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Die Erfindung betrifft eine Steuervorrichtung für mindestens eine Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs. Ebenso betrifft die Erfindung ein Bremssystem für ein Fahrzeug. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Betreiben mindestens einer Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs.
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Stand der Technik
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Aus der
DE 10 2011 081 724 A1 ist ein Verfahren zur Steuerung einer Verzögerungsanordnung eines Kraftfahrzeugs bekannt, bei welchem eine Stellung eines Fahrpedals des Kraftfahrzeugs auf eine Rücknahme einer Betätigung des Fahrpedals durch einen Fahrer untersucht wird. Sofern eine Rücknahme der Betätigung durch den Fahrer festgestellt wird, wird ein als Generator zum Abbremsen des Kraftfahrzeugs einsetzbarer elektrischer Motor derart aktiviert, dass das Kraftfahrzeug mittels des elektrischen Motors abgebremst wird.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Erfindung schafft eine Steuervorrichtung für mindestens eine Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1, ein Bremssystem für ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 7 und ein Verfahren zum Betreiben mindestens einer Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 9.
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Vorteile der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung schafft Möglichkeiten zum frühzeitigen Verhindern einer Überbremsung eines Fahrzeugs/Kraftfahrzeugs während einer von einem Fahrer mittels einer Rücknahme seiner Betätigung einer Eingabevorrichtung Bremsung des Fahrzeugs/Kraftfahrzeugs. Die vorliegende Erfindung schafft damit Möglichkeiten zum frühzeitigen Verhindern einer Überbremsung eines Fahrzeugs/Kraftfahrzeugs selbst für einen Fahrzeugtyp/Kraftfahrzeugtyp, bei welchem die Funktionen des herkömmlichen Bremspedals von der Eingabevorrichtung übernommen sind, wobei der Fahrer mittels einer Rücknahme seiner Betätigung der Eingabevorrichtung ein Abbremsen des Fahrzeugs anfordern/auslösen kann. Die Vorteile der vorliegenden Erfindung können deshalb insbesondere auch für ein Bremspedal-loses Fahrzeug (One Pedal Driving Vehicle) genutzt werden. Die vorliegende Erfindung ist somit vielseitig nutzbar.
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Durch die mittels der vorliegenden Erfindung bewirkte frühzeitige Verhinderung einer Überbremsung des Fahrzeugs reduziert sich eine Häufigkeit von zum Aufheben von Überbremsungen auszuführenden ABS-Modulationen. Damit können Störgeräusche, wie beispielsweise Ventilgeräusche oder Pumpenlaufgeräusche, welche während einer ABS-Modulation häufig auftreten und für den Fahrer oft irritierend wirken, vermieden werden. Die vorliegende Erfindung verbessert auf diese Weise den Fahrkomfort für den Fahrer.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst die Steuervorrichtung eine Informationsauswerteeinrichtung, welche dazu ausgelegt ist, mindestens eine bereitgestellte Information bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators auszuwerten, und, gegebenenfalls, den mindestens einen Indikator an die Elektronikeinrichtung auszugeben. Die Steuervorrichtung kann somit aufgrund ihrer Ausstattung mit der Informationsauswerteeinrichtung dazu ausgelegt sein, das mögliche Vorliegen des mindestens einen Indikators selbst zu erkennen. Alternativ kann der mindestens eine Indikator, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, jedoch auch von mindestens einer steuervorrichtungsexternen Fahrzeugkomponente des Fahrzeugs an die Elektronikeinrichtung ausgebbar sein/ausgegeben werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Steuervorrichtung ist die Informationsauswerteeinrichtung dazu ausgelegt, als die mindestens eine bereitgestellte Information mindestens eine Umgebungsinformation, mindestens eine Klimainformation und/oder mindestens eine Wetterinformation bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators auszuwerten. Somit kann eine Vielzahl von in Hinblick auf ein mögliches Überbremsrisiko relevanten Daten mittels der Informationsauswerteeinrichtung auswertbar sein. Beispielsweise kann die Informationsauswerteeinrichtung dazu ausgelegt sein, als die mindestens eine Umgebungsinformation einen Fahrbahn-Reibwert einer von dem Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrbahn, eine Steigung der von dem Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrbahn und/oder einen Kurvenwinkel der von dem Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrbahn, als die mindestens eine Klimainformation eine Außentemperatur und/oder eine Luftfeuchtigkeit, und/oder als die mindestens eine Wetterinformation einen Scheibenwischerstatus, einen Wetterbericht und/oder eine von einem Kamera- und Bildauswertesystem des Fahrzeugs bereitgestellte Bildinformation bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators auszuwerten.
