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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verarbeitung eines Messsignals. Die Erfindung betrifft ferner ein Steuergerät für ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs, ein Lenksystem für ein Kraftfahrzeug, ein Computerprogramm sowie einen computerlesbaren Datenträger.
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Elektromechanisch unterstützte Lenksysteme von Kraftfahrzeugen sind, allgemein ausgedrückt, dazu ausgebildet, ein Drehmoment am Lenkrad durch den Fahrer zu erkennen und basierend darauf über einen Elektromotor ein passendes Unterstützungsmoment bereitzustellen, welches den Fahrer beim Lenken des Kraftfahrzeugs unterstützt.
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Typischerweise weist das Lenksystem einen Sensor auf, der beispielsweise ein Drehmoment und/oder einen Lenkwinkel erfasst und die physikalische Größe zur Weiterverarbeitung in ein elektrisches Signal (Messsignal) umwandelt. Durch diesen Messvorgang enthält das Messsignal neben den Informationen über die physikalische Größe (sog. Nutzsignalanteil) auch unerwünschtes Messrauschen.
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Das Messsignal wird beispielsweise dazu verwendet, um ein Unterstützungsmoment durch eine Steuerung bzw. eine Regelung zu bestimmen. Das Unterstützungsmoment wird dann über den Elektromotor bereitgestellt. Gemäß üblicher Verfahren werden bestimmte Frequenzanteile im Messsignal verstärkt, um das Unterstützungsmoment zu erzeugen. Dadurch wird jedoch neben einem Nutzsignal auch gleichzeitig im Messsignal vorhandenes Messrauschen verstärkt, was zu ungewollter Geräuschbildung im Lenksystem führen kann.
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Daher wird das Messsignal im Stand der Technik mittels eines Tiefpassfilters, Bandpassfilter oder ähnlichen Filtern mit zeitlich konstantem Übertragungsverhalten gefiltert, um das unerwünschte Messrauschen zu reduzieren. Durch die Filterung kann jedoch das Lenkgefühl beeinträchtigt werden, wenn sich der zu filternde Frequenzbereich des Nutzsignals und des Messrauschen überlappen. Zusätzlich wird das Messsignal im Regelkreis verwendet, wodurch bei dieser Art der Filterung die Gefahr einer Verschlechterung der Robustheit und Stabilität des Regelkreises besteht.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein alternatives Verfahren zur Verarbeitung eines Messsignals bereitzustellen, bei dem das Messrauschen zuverlässig über den gesamten Frequenzbereich reduziert wird, ohne die Frequenzanteile des Nutzsignals zu verändern.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Verarbeitung eines Messsignals, insbesondere für ein Lenksystem. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte: Eine Messgröße wird basierend auf dem Messsignal erfasst, wobei die Messgröße Informationen über eine physikalische Größe umfasst, und wobei die Messgröße eine Überlagerung aus dem tatsächlichen Wert der physikalischen Größe und dem Messrauschen ist. Filterparameter eines Filters werden basierend auf der Messgröße und einem mathematischen Modell des Messrauschens ermittelt. Das Messsignal wird mittels des Filters gefiltert, wodurch ein geschätzter Wert der physikalischen Größe erhalten wird, wobei der Filter die ermittelten Filterparameter aufweist. Die Filterparameter werden derart ermittelt, dass eine Abweichung zwischen dem geschätzten Wert der physikalischen Größe und dem tatsächlichen Wert der physikalischen Größe genähert und minimiert wird.
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Vorzugsweise handelt es sich bei der physikalischen Größe um ein Nutzsignal, insbesondere um ein Nutzsignal des Lenksystems.
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Im Gegensatz zum Stand der Technik wird das Messsignal nicht einfach mittels eines Filters mit zeitlich konstantem Übertragungsverhalten gefiltert um das Messrauschen zu reduzieren. Vielmehr wird gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren ein Filter mit zeitvarianten Filterparametern eingesetzt, um das Messsignal zu filtern.
