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Die Erfindung betrifft eine unformierte, Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle sowie ein Verfahren zur Herstellung einer Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle.
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Aus dem Stand der Technik im Bereich der elektrochemischen Sekundärspeicher sind insbesondere Lithium-Ionen-Technologien auf Basis von Interkalationsmaterialien auf beiden Elektrodenseiten bekannt, siehe etwa T. Wöhrle in R. Korthauser, Handbuch Lithium-Ionen-Batterien, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013. Die relative Volumenänderung der eingesetzten Materialien ist beim Ein- und Auslagern im Allgemeinen relativ gering. Die Volumenänderung bei einer Graphitanode beträgt etwa bis zu ~10%. Ein gravierender Nachteil der konventionellen Interkalationsmaterialien ist jedoch deren begrenzte Speicherfähigkeit. Deshalb beschreibt der Stand der Technik auch Varianten von Lithium-haltigen Sekundärzellen, bei denen zumindest auf einer Elektrodenseite alternative Aktivmaterialien eingesetzt werden, die an den Redoxreaktionen der Zelle beim Laden bzw. Entladen in Form einer chemischen Konversion beteiligt sind. Diese sogenannten Konversionsmaterialien werden in mehreren Phasen mit verschiedenen chemischen Zusammensetzungen zyklischen gebildet bzw. verbraucht, siehe z.B. Nitta et al., Li-ion battery materials: present and future, Materials Today, vol. 18, nr. 5. Prominente Beispiele sind etwa Silizium(Si)-Anoden oder Kathoden auf Basis von Metall-Fluoriden (ebd.). Nachteilig an diesen energetisch vorteilhaften Materialien ist jedoch deren Volumenänderung im Zyklenbetrieb. Bei der Lithiierung, d.h. bei der Aufnahme von Lithium in die jeweilige Elektrodenseite, zeigen die Konversionsmaterialien deutlich stärkere Volumenänderungen im Vergleich zum delithiierten Zustand als z.B. die Klasse der Interkalationsmaterialien. Die Volumenänderungen werden von Druckänderungen innerhalb eines Zellgehäuses begleitet, die sich nachteilig auf die Langlebigkeit und die Reaktivität des Aktivmaterials auswirken können.
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Es ist deshalb eine Aufgabe der Erfindung, eine verbesserte unformierte, Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle sowie ein verbessertes Verfahren zur Herstellung einer Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle zu schaffen.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch eine unformierte, Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle gemäß Anspruch 1 sowie durch ein Verfahren zur Herstellung einer Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle gemäß Anspruch 6. Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Erfindungsgemäß weist die unformierte, Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle eine Kathode mit einem ersten Materialanteil an lithiiertem Kathodenaktivmaterial und eine Anode mit einem zweiten Materialanteil an lithiiertem Anodenaktivmaterial auf, wobei die unformierte Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle einen initialen, von dem ersten und dem zweiten Materialanteil abhängigen Ladezustand aufweist.
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Mit anderen Worten ist die Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle – bevor diese erstmals geladen oder entladen wird – mit Aktivmaterialien auf beiden Elektroden so beschaffen, dass die Zelle in Abhängigkeit der Mengen von Aktivmaterial auf den beiden Seiten in einem teilgeladenen Zustand befindlich ist. Somit ist auf beiden Elektrodenseiten Lithium enthalten, so dass das Aktivmaterial „lithiiert“ ist. Anzumerken ist, dass hierbei ausschließlich auf enthaltenes aktives Lithium abgestellt ist, d.h. auf Lithium, das an den bestimmungsgemäßen Redoxreaktionen zum Laden bzw. Entladen der Zelle teilnimmt. Kein in diesem Sinne aktives Lithium ist beispielsweise das Lithium in der Gitterstruktur von Lithiumtitanat (Li4Ti5O12), falls eine Lithiumtitanat-Anode eingesetzt ist. Der diesen teilgeladenen Zustand betreffende initiale Ladezustand wird als initialer Ladezustand bezeichnet. Die Eigenschaft „unformiert“ ist damit gleichbedeutend, dass die Zelle nicht (teil-)zyklisiert ist bzw. wurde. Der initiale Ladezustand vor einer ersten Zyklisierung oder Teilzyklisierung hängt direkt von den Anteilen an lithiiertem Aktivmaterial auf der Kathodenseite und der Anodenseite ab.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist der initiale, von dem ersten und dem zweiten Materialanteil abhängige Ladezustand einen Initialwert auf, wobei der Initialwert einem optimalen Druckwert in der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle entspricht, wobei ein erster Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und einem erstem Druck der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese nach einer Formierung vollständig geladen ist, und ein zweiter Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und einem zweiten Druck der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese nach einer Formierung vollständig entladen ist, im Wesentlichen den gleichen absoluten Wert annehmen.