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Alternativ oder ergänzend kann die Informationsauswerteeinrichtung auch dazu ausgelegt sein, als die mindestens eine bereitgestellte Information mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe und/oder mindestens einen einen aktuellen Betrieb mindestens einer Fahrzeugkomponente des Fahrzeugs wiedergebenden Betriebsparameter bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators auszuwerten. Auch derartige Größen/Betriebsparameter sind in Hinblick auf ein mögliches Überbremsrisiko häufig relevant. Vorzugsweise ist die Informationsauswerteeinrichtung dazu ausgelegt, als die mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe eine aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit, einen aktuellen Lenkwinkel und/oder eine aktuelle Querbeschleunigung und/oder als den mindestens einen Betriebsparameter eine Reserve einer Anregelschwelle eines Antiblockiersystems des Fahrzeugs und/oder einen Reifenschlupf mindestens eines Rads des Fahrzeugs bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators auszuwerten.
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Die vorausgehend beschriebenen Vorteile sind auch bei einem Bremssystem für ein Fahrzeug mit einer derartigen Steuervorrichtung, der mindestens einen mittels der Steuervorrichtung ansteuerbaren Bremsvorrichtung und der Eingabevorrichtung gewährleistet. Die Eingabevorrichtung kann beispielsweise ein Gaspedal oder ein Fahrpedal sein.
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Des Weiteren schafft auch ein Ausführen eines korrespondierenden Verfahrens zum Betreiben mindestens einer Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs die vorausgehend beschriebenen Vorteile. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verfahren zum Betreiben mindestens einer Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs gemäß den oben erläuterten Ausführungsformen der Steuervorrichtung und/oder des Bremssystems weiterbildbar ist.
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Figurenliste
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Weitere Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend anhand der Figuren erläutert. Es zeigen:
- 1a und 1b ein Flussdiagramm und ein Koordinatensystem zum Erläutern einer Ausführungsform des Verfahrens zum Betreiben mindestens einer Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs; und
- 2 eine schematische Darstellung einer Ausführungsform der Steuervorrichtung, bzw. des damit ausgestatteten Bremssystems eines Fahrzeugs.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1a und 1b zeigen ein Flussdiagramm und ein Koordinatensystem zum Erläutern einer Ausführungsform des Verfahrens zum Betreiben mindestens einer Bremsvorrichtung eines Fahrzeugs.
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Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das im Weiteren beschriebene Verfahren in seiner Ausführbarkeit auf keinen speziellen Bremsvorrichtungstyp der mindestens einen betriebenen Bremsvorrichtung beschränkt ist. Stattdessen kann eine Vielzahl verschiedener Bremsvorrichtungen als einzige Bremsvorrichtung oder als eine von mehreren Bremsvorrichtungen mittels des hier beschriebenen Verfahrens betrieben werden. Als die mindestens eine Bremsvorrichtung können mindestens eine hydraulische Bremsvorrichtung, mindestens eine pneumatische Bremsvorrichtung, mindestens eine teilgeneratorische Bremsvorrichtung und/oder mindestens eine vollgeneratorische Bremsvorrichtung betrieben werden. Die mindestens eine Bremsvorrichtung kann beispielsweise ein Verbrennungsmotor, dessen Schleppmoment zum Abbremsen des Fahrzeugs nutzbar ist, ein in einem rekuperativen Betrieb zum Abbremsen des Fahrzeugs einsetzbarer Elektromotor, welcher vorzugsweise in seinem rekuperativen Betrieb zur Umwandlung von kinetischer Energie des Fahrzeugs in elektrische Energie verwendbar ist, ein einem Hauptbremszylinder vorgelagerter elektromechanischer Bremskraftverstärker, mindestens eine (hydraulische oder pneumatische) Pumpe eines (hydraulischen oder pneumatischen) Bremssystems und/oder eine motorisierte Kolben-Zylinder-Vorrichtung (ein Plunger) sein. Es wird auch darauf hingewiesen, dass eine Ausführbarkeit des im Weiteren beschriebenen Verfahrens auf keinen speziellen Fahrzeugtyp/Kraftfahrzeugtyp des mit der mindestens einen Bremsvorrichtung ausgestatteten Fahrzeugs/Kraftfahrzeugs limitiert ist. Das Fahrzeug/Kraftfahrzeug kann beispielsweise ein Elektrofahrzeug oder ein Hybridfahrzeug sein.