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Die Filterparameter des Filters werden dabei in jedem Datenerfassungspunkt so bestimmt, dass möglichst das gesamte Messrauschen ausgefiltert wird, ohne auch Anteile des tatsächlichen Werts der physikalischen Größe mit auszufiltern. Zu diesem Zweck wird die Abweichung zwischen dem geschätzten Wert der physikalischen Größe und dem tatsächlichen Wert der physikalischen Größe minimiert. Insbesondere wird eine quadratische Abweichung zwischen dem geschätzten Wert der physikalischen Größe und dem tatsächlichen Wert der physikalischen Größe minimiert.
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Das Ausfiltern des Messrauschens wird durch das mathematische Modell der Rauschcharakteristik ermöglicht, welches es erlaubt, die Filterparameter in jedem Datenerfassungsschritt gezielt an das Messrauschen anzupassen.
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Dementsprechend wird durch das erfindungsgemäße Verfahren das Messrauschen über den gesamten relevanten Frequenzbereich ausgefiltert ohne den Nutzanteil zu verändern. Somit bleiben die Stabilitäts- und Robustheitseigenschaften eines Regelkreises, der das Messsignal verwendet, erhalten. Im Lenksystem bedeutet dies weiterhin, dass das Lenkgefühl unbeeinträchtigt bleibt.
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Vorzugsweise ist der Filter ein Filter mit endlicher Impulsantwort. Solche Filter werden im Englischen auch als „finite impulse response (FIR) filter“ bezeichnet. Der Vorteil solcher FIR Filter besteht darin, dass sie das Messsignal besonders schnell, also mit geringer Latenz, verarbeiten.
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Denkbar wäre es jedoch auch, dass ein Filter mit unendlicher Impulsantwort verwendet wird. Solche Filter werden im Englischen auch als „infinite impulse response (IIR) filter“ bezeichnet.
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Ein Aspekt der Erfindung sieht vor, dass die physikalische Größe ein Lenksäulenmoment ist und/oder dass die Messgröße der Messwert eines Drehmomentsensors ist. Dabei und im Folgenden ist unter einem „Lenksäulenmoment“ ein Drehmoment zu verstehen, welches in der Lenksäule wirkt. Dementsprechend kann das Lenksystem einen Drehmomentsensor umfassen, der mit der Lenksäule gekoppelt und dazu ausgebildet ist, das in der Lenksäule wirkende Drehmoment zu messen.
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Alternativ oder zusätzlich kann die physikalische Größe ein Lenkwinkel und/oder eine Lenkwinkelgeschwindigkeit sein. Dementsprechend kann die Messgröße der Messwert eines Lenkwinkelsensors sein.
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Vorzugsweise wird wenigstens ein Aktuator des Lenksystems basierend auf dem geschätzten Wert der physikalischen Größe gesteuert. Der Aktuator wird folglich basierend auf einer bestmöglichen Schätzung des tatsächlichen Werts der physikalischen Größe gesteuert.
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Beispielsweise wird ein Elektromotor des Lenksystems basierend auf dem geschätzten Wert der physikalischen Größe gesteuert. Insbesondere handelt es sich bei dem Elektromotor um einen Hilfsmotor des Lenksystems, welcher dazu ausgebildet ist, ein Unterstützungsmoment zu erzeugen, um den Fahrer beim Lenken des Kraftfahrzeugs zu unterstützen.
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In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung wird das Messrauschen im mathematischen Modell als Gauß-Prozess modelliert. Das Messrauschen lässt sich hierbei über die Kenntnis des Prozessmittelwertes und die Prozessautokorrelation hinreichend genau beschreiben.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist das Messrauschen und die physikalische Größe im mathematischen Modell unkorreliert. Dies bedeutet, dass die Kreuzkorrelation zwischen der physikalischen Größe und des Messrauschens zu einem beliebigen Zeitpunkt gleich Null ist. Dadurch lässt sich das Messrauschen im mathematischen Modell von der physikalischen Größe entkoppeln.
