. Insbesondere basiert das Zustandsraummodell auf dem oben erwähnten vereinfachten physikalischen Ersatzmodell des unteren Teils des Lenksystems. Bei den Störmomenten handelt es sich beispielsweise um Rückwirkungen von der Straße, die auf das Lenksystem wirken. Der Beobachter liefert also Abschätzungen der Störmomente und/oder der in der Regelstrecke auftretenden Reibungsmomente. Diese Abschätzungen können zur Kompensation der Störmomente und/oder der Reibungsmomente mittels des Reglers verwendet werden.
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Vorzugsweise wird basierend auf den ermittelten Störmomenten und/oder Reibungsmomenten die Stellgröße des wenigstens einen Reglers derart angepasst, dass die Störmomente und/oder Reibungsmomente zumindest teilweise kompensiert werden, insbesondere vollständig kompensiert. Der Einfluss der Störmomente, zum Beispiel der Rückwirkungen der Straße auf das Lenksystem und/oder der Reibungsmomente im Lenksystem wird also wenigstens teilweise eliminiert, insbesondere vollständig. Dementsprechend ist das erfindungsgemäße Verfahren auch für Typen von Lenksystemen geeignet, bei denen größere Reibungsmomente auftreten.
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Weiter bevorzugt werden die ermittelten Störmomente und/oder Reibungsmomente über eine erste Aufschaltübertragungsfunktion dem wenigstens einen Regler nachgelagert in den Regelkreis aufgeschaltet. Auf diese Weise wird der Einfluss der Störmomente und/oder der Reibungsmomente im Regelkreis berücksichtigt. Insbesondere wird auf diese Weise das vom Elektromotor aufgebrachte Drehmoment basierend auf den ermittelten Störmomenten und/oder Reibungsmomenten angepasst. Anders ausgedrückt werden die Störmomente und/oder Reibungsmomente auf diese Weise zumindest teilweise kompensiert, insbesondere vollständig kompensiert.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird ein aus einer relativen Position des Lenkrads zum unteren Teil des Lenksystems resultierendes Drehmoment ermittelt und basierend darauf die Stellgröße des wenigstens einen Reglers angepasst, insbesondere wobei das resultierende Drehmoment mittels eines Drehmomentsensors bestimmt wird. Insbesondere handelt es sich dabei um ein vom Fahrer aufgebrachtes Drehmoment. Das vom Elektromotor aufgebrachte Drehmoment wird dann basierend auf dem ermittelten resultierenden Drehmoment entsprechend angepasst.
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Ein weiterer Aspekt sieht vor, dass das ermittelte Drehmoment über eine zweite Aufschaltübertragungsfunktion dem wenigstens einen Regler nachgelagert in den Regelkreis aufgeschaltet wird. Auf diese Weise wird der Einfluss der auf den oberen Teil der Lenksäule wirkenden Drehmomente im Regelkreis berücksichtigt. Insbesondere wird auf diese Weise das vom Elektromotor aufzubringende Drehmoment basierend auf dem ermittelten resultierenden Drehmoment angepasst.
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Der wenigstens eine Regler kann ein PID-Regler sein. Insbesondere werden Parameter des PID-Reglers basierend auf dem Frequenzgang der Regelstrecke ermittelt. Beispielsweise werden die Parameter des PID-Reglers nach dem Verfahren des symmetrischen Optimums bestimmt.
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Ein weiterer Aspekt sieht vor, dass ein PI-Regler und ein P-Regler in einer Kaskadenschaltung vorgesehen sind, insbesondere wobei der PI-Regler der Führungsregler und der P-Regler der Folgeregler ist. Insbesondere werden Parameter des PI-Reglers und/oder des P-Reglers basierend auf dem Frequenzgang der Regelstrecke ermittelt. Beispielsweise werden die Parameter des PI-Reglers nach dem Verfahren des symmetrischen Optimums bestimmt.