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In einem Verfahrensschritt S1 des Flussdiagramms der 1a wird anhand mindestens einer Betätigungsstärke-Größe bezüglich einer Betätigung einer Eingabevorrichtung durch einen Fahrer des Fahrzeugs ermittelt, ob eine Rücknahme der Betätigung durch den Fahrer festgestellt wird. Unter einer Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung des Fahrers wird insbesondere eine Reduzierung einer von dem Fahrer auf die Eingabevorrichtung ausgeübte Fahrerbremskraft oder Fahrerbetätigungskraft verstanden. Sofern die von dem Fahrer auf die Eingabevorrichtung ausgeübte Fahrerbremskraft oder Fahrerbetätigungskraft eine Verstellbewegung der Eingabevorrichtung aus einer Ausgangsstellung in eine andere Stellung auslöst, so ist eine Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung in Regel mit einer Zurückverstellbewegung der Eingabevorrichtung in Richtung zu der Ausgangsstellung oder in die Ausgangsstellung verbunden.
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Unter der Eingabevorrichtung ist vorzugsweise eine Vorrichtung zu verstehen, welche derart ausgelegt ist, dass eine Verzögerung des Fahrzeugs (ungleich Null) mittels einer Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung durch den Fahrer anforderbar ist. Die Eingabevorrichtung kann beispielsweise ein Gaspedal oder ein Fahrpedal sein. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass eine „Pedalform“ der Eingabevorrichtung nicht notwendig ist. Die Eingabevorrichtung kann z.B. auch eine Form eines Joysticks oder eine Form eines Druckknopfs aufweisen. Insbesondere kann die Eingabevorrichtung derart ausgelegt sein, dass mittels einer Steigerung der von dem Fahrer auf die Eingabevorrichtung ausgeübte Fahrerbremskraft oder Fahrerbetätigungskraft eine Steigerung einer Fahrzeuggeschwindigkeit des Fahrzeugs anforderbar ist. Die Eingabevorrichtung kann zusammen mit einem herkömmlichen Bremspedal an dem Fahrzeug verbaut sein. Alternativ kann die Eingabevorrichtung jedoch auch an einem Bremspedal-losen Fahrzeug eingesetzt sein.
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Die mindestens eine Betätigungsstärke-Größe kann insbesondere mindestens eine mittels eines Sensors, wie beispielsweise eines Gaspedalsensors oder eines Fahrpedalsensors, ermittelte Rücknahmegeschwindigkeit sein. Vorzugsweise wird eine Rücknahme der Betätigung durch den Fahrer immer dann festgestellt, sofern die mindestens eine ermittelte Rücknahmegeschwindigkeit einen vorgegebenen Schwellwert übersteigt.
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Sofern eine Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung durch den Fahrer festgestellt wird, wird entweder ein Verfahrensschritt S2 oder ein Verfahrensschritt S3 ausgeführt. Sowohl in dem Verfahrensschritt S2 als auch in dem Verfahrensschritt S3 wird die mindestens eine Bremsvorrichtung zumindest unter Berücksichtigung der mindestens einen Betätigungsstärke-Größe derart angesteuert, dass das Fahrzeug mittels der mindestens einen Bremsvorrichtung abgebremst wird. Unter dem Abbremsen des Fahrzeugs mittels der mindestens einen Bremsvorrichtung kann sowohl ein Verlangsamen des Fahrzeugs als auch ein In-den-Stillstand-bringen des Fahrzeugs verstanden werden.
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Sofern kein Indikator, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, vorliegt, wird (anstelle des Verfahrensschritts S3) der Verfahrensschritt S2 ausgeführt. In dem Verfahrensschritt S2 wird zumindest unter Berücksichtigung der mindestens einen Betätigungsstärke-Größe für die mindestens eine Bremsvorrichtung jeweils eine erste Soll-Funktionsgröße festgelegt. Wahlweise kann beim Festlegen der jeweiligen ersten Soll-Funktionsgröße für die mindestens eine Bremsvorrichtung auch mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe, wie beispielsweise die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit, mitberücksichtigt werden. Anschließend wird die mindestens eine Bremsvorrichtung so angesteuert, dass mittels der jeweils angesteuerten Bremsvorrichtung zumindest ein der ersten Soll-Funktionsgröße entsprechendes erstes Bremsmoment des Fahrzeugs bewirkt wird. Das Fahrzeug wird somit zumindest mittels des jeweiligen ersten Bremsmoments der mindestens einen Bremsvorrichtung abgebremst. Sofern mindestens zwei Bremsvorrichtungen mittels des hier beschriebenen Verfahrens betrieben werden, wird das Fahrzeug zumindest mit einem ersten Gesamt-Bremsmoment gleich einer Summe der ersten Bremsmomente der mindestens zwei Bremsvorrichtungen abgebremst. Auf diese Weise kann das Fahrzeug schnell in seinen Stillstand gebracht werden.