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In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung wird das Messrauschen im mathematischen Modell als weißes Rauschen modelliert. Eine spektrale Leistungsdichte des Messrauschens ist also, zumindest im relevanten Frequenzbereich, im Wesentlichen konstant, insbesondere konstant. Ferner ist das Messrauschen zu einem Zeitpunkt unkorreliert mit dem Messrauschen zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung sieht vor, dass das Messrauschen im mathematischen Modell als zeitunabhängig oder eine bekannte zeitliche Abhängigkeit mit modelliert wird. Genauer gesagt sind im mathematischen Modell charakteristische statistische Größen des Messrauschens zeitlich konstant oder die zeitliche Abhängigkeit bekannt. Insbesondere sind der Mittelwert und/oder die Autokorrelation des Messrauschens zeitlich konstant oder die zeitliche Änderung dieser bekannt.
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Vorzugsweise werden die Filterparameter rekursiv bestimmt, insbesondere mittels einer rekursiven Methode der kleinsten Quadrate. Anders ausgedrückt werden die Filterparameter also nicht in jedem Datenerfassungsschritt mithilfe von gespeicherten Daten aus vorherigen Datenerfassungsschritten neu bestimmt, sondern vielmehr basierend auf den vorherigen Filterparametern und den neu erfassten Daten rekursiv bestimmt. Dadurch werden Rechenzeit und/oder -ressourcen eingespart.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung wird zur Ermittlung der Filterparameter die Messgröße nur in einem vordefinierten Zeitfenster berücksichtigt. Datenpunkte der Messgröße, die zu weit in der Vergangenheit liegen, werden also nicht mehr berücksichtigt. Die Filterparameter werden also adaptiv angepasst, wodurch einer ggf. vorhandenen Zeitvarianz der physikalischen Größe Rechnung getragen wird.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Steuergerät für ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs, wobei das Steuergerät dazu ausgebildet ist, ein oben beschriebenes Verfahren durchzuführen.
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Insbesondere handelt es sich bei der physikalischen Größe um ein Lenksäulenmoment und/oder bei der Messgröße um den Messwert eines Drehmomentsensors des Lenksystems.
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Hinsichtlich der Vorteile und Eigenschaften des Steuergeräts wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, welche ebenso für das Steuergerät gelten und umgekehrt.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs. Das Lenksystem weist einen Sensor auf, der dazu ausgebildet ist, eine Messgröße zu erfassen, welche Informationen über eine physikalische Größe umfasst. Ferner umfasst das Lenksystem ein oben beschriebenes Steuergerät.
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Insbesondere handelt es sich bei der physikalischen Größe um ein Lenksäulenmoment und/oder bei der Messgröße um den Messwert eines Drehmomentsensors des Lenksystems. Dementsprechend kann der Sensor als Drehmomentsensor ausgebildet sein.
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Hinsichtlich der Vorteile und Eigenschaften des Lenksystems wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, welche ebenso für das Lenksystem gelten und umgekehrt.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch ein Computerprogramm mit Programmcodemitteln, um die Schritte eines oben beschriebenen Verfahrens durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einem Computer oder einer entsprechenden Recheneinheit ausgeführt wird, insbesondere einer Recheneinheit eines oben beschriebenen Steuergeräts.
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Unter „Programmcodemitteln“ sind dabei und im Folgenden computerausführbare Instruktionen in Form von Programmcode und/oder Programmcodemodulen in kompilierter und/oder in unkompilierter Form zu verstehen, die in einer beliebigen Programmiersprache und/oder in Maschinensprache vorliegen können.
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Hinsichtlich der Vorteile und Eigenschaften des Computerprogramms wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, welche ebenso für das Computerprogramm gelten und umgekehrt.
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Die Aufgabe wird ferner erfindungsgemäß gelöst durch einen computerlesbaren Datenträger, auf dem ein oben beschriebenes Computerprogramm gespeichert ist.
