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Die Erfindung betrifft eine Zubereitung zur Verwendung bei der Behandlung des erblich bedingten Haarausfalls. Unter erblich bedingtem Haarausfall leidet ein erheblicher Anteil insbesondere der männlichen Bevölkerung. Diese Form des Haarausfalls wird in der Literatur auf eine erbliche Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegen das männliche Hormon Testosteron bzw. die Stoffwechselvariante Dihydrotestosteron zurückgeführt und auch als androgenetische Alopezie bezeichnet. Es wird angenommen, dass durch die ererbte Überempfindlichkeit die Wachstumsphase des Haars so stark verkürzt ist, dass das Haar kaum noch sichtbar hervortritt. Die damit einhergehende Ausbildung einer Glatze gilt als irreversibel.
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Zur Behandlung des Haarausfalls sind die unterschiedlichsten Arzneimittel, Kosmetika, Haarelixiere, Shampoos und Haarkuren bekannt. Die Wirksamkeit dieser Produkte ist allerdings höchst umstritten und konnte in vielen Fällen klinisch nicht bestätigt werden. In einer umfassenden Studie der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2003 erreichten lediglich zwei Arzneimittel, nämlich Finasterid und Minoxidil eine gewisse Wirksamkeit. Die Wirkung dieser Arzneimittel beruht auf einer Beeinflussung des Hormonstatus.
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Wirksamer, aber mit erheblichem Aufwand und Nebenwirkungen verbunden sind Haartransplantationen.
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Davon ausgehend ist das die Aufgabe der Erfindung, eine alternative Behandlung des erblich bedingten Haarausfalls zur Verfügung zu stellen, die wirksam und frei von schwerwiegenden Nebenwirkungen ist.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch die Zubereitung mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den sich anschließenden Unteransprüchen angegeben.
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Die Zubereitung enthält ein Desinfektionsmittel und ist zur Verwendung bei der Behandlung des erblich bedingten Haarausfalls bestimmt. Dabei handelt es sich um eine spezifische Anwendung an Personen, deren Kopfhaut aufgrund einer androgenetischen Alopezie bereits vollständig kahle oder fast vollständig kahle Bereiche aufweist. Das Ziel der Behandlung ist ein Wachstum neuer Haare in diesen Bereichen der Kopfhaut. Hiervon zu unterscheiden sind Zubereitungen bzw. Anwendungen, die auf den Schutz, den Erhalt oder die Pflege vorhandener Haare abzielen und die nicht Gegenstand der Erfindung sind.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass beim erblich bedingten Haarausfall das Verkümmern der Haarwurzeln von Keimen, insbesondere von Bakterien, hervorgerufen wird, die nicht oder nicht ausschließlich an der Haarwurzel selbst angreifen, sondern zumindest teilweise in oder an den Talgdrüsen angeordnet sind. Der Erfinder nimmt an, dass dieser Keimbefall der Talgdrüsen ein Austrocknen der Haarwurzeln bewirkt, wodurch die Haarwurzeln verkümmern.
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Dieser in der Literatur bislang nicht beschriebenen Ursache des erblich bedingten Haarausfalls kann durch die erfindungsgemäße Zubereitung entgegengewirkt werden, weil das in der Zubereitung enthaltene Desinfektionsmittel bei der vorgesehenen Verwendung der Zubereitung auf der Kopfhaut tief in die Oberhaut eindringt, so dass sie bis zu den Talgdrüsen vordringen und die dort vorhandenen Keime unschädlich machen kann. Dabei dringt die Zubereitung nicht in die Lederhaut ein.
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In einer Ausgestaltung enthält die Zubereitung isotonische Kochsalzlösung. Isotonische Kochsalzlösung, auch bezeichnet als NaCl 0,9 %, hat bei Anwendung auf der Kopfhaut eine tiefenreinigende und durchblutungsfördernde Wirkung. Außerdem kann die isotonische Kochsalzlösung die oberste Schicht der Oberhaut, die Hornschicht, teilweise entfernen oder auflockern bzw. durchlässiger machen. Dadurch wird das Eindringen der Zubereitung in die Oberhaut begünstigt, was die Wirksamkeit der Anwendung erhöht.