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Dies bedeutet, dass der Initialwert des Ladezustands mit einem bestimmten Druck innerhalb der Zelle (d.h. beispielsweise innerhalb eines Zellgehäuses) korreliert. Dieser dem Initialwert des Ladezustands entsprechende Druckwert wird auch als optimaler Druckwert bezeichnet. Der optimale Druckwert ist von weiteren Parametern abhängig, wie etwa der Elektrodenträgerdicke, der Gesamtmenge an Aktivmaterial, der Stabilität des Zellgehäuses, etc., wobei diese weiteren Parameter im Gegensatz zum Anteil an lithiiertem Material auf den jeweiliger Elektrode während der Zyklisierung der Zelle unveränderlich bleiben. Der initiale Ladezustand und damit der optimale Druckwert wird so gewählt, dass beim initialen Ladezustand in Bezug auf die Reaktivität und die Haltbarkeit der Elektrodenmaterialien optimale Druckbedingungen innerhalb der Zelle herrschen. Grundsätzlich müssen Lithium-haltige Zellen für eine optimale Leistungsaufnahme- und abgabe unter einem Innendruck stehen. Wichtig ist es, dass der Innendruck über den gesamten Ladezustandsbereich in einem idealen Druckbereich liegt. Ein zu hoher Druck unterdrückt beispielsweise ein effektives Laden der Zelle, ein zu niedriger Druck schränkt die entnehmbare Kapazität ein.
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Deshalb ist weiterhin der initiale Ladezustand so gewählt, dass ein erster Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und dem Druck der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese vollständig geladen ist, und ein zweiter Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und den Druck der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese vollständig entladen ist, im Wesentlichen den gleichen absoluten Wert annehmen. Dies bedeutet, dass während der Zyklisierung der Zelle der Druck innerhalb der Zelle bei annähernd gleicher negativer wie positiver Amplitude um den optimalen Druckwert schwankt. Dies bedeutet, dass über die gesamte Bandbreite des Ladezustandes die auf den optimalen Druckwert bezogene relative Druckänderung minimiert ist. Damit wirken sich die innerhalb der Zelle auftretenden Druckänderungen minimal möglich auf das Aktivmaterial aus.
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Nach einer Variante der Erfindung ist das Kathodenaktivmaterial der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle ein Konversionsmaterial oder Schwefel. Als solche Konversionsmaterialmaterialien kommen insbesondere Metallfluoride in Betracht.
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Es bietet sich zudem an, dass das Anodenaktivmaterial der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle ein Konversionsmaterial oder metallisches Lithium ist. Als solche Konversionsmaterialien kommen insbesondere Silizium, Silizium-basiertes Kompositmaterial oder metallisches Lithium in Betracht.
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Bei Konversionsmaterialien sind die Volumenänderungen und damit die Druckänderungen innerhalb der Zelle beträchtlich, so dass die erfindungsgemäße Sekundärzelle insbesondere beim Einsatz von Konversionsmaterialien besonders vorteilhaft ist.
