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TECHNISCHES GEBIET
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Die Anmeldung betrifft im Allgemeinen Leistungselektronik und im Besonderen das Minimieren des Klingelns bei Leistungshalbleitervorrichtungen.
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HINTERGRUND
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Die Materialeigenschaften von Halbleitern mit großem Bandabstand (WBG-Halbleiter) wie zum Beispiel Siliciumcarbid (SiC) oder Galliumnitrid (GaN) gestatten einen Betrieb bei viel höheren Spannungen, Frequenzen und Temperaturen als herkömmliche Halbleiter einschließlich jener, die aus Silicium (Si) oder Galliumarsenid (GaAs) hergestellt sind. Diese Merkmale können kleinere und energieeffizientere Schaltungen zur Folge haben. Seit Kurzem werden WBG-Halbleitervorrichtungen zunehmend in Hochleistungsanwendungen wie Schalten mit hoher Geschwindigkeit für Leistungsmodule und in Lademodulen für Hybrid- und vollelektrische Fahrzeuge verwendet.
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Eine Herausforderung, die bei den meisten Anwendungen von WBG-Vorrichtungen einschließlich Anwendungen mit hart schaltenden Strom- oder Wechselrichtern auftritt, ist das Vorkommen eines Klingelns bei hoher Frequenz (d. h. über 30 Megahertz (MHz)) oder von Schwingungen während des Schaltens. Dieses Klingeln bei hohen Frequenzen induziert Rauschen durch elektromagnetische Störungen (EMI) an die umgebende Schaltung (wie zum Beispiel Steuerleitungen und Messleitungen) sowie sonstige Subsystemkomponenten, was eine Auswirkung auf die Leistung des Systems insgesamt bewirkt. Das Klingeln wird primär durch hohe Spannungs(dv/dt)- und Stromstärke(di/dt)-Schwankungen verursacht, die von der WBG-Vorrichtung während des Schaltens induziert werden und eine parasitäre Induktivität (L) und Kapazität (C) in der Schaltung hervorrufen, wodurch ein Schwingen der Vorrichtung während des Umschaltens bewirkt wird.
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Bestehende Lösungen zum Minimieren der parasitären Induktivität in WBG-Vorrichtungen beinhalten eine Verbesserung eines Einbaus der Vorrichtungen, zum Beispiel durch Verringern der Streuinduktivität, die sich aus dem Einbau ergibt. Das Erzielen dieser Lösung kann jedoch teuer und schwierig sein, insbesondere bei Leistungsmodulen, die für mehr als 300 Ampere (A) eingestuft und für eine Verwendung in Hybrid- und Elektrofahrzeugen ausgelegt sind. Darüber hinaus beseitigt eine Verringerung der Streuinduktivität des Einbaus nicht das Klingeln, das während des Umschaltens auftritt. Eine weitere bestehende Lösung versucht, das Klingeln durch Hinzufügen äußerer passiver Komponenten wie zum Beispiel R/C (Snubber-Schaltungen) zu minimieren, um die Klingelenergie aufzunehmen. Diese Lösung erfordert jedoch die Verwendung zusätzlicher Komponenten, steigert Kosten und Größe des Einbaus und verringert die Zuverlässigkeit während des Betriebs bei hohen Temperaturen. Darüber hinaus verringert das Einbringen zusätzlicher Widerstände und sonstiger äußerer passiver Komponenten die dv/dt-, di/dt-Geschwindigkeiten der Vorrichtung, was wiederum den Umschaltverlust der Vorrichtung stark erhöht. Ein weiterer Nachteil dieser und anderer, ähnlicher bestehender Lösungen besteht darin, dass sie äußere Modifikationen an der WBG-Vorrichtung erfordern, die nicht gesteuert oder eingestellt werden können, um das Ausmaß des Klingelns zu manipulieren.
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Dementsprechend besteht auf dem Fachgebiet weiterhin ein Bedarf an Techniken zum Minimieren von Klingeln oder Schwingungen in Vorrichtungen mit großem Bandabstand während des Schaltens mit hoher Geschwindigkeit.
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KURZDARSTELLUNG
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Die Erfindung soll die vorstehend genannten und sonstige Probleme lösen, indem Gate-Modulationstechniken bereitgestellt werden, die dazu ausgelegt sind, einen Zeitraum eines Betriebsüberlappens herzustellen, während zwischen einer ersten und einer zweiten Halbleitervorrichtung umgeschaltet wird, wobei der Zeitraum des Überlappens das Klingeln minimiert, das typischerweise während des Schaltens auftritt, indem die konzentrierte Streukapazität verringert und der konzentrierte Schleifenwiderstand in der Schaltung erhöht wird. Darüber hinaus verwenden die hier beschriebenen Techniken innere Eigenschaften der Halbleitervorrichtungen, um das Klingeln zu steuern, und erfordern deshalb keine zusätzliche Hardware und können wie für eine konkrete praktische Anwendung benötigt eingestellt (z. B. aktiviert oder deaktiviert) werden.