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In einer Ausgestaltung ist die Zubereitung eine Flüssigkeit zum Aufbringen auf die Kopfhaut. Dadurch wird ein gleichmäßiges, großflächiges Auftragen der Zubereitung vereinfacht. Insbesondere kann die Zubereitung in eine Sprühflasche abgefüllt sein, so dass das Aufbringen auf die Kopfhaut durch einfaches Aufsprühen erfolgen kann. Dieses Aufsprühen kann bevorzugt dreimal täglich oder noch häufiger ausgeführt werden.
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In einer Ausgestaltung liegt die Konzentration des Desinfektionsmittels in der Zubereitung im Bereich von 0,01 mg/ml bis 10 mg/ml. Dadurch wird bei den nachfolgend genannten Desinfektionsmitteln eine gute Wirksamkeit erreicht, ohne dass Nebenwirkungen zu befürchten sind.
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In einer Ausgestaltung besteht die Zubereitung zu 90 Gewichtsprozenten oder mehr aus der isotonischen Kochsalzlösung. Dadurch werden die vorteilhaften Wirkungen der isotonischen Kochsalzlösung in der Zubereitung in hohem Maße erreicht.
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In einer Ausgestaltung ist das Desinfektionsmittel ein Hautdesinfektionsmittel. Derartige Hautdesinfektionsmittel werden auch als Antiseptika bezeichnet und beispielsweise zur Händedesinfektion, zur Desinfektion der Haut vor Operationen und/oder zur Wunddesinfektion eingesetzt.
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In einer Ausgestaltung enthält das Desinfektionsmittel quartäre Ammoniumverbindungen und/oder Povidon-Iod und/oder Alkohole, insbesondere Phenoxyethanol und/oder Phenoxypropanol, und/oder Phenole und/oder Chlorhexidin und/oder Octenidin. Quartäre Ammoniumverbindungen sind wirksam gegen Bakterien und Viren und zur Anwendung auf der Haut geeignet. Beispiele bekannter quartärer Ammoniumverbindungen sind Cetyltrimethylammoniumbromid und Benzalkoniumchlorid sowie Imidazolium- und Pyridinium-Verbindungen. Povidon-Iod, auch bezeichnet als PVP-Iod, ist ebenfalls ein bewährtes Hautdesinfektionsmittel, das für die Erfindung geeignet ist. Alkohole, beispielsweise Ethanol oder 1-Propanol, sind ebenfalls zur Hautdesinfektion geeignet. Phenole oder Phenol-Derivate weisen eine hohe Wirksamkeit gegen Bakterien und Viren auf und sind zur Hautdesinfektion geeignet. Beispiele sind Chlorxylenol, Triclosan und Hexachlorophen. Chlorhexidin ist ebenfalls wirksam gegen Bakterien und Viren und zur Hautdesinfektion geeignet.
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In einer weiteren Ausgestaltung enthält das Desinfektionsmittel Octenidin, insbesondere in Kombination mit Phenoxyethanol und/oder Phenoxypropanol. Octenidin, auch bezeichnet als Octenidin-Dihydrochlorid, weist eine hohe Wirksamkeit gegen Bakterien und Viren, auch gegen MRSA-Keime, auf und ist gut hautverträglich. In Verbindung mit Phenoxyethanol und/Phenoxypropanol wurde eine besonders schnelle und dauerhafte Wirkung beschrieben. Handelsname eines bekannten Desinfektionsmittels des Herstellers Schülke und Mayr, das eine Kombination aus Octenidin und Phenoxyethanol enthält, ist Octenisept. Für die Erfindung geeignet ist insbesondere eine Kombination von Octenidin in einer Konzentration im Bereich von 0,05 % bis 0,2 %, insbesondere von etwa 0,1 %, und Phenoxyethanol in einer Konzentration im Bereich von 1 % bis 4 %, insbesondere von etwa 2 %.
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In einer Ausgestaltung enthält die Zubereitung ein Gel, dass mindestens die folgenden Bestandteile aufweist: Aqua purificata, Propylene Glycol, Hydroxyethylcellulose, Octenidin HCl. Ein solches Gel ist von dem genannten Hersteller unter dem Handelsnamen Octenisept Gel erhältlich. Die über das Desinfektionsmittel hinausgehenden Bestandteile des Gels können der Zubereitung besonders vorteilhafte Eigenschaften verleihen, insbesondere hinsichtlich der Benetzungs- und Pflegeeigenschaften und der Haltbarkeit.
