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Die Erfindung betrifft eine Walzstange als Innenwerkzeug beim Herstellen von nahtlosen metallischen Hohlkörpern, insbesondere beim Strecken von metallischen Hohlblöcken zu nahtlosen Rohren mittels eines mehrgerüstigen Walzwerks, mit einer eine Nitrierschicht aufweisenden Oberfläche. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines nahtlos warmgewalzten metallischen Hohlkörpers, insbesondere Stahlrohres, bei dem ein zuvor erzeugter Hohlblock über eine darin eingefädelte Walzstange gemäß der vorliegenden Erfindung, in einem mehrgerüstigen Walzwerk einem Streckvorgang unterzogen und die Walzstange vor dem Walzeinsatz, also dem Beginn des Einfädelns in den Hohlblock, mit einem flüssigen Schmiermittel versehen und welches anschließend getrocknet wird.
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Nach der Erfindung der Brüder Mannesmann, aus einem erwärmten Block ein dickwandiges Hohlblockrohr durch Walzen zu erzeugen, hat es verschiedene Vorschläge gegeben, dieses Hohlblockrohr in gleicher Hitze in einer weiteren Warmarbeitsstufe zu strecken, auf das in einer dritten Walzstufe ein Reduzieren des Außendurchmessers auf den Fertigdurchmesser des Walzwerks erfolgt. Stichworte dazu sind das Pilgerschrittverfahren, das Stoßbankverfahren, das Stopfenwalzverfahren und das Stangenwalzverfahren. In der ersten Walzstufe erzeugt ein Schrägwalzwerk aus einem im Regelfall massiven Block einen sogenannten Hohlblock. In Ausnahmefällen können statt massiver Blöcke auch vorgebohrte Blöcke zum Einsatz kommen. In der zweiten Walzstufe wird der Hohlblock gestreckt, wobei dafür heute überwiegend mehrgerüstige Stangenwalzwerke eingesetzt werden. Das Strecken des in das Walzwerk einlaufenden etwa 1000 bis 1200°C heißen Hohlblocks erfolgt dabei über eine Walzstange. Dazu wird die Walzstange in den Hohlblock eingefädelt und meist über eine angetriebene Transportwalze zum ersten Walzgerüst befördert. Die Anzahl der Walzen pro Gerüst beträgt üblicherweise mindestens zwei, heute häufig auch drei, wobei sich der Prozessablauf wie folgt darstellt.
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Stangenwalzwerke werden zum einen unterschieden nach der Art, wie die Stangengeschwindigkeit kontrolliert wird, und zum anderen nach der Anzahl der Walzen pro Gerüst, wobei zwei oder drei Walzen vorhanden sein können. Es sind immer mehrere Gerüste hintereinandergeschaltet. Bei der hier betrachteten Verfahrensvariante bewegt sich die Walzstange beim eigentlichen Walzvorgang mit einer konstanten Geschwindigkeit durch das Walzwerk. Dazu muss diese von einem elektromechanischen System zurückgehalten und für die konstante Walzstangengeschwindigkeit auch kontrolliert geführt werden. Das Rückhaltesystem wird Retainer genannt. Damit der zu walzende Hohlblock nach dem Einfädeln der Walzstange in den Hohlblock bei der Längsstreckung während des Walzens auf der Walzstange gleiten kann, muss diese zuvor mit einem Schmiermittel versehen sein. Üblicherweise wird dafür ein graphithaltiges Schmiermittel in flüssiger Form auf die Walzstange aufgesprüht und bei Temperaturen von 80 bis 130°C getrocknet. Bei niedrigeren Temperaturen trocknet das Schmiermittel nicht sicher vollständig aus, bei höheren Temperaturen kommt es zum sogenannten Leidenfrosteffekt, wodurch sich keine gleichmäßige Schicht einstellt und Teile der Oberfläche ungeschmiert bleiben. Es wird deshalb versucht, die Trocknung bei Temperaturen unterhalb von 100°C durchzuführen.
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Zusätzlich zur Schmierung der Walzstange werden gemäß der europäischen Patentschrift
EP 1 775 038 B1 vor dem Streckvorgang im Stangenwalzwerk, die zu walzenden Hohlblöcke innen mit einem De-Oxidationsmittel (z. B. Borax) besprüht, um den nach dem Walzen des Hohlblocks entstandenen Zunder aufzulösen, wobei der gelöste Zunder wie eine zusätzliche Schmierung wirkt. Nachteilig ist hierbei die Verwendung von Borax, das genverändernd wirken kann und auf dessen Verwendung deshalb verzichtet werden sollte.
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Der auf der Walzstange befindliche Hohlblock wird dann im Stangenwalzwerk zu einem sogenannten Mutterrohr ausgewalzt. Mutterrohr deshalb, weil in der dritten Walzstufe durch Maßwalzen oder Streckreduzieren aus der gleichen Mutterrohrabmessung Rohre mit verschiedenen Fertigdurchmessern erzeugt werden können. Die Walzstange selbst besteht im Regelfall aus einem Arbeitsteil und einem Blindteil. Der Blindteil ist erforderlich, um prozesstechnisch notwendige Distanzen zu überbrücken. Auf dem Blindteil der Walzstange wird deshalb nicht gewalzt. Im Folgenden wird der Einfachheit halber der Begriff Stangenlänge für die Länge des Arbeitsteils verwendet.
