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Die Erfindung betrifft eine Rehabilitationsvorrichtung, insbesondere zur Verbesserung der Fingermotorik, entsprechend den im Oberbegriff des Anspruchs 1 stehenden Merkmalen.
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Mit Hilfe der Rehabilitationsvorrichtung soll eine Widerherstellung der Beweglichkeit und Motorik der Finger zum Beispiel nach einer Handverletzung oder einem Schlaganfall realisiert werden. Momentan ist die Rehabilitation der Fingerfunktion für den Patienten extrem zeitintensiv und monoton, wobei die Patienten häufig auch nach intensivem Ausführen der Übungen nur geringe Fortschritte verzeichnen können.
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Beim „Jugend forscht” Wettbewerb des Landes Nordrhein-Westfalen wurde im Wettbewerbsjahr 2014 ein Handschuh vorgestellt, mit dem virtuelle Objekte für den Menschen fühlbar gemacht werden sollen. Hierfür sind auf dem Handrücken des Handschuhs vier Motoren befestigt, die jeweils mittels eines Zugseils mit einem von vier Fingern verbunden sind. Durch eine selektive Inbetriebnahme der Motoren lassen sich die Finger einzeln oder gemeinsam anheben. Der Daumen ist dabei nicht berücksichtigt. Für Rehabilitationsmaßnahmen hat sich als nachteilig herausgestellt, dass nur ein eingeschränkter Bewegungsumfang trainiert werden kann und ein Absenken der Finger allein aufgrund der Schwerkraft erfolgt.
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Daher lag der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Rehabilitationsvorrichtung bereitzustellen, mit deren Hilfe sowohl eine Greifbewegung als auch ein unterstütztes Strecken der Finger trainiert werden kann.
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Die Aufgabe wird mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Jedes der Zugseile verläuft durchgehend von der Oberseite des Krafteinleitelementes über die motorisch angetriebene Seilscheibe über die Unterseite zurück zu dem jeweiligen Krafteinleitelement. Dabei können bevorzugt fünf Motoren mit fünf davon angetriebenen Seilscheiben vorhanden sein, mit deren Hilfe fünf Zugseile bewegt werden. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, alle Finger einer Hand gleichzeitig zu trainieren, wobei jeder Finger gezielt in eine bestimmte Position bewegt werden kann. In Abhängigkeit des ansteuerbaren Drehsinns der Motoren werden die Finger nach oben oder unten bewegt und führen somit eine Streck- oder Schließbewegung der Hand aus.
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Vorzugsweise sind mindestens ein am proximalen Ende des Fingers anbringbares Krafteinleitelement und ein am distalen Ende des Fingers anbringbares Krafteinleitelement vorgesehen. Diese Anordnung ist insbesondere für den Finger I (Daumen) ausreichend, da dieser nur ein Fingerendgelenk und zwei Fingerglieder aufweist. Die Finger II-V einer Hand bestehen jeweils aus drei Fingergliedern, die über zwei Gelenke miteinander verbunden sind. Besonders bevorzugt ist daher für diese Finger noch ein weiteres, mittleres Krafteinleitelement.
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Vorteilhafterweise ist jedes Krafteinleitelement als Fingerring mit einem oder mehreren daran angeformten Seilführungselement(en) ausgebildet. Die Fingerringe werden dann in axialer Richtung versetzt zueinander auf die Finger geschoben und sind dort klemmend gehalten. Auf den Daumen werden vorzugsweise zwei Fingerringe aufgeschoben und auf die weiteren Finger jeweils drei. Unter einem Seilführungselement wird in seiner einfachsten Ausführung eine geschlossene Öse verstanden, durch welche das Zugseil entweder gleitend hindurchgeführt oder an welcher das Zugseil befestigt ist. Als Seilführungselemente eignen sich auch Rohrabschnitte oder drehbar gelagerte Laufrollen, mit welchen sich Reibungsverluste verringern lassen.
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Eine alternative Ausführungsform kann darin bestehen, dass die Krafteinleitelemente aus an einem Handschuh oder einem Fingerling befestigten Seilführungselementen gebildet sind.
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Zweckmäßigerweise weist jedes Krafteinleitelement ein Seilführungselement an der Oberseite und ein Seilführungselement an der Unterseite des Fingers auf. Hierdurch lässt sich die Anzahl insbesondere der Fingerringe minimieren.
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Das erste Ende des Zugseils kann von der Seilscheibe durch ein erstes, oberes Seilführungselement des am proximalen Ende des Fingers angeordneten Krafteinleitelementes und ein zweites, oberes Seilführungselement des am distalen Ende des Fingers angeordneten Krafteinleitelementes verlaufen, an dem zweiten, oberen Seilführungselement umgelenkt und zu dem ersten, oberen Seilführungselement zurückgeführt und an diesem befestigt sein.