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Beispielsweise beinhaltet eine Ausführungsform eine Stromrichterschaltung, die einen ersten und einen zweiten Halbleiterschalter umfasst, und eine Treiberschaltung, die dazu ausgelegt ist, während des Einschalt- und Ausschaltbetriebs des zweiten Schalters einen Zeitraum eines Betriebsüberlappens für den ersten und den zweiten Schalter zu erzeugen, indem eine Gate-Spannung des ersten Schalters auf einen Zwischenwert über einem Schwellenwert für die Spannung des ersten Schalters eingestellt wird.
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Ein anderes Ausführungsbeispiel beinhaltet ein Verfahren zum Betreiben einer ersten und einer zweiten Halbleitervorrichtung, das Folgendes umfasst: Reduzieren einer Gate-Spannung der ersten Vorrichtung auf einen Zwischenwert über einem Schwellenwert für die Spannung, während die zweite Vorrichtung ausgeschaltet ist; Ausschalten der ersten Vorrichtung, nachdem die zweite Vorrichtung eingeschaltet wurde; Erhöhen der Gate-Spannung der ersten Vorrichtung auf den Zwischenwert, während die zweite Vorrichtung eingeschaltet ist; und vollständiges Einschalten der ersten Vorrichtung, nachdem die zweite Vorrichtung ausgeschaltet wurde.
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Es versteht sich, dass diese Offenbarung durch die beigefügten Patentansprüche definiert ist. Die Beschreibung fasst Aspekte der Ausführungsformen zusammen und darf nicht zur Einschränkung der Patentansprüche verwendet werden. Andere Umsetzungen werden gemäß den hier beschriebenen Techniken in Betracht gezogen, wie dem Durchschnittsfachmann bei der Durchsicht der folgenden Zeichnungen und ausführlichen Beschreibung ersichtlich wird, und derartige Umsetzungen sollen innerhalb des Umfangs dieser Anmeldung liegen.
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Figurenliste
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Zum besseren Verständnis der Erfindung kann auf Ausführungsformen Bezug genommen werden, die in den folgenden Zeichnungen dargestellt sind. Die Komponenten in den Zeichnungen sind nicht zwingend maßstabsgetreu und zugehörige Elemente können weggelassen sein oder in einigen Fällen können Proportionen vergrößert dargestellt sein, um die hier beschriebenen neuartigen Merkmale hervorzuheben und eindeutig zu veranschaulichen. Des Weiteren können Systemkomponenten, wie im Stand der Technik bekannt, verschiedenartig angeordnet sein. Ferner sind in den Zeichnungen entsprechende Teile in den verschiedenen Ansichten durch gleiche Bezugszeichen gekennzeichnet.
- 1 ist ein Schaltplan, der eine beispielhafte Ausgestaltung einer Stromrichterschaltung veranschaulicht, die die Anwendung bestimmter Ausführungsformen umsetzen kann.
- 2 ist ein Zeitdiagramm, das Spannungswellenformen während des herkömmlichen Betriebs einer Stromrichterschaltung veranschaulicht.
- 3 ist ein Zeitdiagramm, das beispielhafte Spannungswellenformen während der Anwendung einer Gate-Modulationstechnik auf die in 1 dargestellte Stromrichterschaltung gemäß bestimmten Ausführungsformen veranschaulicht.
- 4 ist ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zum Betreiben einer ersten und einer zweiten Halbleitervorrichtung gemäß bestimmten Ausführungsformen.
- 5 ist ein Diagramm, das Schwingungen, die mit dem in 2 dargestellten herkömmlichen Schaltbetrieb in Verbindung stehen, mit Schwingungen vergleicht, die mit der in 3 dargestellten Gate-Modulationstechnik in Verbindung stehen.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG BEISPIELHAFTER AUSFÜHRUNGSFORMEN
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Obwohl die Erfindung in verschiedenen Formen ausgeführt sein kann, werden in den Zeichnungen einige beispielhafte und nicht einschränkende Ausführungsformen gezeigt und nachfolgend in der vorliegenden Schrift beschrieben, wobei es sich versteht, dass die vorliegende Offenbarung als eine Erläuterung der Erfindung anhand von Beispielen anzusehen ist und damit nicht beabsichtigt wird, die Erfindung auf die konkreten veranschaulichten Ausführungsformen zu beschränken.