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Dabei kann die Regelgröße des inneren Regelkreises eine Geschwindigkeit sein, insbesondere eine Winkelgeschwindigkeit, während die Regelgröße des äußeren Regelkreises die Position ist. Beispielsweise wird also im unterlagerten Regelkreis die Winkelgeschwindigkeit und im überlagerten Regelkreis der Drehwinkel geregelt.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Steuergerät für ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem eines Kraftfahrzeugs, wobei das elektromechanisch unterstützte Lenksystem eine elektromechanische Lenkunterstützung mit einem Elektromotor und zumindest einen Regler aufweist, wobei ein vom Elektromotor aufzubringendes Drehmoment die Stellgröße des zumindest einen Reglers ist, und wobei die Regelstrecke für den Entwurf des zumindest einen Reglers wenigstens einen den Elektromotor umfassenden unteren Teil des Lenksystems umfasst, wobei das Steuergerät dazu ausgebildet ist, ein oben beschriebenes Verfahren durchzuführen. Hinsichtlich der Vorteile wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen.
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Der zumindest eine Regler kann auf dem Steuergerät integriert sein.
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Das Steuergerät kann dazu ausgebildet sein, basierend auf Messdaten aus dem Lenksystem zumindest ein erforderliches Drehmoment zu ermitteln und entsprechende Steuerbefehle an den Elektromotor bzw. an einen Stromregler des Elektromotors zu übermitteln, sodass der Elektromotor zumindest das erforderliche Drehmoment bereitstellt.
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Insbesondere ist das Steuergerät dazu ausgebildet, das Kraftfahrzeug wenigstens teilweise automatisch, insbesondere vollautomatisch, zu steuern, insbesondere zu lenken. In diesem Fall wird also vom Elektromotor nicht lediglich ein Hilfsmoment, sondern vielmehr ein komplettes zur Steuerung des Kraftfahrzeugs notwendiges Drehmoment bereitgestellt.
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Die Aufgabe wird außerdem erfindungsgemäß gelöst durch ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem, mit einem oben beschriebenen Steuergerät und einer elektromechanischen Lenkunterstützung, die einen Elektromotor und einen Regler aufweist, wobei ein vom Elektromotor aufzubringendes Drehmoment die Stellgröße des zumindest einen Reglers ist, und wobei die Regelstrecke für den Entwurf des zumindest einen Reglers wenigstens einen den Elektromotor umfassenden unteren Teil des Lenksystems umfasst. Hinsichtlich der Vorteile wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen.
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Insbesondere handelt es sich um ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem mit Lenksäulenunterstützung oder um ein elektromechanisch unterstütztes Lenksystem, bei dem ein zusätzliches Drehmoment über ein Ritzel, ein Doppelritzel oder einen Riementrieb auf die Zahnstange übertragen wird. Bei dem Lenksystem kann es sich auch um ein Steer-by-wire Lenksystem handeln, bei dem keine mechanische Wirkverbindung zwischen dem Lenkrad und den Rädern besteht.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Computerprogramm mit Programmcodemittel, die dazu ausgebildet sind, das oben beschriebene Lenksystem dazu zu veranlassen, ein oben beschriebenes Verfahren durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einer Recheneinheit des Steuergeräts des Lenksystems ausgeführt wird. Hinsichtlich der Vorteile wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen.
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Unter „Programmcodemitteln“ sind dabei und im Folgenden computerausführbare Instruktionen in Form von Programmcode und/oder Programmcodemodulen in kompilierter und/oder in unkompilierter Form zu verstehen, die in einer beliebigen Programmiersprache und/oder in Maschinensprache vorliegen können.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den beigefügten Zeichnungen, auf die Bezug genommen wird. In diesen zeigen:
- - 1 (a) bis 1 (f) in einer schematischen Schrägansicht verschiedene Varianten eines erfindungsgemäßen elektromechanisch unterstützen Lenksystems;
- - 2 in einer schematischen Schrägansicht eine Steer-by-wire Variante des erfindungsgemäßen elektromechanisch unterstützten Lenksystem;
- - 3 (a) und 3 (b) jeweils ein Modell eines unteren Teils des elektromechanisch unterstützten Lenksystems von 1 oder 2;
- - 4 ein Blockdiagramm eines Reglers des elektromechanisch unterstützten Lenksystems von 1 oder 2 gemäß einer ersten Ausführungsform; und
- - 5 ein Blockdiagramm eines Reglers des elektromechanisch unterstützten Lenksystems von 1 oder 2 gemäß einer zweiten Ausführungsform.