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Sofern mindestens ein Indikator, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, vorliegt, wird (anstelle des Verfahrensschritts S2) der Verfahrensschritt S3 ausgeführt. In dem Verfahrensschritt S3 wird zumindest unter Berücksichtigung der mindestens einen Betätigungsstärke-Größe und des mindestens einen Indikators für die mindestens eine Bremsvorrichtung jeweils eine zweite Soll-Funktionsgröße festgelegt. Auch beim Festlegen der jeweiligen ersten Soll-Funktionsgröße für die mindestens eine Bremsvorrichtung kann mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe, wie beispielsweise die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit, mitberücksichtigt werden. Daraufhin wird die mindestens eine Bremsvorrichtung so angesteuert, dass mittels der jeweils angesteuerten Bremsvorrichtung höchstens ein der zweiten Soll-Funktionsgröße entsprechendes zweites Bremsmoment des Fahrzeugs kleiner als das erste Bremsmoment bewirkt wird. Selbst wenn mindestens zwei Bremsvorrichtungen mittels des hier beschriebenen Verfahrens betrieben werden, wird das Fahrzeug höchstens mit einem zweiten Gesamt-Bremsmoment gleich einer Summe der zweiten Bremsmomente der mindestens zwei Bremsvorrichtungen abgebremst, wobei das zweite Gesamt-Bremsmoment kleiner als das erste Gesamt-Bremsmoment ist. Das Fahrzeug wird somit bei einem Ausführen des Verfahrensschritts S3 weniger stark abgebremst als bei einem Ausführen des Verfahrensschritts S2. Das hier beschriebene Verfahren reagiert somit auf das Vorliegen des mindestens einen Indikators vorteilhaft, indem mittels eines weniger starken Abbremsens des Fahrzeugs ein Überbremsen des Fahrzeugs verhindert wird. Auf diese Weise kann ein Notwendigwerden einer ABS-Modulation (Antiblockier-Modulationen) auch während einer mittels einer Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung von dem Fahrer angeforderten Bremsung frühzeitig verhindert werden. Der Fahrer muss deshalb seltener während der von ihm mittels der Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung angeforderten Bremsungen auf ABS-Modulationen zurückzuführende Störgeräusche in Kauf nehmen. Dies erhöht einen Fahrkomfort für den Fahrer.
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Vorzugsweise wird in einem Verfahrensschritt S4 mindestens eine Information bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, ausgewertet. Als die mindestens eine Information können beispielsweise mindestens eine Umgebungsinformation, mindestens eine Klimainformation, mindestens eine Wetterinformation, mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe und/oder mindestens ein einen aktuellen Betrieb mindestens einer Fahrzeugkomponente wiedergebender Parameter ausgewertet werden. Unter der mindestens einen Umgebungsinformation, der mindestens einen Klimainformation und/oder der mindestens einen Wetterinformation kann auch mindestens eine (vorzugsweise zum aktuellen Zeitpunkt) vorherrschende Umweltbedingung verstanden werden.