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Das zweite Ende des Zugseils kann von der Seilscheibe durch ein erstes, unteres Seilführungselement des am proximalen Ende des Fingers angeordneten Krafteinleitelementes hindurchgeführt und an einem zweiten, unteren Seilführungselement des distal angeordneten Krafteinleitelementes befestigt sein.
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Es hat sich als besonders vorteilhaft für die Finger II-V herausgestellt, wenn zwischen dem proximal und dem distal angeordneten Krafteinleitelement ein mittleres Krafteinleitelement angeordnet ist, durch dessen drittes, oberes Seilführungselement und/oder drittes, unteres Seilführungselement das Zugseil hindurchgeführt ist.
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Vorzugsweise kontaktiert das Zugseil mit einem Umschlingungswinkel von 180° stets eine Umfangsfläche der Seilscheibe, wobei der Umschlingungswinkel dem maximalen Drehwinkel der Motoren entspricht.
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Vorteilhafterweise ist die Seilscheibe zweiteilig aufgebaut und weist eine Unterscheibe sowie eine gegenüber dieser begrenzt drehbare Oberscheibe auf. Aufgrund dieser konstruktiven Maßnahme haben die Finger, trotz deren Verbindung über die Zugseile mit den Motoren, einen freien Bewegungsspielraum.
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Die Unterscheibe kann drehfest mit einer Antriebswelle des Motors verbunden sein und das Drehmoment und den Drehsinn auf die Oberscheibe übertragen, auf welche vorzugsweise das Zugseil aufgelegt und punktuell an dieser befestigt ist. Die punktuelle Befestigung verhindert ein Durchrutschen des Zugseils auf der Seilscheibe, wodurch der Bewegungsumfang des damit verbundenen Fingers verändert würde.
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Gemäß einer ersten, bevorzugten Ausführungsform ist an einer der Oberscheibe zugewandten Fläche der Unterscheibe ein Nockenpaar und an einer der Unterscheibe zugewandten Fläche der Oberscheibe ein Einzelnocken ausgebildet. Gemäß einer zweiten, alternativen Ausführungsform ist an einer der Oberscheibe zugewandten Fläche der Unterscheibe ein Einzelnocken und an einer der Unterscheibe zugewandten Fläche der Oberscheibe ein Nockenpaar ausgebildet. Sobald der Motor die Bewegung des Fingers übernimmt, dreht dieser die Unterscheibe solange, bis zum Beispiel ein Nocken des Nockenpaares gegen den Einzelnocken der Oberscheibe stößt und von dort an ein Drehmoment übertragen wird.
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Das Nockenpaar kann zwei in Umfangsrichtung um 180° versetzt zueinander angeordnete Nocken aufweisen.
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Zweckmäßigerweise überlappen sich der Einzelnocken und das Nockenpaar in axialer Richtung, so dass der Einzelnocken nach Ausführung einer Drehbewegung der Oberscheibe einen Nocken des Nockenpaares kontaktiert und die Oberscheibe mit der Unterscheibe versperrt.
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Vorteilhafterweise ist der Drehwinkel einer jeden Seilscheibe mittels eines zugehörigen Potentiometers erfasst. Durch diese Erfassung des Drehwinkels der Seilscheibe, insbesondere der Oberscheibe, kann der Verfahrweg des Zugseils bestimmt und somit die Position des Fingers bestimmt werden.
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Günstigerweise sind die Potentiometer an einem feststehenden Gehäuse der Betätigungseinheit und der jeweils zu sensierenden Oberscheibe befestigt. Als feststehendes Gehäuse werden beispielweise ein Außengehäuse der Betätigungseinheit oder auch ein ortsfest darin angeordneter Grundrahmen verstanden.
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Vorzugsweise ist in der Betätigungseinheit ein elektronisches Steuergerät vorgesehen, welches an die Motoren angeschlossen ist. Das Steuergerät umfasst insbesondere einen Mikrocontroller, der einen Prozessor und zugleich auch Peripheriefunktionen enthält.
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Das elektronische Steuergerät kann außerdem mittels einer Schnittstelle an einen externen Computer anschließbar sein. Über den Computer lassen sich Umfang und Intensität der vom Anwender zu absolvierenden Übungen bestimmen und eine entsprechende Übungsroutine starten beziehungsweise beenden. Hierdurch ist mit der Rehabilitationsvorrichtung eine abgestufte Intensität der Trainingsübungen möglich, bei welcher zum Beispiel dem Anwender zu Beginn der Therapie die Bewegungen zunächst an der eigenen Hand vorgemacht und die geschädigten Finger lediglich mobilisiert werden. Mit fortschreitender Therapie kann der Anwender zunehmend die Bewegungen eigenständig ausführen und die Rehabilitationsvorrichtung wirkt lediglich unterstützend. Am Ende der Therapie kann die Rehabilitationsvorrichtung nur noch als Kontrollinstrument dienen, welches die Bewegungsabläufe des Patienten überwacht.