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In 1 (a) ist schematisch ein Lenksystem 10 für ein Kraftfahrzeug gezeigt, wobei das Lenksystem 10 ein Getriebe 12 aufweist und als elektromechanisch unterstütztes Lenksystem mit Lenksäulenunterstützung (englisch: „column drive EPS“) ausgeführt ist.
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Das Lenksystem 10 weist ein Lenkrad 14 auf, das über einen oberen Teil einer Lenksäule 15 und über eine Lenkzwischenwelle 16 mit einem ersten Ritzel 18 verbunden ist. Das erste Ritzel 18 kämmt mit einer Zahnstange 20, sodass diese durch ein Drehmoment beaufschlagt wird.
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An der Lenksäule 15 ist ein Drehmoment- und/oder Lenkwinkelsensor 22 angeordnet, der dazu ausgebildet ist, Lenkmomente und/oder einen Lenkwinkel zu messen. Insbesondere handelt es ich also um einen Lenkmoment- und Lenkwinkelsensor, welcher im Englischen auch als „torque and angle sensor (TAS)“ bezeichnet wird, und zusätzlich zum Lenkmoment einen Lenkwinkel bereitstellen kann.
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Ferner ist ein Elektromotor 24 vorgesehen, der mit dem Getriebe 12 drehmomentübertragend verbunden ist.
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Wie in 1(a) angedeutet ist, kann das Getriebe 12 in unterschiedlicher Art und Weise ausgebildet sein, beispielsweise als Schneckengetriebe, als Stirnradgetriebe oder als Kegelradgetriebe.
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Über das Getriebe 12 wird in jedem Fall zumindest ein Drehmoment, das vom Elektromotor 24 bereitgestellt wird, zur Ausführung einer Lenkbewegung auf die Lenkzwischenwelle 16 übertragen.
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Der Elektromotor 24 ist mit einem Steuergerät 26 des Lenksystems 10 signalübertragend verbunden, das in den 1(a) bis 1(f) jeweils nur schematisch angedeutet ist.
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Das Steuergerät 26 ist dazu ausgebildet, basierend auf Messdaten aus dem Lenksystem 10 zumindest ein aufzubringendes Drehmoment zu ermitteln und entsprechende Steuerbefehle an den Elektromotor 24 zu übermitteln, sodass der Elektromotor 24 zumindest das aufzubringende Drehmoment bereitstellt.
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Das Steuergerät 26 ist ferner dazu ausgebildet, das Kraftfahrzeug wenigstens teilweise automatisch, insbesondere vollautomatisch, zu steuern, insbesondere zu lenken. In diesem Fall wird also vom Elektromotor 24 nicht lediglich ein Unterstützungsmoment, sondern vielmehr das komplette zur Steuerung bzw. Lenkung des Kraftfahrzeugs notwendige Drehmoment bereitgestellt.
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Das in 1(b) gezeigte Lenksystem 10 unterscheidet sich von dem in 1(a) gezeigten dahingehend, dass der Elektromotor 24 über das Getriebe 12 nicht mit der Lenkzwischenwelle 16, sondern mit dem ersten Ritzel 18 drehmomentübertragend verbunden ist. Das Lenksystem 10 weist also einen einfachen Ritzelantrieb auf, was im Englischen auch als „single pinion EPS“ bezeichnet wird.
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Das in 1(c) gezeigte Lenksystem 10 weist ein zweites Ritzel 18' auf, das mit der Zahnstange 20 in kämmendem Eingriff steht. Der Elektromotor 24 ist über das Getriebe 12 mit dem zweiten Ritzel 18' drehmomentübertragend verbunden. Bei dem Lenksystem 10 handelt es sich in diesem Fall also um ein Lenksystem mit Doppelritzel, was im Englischen auch als „dual pinion EPS“ bezeichnet wird.
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In den 1(d) bis 1(f) sind weitere mögliche Ausgestaltungen des elektromechanisch unterstützten Lenksystems 10 gezeigt.