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Als die mindestens eine Umgebungsinformation können insbesondere ein Fahrbahn-Reibwert einer von dem Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrbahn, eine Steigung der von dem Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrbahn und/oder ein Kurvenwinkel der von dem Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrbahn verstanden werden. Derartige fahrzeugexterne Größen zeigen verlässlich an, ob beispielsweise aufgrund einer zu glatten Fahrbahn, einer steil abfallenden Fahrbahn oder aufgrund einer aktuellen (langsamen) Kurvenfahrt ein Überbremsen zu befürchten ist. Die hier genannten fahrzeugexternen Größen, aber auch mindestens eine andere Umgebungsinformation, können beispielsweise in einem Teilschritt S4a des Verfahrensschritts S4 mittels mindestens eines Sensors festgelegt werden. Ebenso können die hier genannten fahrzeugexternen Größen, bzw. mindestens eine andere Umgebungsinformation, in einem Teilschritt S4b des Verfahrensschritts S4 von einer fahrzeuginternen Speichereinheit, bzw. einer auf der Speichereinheit abgespeicherten und entsprechende Werte wiedergebenden Karte, abgefragt werden. Alternativ können die hier genannten fahrzeugexternen Größen, bzw. mindestens eine andere Umgebungsinformation, auch als Teilschritt S4c des Verfahrensschritts S4 über eine fahrzeugeigene Sende- und Empfangsvorrichtung von einem fahrzeugexternen Datenanbieter abgefragt werden. Insbesondere kann als Teilschritt S4c auch eine Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation zum Abfragen der hier genannten fahrzeugexternen Größen, bzw. mindestens einer anderen Umgebungsinformation, genutzt werden.
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Vorzugsweise werden eine Außentemperatur und/oder eine Luftfeuchtigkeit als die mindestens eine Klimainformation bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators in dem Verfahrensschritt S4 ausgewertet. Die mindestens eine Klimainformation kann wahlweise mittels eines Ausführens des Teilschritts S4a von einem fahrzeugeigenen Sensor, wie beispielsweise einem Temperatursensor und/oder einem Luftfeuchtigkeitssensor, gemessen und/oder mittels eines Ausführens des Teilschritts S4c von einem fahrzeugexternen Datenanbieter (auch über eine Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation) abgefragt werden.
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Als die mindestens eine Wetterinformation kann z.B. ein Scheibenwischerstatus abgefragt und ausgewertet werden. Insbesondere kann als Wetterinformation mittels eines Ausführens des Teilschritts S4c ein Wetterbericht von einem fahrzeugexternen Datenanbieter (wie z.B. einer Wetterzentrale) abgefragt und anschließend ausgewertet werden. Ebenso kann eine von einem Kamera- und Bildauswertesystem des Fahrzeugs bereitgestellte Bildinformation bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators ausgewertet werden. Durch Auswerten mindestens eines mittels einer Kamera des Kamera- und Bildauswertesystems (als Teilschritt S4a) aufgenommenen Bilds können beispielsweise ein Schneefall, ein Regenfall oder trockene Wetterbedingungen verlässlich erkannt werden.
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Ergänzend oder als Alternative können als die mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe z.B. eine aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit, ein aktueller Lenkwinkel und/oder eine aktuelle Querbeschleunigung ausgewertet werden. Derartige fahrzeuginterne Größen werden in der Regel während der Fahrt des Fahrzeugs fortlaufend ermittelt und können somit jederzeit zum Ausführen des Verfahrensschritts S4 bereitgestellt werden. Des Weiteren können als der mindestens eine Betriebsparameter insbesondere eine Reserve einer Anregelschwelle eines Antiblockiersystems des Fahrzeugs und/oder ein Reifenschlupf mindestens eines Rads des Fahrzeugs ausgewertet werden. Auch anhand derartiger fahrzeuginterner Größen, bzw. mindestens einer anderen die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebenden Größe und/oder mindestens eines weiteren einen aktuellen Betrieb mindestens einer Fahrzeugkomponente wiedergebender Parameters, kann ein Vorliegen mindestens eines Indikators, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, frühzeitig und verlässlich erkannt werden.
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Durch das Ausführen des Verfahrensschritts S4 kann verlässlich festgestellt werden, ob mindestens ein Indikator, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, vorliegt. Durch eine anschließende Auswahl eines der Verfahrensschritte S2 oder S3 kann sichergestellt werden, dass die vom Fahrer angeforderte Verzögerung seines Fahrzeugs so stark wie vorteilhaft ausgeführt wird und dennoch ein Überbremsen des Fahrzeugs nicht zu befürchten ist.
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Wahlweise kann der Verfahrensschritt S4 bereits vor einem Ausführen der Verfahrensschritte S1 bis S3 ausgeführt werden. Somit kann bereits vor einem Ausführen der nächsten vom Fahrer mittels seiner Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung angeforderten Bremsung festgelegt werden, ob mindestens eine später vom Fahrer angeforderte Bremsung mittels des Verfahrensschritts S2 oder mittels des Verfahrensschritts S3 ausgeführt wird. In diesem Fall wird der Verfahrensschritt S4 wahlweise nach Ausführen genau einer Bremsung, nach einem Ausführen einer vorgegebenen Anzahl von Bremsungen (ungleich „eins“), nach Abwarten eines bestimmten Zeitintervalls oder nach einem Zurücklegen einer vorgegebenen Wegstrecke wiederholt.