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In dieser Anmeldung soll die Verwendung der Disjunktion die Konjunktion einschließen. Die Verwendung von bestimmten oder unbestimmten Artikeln soll keine Kardinalität anzeigen. Insbesondere soll ein Verweis auf „den“ Gegenstand oder „einen“ Gegenstand auch einen aus einer möglichen Vielzahl derartiger Gegenstände bezeichnen.
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1 veranschaulicht eine beispielhafte Stromrichterschaltung 100, auf die die hier beschriebenen Ausführungsformen angewendet werden können. Die Stromrichterschaltung 100 stellt zumindest einen Teil eines Stromrichters zum Umwandeln von DC-Eingangsspannung in DC-Ausgangsspannung oder eines Wechselrichters zum Umwandeln von DC-Eingangsspannung in AC-Ausgangsspannung dar. In einigen Fällen bildet die Stromrichterschaltung 100 einen Teil eines Leistungsmoduls, das beispielsweise in einem Elektrofahrzeug, Hybridelektrofahrzeug (HEV), Plug-in-Elektrofahrzeug (PHEV) oder Batterieelektrofahrzeug (BEV) enthalten sein kann. Die Stromrichterschaltung 100 kann auf einer einzelnen integrierten Schaltung (IC) enthalten sein oder zwei oder mehr IC oder Module umfassen, die elektrisch miteinander gekoppelt sind.
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Wie in 1 dargestellt weist die Stromrichterschaltung 100 eine Leistungshalbleitervorrichtung 102, oder einen oberen Schalter Q1, und eine Leistungshalbleiterschaltung 104, oder einen unteren Schalter Q2, auf, die in Reihe angeschlossen sind. In der veranschaulichten Ausführungsform handelt es sich bei den Halbleitervorrichtungen 102 und 104 (hier auch als „Transistoren Q1 und Q2“ bezeichnet) um n-leitende Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekt-Transistoren (MOSFETs). In anderen Ausführungsform kann es sich bei den Halbleitervorrichtungen 102 und 104 um sonstige Arten von Halbleitervorrichtungen handeln, die für Stromschaltanwendungen bei hoher Frequenz geeignet sind (wie zum Beispiel IGBT). Wie in der Darstellung ist die Halbleitervorrichtung 102 parallel mit einer Leistungsdiode 106 verbunden und die Halbleitervorrichtung 104 parallel mit einer Leistungsdiode 108 verbunden. Bei den Leistungsdioden 106 und 108 kann es sich um jede geeignete Art Halbleiterdiode wie zum Beispiel eine PIN-Diode, eine antiparallele Diode oder eine Shottky-Diode handeln. Wie in der Darstellung bilden der Halbleiterschalter 102 und die Leistungsdiode 106 einen oberen Arm der Stromrichterschaltung 100, während der Halbleiterschalter 104 und die Leistungsdiode 108 einen unteren Arm der Schaltung 100 bilden. In einigen Fällen kann die Stromrichterschaltung 100 derart ausgelegt sein, dass der obere Schalter Q1 als passive Vorrichtung betrieben wird, während die untere Schaltung Q2 als aktive Vorrichtung betrieben wird.
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Die Halbleitervorrichtungen 102 und 104 und/oder die Dioden 106 und 108 können aus einem Halbleitermaterial mit großem Bandabstand (WBG) wie z. B. Siliciumcarbid (SiC), Galliumnitrid (GaN) usw. hergestellt sein. In einer bevorzugten Ausführungsform ist jede der Leistungsschaltungen 102 und 104 und der Leistungsdioden 106 und 108 aus SiC hergestellt, um einen Betrieb der Schaltung 100 bei höheren Schaltfrequenzen zu ermöglichen. Die schnelleren Anstiegs- und Abfallzeiten, die durch Koppeln von SiC-Schaltungen mit SiC-Dioden erzielt werden, rufen Schwingungen oder Klingeln sowohl während des Einschalt- als auch des Ausschaltbetriebs hervor, insbesondere wenn ein hart schaltendes Verhalten verwendet wird, und kann zu Übersprechen und Signalverzerrung führen.
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Es versteht sich, dass in der Schaltung 100 (auch als „Leistungsschleife“ bezeichnet) unvermeidlich verschiedene parasitäre Komponenten vorhanden sind. In 1 sind diese parasitären Komponenten als konzentrierter Schleifenwiderstand, der mit Leitern in der Leistungsschleife in Verbindung steht, als konzentrierte Schleifeninduktivität, die mit dem Verdrahten oder Einbauen der Leistungsschleife in Verbindung steht, und als konzentrierte Streukapazitäten Q1 und Q2 dargestellt, die in dem oberen bzw. dem unteren Arm der Leistungsschleife vorhanden sind. Die Streu- oder die parasitären induktiven und kapazitiven Komponenten der Leistungsschaltung 100 führen typischerweise zu erheblichen Schwankungsauswirkungen, einschließlich Klingeln oder Schwingungen während des Umschaltens.