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Obwohl üblicherweise als Stangenwerkstoff hochwarmfeste Stähle auf Basis Chrom-Molybdän eingesetzt werden, sind besonders die schwer umformbaren Werkstoffe problematisch zu walzen. Solche Werkstoffe enthalten häufig Chrom, wie z. B. 100 Cr6 oder die korrosionsbeständigen Stähle für den Energiesektor mit Chromgehalten größer 5 Gew.-%. Die Walzstange wird durch diese Werkstoffe übermäßig thermisch und abrasiv beansprucht und die Standzeit der Walzstange deutlich reduziert. Mit zunehmendem Chrom-Gehalt der Stähle nimmt dieses Problem zu. Zudem ist die Gefahr von Fehlern an der Innenoberfläche der Rohre durch frühzeitig verschlissene Walzstangen deutlich erhöht.
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Zur Minimierung des Reibbeiwertes ist aus der deutschen Offenlegungsschrift
DE 37 42 155 A1 bekannt, die Walzstangenoberfläche zu verchromen und ein Schmiermittel aufzubringen. Beim Verchromen wird jedoch giftiges und umweltschädliches Chrom VI freigesetzt, weshalb Alternativlösungen gesucht wurden.
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Um die Standzeit dieser hoch thermisch und abrasiv beanspruchten Walzstangen beim Walzen insbesondere chromhaltiger Stähle zu erhöhen und reibungsbedingte Fehler an den Innenoberflächen der Rohre zu minimieren, ist es aus der japanischen Offenlegungsschrift
JP 06262220 A bekannt, die Walzstangen anstatt zu verchromen mit einer Nitrierschicht zu versehen, die eine Rauigkeit von 0,5 bis 5,0 μm aufweist. Angaben zu erforderlichen Schichtdicken werden nicht gegeben.
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In der japanischen Offenlegung
JP 2009045632 A wird zum Erzielen einer ausgezeichneten Lebensdauer der Walzstange die nitrierte Schicht um eine darauf aufzubringende Oxidschicht ergänzt. Die Schichtdicke der Nitrierschicht wird mit 50–500 Mikrometer, die Oxidschicht mit 3–20 Mikrometer angegeben.
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Bei Versuchen hat sich herausgestellt, dass beim Abreißen des Schmierfilms während des Walzens nitrierte Oberflächen zwar über Notlaufeigenschaften verfügen, die Standzeit der so behandelten Walzstangen aber noch nicht wesentlich verbessert und Fehler an den Innenoberflächen der Rohre noch nicht wesentlich verringert werden konnten.
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Die Schwierigkeit der Verwendung von an sich bekannten oberflächennitrierten Walzstangen besteht darin, den gesamten Prozess, von der Herstellung der Walzstangen über die Vorbehandlung des Hohlblocks, das Schmieren der Stange und den Walzprozess selbst, so aufeinander abzustimmen, dass sowohl für Stahlrohre aus unlegierten Stahlgüten bis hin zu schwer warmumformbaren chromhaltigen Stählen ein gesicherter Walzprozess gewährleistet ist.
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Des Weiteren ist aus der deutschen Patentschrift
DE 197 14 317 C1 bereits ein Walzdorn bekannt, der mittels eines PVD(Physical Vapour Deposition-Verfahren mit einer Oberflächenschicht auf CrN-Basis versehen ist.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine Walzstange als Innenwerkzeug beim Herstellen von nahtlosen metallischen Hohlkörpern, insbesondere beim Strecken von metallischen Hohlblöcken zu nahtlosen Rohren mittels eines mehrgerüstigen Walzwerks, und ein Verfahren zur Herstellung eines nahtlos warmgewalzten metallischen Hohlkörpers, insbesondere Stahlrohres, anzugeben, womit bei schwer umformbaren Rohrwerkstoffen, insbesondere chromhaltigen Rohrwerkstoffen, eine verbesserte Standzeit der Walzstange erreicht und beim Walzen entstehende Fehler an der Innenoberfläche des Rohres wirksam minimiert beziehungsweise vermieden werden. Weiter soll im Vergleich zu den bekannten nitrierten Walzstangen eine vergleichbare oder bessere Lebensdauer unter Verzicht auf das De-Oxidieren der Hohlblockinnenoberfläche mit boraxhaltigen Mitteln erzielt werden.
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Für die Walzstange wird diese Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Für das Verfahren wird diese Aufgabe durch die Merkmale des Anspruches 7 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Walzstange und des Verfahrens sind Gegenstand von Unteransprüchen.