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Hinsichtlich der Vorteile und Eigenschaften des computerlesbaren Datenträgers wird auf die obigen Erläuterungen bezüglich des Verfahrens verwiesen, welche ebenso für den computerlesbaren Datenträger gelten und umgekehrt.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den beigefügten Zeichnungen, auf die Bezug genommen wird. In diesen zeigen:
- 1 schematisch ein erfindungsgemäßes Lenksystem;
- 2 schematisch ein Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Verarbeitung eines Messsignals; und
- 3 eine Illustration der Funktionsweise eines erfindungsgemäßen Computerprogramms.
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In 1 ist schematisch ein Lenksystem 10 für ein Kraftfahrzeug gezeigt, wobei das Lenksystem 10 als elektromechanisch unterstütztes Lenksystem mit Lenksäulenunterstützung (englisch: „column drive EPS“) ausgeführt ist.
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Das Lenksystem 10 weist ein Lenkrad 12 auf, das über einen oberen Teil einer Lenksäule 14 und über eine Lenkzwischenwelle 16 mit einem Ritzel 18 verbunden ist. Das Ritzel 18 kämmt mit einer Zahnstange 20, sodass diese durch ein Drehmoment beaufschlagt wird, wenn der Fahrer das Lenkrad 12 dreht.
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An der Lenksäule 14 ist ein Drehmoment- und/oder Lenkwinkelsensor 22 angeordnet, der dazu ausgebildet ist, Lenkmomente und/oder einen Lenkwinkel zu messen. Insbesondere handelt es sich also um einen Lenkmoment- und Lenkwinkelsensor, welcher im Englischen auch als „torque and angle sensor (TAS)“ bezeichnet wird, und zusätzlich zum Lenkmoment einen Lenkwinkel bereitstellen kann.
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Ferner ist ein Elektromotor 24 vorgesehen, der über ein Getriebe 26 drehmomentübertragend mit der Lenkzwischenwelle 16 verbunden ist.
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Das Getriebe 26 ist in der 1 als Schneckengetriebe ausgebildet. Alternativ kann das Getriebe 26 jedoch als Stirnradgetriebe, als Kegelradgetriebe oder als eine beliebige andere geeignete Art von Getriebe ausgebildet sein.
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Über das Getriebe 26 wird in jedem Fall zumindest ein Drehmoment, das vom Elektromotor 24 bereitgestellt wird, zur Ausführung einer Lenkunterstützung auf die Lenkzwischenwelle 16 übertragen.
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Der Elektromotor 24 und der Drehmoment- und/oder Lenkwinkelsensor 22 sind jeweils mit einem Steuergerät 28 des Lenksystems 10 signalübertragend verbunden, das in 1 nur schematisch angedeutet ist.
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Allgemein ausgedrückt ist das Steuergerät 28 dazu ausgebildet, basierend auf Messdaten aus dem Lenksystem 10, insbesondere basierend auf Messdaten des Drehmoment- und/oder Lenkwinkelsensors 22, ein aufzubringendes Drehmoment zu ermitteln und entsprechende Steuerbefehle an den Elektromotor 24 zu übermitteln, sodass der Elektromotor 24 das aufzubringende Drehmoment bereitstellt.
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Es sei darauf hingewiesen, dass das oben beschriebene Lenksystem 10 mit Lenksäulenunterstützung lediglich ein zur Illustration dienendes Beispiel ist. Die folgenden Erläuterungen treffen, ggf. mit geringen Anpassungen, auch auf jede andere Art von Lenksystem zu, insbesondere auf Lenksysteme mit Ritzelantrieb (englisch: „single pinion drive EPS“), Lenksysteme mit Doppelritzel (englisch: „dual pinion drive EPS“), Lenksysteme mit konzentrischem Zahnstangenantrieb über eine Kugelumlaufmutter, Lenksysteme mit einem Riementrieb und sogenannte Steer-by-wire Lenksysteme, bei denen keine mechanische Wirkverbindung zwischen dem Lenkrad 12 und den Rädern des Kraftfahrzeugs besteht.