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Nach einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird eine Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle durch Formierung einer erfindungsgemäßen unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle erhalten. Nach dieser Variante der Erfindung wird eine Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle gebildet durch zumindest teilweises Laden und/oder Entladen der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle.
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Die Vorteile der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle übertragen sich unmittelbar auf die formierte Zelle, die aus der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle durch erstmaliges Laden und/oder Entladen entsteht. Die erfindungsgemäße unformierte, Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle bringt also die erfindungswesentlichen Merkmale in die Zelle ein, die durch Formierung aus der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle entsteht.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung einer Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wird in ein Zellgehäuse eine Kathode mit einem ersten Materialanteil an lithiiertem Kathodenaktivmaterial und in das Zellgehäuse eine Anode mit einem zweiten Materialanteil an lithiiertem Anodenaktivmaterial eingesetzt und es wird das Zellgehäuse mit der eingesetzten Kathode und der eingesetzten Anode verschlossen, so dass die Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle mit dem Verschluss des Zellgehäuses einen initialen, von dem ersten und dem zweiten Materialanteil abhängigen Ladezustand aufweist.
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Mit anderen Worten wird die Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle – bevor diese erstmals geladen oder entladen wird – mit Aktivmaterialien auf beiden Elektroden hergestellt, wobei sich die Zelle in Abhängigkeit der Mengen von Aktivmaterial auf den beiden Seiten in einem teilgeladenen Zustand befindet. Der betreffende initiale Ladezustand wird als initialer Ladezustand bezeichnet. Die Zelle ist dabei noch „unformiert“ was damit gleichbedeutend ist, dass die Zelle (noch) nicht (teil-)zyklisiert ist. Der initiale Ladezustand vor einer ersten Zyklisierung oder Teilzyklisierung hängt direkt von den Anteilen an lithiiertem Aktivmaterial auf der Kathodenseite und der Anodenseite ab.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird für den initialen, von dem ersten und dem zweiten Materialanteil abhängigen Ladezustand ein Initialwert so gewählt, wobei dem Initialwert ein optimaler Druckwert in der Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle entspricht, dass ein erster Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und einem erstem Druck der Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese nach einer Formierung vollständig geladen ist, und ein zweiter Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und einem zweiten Druck der Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese nach einer Formierung vollständig entladen ist, im Wesentlichen den gleichen absoluten Wert annehmen.
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Dies bedeutet, dass der Initialwert des Ladezustands mit einem bestimmten Druck innerhalb der Zelle, d.h. z.B. innerhalb eines Zellgehäuses, korreliert. Dieser dem Initialwert des Ladezustands entsprechende Druckwert wird auch als optimaler Druckwert bezeichnet. Der optimale Druckwert ist von weiteren Parametern abhängig, wie etwa der Elektrodenträgerdicke, der Gesamtmenge an Aktivmaterial, der Stabilität des Zellgehäuses, etc., wobei diese weiteren Parameter im Gegensatz zum Anteil an lithiiertem Material auf der jeweiligen Elektrode während einer späteren Zyklisierung der hergestellten Zelle unveränderlich bleiben. Der initiale Ladezustand und damit der optimale Druckwert wird bei dem Verfahren so gewählt, dass beim initialen Ladezustand in Bezug auf die Reaktivität und die Haltbarkeit der Elektrodenmaterialien optimale Bedingungen innerhalb der Zelle herrschen. Weiterhin ist der initiale Ladezustand so gewählt, dass ein erster Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und dem Druck der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese vollständig geladen ist, und ein zweiter Druckunterschied zwischen dem optimalen Druckwert und den Druck der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle, wenn diese vollständig entladen ist, im Wesentlichen den gleichen absoluten Wert annehmen. Dies bedeutet, dass während der Zyklisierung der Zelle der Druck innerhalb der Zelle bei annähernd gleicher negativer wie positiver Amplitude um den optimalen Druckwert schwankt. Dies bedeutet, dass über die gesamte Bandbreite des Ladezustandes die auf den optimalen Druckwert bezogene relative Druckänderung minimiert ist. Damit wirken sich die innerhalb der Zelle auftretenden Druckänderungen minimal auf das Aktivmaterial aus.