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Genauer gesagt zeigt 1(d) ein Lenksystem 10 mit konzentrischem Zahnstangenantrieb über eine Kugelumlaufmutter 27. Der Elektromotor 24 ist hier direkt an der Zahnstange 20 angeordnet und beaufschlagt die Zahnstange 20 über die Kugelumlaufmutter 27 mit dem Unterstützungsmoment.
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1(e) zeigt einen Antrieb, bei dem das Getriebe 12 als Kegelradgetriebe ausgebildet ist, und bei dem an der Zahnstange 20 eine Kugelumlaufmutter 27 angebracht ist. Der Elektromotor 24 beaufschlagt die Zahnstange 20 über das Getriebe 12 und die Kugelumlaufmutter 27 mit dem Unterstützungsmoment.
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1(f) zeigt einen Riementrieb 12' mit einer an der Zahnstange 20 angebrachten Kugelumlaufmutter 27. Ein vom Elektromotor 24 aufgebrachtes Unterstützungsmoment wird über einen Riemen des Riementriebs 12' auf die Kugelumlaufmutter 27 und über diese auf die Zahnstange 20 übertragen.
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2 zeigt eine weitere Ausführungsform des Lenksystems 10. Das Lenksystem ist hier als Steer-by-wire Lenksystem ausgebildet, d.h. es besteht keine mechanische Wirkverbindung zwischen dem Lenkrad 14 und der Zahnstange 20. Vielmehr ermittelt der Lenkwinkelsensor 22 einen Lenkwinkel und übermittelt dieses an das Steuergerät 26. Das Steuergerät 26 steuert den Elektromotor 24, der hier über einen Riementrieb mit der Zahnstange 20 verbunden ist, zur Erzeugung eines zur Steuerung bzw. Lenkung des Kraftfahrzeugs notwendige Drehmoments an. Außerdem weist das Lenksystem 10 hier einen Lenkradaktuator 24' auf, welcher das Lenkrad 14 mit einem Drehmoment beaufschlagen kann, beispielsweise, um eine Fahrbahnrückmeldung zu erzeugen.
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Das elektromechanisch unterstützte Lenksystem 10 ist dazu ausgebildet, ein im Folgenden anhand der 3 bis 5 beschriebenes Verfahren zur Positionsregelung durchzuführen.
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Genauer gesagt umfasst das Steuergerät 26 ein Computerprogramm mit Programmcodemitteln, die dazu ausgebildet sind, das Lenksystem 10 dazu zu veranlassen, das im Folgenden beschriebene Verfahren zur Positionsregelung durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einer Recheneinheit bzw. einem Prozessor des Steuergeräts 26 des Lenksystems 10 ausgeführt wird.
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Unter „Programmcodemitteln“ sind dabei und im Folgenden computerausführbare Instruktionen in Form von Programmcode und/oder Programmcodemodulen in kompilierter und/oder in unkompilierter Form zu verstehen, die in einer beliebigen Programmiersprache und/oder in Maschinensprache vorliegen können.
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Das Verfahren zur Positionsregelung wird im Folgenden beispielhaft anhand der 1(a) beschrieben. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Verfahren auch jeweils mit den Lenksystemen 10 gemäß der 1(b) bis 1(f) sowie der 2 durchgeführt werden kann.
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Zunächst wird ein physikalisches Ersatzmodell der vereinfachten Regelstrecke in Form eines unteren Teils des Lenksystems 10 erstellt, wobei der untere Teil des Lenksystems 10 den Elektromotor 24, das Getriebe 12, zumindest einen Teil der Lenkzwischenwelle 16, die Zahnstange 20 und das erste Ritzel 18 umfasst.
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In den 3(a) und 3(b) sind zwei Varianten eines solchen physikalischen Ersatzmodells gezeigt.
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In dem Modell von 3(a) wird die Kopplung des Elektromotors 24 an die Lenkzwischenwelle 16 über das Getriebe 12 durch eine erste Masse 28 mit einem Trägheitsmoment JED , eine Feder 30 mit Federkonstante cGB und eine Materialdämpfung 32 mit Dämpfungskonstante bGB modelliert. Dabei modellieren die Feder 30 und die Materialdämpfung 32 das Getriebe 12 und die Masse 28 den Elektromotor 24, genauer gesagt zumindest eine Ausgangswelle des Elektromotors 24. Das Getriebe 12 weist außerdem eine Übersetzung iGB auf.