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Es hat sich als besonders vorteilhaft herausgestellt, die Betätigungseinheit mittels einer Manschette am Unterarm zu befestigen. Aufgrund dieser Ausführungsform brauchen die Extremitäten nicht eingespannt zu werden und der Patient kann während des Ausführens der Übungen seine Sitz- oder Körperposition verändern, wodurch die Übungen sogar parallel zu anderen Tätigkeiten verrichtet werden können, was wesentlich zu einer Erhöhung der Trainingsmotivation beiträgt.
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Zum besseren Verständnis wird die Erfindung nachfolgend anhand von zwei Figuren näher erläutert. Dabei zeigen die
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1: eine perspektivische Ansicht auf die Rehabilitationsvorrichtung und
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2: eine Explosionsdarstellung der Betätigungseinheit.
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Die 1 zeigt in einer perspektivischen Ansicht eine Betätigungseinheit 20 und damit über Zugseile 30 verbundene Krafteinleitelemente 10, 11, 12.
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Die Betätigungseinheit 20 umfasst ein im Wesentlichen quaderförmiges und geschlossenes Gehäuse 28, an dessen Unterseite eine Manschette 50 angebracht ist, mit welcher die Betätigungseinheit 20 auf den Unterarm eines Anwenders für die Dauer der therapeutischen Übungen befestigbar ist.
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Die Krafteinleitelemente 10, 11, 12 sind aus Fingerringen 13 gebildet, die jeweils lösbar auf die Finger des Anwenders geschoben werden. In der Bildebene rechts ist lediglich eine paarweise Anordnung eines proximalen Krafteinleitelementes 10 und eines distalen Krafteinleitelementes 11 zu erkennen, die für den Gebrauch am Daumen vorgesehen sind. Die übrigen Anordnungen von Fingerringen 13 weisen jeweils ein proximales Krafteinleitelement 10, ein distales Krafteinleitelement 11 sowie ein zusätzliches, dazwischen angeordnetes, mittleres Krafteinleitelement 12 auf.
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Die Krafteinleitelemente 10, 11, 12 eines Fingers sind jeweils auf ihrer Oberseite A und auf ihrer Unterseite B über das gemeinsame, die Betätigungseinheit 20 durchlaufende Zugseil 30 verbunden. Jedes der insgesamt fünf Zugseile 30 lässt sich jedoch in ein erstes Ende 31 und ein zweites Ende 32 gliedern, wobei das erste Ende 31 von einem nicht weiter gezeigten Befestigungspunkt an einer Seilscheibe 22 (siehe 2) bis zu dem distalen Krafteinleitelement 11 verläuft und dabei auf der Oberseite A der Krafteinleitelemente 10, 11, 12 angeordnet ist. Das zweite Ende 32 erstreckt sich von dem Befestigungspunkt ebenfalls zu dem am distalen Ende des Fingers angeordneten Krafteinleitelement 11, verläuft dabei jedoch auf der Unterseite B der Krafteinleitelemente 10, 11, 12.
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Die ersten Enden 31 der Zugseile 30 treten im Bereich einer zu behandelnden Hand benachbarten Stirnwand 28a aus dem Gehäuse 28 heraus und verlaufen zunächst zu einem auf der Oberseite A des proximalen Krafteinleitelementes 10 befindlichen ersten, oberen Seilführungselement 14a, von dort zu einem auf der Oberseite A des mittleren Krafteinleitelementes 12 befindlichen dritten, oberen Seilführungselementes 14e und von dort zu einem auf der Oberseite A des distalen Krafteinleitelementes 11 befindlichen zweiten, oberen Seilführungselement 14b. An dem zweiten, oberen Seilführungselement 14b ist das erste Ende 31 um 180° umgelenkt und verläuft und von dort zurück durch die dritte, obere Seilführung 14e hindurch bis zu einem oberen Anknüpfungspunkt 33 im Bereich des ersten, oberen Seilführungselementes 14a. Sofern Seilführungselemente 14a–f, wie dargestellt, in Form einer geschlossenen Öse ausgebildet sind, kann diese selbst als Anknüpfungspunkt 33, 34 dienen. Andernfalls kann der Anknüpfungspunkt 33 auch an anderer Selle des proximalen Krafteinleitelementes 10 angeordnet sein.