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Wie in 1 dargestellt ist eine erste Klemme eines Lastinduktors 110 zwischen dem oberen und dem unteren Arm der Schaltung 100 angeschlossen und eine zweite Klemme des Lastinduktors 110 an dem unteren Arm der Schaltung 100 angeschlossen. Ein Gleichstromzwischenkreiskondensator 112 ist an die zweite Klemme des Lastinduktors 110 und den unteren Arm der Schaltung 100 angeschlossen. In einigen Fällen kann der Gleichstromzwischenkreiskondensator 112 parallel mit einer Gleichstromleistungsquelle oder Batterie (nicht dargestellt) gekoppelt sein, um als Last ausgleichende Energiespeichervorrichtung zu dienen, zum Beispiel wenn die Stromrichterschaltung 100 in einem Wechselrichter zum Umwandeln des Gleichstroms in eine Wechselstromausgabe enthalten ist.
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Wie ebenfalls dargestellt weist die Stromrichterschaltung 100 ferner eine Treiberschaltung 114 zum Antreiben der Halbleitervorrichtungen 102 und 104 auf. Die Treiberschaltung 114 weist einen Gate-Treiber 116, der mit einem Gate des oberen Transistors Q1 verbunden ist, einen Gate-Treiber 118, der mit einem Gate des unteren Transistors Q2 verbunden ist, und eine Steuerung 120 auf, die dazu ausgelegt ist, den Gate-Treibern 116 und 118 Eingaben zum Steuern von Gate-Spannungen des Transistors Q1 bzw. Q2 bereitzustellen. In der veranschaulichten Ausführungsform handelt es sich bei den Gate-Treibern 116 und 118 um Leistungsverstärker, die dazu ausgelegt sind, eine Eingabe mit geringer Leistung von der Steuerung 120 zu empfangen und einen Treibereingang mit hoher Stromstärke für die jeweiligen Gates der Transistoren Q1 und Q2 herzustellen. Bei der Steuerung 120 kann es sich um eine beliebige geeignete Art integrierte Schaltung (IC) oder Mikrosteuerung handeln, die dazu in der Lage ist, den Gate-Treibern 116 und 118 eine Eingabe bereitzustellen, wie zum Beispiel eine Pulsweitenmodulations(PWM)-Steuerung. Die Treiberschaltung 114 kann als einzelne integrierte Schaltung umgesetzt sein, die all ihre Komponenten umfasst, oder als Sammlung einzelner, dedizierter integrierter Schaltungen, die jeweils eine oder mehrere Komponenten umfassen.
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In bestimmten Fällen wandelt die Stromrichterschaltung 100 Gleichstrom in Wechselstrom um, indem unter Verwendung der Treiberschaltung 114 eine Ein/Ausschaltsteuerung an den Halbleitervorrichtungen 102 und 104 ausgeführt wird. Insbesondere steuert die Steuerung 120 unter Verwendung des entsprechenden Gate-Treibers 116, 118 die Höhe der Gate-Spannung (Vgs), die auf das Gate jedes Transistors Q1, Q2 angewendet wird, um die jeweilige Halbleitervorrichtung 102, 104 zwischen einem eingeschalteten Zustand und einem ausgeschalteten Zustand übergehen zu lassen. Die zum vollständigen Einschalten der Transistoren Q1, Q2 erforderliche Vgs-Höhe wird hier unter Umständen als maximaler Betriebswert oder Vgshoch(z. B. 15 Volt (V)) bezeichnet. Die zum Ausschalten der Transistoren Q1, Q2 erforderliche Vgs-Höhe wird hier unter Umständen als minimaler Betriebswert oder Vgsniedrig (z. B. 0 Volt) bezeichnet.
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In einer bevorzugten Ausführungsform verwendet die Steuerung 120 ein hart schaltendes Verfahren, wobei die Halbleitervorrichtungen 102 und 104 ein hartes Einschalt- und ein hartes Ausschaltverhalten aufweisen, zum Beispiel durch die Verwendung eines Pulsweitenmodulations(PWM)-Steuersignals. Um ein hartes Schalten zu erzielen, wird der Schaltzeitpunkt oder der Zeitraum für den Übergang vom eingeschalteten zum ausgeschalteten Zustand und umgekehrt durch Abschneiden des Laststroms während der Einschalt- oder Ausschaltzeiten minimiert. Ein Verkürzen des Schaltzeitpunkts führt typischerweise jedoch zu einer höheren Frequenz elektromagnetischer Störung (EMI), was ein deutlicheres Rauschproblem zur Folge hat.