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Das Verfahren kann dadurch ergänzt werden, dass in einem weiteren Schritt die Lithium-haltige, elektrochemische Sekundärzelle zusätzlich formiert wird. Die Vorteile der unformiert hergestellten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle sind unmittelbar auf die formiert hergestellte Zelle, die aus der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle durch erstmaliges Laden und/oder Entladen hergestellt wird, übertragbar. Die Herstellung der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle bringt also die erfindungswesentlichen Merkmale in die Zelle ein, die durch Formierung aus der unformierten, Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle herstellbar ist.
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Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn bei dem Verfahren als Kathodenaktivmaterial ein Konversionsmaterial oder Schwefel und/oder als Anodenmaterial ein Konversionsmaterial oder metallisches Lithium eingesetzt wird.
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Als solche Konversionsmaterialien kommen für die Kathode insbesondere Metallfluoride und für die Anode insbesondere Silizium oder Silizium-basiertes Kompositmaterial in Betracht.
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Nach einer besonderen Variante wird eine metallische Lithium-Anode mit einer Schwefel-Kathode kombiniert. Diese Variante wird explizit erwähnt, da Schwefel nach dem Stand der Wissenschaft zu Lithium-haltigen elektrochemischen Energiespeichern uneinheitlich als Konversionsmaterial verstanden wird.
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Die Erfindung beruht auf den nachfolgend dargelegten Überlegungen:
In aktuellen Lithium-Ionen Batterien werden eine Anode, eine Kathode und ein Separator, der mit Elektrolyt getränkt ist, verbaut. In dieser Anordnung beinhaltet beim Zusammenbau der Materialien die Kathode das gesamte Reservoir an Lithium-Ionen, die während der Lebensdauer der Batterie in Anode und Kathode ein- und ausgelagert werden, siehe etwa T. Wöhrle in R. Korthauser, Handbuch Lithium-Ionen-Batterien, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013. Meist werden dabei Schichtmaterialien als Elektrodenaktivmaterialien verwendet, die die Fähigkeit besitzen, zwischen den Schichten reversibel Lithium-Ionen ein- und auszulagern. Das Ein- und Auslagern wird auch als Interkalieren und Deinterkalieren bezeichnet. Die relative Volumenänderung der eingesetzten Materialien ist beim Ein- und Auslagern im Allgemeinen relativ gering. Die Volumenänderung bei einer Graphitanode beträgt etwa bis zu ~10%. Ein gravierender Nachteil der konventionellen Interkalationsmaterialien ist jedoch deren begrenzte Speicherfähigkeit in Form der spezifischen Energie [Wh/kg] und der Energiedichte [Wh/L]) im Vergleich zu anderen Aktivmaterialien, die eine höhere spezifische Energie und Energiedichte von Lithium-haltigen Batterien ermöglichen. Dies geht auf deren Eigenschaft zurück, deutlich mehr Li-Atome pro Atome des Aktivmaterials zu speichern. Beispielsweise kommen anodenseitig Silizium-haltigen Materialien in Betracht, die theoretisch bis zu 4,4 Atome Li pro Si-Atom speichern können, wohingegen Graphit pro sechst C-Atome maximal ein Li-Atom einlagert. An der Kathode können beispielsweise sog. Konversionsmaterialien eingesetzt werden, die anders als Interkalationsmaterialien an den elektrochemischen Reaktionen als Reaktanten mit der Umwandlung von chemischen Bindungen teilnehmen. In Betracht kommen z.B. übergangsmetallhaltige Fluoride, Schwefel, etc. Diese Materialien besitzen ebenfalls die Fähigkeit mehr als nur 1 Li-Atom zu binden.