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In einer Ausgestaltung ist die Zubereitung durch Mischen des Gels mit der isotonischen Kochsalzlösung hergestellt, wobei das Mischungsverhältnis im Bereich von 10 g des Gels auf 100 ml der isotonischen Kochsalzlösung bis 10 g des Gels auf 1000 ml der isotonischen Kochsalzlösung liegt. Bevorzugt werden 10 g des Gels mit 250 ml der isotonischen Kochsalzlösung gemischt. Auf diese Weise kann ein hochwirksames Präparat besonders einfach zubereitet werden. Die Mischung kann besonders einfach mit einer Sprühflasche aufgetragen werden.
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In einer Ausgestaltung ist die Zubereitung eine Salbe zum Auftragen auf die Kopfhaut. Die Salbe ist eine halbfeste, weiche, streichfähige Zubereitung zur Anwendung auf der Kopfhaut. Sie weist eine Salbengrundlage auf, die mit dem Desinfektionsmittel gemischt ist. Die Salbengrundlage kann ein einphasiges oder mehrphasiges System sein, beispielsweise eine Wasser-in-Öl-Emulsion oder eine hydrophile Salbe. Einbezogen sind Zubereitungen, die fachsprachlich auch als Cremes, Gele, Pasten oder Lotionen bezeichnet werden. Besonders vorteilhaft ist, dass die Salbe eine homogene Mischung mit dem Desinfektionsmittel eingeht und das Desinfektionsmittel nach dem Auftragen der Salbe auf die Haut über einen gewissen Zeitraum abgibt, so dass das Desinfektionsmittel relativ tief in die Oberhaut eindringen kann. Die Salbe kann sehr einfach hergestellt werden, beispielsweise durch Vermischen eines herkömmlichen Desinfektionsmittels mit einer geeigneten Salbengrundlage. Die Anwendung der so zubereiteten Salbe ist ebenfalls unproblematisch. Vorgesehen ist, die Salbe unmittelbar auf die betroffenen Partien der Kopfhaut aufzutragen und sie gegebenenfalls leicht einzumassieren. Die Anwendung kann ein oder mehrmals täglich oder auch in größeren zeitlichen Abständen von beispielsweise einer oder mehreren Wochen erfolgen. Nebenwirkungen treten nicht auf, sofern das Desinfektionsmittels und die Salbengrundlage entsprechend hautfreundlich sind. Die Konzentration des Desinfektionsmittels in der Salbe kann ein Gewichtsprozent oder mehr betragen. Möglich ist insbesondere eine Konzentration von fünf Gewichtsprozent oder mehr, zehn Gewichtsprozent oder mehr, 20 Gewichtsprozent oder mehr oder sogar 50 Gewichtsprozent oder mehr. Maßgeblich ist, dass die Salbe mit dem entsprechend konzentrierten Desinfektionsmittel eine Konsistenz aufweist, die ein einfaches Auftragen ermöglicht und eine Freisetzung des Desinfektionsmittels in die Haut über einen möglichst langen Zeitraum und in ausreichender Konzentration erlaubt. Die Salbe kann Cetylstearylalkohol, insbesondere vom Typ 1 enthalten. Dabei handelt es sich um einen bewährten Bestandteil einer Salbengrundlage, der insbesondere die Stabilität von Emulsionen erhöht und die Textur verbessert. Die Salbe kann dickflüssiges Paraffin, weißes Vaseline, Wollwachs und/oder Wasser enthalten. Diese weiteren Bestandteile der Salbengrundlage dienen dazu, die Konsistenz und Eigenschaften der Salbe auf das verwendete Desinfektionsmittel abzustimmen.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von zwei Ausführungsbeispielen und zugehörigen Figuren näher erläutert. Die Figuren zeigen:
- 1 Eine Ansicht der Kopfhaut einer Versuchsperson, fotografiert am 28. März 1985,
- 2 Vier Ansichten der Kopfhaut derselben Versuchsperson, fotografiert am 27. März 2015,
- 3 Vier Ansichten der Kopfhaut derselben Versuchsperson, fotografiert am 01. November 2016,
- 4 Vier Ansichten der Kopfhaut derselben Versuchsperson, fotografiert am 20. Dezember 2016,
- 5 Eine weitere Ansicht der Kopfhaut derselben Versuchsperson, fotografiert am 21. Dezember 2016.