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Im Bereich des Daumens erstreckt sich das erste Ende 31 unmittelbar vom ersten, oberen Seilführungselement 14a zu dem zweiten, oberen Seilführungselement 14b und von dort zurück zu den ersten, oberen Seilführungselement 14a, das auch hier als oberer Anknüpfungspunkt 33 dient.
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Das zweite Ende 32 des Zugseils 30 tritt auf der Unterseite des Gehäuses 28 der Betätigungseinheit 20 heraus und ist durch eine auf der Unterseite der Manschette 50 angeordnete Leitöse 51 gebündelt. An der Leitöse 51 fächern sich die fünf zweiten Enden 32 der Zugseile 30 auf und verlaufen jeweils zunächst durch ein am proximalen Krafteinleitelement 10 auf der Unterseite B angebrachten erstes, unteres Seilführungselement 14c und ein am mittleren Krafteinleitelement 12 auf der Unterseite B angebrachtes drittes, unteres Seilführungselement 14f hindurch. Von dem dritten, unteren Seilführungselement 14f verläuft das zweite Ende 32 bis zu einem auf der Unterseite B des distalen Krafteinleitelementes 11 angeordneten zweiten, unteren Seilführungselement 14d und ist dort an einem unteren Anknüpfungspunkt 34 befestigt.
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Bei einer Inbetriebnahme von Motoren 21 und Seilscheiben 22 (siehe beides 2) verlängert sich das erste Ende 31 und das Maß, um welches sich das zweite Ende 32 verkürzt.
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Die 2 zeigt eine Explosionsdarstellung der Betätigungseinheit 20, in dessen Gehäuses 28 ortsfest ein Grundrahmen 28b angeordnet ist, welcher insgesamt fünf Motoren 21 und überdies deren elektronisches Steuergerät 29 aufnimmt. An einer Antriebswelle 21a eines jeden Motors 21 greift die Seilscheibe 22 an, die aus einer Unterscheibe 24 und einer Oberscheibe 25 zusammengesetzt ist. Von der Unterscheibe 24 erstrecken sich in Richtung der Oberscheibe 25 zwei Nocken 26a, 26b eines Nockenpaares 26. Seitens der Oberscheibe 25 ragt ein Einzelnocken 27 in Richtung der Unterscheibe 24, wobei in zusammengesetztem Zustand der Seilscheibe 22 der Einzelnocken 27 zwischen den Nocken 26a, 26b steht. Eine freie Rotation der Oberscheibe 25 ist solange möglich, bis der Einzelnocken 27 gegen einen der Nocken 26a, 26b stößt. Nach einer Kontaktierung des Einzelnockens 27 mit den Nocken 26a, 26b wird das von dem jeweiligen Motor 21 bereitgestellte Drehmoment auf die Oberscheibe 25 übertragen und das an deren Umfangsfläche 23 aufliegende Zugseil 30 (siehe 1) in Bewegung versetzt.
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Der Betrag des von der Oberscheibe 25 bewegten Zugseils 30 wird indirekt über Potentiometer 40 gemessen. Die Potentiometer 40 greifen hierfür jeweils an der tatsächlich bewegten Oberscheibe 25 an und sind gegenüber dem Gehäuse 28 und/oder einem Grundrahmen 28a ortsfest gehalten.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- proximales Krafteinleitelement
- 11
- distales Krafteinleitelement
- 12
- mittleres Krafteinleitelement
- 13
- Fingerring
- 14a
- erstes, oberes Seilführungselement
- 14b
- zweites, oberes Seilführungselement
- 14c
- erstes, unteres Seilführungselement
- 14d
- zweites, unteres Seilführungselement
- 14e
- drittes, oberes Seilführungselement
- 14f
- drittes, unteres Seilführungselement
- 20
- Betätigungseinheit
- 21
- Motor
- 21a
- Antriebswelle
- 22
- Seilscheibe
- 23
- Umfangsfläche Seilscheibe
- 24
- Unterscheibe Seilscheibe
- 25
- Oberscheibe Seilscheibe
- 26
- Nockenpaar
- 26a
- erster Nocken, Nockenpaar
- 26b
- zweiter Nocken, Nockenpaar
- 27
- Einzelnocken
- 28
- Gehäuse Betätigungseinheit
- 28a
- Stirnseite Gehäuse
- 28b
- Grundrahmen Gehäuse
- 29
- elektronisches Steuergerät
- 30
- Zugseil
- 31
- erstes Ende Zugseil
- 32
- zweites Ende Zugseil
- 33
- oberer Anknüpfungspunkt
- 34
- unterer Anknüpfungspunkt
- 40
- Potentiometer
- 50
- Manschette
- 51
- Leitöse
- A
- Oberseite
- B
- Unterseite