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Allgemein ausgedrückt ist allen verschiedenen Arten von Lenksystemen mit elektromechanischer Lenkunterstützung gemeinsam, dass das Steuergerät 28 ein durch den Fahrer am Lenkrad 12 aufgeprägtes Drehmoment erkennt und basierend darauf den Elektromotor 24 steuert, um ein bestimmtes Unterstützungsmoment zu erzeugen.
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Dabei werden typischerweise bestimmte Frequenzanteile im Messsignal verstärkt, um ein bestimmtes Lenkgefühl zu erzeugen. Dadurch werden jedoch auch gleichzeitig im Messsignal vorhandenes Messrauschen verstärkt, was beispielsweise zu ungewollter Geräuschbildung im Lenksystem 10 führen kann.
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Das Messrauschen ist frequenzabhängig und kann mittels des sogenannten Signal-Rausch-Verhältnisses (SRV) charakterisiert werden. Genauer gesagt lässt sich das Signal-Rausch-Verhältnis bei einer bestimmten Frequenz ω durch ein Verhältnis der spektralen Leistungsdichten der tatsächlichen physikalischen Größe P
phyVal(ω) und der spektralen Leistungsdichte der Störung P
noise(ω) charakterisieren, also durch
Um das Messrauschen zuverlässig über den gesamten relevanten Frequenzbereich zu reduzieren, ist das Steuergerät
28 dazu ausgebildet, die im Folgenden anhand der
2 und
3 erläuterten Verfahrensschritte durchzuführen.
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Genauer gesagt umfasst das Steuergerät 28 eine Recheneinheit 30 und einen Datenträger 32, wobei auf dem Datenträger 32 ein Computerprogramm gespeichert ist, das auf der Recheneinheit 30 ausgeführt wird und das Programmcodemittel umfasst, um das Lenksystem 10 dazu zu veranlassen, die Schritte des im Folgenden erläuterten Verfahrens durchzuführen.
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Zunächst wird ein Messsignal mittels des Drehmoment- und/oder Lenkwinkelsensors 22 erzeugt (Schritt S1). Das Messsignal enthält je nach Ausgestaltung des Drehmoment- und/oder Lenkwinkelsensors 22 Informationen über ein Drehmoment, das in der Lenksäule 14 wirkt, und/oder Informationen über einen Drehwinkel der Lenksäule 14.
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Das Messsignal wird zum Steuergerät 28 weitergeleitet und von diesem weiterverarbeitet. Basierend auf dem Messsignal wird vom Steuergerät eine Messgröße erfasst (Schritt S2).
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Im Folgenden wird als Beispiel der Fall erläutert, dass die Messgröße ein gemessenes, in der Lenksäule
14 wirkendes Drehmoment T
column,meas ist. Dementsprechend ist die zugrundeliegende physikalische Größe das tatsächliche in der Lenksäule
14 wirkende Drehmoment T
column. Das gemessene Drehmoment ist dabei eine Überlagerung aus dem tatsächlichen Drehmoment T
column und dem Messrauschen v
meas, es gilt also
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Die Messgröße Tcolumn,meas kann direkt vom Drehmomentsensor 22 gemessen werden. Zum Beispiel wird das in der Lenksäule 14 wirkende Drehmoment Tcolumn,meas aus einem Torsionswinkel eines Torsionsstabs der Lenksäule 14 bestimmt.
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Nun werden basierend auf dem gemessenen Drehmoment Tcolumn,meas und einem mathematischen Modell des Messrauschen vmeas Filterparameter p eines Filters ermittelt (Schritt S3).
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Bei dem Filter handelt es sich im nachfolgend beschriebenen Ausführungsbeispiel um einen Filter mit endlicher Impulsantwort.
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Denkbar wäre es jedoch auch, dass ein Filter mit unendlicher Impulsantwort verwendet wird.