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Während des herkömmlichen Betriebs der Stromrichterschaltung 100 schaltet die Steuerung 120 alternierend den oberen und den unteren Schalter 102, 104 ein, um zu verhindern, dass hindurchfließender Strom gleichzeitig durch beide Transistoren Q1 und Q2 fließt (auch als „Kurzschluss“- oder „Wechselrichterkipp“-Ereignis bekannt). Darüber hinaus werden, um sicherzustellen, dass die Halbleiterschalter 102 und 104 nicht versehentlich gleichzeitig eingeschaltet werden (z. B. aufgrund von Rauschen in der Treiberschaltung 114 oder eine plötzliche Änderung der di/dt) während des Übergangs von einem Schalter zu dem anderen, beide Schalter 102 und 104 typischerweise über einen vorab festgelegten Zeitraum, als „Totzeit“ bekannt, in den ausgeschalteten Zustand versetzt. Dies wird durch 2 veranschaulicht, bei der es sich um ein Zeitdiagramm 200 handelt, das eine erste Spannungswellenform 202, die die Gate-Spannungs(Vgs)-Höhen für den oberen Schalter Q1 darstellen, und eine zweite Spannungswellenform 204, die Gate-Spannungs(Vgs)-Höhen für den unteren Schalter Q2 darstellen, während eines herkömmlichen Betriebs der Schaltung 100 umfasst.
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Wie in 2 dargestellt bringt die Steuerung 120 eine Totzeit TVerzögerung nach dem Ausschalten des oberen Schalters Q1 und vor dem Einschalten des unteren Schalters Q2 oder von Zeitpunkt t1 bis t2 ein. Auf ähnliche Weise wird, wenngleich in 2 nicht benannt, eine zweite Totzeit zwischen dem Ausschalten des unteren Schalters Q2 und dem Einschalten des oberen Schalters Q1 oder von Zeitpunkt t3 bis t4 hinzugefügt. Somit schaltet sich, wie durch den Zeitraum TEIN dargestellt, der untere Schalter Q2 erst nach Verstreichen der Totzeit TVerzögerung ein und schaltet sich aus, bevor die zweite Totzeit beginnt. Es versteht sich, dass die Einführung einer Totzeit typischerweise eine Steigerung des Energieverlusts bewirkt, wenn sie übermäßig lang ist. Somit versuchen die meisten Schaltungskonstrukteure, die erforderliche Totzeit zu minimieren.
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3 ist ein Zeitdiagramm 300, das eine beispielhafte Anwendung einer Gate-Modulationstechnik auf die Stromrichterschaltung 100 zum Minimieren des Klingelns während des Schaltens gemäß bestimmten Ausführungsformen veranschaulicht. In 3 stellt eine Spannungswellenform 302 einen Betrieb des oberen Schalters Q1 oder der in 1 dargestellten Halbleitervorrichtung 102 dar und stellt eine Spannungswellenform 304 einen Betrieb des unteren Schalters Q2 oder der in 1 dargestellten Halbleitervorrichtung 104 dar. In Ausführungsformen können die Spannungswellenformen 302 und 304 unter Verwendung der Treiberschaltung 114 oder insbesondere der darin enthaltenen Steuerung 120 erzielt werden, um einen Betrieb der Schalter Q1 und Q2 gemäß einem Pulsweitenmodulations(PWM)-Steuersignal zu steuern. Im Allgemeinen verändert die Gate-Modulationstechnik den herkömmlichen Ein- und Ausschaltbetrieb der Transistoren Q1 und Q2 durch (1) Hinzufügen eines Zwischenbetriebszustands zwischen dem ein- und dem ausgeschalteten Zustand des oberen Schalters Q1, wobei die Gate-Spannung von Q1 auf einen Zwischenwert über einem Schwellenwert für die Spannung des oberen Schalters Q1 eingestellt wird, (2) Verwenden des Zwischenzustands, um einen Zeitraum eines Betriebsüberlappens zu erzielen, wenn zwischen einem Betrieb des oberen Schalters Q1 und des unteren Schalters Q2 gewechselt wird, und (3) tatsächliches Beseitigen der Totzeit während des Schaltens.
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Wie in 3 dargestellt steht ein erster Zeitraum eines Betriebsüberlappens TÜberlappen/EIN in Verbindung mit einem Einschaltbetrieb des unteren Schalters Q2 und ein zweiter Zeitraum eines Betriebsüberlappens TÜberlappen/AUS in Verbindung mit einem Ausschaltbetrieb des unteren Schalters Q2. Anfangs befindet sich der obere Schalter Q1 in einem eingeschalteten Zustand, wobei die Gate-Spannung des Transistors Q1 auf Vgshoch eingestellt ist, und der untere Schalter Q2 in einem ausgeschalteten Zustand, wobei die Gate-Spannung des Transistors Q2 auf Vgsniedrig eingestellt ist. Zum Zeitpunkt t1 wird die Gate-Spannung des oberen Schalters Q1 reduziert oder auf einen Zwischenwert VgsZwischen eingestellt, der unter dem maximalen Betriebswert Vgshoch, doch über einem Schwellenwert für die Gate-Spannung VgsSchwellenwert liegt. Während des Übergangs zu dem Zwischenwert bleibt der untere Schalter Q2 in dem ausgeschalteten Zustand (z. B. von Zeitpunkt t1 bis Zeitpunkt t2).