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Zusätzlich ist über eine Dämpfung 34 mit Dämpfungskonstante bED berücksichtigt, dass das Drehmoment TED , mit dem der Elektromotor 24 das Getriebe 12 beaufschlagt, durch viskose Reibung gedämpft wird, insbesondere durch Lagerreibung im Elektromotor 24. Ein gesamtes, am Elektromotor 24 und im Getriebe 12 durch coulombsche Reibung verursachtes Gegendrehmoment TFR,ED wirkt dem Drehmoment TED entgegen.
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Beaufschlagt der Fahrer das Lenkrad 14 mit einem Lenkmoment, so wirkt auch ein daraus resultierendes Drehstabmoment TCOL auf die Lenkzwischenwelle 16.
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Die Lenkzwischenwelle 16, das Ritzel 18 und die Zahnstange 20, also der untere Teil des elektromechanisch unterstützten Lenksystems 10 ohne Elektromotor 24, werden mit einer zweiten Masse 36 und einer viskosen Reibung bDN in Form einer zweiten Dämpfung 38 modelliert, wobei die zweite Masse 36 ein Trägheitsmoment JDN aufweist.
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Ein gesamtes, im unteren Teil des Lenksystems 10 ohne Elektromotor 24 wirkendes, durch coulombsche Reibung verursachtes Gegendrehmoment TFR,DN wirkt einem auf den unteren Teil der Lenkzwischenwelle 16 wirkenden Drehmoment TDN entgegen.
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Das in 3(a) gezeigte physikalische Ersatzmodell weist zwei Freiheitsgrade auf, nämlich einen Drehwinkel φDN des unteren Teils der Lenkzwischenwelle 16 sowie einen Drehwinkel φED des Elektromotors 24.
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Die jeweils zugeordneten Winkelgeschwindigkeiten der beiden Freiheitsgrade sind ΩED = φ̇ED und ΩDN = φ̇DN.
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Das physikalische Ersatzmodell von 3(b) ist gegenüber dem Ersatzmodell von 3(a) vereinfacht. Genauer gesagt sind die Effekte der Feder 30 und der Materialdämpfung 32 vernachlässigt. Ferner sind die zweite Masse 36 sowie die viskose Reibung in Form der zweiten Dämpfung 38 in ein verändertes, effektives Trägheitsmoment Jlumped der ersten Masse 28' und eine effektive Dämpfungskonstante blumped der ersten Dämpfung 34' sowie die effektive coulombsche Reibung in TFR,lumped zusammengefasst.
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Das physikalische Ersatzmodell der 3(a) wird also vereinfacht, indem die Zahl der Freiheitsgrade reduziert wird (der Freiheitsgrad φDN entfällt), indem effektive Größen eingeführt werden, welche sowohl die Kopplung durch das Getriebe 12 als auch den unteren Teil des Lenksystems 10 berücksichtigen.
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Dementsprechend weist das in 3(b) gezeigte physikalische Ersatzmodell auch nur einen Freiheitsgrad auf, nämlich den Drehwinkel φED des Elektromotors 24.
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Basierend auf dem jeweiligen physikalischen Ersatzmodell wird ein mathematisches Modell des unteren Teils des Lenksystems 10 erstellt. Bei dem mathematischen Modell handelt es sich insbesondere um Differenzialgleichungen, die eine Ausgangsgröße des unteren Teils des Lenksystems 10, hier φ, mit Eingangsgrößen, hier TED , TDN und TCOL sowie TFR,ED , TFR,DN bzw. TFR,lumped und den Freiheitsgraden bzw. dem Freiheitsgrad des Systems in Verbindung setzen.
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Basierend auf dem mathematischen Modell wird dann eine Übertragungsfunktion des unteren Teils des Lenksystems 10 bestimmt, die als Grundlage für den Frequenzgang und damit das Verfahren zur Positionsregelung für das elektromechanisch unterstützte Lenksystem 10 dient.