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Dabei und im Folgenden werden vektorwertige Größen mit einem Unterstrich gekennzeichnet.
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Allgemein ausgedrückt wird beim Filtern des gemessenen Drehmoments Tcolumn,meas mittels des Filters ein geschätzter Wert T̃column der physikalischen Größe Tcolumn erhalten.
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Dementsprechend werden in Schritt S3 die Filterparameter p derart bestimmt, dass eine Abweichung zwischen dem geschätzten Wert T̃column und der physikalischen Größe Tcolumn möglichst gering ist, wie im Folgenden näher erläutert wird.
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Dem mathematischen Modell liegen zumindest eine, insbesondere alle der folgenden Annahmen zugrunde:
- i) Das Messrauschen kann hinreichend genau durch einen Gauß-Prozess beschrieben werden. Das heißt, dass die Kenntnis über den Prozessmittelwert und die Autokorrelationsfunktion des Prozesses ausreichen, um das Messrauschen zu charakterisieren.
- ii) Der tatsächliche Wert der physikalischen Größe Tcolumn und das Messrauschen vmeas sind unkorreliert, das heißt die Kreuzkorrelationsfunktion E{Tcolumn vmeas) ist gleich Null.
- iii) Charakteristische statistische Größen des Messrauschens sind zeitlich konstant oder deren zeitliche Abhängigkeit ist bekannt. Insbesondere ist der Mittelwert und/oder die Autokorrelationsfunktion des Messrauschens zeitlich konstant oder deren zeitliche Abhängigkeit bekannt.
- iv) Der tatsächliche Wert der physikalischen Größe Tcolumn ist zeitvariant, kann sich also mit der Zeit ändern. Insbesondere ist auch die spektrale Leistungsdichte der physikalischen Größe Tcolumn zeitvariant.
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In 3 ist die Funktionsweise des Computerprogramms, genauer gesagt die Ermittlung der Filterparameter näher illustriert. Wie dort zu erkennen ist, weist das Computerprogramm ein Filtermodul 34 und ein Updatemodul 36 auf.
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Das Updatemodul 36 erhält die Messgröße Tcolumn,meas und ermittelt basierend auf dem mathematischen Modell des Messrauschens vmeas, aktualisierte Filterparameter p für das Filtermodul 34.
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Das Filtermodul
34 besteht aus dem oben beschriebenem Filter mit der, von den n Parametern im Filterparametervektor p abhängigen Impulsantwort h
filt (
p), wobei n eine natürliche Zahl größer als Null ist. Die Zeitantwort y(t) zum Zeitpunkt t ≥ 0 des Filters auf die Anregung mit der Messgröße T
column,meas ist über die Faltung (bzw. Konvolution)
gegeben. Dies beschreibt die Filterung der Messgröße über das Filtermodul
34.
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Durch das Filtern der Messgröße Tcolumn,meas mit dem Filtermodul 34, genauer gesagt mit dem Filter, wird der geschätzte Wert T̃column der physikalischen Größe Tcolumn erhalten, wenn im Filtermodul 34 die aus dem Updatemodul 36 angepassten Filterparameter p verwendet werden. Dies bedeutet, dass hierfür die allgemeine Zeitantwort des Filters y(t) mit dem geschätzten Wert der physikalischen Größe T̃column übereinstimmt.
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Die Filterparameter p T = [p0, p1, ..., pn-1] des Filters werden in jedem Datenerfassungsschritt durch das Updatemodul 36 angepasst.
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Die Anpassung der Filterparameter
p erfolgt, indem ein Satz von Filterparametern
p ermittelt wird, welche das Gütefunktional
minimiert, das von einer Abweichung zwischen dem geschätzten Wert T̃
column und der physikalischen Größe T
column abhängt.
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Als Gütefunktional J wird die Varianz des Fehlers zwischen dem geschätzten Wert T̃column und der physikalischen Größe Tcolumn verwendet.