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Es versteht sich, dass der Schwellenwert für die Gate-Spannung bei der minimalen Ladungsmenge liegt, die an dem Gate erforderlich ist, um den Transistor auf das Übertragen von Strom vorzubereiten. Sobald die Gate-Spannung Vgs den Schwellenwert überschreitet, beginnt Strom in den Transistor zu fließen. Infolgedessen kann der Transistor in technischem Sinne als „eingeschaltet“ betrachtet werden, solange die Gate-Spannung den Schwellenwert für die Spannung überschreitet (z. B. Vgs > VgsSchwellenwert). Dementsprechend ist der Schalter Q1 in 3 während des Zeitintervalls t1 bis t3, obwohl die Gate-Spannung des oberen Schalters Q1 unter den maximalen Betriebswert Vgshoch reduziert ist, technisch noch eingeschaltet, da die Gate-Spannung über dem Schwellenwert liegt.
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Zum Zeitpunkt t2 wird der untere Schalter Q2 durch das Einstellen oder Anpassen der Gate-Spannung des Transistors Q2 auf den maximalen Betriebswert Vgshoch eingeschaltet. Wie in 3 dargestellt wird dieser Übergang abgeschlossen, während der obere Schalter Q1 bei dem Zwischenwert VgsZwischen bleibt. Somit beginnt der erste Zeitraum des Betriebsüberlappens TÜberlappen/EIN zum Zeitpunkt t2, sobald beide Schalter Q1 und Q2 als eingeschaltet betrachtet werden. Wie in 3 dargestellt endet der Zeitraum TÜberlappen/EIN zum Zeitpunkt t3 mit dem Übergang des oberen Schalters Q1 in den ausgeschalteten Zustand durch Einstellen der Gate-Spannung des Transistors Q1 auf Vgsniedrig. Wie in 3 dargestellt bleibt der untere Schalter Q2 während dieses Übergangs in dem eingeschalteten Zustand. Somit befindet sich der ober Schalter Q1 vor und nach dem Einschalten des unteren Schalters Q2 in dem Zwischenzustand.
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Während des Zeitraums des Überlappens fließt Strom gleichzeitig durch beide Transistoren Q1 und Q2, wodurch ein Kurzschluss- oder Wechselrichterkippzustand hervorgerufen werden. Gemäß Ausführungsformen kann der Zeitraum des Überlappens derart ausgelegt sein, dass ein gesteuerter Anstieg des Stroms zeitweise über beide Transistoren Q1 und Q2 hinweg erzielt wird. Der Stromanstieg kann sowohl hinsichtlich des Ausmaßes als auch der Dauer durch das Auswählen eines geeigneten Zwischenwerts VgsZwischen für den oberen Schalter Q1 und durch das Auswählen einer geeigneten Länge des Zeitraums (z. B. t2 bis t3) für den Zeitraum des Überlappens TÜberlappen/EIN gesteuert werden. In Ausführungsformen kann der Zwischenwert VgsZwischen derart ausgewählt sein, dass er gerade hoch genug ist, um das Wechselrichterkippereignis hervorzurufen, doch niedrig genug, um eine Schädigung der Stromrichterschaltung 100 zu vermeiden. Beispielsweise kann die VgsZwischen 1-2 Volt über dem Schwellenwert für die Spannung für den oberen Schalter Q1 liegen. Die Länge des Zeitraums zwischen t2 und t3 kann ebenfalls derart ausgewählt sein, dass eine Schädigung der Schaltung 100 aus dem Wechselrichterkippereignis vermieden wird.
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Das Herstellen eines Wechselrichterkippereignisses während des Zeitraums TÜberlappen/EIN verbraucht augenblicklich Energie über den oberen Schalter Q1, wodurch die konzentrierte Streukapazität des oberen Schalters Q1 auf einen variierenden oder inexistenten Zustand verringert und der konzentrierte Schleifenwiderstand der Schaltung 100 erhöht wird. Dies verringert oder minimiert Schwingungen, die normalerweise während eines Einschaltbetriebs des unteren Schalters Q2 auftreten würden, und ermöglicht somit ein Einschalten des unteren Schalters Q2 in einem relativ hochohmigen Zustand.