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Der Verfahrensschritt S4 kann jedoch auch während einer von dem Fahrer mittels der Rücknahme seiner Betätigung der Eingabevorrichtung angeforderten Bremsung ausgeführt werden. Beispielsweise kann der Verfahrensschritt S4 zwischen dem Verfahrensschritt S1 und einem der Verfahrensschritte S2 oder S3 ausgeführt werden. Ebenso ist es möglich, den Verfahrensschritt S4 auch während eines Ausführens eines der Verfahrensschritte S2 oder S3 auszuführen. Dies ist in 1b schematisch dargestellt.
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In dem Koordinatensystem der 1b gibt die Abszisse die Fahrzeuggeschwindigkeit vvehicle des Fahrzeugs wieder, während mittels der Ordinate des Koordinatensystems der 1b ein (beispielhaft mittels einer Schleppmomentanforderung) bewirktes Bremsmoment Mbrake angezeigt ist. Bei einer Fahrzeuggeschwindigkeit vvehicle = vinitial fordert der Fahrer mittels einer Rücknahme seiner Betätigung der Eingabevorrichtung eine Verzögerung seines Fahrzeugs an. Dies wird durch Ausführen des Verfahrensschritts S1 erkannt. Da zu diesem Zeitpunkt der Verfahrensschritt S4 noch auszuführen ist, wird der Fahrerbremswunsch zuerst mittels eines Ausführens des Verfahrensschritts S2 befolgt, wozu ein Bremsmoment Mbrake gleich einem ersten Bremsmoment M1 bewirkt wird. Auf diese Weise wird die Fahrzeuggeschwindigkeit Vvehicle fortlaufend reduziert.
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Bei einer Fahrzeuggeschwindigkeit Vvehicle = vchange wird erkannt, dass mindestens ein Indikator vorliegt, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt. Deshalb wird zum Zeitpunkt der Fahrzeuggeschwindigkeit Vvehicle = vchange von einem Ausführen des Verfahrensschritts S2 zu einem Ausführen des Verfahrensschritts S3 gewechselt. Dies bewirkt auch eine Neueinstellung des bewirkten Bremsmoments Mbrake auf ein zweites Bremsmoment M2 unter dem ersten Bremsmoment M1 . Die Neueinstellung kann wahlweise sprunghaft (Pfeil P1) oder über eine Rampe (Pfeil P2) erfolgen. Ein erneutes Ausführen des Verfahrensschritts S4 kann evtl. noch während der gleichen Bremsung erfolgen.
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2 zeigt eine schematische Darstellung einer Ausführungsform der Steuervorrichtung, bzw. des damit ausgestatteten Bremssystems eines Fahrzeugs.
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Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Verwendbarkeit der Steuervorrichtung 10 weder auf einen bestimmten Bremssystemtyp des Bremssystems, noch auf einen speziellen Fahrzeugtyp/Kraftfahrzeugtyp des mit dem Bremssystem ausgestatteten Fahrzeugs/Kraftfahrzeugs limitiert ist.
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Voraussetzungen für eine Verwendbarkeit der Steuervorrichtung 10 an und/oder in einem Bremssystem sind lediglich, dass das Bremssystem zumindest mindestens eine mittels der Steuervorrichtung 10 ansteuerbare Bremsvorrichtung 12 und eine Eingabevorrichtung 14 aufweist. Die mindestens eine Bremsvorrichtung 12 kann wahlweise mindestens eine hydraulische Bremsvorrichtung, mindestens eine pneumatische Bremsvorrichtung, mindestens eine teilgeneratorische Bremsvorrichtung und/oder mindestens eine vollgeneratorische Bremsvorrichtung sein. Beispiele für die mindestens eine mittels mindestens eines Steuersignals 16 jeweils ansteuerbare Bremsvorrichtung 12 sind oben schon genannt. Die Eingabevorrichtung 14 ist vorzugsweise derart ausgelegt ist, dass eine Verzögerung des Fahrzeugs (ungleich Null) mittels einer Rücknahme der Betätigung der Eingabevorrichtung 14 durch den Fahrer anforderbar ist. Die Eingabevorrichtung 14 kann beispielsweise ein Gaspedal oder ein Fahrpedal sein, ist jedoch nicht auf eine derartige Ausbildung beschränkt.