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Diese energetisch vorteilhaften Materialien zeigen jedoch bei der Lithiierung, d.h. bei der Aufnahme von Lithium in die jeweilige Elektrodenseite, eine deutlich stärkere Volumenänderungen im Vergleich zum delithiierten Zustand als z.B. die Klasse der Interkalationsmaterialien. Die Volumenausdehnung bei der Lithiierung einer Si-Anode von Si zu Li3,75Si beträgt z.B. etwa 300 %. Dieser Nachteil wirkt sich auf den Betrieb einer Lithium-haltigen Zelle enorm aus. Materialien mit starker Volumenänderung können durch den erhöhten Druckaufbau innerhalb des Zellgehäuses nicht vollständig lithiieren, so dass das Kapazitätspotential der Zelle schon deshalb nicht voll ausschöpfbar ist. Es liegt dann ungenutztes Aktivmaterial in der Elektrode vor, was die spezifische Energie und Energiedichte der Zelle bzw. Batterie, die aus mehreren Zellen aufgebaut ist, erniedrigt. Das ungenutzte Aktivmaterial erhöht zudem die Kosten der Zelle, da deren verfügbares Volumen nicht optimal nutzbar ist.
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Es wird deshalb vorgeschlagen, die Elektroden mit einem Aktivmaterial hoher Volumenausdehnung, auch als Expansionsmaterial bezeichnet, bei einem bestimmten, voreingestellten Ladezustand in das Gehäuse einzubauen. Idealerweise wird der Ladezustand (SoC) eingestellt, bei dem durch die positive und negative Volumenänderung beim Zyklisieren, d.h. beim Lithiieren und Delithiieren, eine annähernd gleich absolute Druckänderung bewirkt.
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Dadurch wird erreicht, dass einerseits die Ausdehnung der Materialien ermöglicht ist und der Bauraum optimal nutzbar ist. Es können als Expansionsmaterialien insbesondere Konversionsmaterialien oder auch Mischungen von Konversionsmaterialien und Kompositen als dienen.
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Die Vorteile von auf diese Weise hergestellten Zellen bestehen in der optimalen Ausnutzung des Zellbauraums und damit beispielsweise des begrenzten Batteriebauraums in einem Elektrofahrzeug bei gleichzeitig hoher Energiedichte und hoher spezifischer Energie. Außerdem können Stromkosten reduziert werden, wenn die Zelle erstmalig geladen, d.h. formiert wird, da die Zelle bereits teilgeladen hergestellt ist. Kosten werden auch deshalb optimiert, da kaum ungenutztes Aktivmaterial in der Elektrode vorliegt. Auch eine hohe Lebensdauer ist erwartbar, da die Druckschwankungen in der Zelle bei der Herstellung um voreinstellbaren, idealen Wert pendeln. Dadurch sind die mechanischen Belastungen für die Elektroden minimiert. Der vorlithiierte Verbau von Elektroden ist mit Lithium-haltigen Batteriesystemen der Zukunft kompatibel, da zukünftige Lithium-Systeme mit Silizium oder mit Konversionsmaterialien, die nicht gegen metallisches Lithium betrieben werden, nur mit Vorlithiierung wirtschaftlich sinnvoll hergestellt werden können. Dies liegt an einem relativ hohen Kapazitätsverlust von Konversionsmaterialien während der Formation ohne ein Vorlithiierung. Dieser Verlust kann durch einen Zusatz an Kathodenmaterial oder durch Vorlithiierung reduziert werden.
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Im Folgenden wird anhand der beigefügten Zeichnungen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung beschrieben. Daraus ergeben sich weitere Details, bevorzugte Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung. Im Einzelnen zeigt schematisch 1 den ladezustandsabhängigen Druckverlauf einer Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle.