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Wie in 3 dargestellt bleibt der obere Schalter Q2 über einen Zeitraum TEIN hinweg, der zum Zeitpunkt t3 oder kurz nach Beseitigung des Kurzschlussereignisses beginnt und zum Zeitpunkt t4 endet, vollständig eingeschaltet. Zum Zeitpunkt t4 wird die Gate-Spannung des oberen Schalters Q1 von dem minimalen Betriebswert Vgsniedrig auf den Zwischenwert VgsZwischen erhöht, während der untere Schalter Q2 im eingeschalteten Zustand bleibt. Somit wird von Zeitpunkt t4 bis Zeitpunkt t5 ein zweiter Zeitraum mit Betriebsüberlappen TÜberlappen/AUS hergestellt, indem ermöglicht wird, dass Strom gleichzeitig durch beide Transistoren Q1 und Q2 verläuft.
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Wie beim ersten Zeitraum des Überlappens bewirkt der Zeitraum TÜberlappen/AUS einen gesteuerten Anstieg des Stroms, der hinsichtlich des Ausmaßes und der Dauer gesteuert werden kann. Ebenfalls wie beim ersten Zeitraum des Überlappens verbraucht das Herstellen eines Wechselrichterkippereignisses während des Zeitraums TÜberlappen/AUS augenblicklich Energie über den oberen Schalter Q1, wodurch die konzentrierte Streukapazität des oberen Schalters Q1 auf einen variierenden oder inexistenten Zustand verringert und der konzentrierte Schleifenwiderstand der Schaltung 100 erhöht wird. Dies verringert oder minimiert Schwingungen, die normalerweise während eines Ausschaltbetriebs des unteren Schalters Q2 auftreten würden, und ermöglicht somit ein Ausschalten des unteren Schalters Q2 in einem relativ niederohmigen Zustand.
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Wie in 3 dargestellt endet der zweite Zeitraum des Überlappens TÜberlappen/AUS zum Zeitpunkt t5 mit dem Ausschalten des unteren Schalters Q2 durch Reduzieren der Gate-Spannung des Transistors Q2 auf den minimalen Betriebswert Vgsniedrig. Zum Zeitpunkt t6 wird der obere Schalter Q1 durch Erhöhen der Gate-Spannung von dem Zwischenwert VgsZwischen auf den maximalen Betriebswert Vgshoch vollständig eingeschaltet. Wie in 3 dargestellt bleibt der untere Schalter Q2 während dieses Übergangs ausgeschaltet. Somit befindet sich der obere Schalter Q1 vor und nach dem Ausschalten des unteren Schalters Q2 in dem Zwischenzustand.
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4 veranschaulicht ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 400 zum Betreiben eines ersten und eines zweiten Halbleiterschalters in einer Stromrichterschaltung 100 wie z. B. der in 1 dargestellten Stromrichterschaltung 100 gemäß Ausführungsformen. Das Verfahren 400 kann die in 3 dargestellte und hier beschriebene Gate-Modulationstechnik beinhalten oder dieser ähneln. Das Verfahren 400 kann von einem oder mehreren Prozessoren (oder Steuerungen) ausgeführt werden, die in der Stromrichterschaltung enthalten sind. In einer Ausführungsform wird das Verfahren 400 zumindest teilweise von der Steuerung 120 der Treiberschaltung 114 ausgeführt, die in einem Speicher (nicht dargestellt) der Treiberschaltung 114 gespeicherte Software ausführt und mit einer oder mehreren Komponenten der Treiberschaltung 114 interagiert, zum Beispiel den Gate-Treibern 116 und 118 und/oder der Stromrichterschaltung 100.
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Das Verfahren 400 beginnt bei Schritt 402, wo eine Gate-Spannung eines ersten Schalters (z. B. oberer Schalter Q1 aus 3) auf einen Zwischenwert (z. B. VgsZwischen) über einem Schwellenwert (VgsSchwellenwert) reduziert wird, der dem ersten Schalter zugeordnet ist, während sich ein zweiter Schalter (z. B. unterer Schalter Q2 aus 3) in einem ausgeschalteten Zustand befindet. Bei Schritt 404 wird der zweite Schalter eingeschaltet oder in einen eingeschalteten Zustand versetzt, indem eine Gate-Spannung des zweiten Schalters von einem minimalen Betriebswert Vgsniedrig auf einen maximalen Betriebswert Vgshoch erhöht wird. Zu diesem Zeitpunkt beginnt ein erster Zeitraum eines Betriebsüberlappens, da sowohl der erste Schalter als auch der zweite Schalter technisch eingeschaltet sind. Während des Zeitraums des Überlappens wird über die zwei Schalter hinweg ein Kurzschluss gebildet, wodurch den Transistoren Q1 und Q2 ein gesteuerter Stromanstieg zugeführt wird. Bei Schritt 406 wird, während der zweite Schalter eingeschaltet ist, der erste Schalter durch Verringern der Gate-Spannung des ersten Schalters von dem Zwischenwert VgsZwischen auf den minimalen Betriebswert Vgsniedrig ausgeschaltet. Somit endet der erste Zeitraum eines Betriebsüberlappens bei Schritt 406, und zu diesem Zeitpunkt wird der zweite Schalter weiterhin in dem eingeschalteten Zustand betrieben.