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Die Steuervorrichtung 10 weist eine Elektronikeinrichtung 18 auf, an welche mindestens ein Betätigungsstärke-Signal 20 bezüglich einer Betätigung einer Eingabevorrichtung durch einen Fahrer des Fahrzeugs (z.B. von mindestens einem Sensor 22) bereitstellbar ist. Die Elektronikeinrichtung 18 ist dazu ausgelegt, anhand des mindestens einen Betätigungsstärke-Signals 18 eine Rücknahme der Betätigung durch den Fahrer festzustellen. Sofern eine Rücknahme der Betätigung feststellbar ist/festgestellt wird, ist die Elektronikeinrichtung 18 zumindest in ihrem Normalmodus dazu ausgelegt, zumindest unter Berücksichtigung des mindestens einen Betätigungsstärke-Signals 18 für die mindestens eine Bremsvorrichtung 12 jeweils eine erste Soll-Funktionsgröße derart festzulegen, dass mittels der jeweils von der Elektronikeinrichtung 18 angesteuerten Bremsvorrichtung 12 zumindest ein der ersten Soll-Funktionsgröße entsprechendes erstes Bremsmoment des Fahrzeugs bewirkbar ist/bewirkt wird.
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Außerdem ist mindestens ein Indikator 24, welcher ein Überbremsrisiko für das Fahrzeug anzeigt, an die Elektronikeinrichtung 18 ausgebbar ist, wobei die Elektronikeinrichtung 18 mittels des mindestens einen ausgegebenen Indikators 24 aus ihrem Normalmodus in zumindest einen Sondermodus steuerbar ist/gesteuert wird. Die Elektronikeinrichtung 18 ist in ihrem zumindest einen Sondermodus dazu ausgelegt, sofern eine Rücknahme der Betätigung feststellbar ist, zumindest unter Berücksichtigung des mindestens einen Betätigungsstärke-Signals 20 und des mindestens einen Indikators 24 für die mindestens eine Bremsvorrichtung 12 jeweils eine zweite Soll-Funktionsgröße derart festzulegen, dass mittels der jeweils von der Elektronikeinrichtung 18 angesteuerten Bremsvorrichtung 12 höchstens ein der zweiten Soll-Funktionsgröße entsprechendes zweites Bremsmoment des Fahrzeugs kleiner als das erste Bremsmoment bewirkbar ist/bewirkt wird. Damit bewirkt auch die Steuervorrichtung 10 die oben beschriebenen Vorteile.
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Vorzugsweise umfasst die Steuervorrichtung 10 auch eine Informationsauswerteeinrichtung 26, welche dazu ausgelegt ist, mindestens eine bereitgestellte Information 28 bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators 24 auszuwerten, und, gegebenenfalls, den mindestens einen Indikator 24 an die Elektronikeinrichtung 18 auszugeben. Die Informationsauswerteeinrichtung 26 kann insbesondere dazu ausgelegt sein, als die mindestens eine bereitgestellte Information 28 mindestens eine Umgebungsinformation, mindestens eine Klimainformation, mindestens eine Wetterinformation, mindestens eine die aktuelle Fahrt des Fahrzeugs wiedergebende Größe und/oder mindestens einen einen aktuellen Betrieb mindestens einer Fahrzeugkomponente des Fahrzeugs wiedergebenden Betriebsparameter bezüglich eines möglichen Vorliegens des mindestens einen Indikators 24 auszuwerten. Beispiele für die hier aufgezählten Typen von Informationen 28 sind oben schon erläutert.
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Die Steuervorrichtung 10 kann zum Ausführen der oben beschriebenen Verfahrensschritte ausgelegt sein, dazu kann die Steuervorrichtung 10/ihre Informationsauswerteeinrichtung 26 auch mit mindestens einem Sensor zum Messen der mindestens einen Information 28, eine fahrzeuginternen Speichereinheit (evtl. einer Speichereinheit der Steuervorrichtung 10) und/oder einer fahrzeugeigene Sende- und Empfangsvorrichtung (evtl. einer Sende- und Empfangsvorrichtung der Steuervorrichtung 10) zusammenwirken. Auf eine bildliche Darstellung dieser Komponenten in 2 ist jedoch verzichtet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011081724 A1 [0002]