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Das Gütefunktional J kann als Funktion der Filterparameter p aufgefasst werden, es ist also J = J(p0, p1, ..., pn). Die Filterparameter p werden so bestimmt, dass das Gütefunktional J ein Minimum annimmt.
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Zu diesem Zweck wird die Gleichung
gelöst und liefert allgemein als Bedingung für das Minimum des Gütefunktionals J
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Eine Möglichkeit der Realisierung stellt die Verwendung eines Filters mit endlicher Impulsantwort dar. Die Zeitantwort des Filters zu einem beliebigen Abtastzeitpunkt t
k der Recheneinheit
30 lässt sich dann durch
angeben. Dabei ist der Vektor
T column,meas gegeben durch
mit t
k-m - t
k-m-1 = t
s und t
k-m := t
k - m · t
s, wobei t
s die Abtastzeit der Recheneinheit
30 darstellt und m eine natürliche Zahl größer gleich Null ist.
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Die Lösung der Gleichung
liefert bei Verwendung eines Filters mit endlicher Impulsantwort
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Der Satz von Filterparametern p, der diese Bedingung erfüllt, ist gegeben durch
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Die Filterparameter
p hängen noch vom tatsächlichen Wert T
column ab, welcher durch Messungen nicht bekannt ist. Wird davon ausgegangen, dass die physikalische Größe
T column und das Messrauschen v
meas unkorreliert sind, folgt für die Kreuzkorrelationsfunktion
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Die Autokorrelationfunktion E {vv} des Messrauschens ist hingegen aufgrund der Annahmen i), ii) und iii) bekannt, sodass der Satz von Filterparametern
p, welcher das Gütefunktional J minimiert, mit
bestimmt werden kann.
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Alternativ kann dies durch die Autokorrelationsmatrix RTT der Messgröße T
column,meas und die Autokorrelationen r
TT und r
vv der Messgröße T
column,meas bzw. des Rauschens v ausgedrückt werden, und zwar als
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Der erste Term
entspricht einer Lösung bei Abwesenheit von Rauschen, während der zweite Term
eine Anpassung der Lösung aufgrund von additivem Rauschen darstellt.
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Vorzugsweise werden die Filterparameter p nicht mit obiger Gleichung in jedem Zeitschritt aus zuvor gespeicherten Messsignaldaten erneut bestimmt. Vielmehr werden die Filterparameter entsprechend obiger Gleichung rekursiv berechnet, insbesondere mittels einer rekursiven Methode der kleinsten Quadrate. Dies bedeutet, dass ein neuer Satz an Filterparametern aus den im vorherigen Zeitschritt ermittelten Filterparametern und einem aktuellen Wert der Messgröße bestimmt wird.
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Optional kann in dem oben beschriebenen Verfahren die Messgröße nur innerhalb eines vordefinierten Zeitfensters berücksichtigt werden, sodass Datenpunkte der Messgröße, die zu weit in der Vergangenheit liegen, nicht mehr berücksichtigt werden. Der Filter wird also adaptiv angepasst, wodurch der Zeitvarianz der physikalischen Größe Rechnung getragen wird.
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Nachdem die Filterparameter mittels des oben beschriebenen Verfahrens angepasst wurden, wird das Messsignal mittels des Filters gefiltert, wodurch der geschätzte Wert Tcolumn mit der minimalen Abweichung vom tatsächlichen Wert Tcolumn erhalten wird (Schritt S4).
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Basierend auf dem geschätzten Wert Tcolumn wird wenigstens ein Aktuator des Lenksystems 10 gesteuert (Schritt S5). Insbesondere wird der Elektromotor 24 basierend auf dem geschätzten Wert Tcolumn gesteuert.
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Mittels des oben beschriebenen Verfahrens wird das Messrauschen über den gesamten relevanten Frequenzbereich hinweg zuverlässig reduziert, ohne das Lenkgefühl oder die Robustheits- und Stabilitätseigenschaften eines Regelkreises zu beeinträchtigen.