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Das Verfahren 400 beinhaltet ferner Schritt 408, bei dem die Gate-Spannung des ersten Schalters von dem minimalen Betriebswert Vgsniedrig auf den Zwischenwert VgsZwischen erhöht wird, während der zweite Schalter im eingeschalteten Zustand bleibt. Hierdurch wird ein zweiter Zeitraum eines Betriebsüberlappens initiiert. Bei Schritt 410 wird der zweite Schalter ausgeschaltet oder in einen ausgeschalteten Zustand versetzt, indem die Gate-Spannung des zweiten Schalters von dem maximalen Betriebswert Vgshoch auf den minimalen Betriebswert Vgsniedrig herabgesetzt wird, wodurch der zweite Überlappenszeitraum beendet wird. Bei Schritt 412 wird, während der zweite Schalter ausgeschaltet wird, der erste Schalter durch Erhöhen der Gate-Spannung des ersten Schalters von dem Zwischenwert VgsZwischen auf den maximalen Betriebswert Vgshoch vollständig eingeschaltet. Somit beginnt der zweite Zeitraum des Betriebsüberlappens bei Schritt 408, während beide Transistoren technisch eingeschaltet sind, und endet bei Schritt 410, sobald der zweite Schalter nicht mehr eingeschaltet ist und bevor der erste Schalter vollständig eingeschaltet ist.
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5 zeigt ein Diagramm, das einen Vergleich zwischen Schwingungen, die während des in 2 dargestellten herkömmlichen Schaltbetriebs erzeugt werden, und Schwingungen darstellt, die unter Verwendung der in 3 dargestellten und hier beschriebenen Gate-Modulationstechnik erzeugt werden. Wie in der Darstellung führt ein herkömmlicher Betrieb von SiC-Schaltern zu einem erheblichen Klingeln oder Schwingungen beim anfänglichen Einschalten, während SiC-Schalter, die Gate-Modulation verwenden, verringerte Schwingungen beim Einschalten und schnellere di/di aufweisen.
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Somit verwendet die hier beschriebene Gate-Modulationstechnik im Gegensatz zum herkömmlichen System die Halbleiterschaltern immanenten Eigenschaften zum Minimieren des Klingelns oder von Schwingungen, anstatt auf zusätzlicher Hardware zu beruhen, um dieses Ergebnis zu erzielen. Zusätzlich kann die Gate-Modulationstechnik leicht für eine bestimmte Schaltung aktiviert oder deaktiviert werden, indem einfach die Eingänge, die dem ersten und dem zweiten Schalter von der Steuerung bereitgestellt werden, eingestellt werden, wodurch ein weiterer Vorteil gegenüber herkömmlichen Systemen bereitgestellt wird.
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Beliebige Prozessbeschreibungen oder Blöcke in den Figuren, zum Beispiel 4, sind so zu verstehen, dass sie Module, Segmente oder Teile von Code darstellen, die eine oder mehrere ausführbare Anweisungen zum Ausführen konkreter logischer Funktionen oder Schritte in dem Verfahren beinhalten, und alternative Ausführungen sind im Schutzumfang der hier beschriebenen Ausführungsformen enthalten, wobei Funktionen in von der dargestellten oder erläuterten abweichender Reihenfolge, einschließlich im Wesentlichen gleichzeitig oder in umgekehrter Reihenfolge, je nach betreffender Funktion, ausgeführt werden können, was für den Durchschnittsfachmann auf der Hand liegt.
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Es ist hervorzuheben, dass die vorstehend beschriebenen Ausführungsformen, insbesondere etwaige „bevorzugte“ Ausführungsformen mögliche Beispiele für Umsetzungen sind und lediglich für ein eindeutiges Verständnis der Grundsätze der Erfindung dargelegt sind. Viele Variationen und Modifikationen können an der/den vorstehend beschriebenen Ausführungsform(en) vorgenommen werden, ohne im Wesentlichen vom Geist und den Grundsätzen der hier beschriebenen Techniken abzuweichen. Sämtliche derartige Modifikationen sollen hier im Umfang dieser Offenbarung enthalten und durch die folgenden Patentansprüche geschützt sein.