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Alternativ oder zusätzlich zu der oben beschriebenen Vorgehensweise kann der Frequenzgang auch durch Vermessen einer Zeitantwort des gesamten Lenksystems 10 erfolgen.
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In 4 ist ein Regelkreis 39 zur Positionsregelung gemäß einer ersten Variante gezeigt. Der Regelkreis 39 umfasst einen Regler 40, der als PID-Regler ausgebildet ist, sowie eine Regelstrecke 42 (GP(s)). Bei der Regelstrecke 42 handelt es sich um das gesamte Lenksystem 10.
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Die Reglerparameter des Reglers 40 werden basierend auf dem Frequenzgang der vereinfachten Regelstrecke und/oder des gemessenen Frequenzgangs der gesamten Regelstrecke GP(s) ermittelt. Anders ausgedrückt wird eine Übertragungsfunktion Gctrl(s) des Regler 40 nach vordefinierten Kriterien ermittelt.
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Beispielsweise werden die Reglerparameter bzw. die Übertragungsfunktion Gctrl(s) des Reglers 40 basierend auf dem Verfahren des symmetrischen Optimums angepasst.
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Grundsätzlich funktioniert der Regelkreis 39 wie folgt:
- Der Regelkreis 39 erhält eine Sollposition φref , welche die Führungsgröße des Reglers 40 darstellt. Die Sollposition φref wird beispielsweise vom Steuergerät 26 oder von einem externen Steuergerät bereitgestellt.
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Zudem wird eine Istposition φ, also ein tatsächlicher Drehwinkel, des unteren Teils des Lenksystems 10 erfasst, wobei die Istposition φ die Regelgröße des Reglers 40 darstellt. Bei der Istposition φ kann es sich um den Drehwinkel φED des Elektromotors 24 oder um den Drehwinkel φDN des unteren Teils der Lenkzwischenwelle 16 handeln.
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Basierend auf einem Vergleich der Sollposition φref mit der Istposition φ wird ein Regelfehler eφ bestimmt, insbesondere als Differenz der Sollposition φref und der Ist-Position φ.
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Basierend auf dem Regelfehler eφ passt der Regler 40 die Stellgröße des Regelkreises 39 an, wodurch sich das vom Elektromotor 24 aufzubringende Drehmoment TDEM ergibt.
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Auf die Regelstrecke wirkende Störgrößen, zum Störmomente TDN und/oder die zusammengefassten Reibungsmomente TFR können die Güte der Positionsregelung beeinflussen.
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Um den Einfluss der Reibungsmomente TFR und der Störmomente TDN zu kompensieren ist ein Beobachter 44 vorgesehen, der basierend auf einem Zustandsraummodell der Regelstrecke 42 entworfen werden kann.
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Der Beobachter
44 schätzt die in der Regelstrecke
42 auftretenden Störmomente
TDN und/oder Reibungsmomente
TFR basierend auf wenigstens einer vektorwertigen Eingangsgröße
und wenigstens einer vektorwertigen Messgröße
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Insbesondere umfasst die wenigstens eine vektorwertige Eingangsgröße
die Stellgröße des Regelkreises
39 während die wenigstens eine vektorwertige Messgröße
die ermittelte Istposition φ umfasst.
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Anders ausgedrückt werden die Störmomente TDN und/oder die Reibungsmomente TFR mittels eines Beobachters, insbesondere mittels eines Kalman-Filters abgeschätzt, wobei ein Zustandsraummodell für die Abschätzung verwendet werden kann. In 4 bezeichnet yDIST die vom Beobachter 44 gelieferte Abschätzung der Störgrößen.
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Dabei muss das Zustandsraummodell nicht gleich dem oben erwähnten mathematischen Modell sein. Es basiert aber insbesondere auf dem gleichen physikalischen Ersatzmodell des unteren Teils des Lenksystems 10.
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Die ermittelten Störgrößen yDIST werden dann über eine erste Aufschaltübertragungsfunktion GFF1(s) dem Regler 40 nachgelagert in den Regelkreis 39 aufgeschaltet.
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Die ermittelte erste Aufschaltübertragungsfunktion GFF1(s) ist dabei derart, dass die Störmomente TDN und/oder die Reibungsmomente TFR wenigstens teilweise kompensiert werden, insbesondere vollständig kompensiert.