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Die Fotografien der 1 bis 4 wurden in Hautkliniken oder Facharztpraxen aufgenommen.
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Die Versuchsperson, deren Kopfhaut in den Figuren dargestellt ist, litt bereits seit Jahrzehnten unter erblich bedingtem Haarausfall und hatte großflächige kahle Hautstellen auf dem Kopf. Diesen Zustand dokumentiert die 1 aus dem Jahr 1985.
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Als erstes Ausführungsbeispiel der Erfindung wurde eine Zubereitung in Form einer Salbe hergestellt durch Vermischen des genannten Octenisept Gels mit einer handelsüblichen Sportsalbe, die eine Salbengrundlage aus emulgierendem Cetylalkohol (Typ A), dickflüssigem Paraffin, weißer Vaseline, gereinigtem Wasser und eine Anzahl pflanzlicher Wirkstoffe enthält. Die verwendete Sportsalbe wird vom Hersteller „Biologische Heilmittel Heel GmbH“ unter der Bezeichnung „Traumeel“ angeboten. Das Mischungsverhältnis zwischen dem Octenisept Gel und der Sportsalbe lag im Bereich von 1 : 2 bis 1 : 4, bezogen auf das Gewicht.
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Die so hergestellte Salbe wurde ab ca. Januar 2015 zunächst über einen Zeitraum von drei Wochen nach folgendem Schema auf die Kopfhaut der Versuchsperson aufgetragen und leicht einmassiert: An den ersten vier Tagen jeder Woche jeweils dreimal täglich, gefolgt von drei Tagen ohne Behandlung. Nach Ablauf von drei Monaten wurde diese Behandlung wiederholt, wobei die Salbe nur noch ein- bis dreimal täglich aufgetragen wurde. 2 zeigt den Zustand der Kopfhaut der Versuchsperson etwa zwei Monate nach Beginn der Behandlung mit der Salbe. Man erkennt bereits ein beginnendes Haarwachstum in den zuvor völlig kahlen Bereichen.
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Während des Behandlungszeitraums konnten außerdem Veränderungen der Kopfhaut beobachtet werden; die Kopfhaut bildete kleine Falten aus und wurde elastischer. Anschließend bildeten sich feine Blutgefäße. Im Verlauf der Behandlung zeigte sich ein deutliches, beginnendes Haarwachstum auf der zuvor kahlen Fläche.
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Als zweites Ausführungsbeispiel wurde eine Zubereitung in Form einer Flüssigkeit hergestellt, nämlich durch Vermischen von 10 g des oben genannten Octenisept Gels mit 250 ml isotonischer Kochsalzlösung. Mit dieser Flüssigkeit wurde die Kopfhaut der Versuchsperson ab dem 12. Oktober 2016 mehrmals täglich behandelt, und zwar durch Einsprühen der Kopfhaut mit einer Sprühflasche.
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Die 3 zeigt, dass sich das Haarwachstum deutlich verstärkt hat und dass aus den sich anfangs als zarter Flaum ausgebildeten Haaren festere und dunkler gefärbte Haare entwickelt haben.
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Die 4 und 5 dokumentieren den Erfolg der Behandlung nochmals ca. sechs Wochen später. Man erkennt, dass sich das Haarwachstum nochmals verstärkt hat und dass sich die anfangs völlig kahlen Bereiche der Kopfhaut bereits verkleinert haben.
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Das Ergebnis des Versuchs wurde unter Berücksichtigung der Vorgeschichte hautärztlich begutachtet. Es war eindeutig feststellbar, dass auf den zuvor völlig kahlen Bereichen ein merkliches Wachstum neuer Haare eingetreten war. Dies kann einer Reaktivierung zuvor verkümmerter Haarwurzeln einerseits und einer Ausbildung gänzlich neuer Haarwurzeln andererseits zugeschrieben werden. Der Erfinder führt diese Wirkungen darauf zurück, dass die Zubereitung tief in die Oberhaut eindringen konnte und die in den Talgdrüsen befindlichen Keime so wirksam bekämpft hat, dass zuvor verkümmerte Haarwurzeln wieder vollwertige Haare ausbilden konnten bzw. dass neue Haarwurzeln entstehen konnten.