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Es zeigt 1 gegen den Ladezustand einer Lithium-haltigen, elektrochemischen Sekundärzelle das spezifische Volumen des gesamten Aktivmaterials in der Zelle in ml je Nenn-Ah bezogen auf das entsprechende Volumen beim Ladezustand 0%. Demzufolge sind die gezeigten Kurven auf einen gemeinsamen Punkt beim Ladezustand 0% normiert, wobei die relative Volumenänderung der jeweiligen Materialkombination gegen den Ladezustand gezeigt ist. Dabei ist die durchgezogene Kurve auf die relative Volumenänderung für eine Zelle nach dem Stand der Technik mit der Materialkombination einer Graphitanode mit einer Kathode aus dem Interkalationsmaterial LiNi1/3Mn1/3Co1/3O4 (C-NMC) gerichtet. Es zeigt sich über den gesamten Bereich des Ladezustands nahezu keine Volumenänderung und damit keine Druckänderung in der Zelle. Der ideale Druckbereich in einer Lithium-haltigen Zelle liegt etwa bei 0,1–4 Megapascal.
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In 1 sind in analoger Weise die Kurven für die Materialkombination Siliziumanode gegen Eisen(III)-Fluorid-Kathode (Si-FeF3; gestrichelt gezeichnet) und Lithiumanode gegen Nickel(II)-Fluorid-Kathode (punktiert gezeichnet) dargestellt. In beiden Fällen zeigt sich eine signifikante relative Volumenzunahme des Aktivmaterials beim Laden der Zelle, der bei Si-FeF3 in etwa das 1,4-fache und bei LiNiF2 in etwa das 1,8-fache beträgt. Der Zusammenhang für die Materialkombination einer Lithiumanode gegen Nickel(II)-Fluorid-Kathode (Li-NiF2; punktiert gezeichnet) ist annähernd linear, so dass innerhalb der Zelle bei einem Ladezustand von etwa 50% der optimale Druck für Betrieb und Haltbarkeit der Zelle herrscht. Der Zusammenhang für die Materialkombination einer Siliziumanode gegen Eisen(III)-Fluorid-Kathode (gestrichelt gezeichnet) ist nichtlinear, so dass innerhalb der Zelle bei einem Ladezustand von etwa 65% der optimale Druck für Betrieb und Haltbarkeit der Zelle herrscht. Ausgehend von diesem Ladezustand bzw. optimalem Druck sind die Volumenänderungen und damit die Druckänderungen hin zur Vollladung (100% Ladezustand) bzw. hin zur Entladung (0% Ladezustand) absolut annähernd gleich.
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Die Neigung der Volumenausdehnung beim Laden und zur Volumenreduzierung der Zelle beim Entladen führt zu Druckschwankungen innerhalb der Zelle, die um den optimalen Druck zu absolut gleichen Teilen schwanken, da die Druckänderung innerhalb der Zelle mit der Volumenänderung in erster Näherung linear verläuft. Vorteilhaft ist es also, die Zelle beim optimalen Druck, d.h. etwa 50% Ladezustand für die Materialkombination einer Lithiumanode gegen Nickel(II)-Fluorid-Kathode und etwa 65% Ladezustand für die Materialkombination einer Siliziumanode gegen Eisen(III)-Fluorid-Kathode herzustellen. Im Fall der Materialkombination Siliziumanode gegen Eisen(III)-Fluorid-Kathode liegt der optimale Druck im Bereich von 0,1–12 Gigapascal (GPa), im Falle der Lithiumanode gegen Nickel(II)-Fluorid-Kathode liegt der optimale Druck im Bereich von 0,1–6,5 GPa.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- T. Wöhrle in R. Korthauser, Handbuch Lithium-Ionen-Batterien, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013. [0002]
- Nitta et al., Li-ion battery materials: present and future, Materials Today, vol. 18, nr. 5 [0002]
- T. Wöhrle in R. Korthauser, Handbuch Lithium-Ionen-Batterien, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013 [0023]