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Wie bereits erläutert, wurde in dem physikalischen Ersatzmodell, das diesem Regelkreis 39 zugrunde liegt, lediglich ein unterer Teil des Lenksystems 10 berücksichtigt. Um auch einen Einfluss des oberen Teils der Lenksäule 15, also eines Teils oberhalb des Drehmomentsensors 22 zu berücksichtigen, wird ein vom Drehmomentsensor 22 gemessenes Drehmoment TSEN über eine Drehmoment-Übertragungsfunktion GFF1(s) dem Regelkreis aufgeschaltet, und zwar dem Regler 40 nachgelagert.
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Dies hat zur Folge, dass die Stellgröße des Regelkreises 39 angepasst wird, wodurch der Einfluss des oberen Teils des Lenksystems 10, genauer gesagt der Einfluss des gemessenen Drehmoments TSEN auf die Bewegung des Teils unterhalb des Drehmomentsensors 22 berücksichtigt wird. Bei dem gemessenen Drehmoment TSEN handelt es sich insbesondere um das Drehstabmoment TCOL , das aus einer relativen Position des Lenkrads 14 zum unteren Teil des Lenksystems 10 resultiert.
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Folglich werden bei dem oben beschriebenen Verfahren zur Positionsregelung zum einen Störungen im unteren Teil des Lenksystems und zum anderen das zwischen dem oberen und unteren Teil des Lenksystems 10 wirkende Drehmoment kompensiert.
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In 5 ist ein Regelkreis 39 zur Positionsregelung gemäß einer zweiten Variante gezeigt. Der Regelkreis 39 umfasst einen Regler 40, der als Pl-Regler ausgebildet ist.
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Im Gegensatz zur in 4 gezeigten Variante umfasst der Regelkreis 39 noch einen inneren Regelkreis 39' mit einem zweiten Regler 40', der als P-Regler ausgebildet ist, wobei die Regelstrecke 42 im inneren Regelkreis 39' angeordnet ist. Anders ausgedrückt handelt es sich also um eine Pl-P-Kaskadenschaltung, wobei der PI-Regler 40 der Führungsregler und der P-Regler 40' der Folgeregler ist.
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Die Regelgröße des inneren Regelkreises 39' ist dabei die Winkelgeschwindigkeit Ω. Die Winkelgeschwindigkeit Ω wird im Normalfall nicht direkt gemessen, sondern basierend auf dem Winkel φ durch eine Zeitableitung bestimmt.
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Die Regelgröße des Regelkreises 39 ist der Drehwinkel φ und die Ausgabe des Reglers 40 liefert die Soll-Winkelgeschwindigkeit für den inneren Regelkreis 39'.
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Bei der Regelgröße des Regelkreises 39 kann es sich um den Drehwinkel φED des Elektromotors 24 oder um den Drehwinkel φDN des unteren Teils der Lenkzwischenwelle 16 handeln.
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Dementsprechend kann es sich bei der Regelgröße des inneren Regelkreises 39' um die Winkelgeschwindigkeit ΩED des Elektromotors 24 oder um die Winkelgeschwindigkeit ΩDN des unteren Teils der Lenkzwischenwelle 16 handeln.
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Der Einfluss von Störgrößen TFR und TDN sowie der Einfluss des aus der relativen Position des Lenkrads 14 zum unteren des Lenksystems 10 resultierenden Drehmoments TSEN sowie der Einfluss von Störgrößen TFR und TDN wird, analog zum oben hinsichtlich 4 beschriebenen Fall, durch Aufschaltung der geschätzten Störgrößen yDIST und des gemessenen Drehmoments TSEN und der geschätzten Störgrößen yDIST über eine erste Aufschaltübertragungsfunktion GFF1(s) bzw. über eine zweite Aufschaltübertragungsfunktion GFF2(s) in den Regelkreis 39 berücksichtigt bzw. kompensiert.
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Die Aufschaltung in den Regelkreis 39 erfolgt dabei dem Regler 40 nachgelagert, jedoch dem inneren Regelkreis 39' vorgelagert.