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Nach der Lehre der Erfindung wird eine Walzstange als Innenwerkzeug beim Herstellen von nahtlosen metallischen Hohlkörpern, insbesondere beim Strecken von metallischen Hohlblöcken zu nahtlosen Rohren mittels eines mehrgerüstigen Walzwerks, verwendet, mit einer eine Nitrierschicht aufweisenden Oberfläche, wobei die Walzstange aus einem warmfesten Stahlwerkstoff besteht
- – mit einem Chromäquivalent Cräq. von mehr als 6,5, berechnet nach Cräq. = % Cr + % Mo + 1,5 × % Si + 0,5 × % Nb + 2 × % Ti (1),
- – mit einer Mindesthärte von 200 HV 0,5, gemessen 0,5 mm unter der Oberfläche der Walzstange,
- – mit einer Streckgrenze von mindestens 450 MPa bei 500°C und
- – mit einer Zugfestigkeit von mindestens 600 MPa bei 500°C, und
- – die Nitrierschicht ausgehend von der Oberfläche eine Tiefe von mehr als 0,15 mm und eine Nitrierhärte von mehr als 950 HV 0,5 aufweist.
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Des Weiteren stellt die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines nahtlos warmgewalzten metallischen Hohlkörpers, insbesondere Stahlrohres, bei dem ein zuvor erzeugter Hohlblock über eine darin eingefädelte und zuvor beschriebene erfindungsgemäße Walzstange in einem mehrgerüstigen Walzwerk einem Streckvorgang unterzogen und die Walzstange vor dem Walzeinsatz, also dem Beginn des Einfädelns in den Hohlblock, mit einem flüssigen Schmiermittel versehen und welches anschließend getrocknet wird, wobei die Walzstange mit einem Spiel im Sinne eines umlaufenden Umfangsspiels zum Innendurchmesser des Hohlblocks von mindestens 10 mm eingefädelt wird und der Hohlblock unmittelbar vor dem Beginn des Einfädelns der Stange eine mittlere Temperatur von mindestens 1000°C aufweist und die Stangengeschwindigkeit VST beim Walzen in einem Stangenwalzwerk im Sinne einer Maximalgeschwindigkeit den folgenden Bedingungen genügt:
- – VSTmax = 0,9 × Stangenlänge/Walzzeit letztes Gerüst (3),
- – VSTmax = 0,9 × VMmin (4),
wobei VMmin die Mindestgeschwindigkeit des Rohrmaterials beim Walzen im Stangenwalzwerk ist.
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Im Sinne der Erfindung ist unter einer Walzstange eine Stange zu erstehen, die entgegen einer Dornstange keinen Kopf mit vergrößerten Durchmesser aufweist sondern eine Stange mit einer runden Querschnitt mit gleichbleibender Größe ist.
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Das vorgeschlagene Verfahren und die dafür verwendete Walzstange haben den Vorteil, dass jetzt auch Hohlkörper aus schwer umformbaren Werkstoffen mit optimaler Innenoberfläche wirtschaftlich herstellbar sind bei gleichzeitig deutlich erhöhter Standzeit der Walzstange.
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Dabei hat sich bei Versuchen überraschend herausgestellt, dass erst die Kombination der erfindungsgemäßen Merkmale aus Walzstangenwerkstoff, Nitrierschicht und Länge des Arbeitsteils der Walzstange den erhofften Erfolg beschert.
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Im Rahmen der durchgeführten Versuche wurden in einem ersten Schritt aus der Menge der Warmarbeitsstähle diejenigen ausgewählt, die für das Nitrieren geeignet sind und eine für den Walzprozess ausreichende Grundhärte ausweisen. Aus Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass hierfür ein Chromäquivalent von größer 6,5 erforderlich ist, wobei sich hier das Chromäquivalent nach folgender Gleichung berechnet: Cräq. = % Cr + % Mo + 1,5 × % Si + 0,5 × % Nb + 2 × % Ti (1)
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Um erfolgreich das Einfahren von Walzstangen zu gewährleisten, muss vor dem Nitrieren die Stangenoberfläche eine bestimmte Mindesthärte aufweisen. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Grenze bei 200 HV 0,5 gemessen 0,5 mm unter der Oberfläche der unnitrierten Stange liegt. Es ist hierbei von Vorteil, wenn diese Mindesthärte bis in den Kern der Stange reicht, wobei bei 50% des Durchmessers der Walzstange noch mindestens 60% der Mindesthärte vorhanden sein sollten.
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Das Aufbringen der Nitrierschicht auf die Walzstange geschieht nach einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung bei einer Temperatur, die maximal 20% unterhalb der Anlasstemperatur des Stahlwerkstoffs der Walzstange liegt.
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Für das Nitrieren spielt die Methode, ob Gas- oder Plasma-basiert, keine Rolle. Wichtig ist allein die Ausbildung der Nitrierschicht in der geforderten Ausprägung. Diese sollte vorteilhaft eine Nitrierhärtetiefe von mehr als 0,15 mm aufweisen. Weiter ist eine oberflächennahe Härte von mehr als 950 HV 0,5 notwendig, gemessen an Querschliffen von beim Nitrierprozess mitlaufenden Referenzproben. Die folgende Tabelle 1a zeigt die chemische Zusammensetzung verschiedener untersuchter Stangenwerkstoffe.
Material | | C | Si | Mn | Cr | Mo | V |
A | min | 0,3 | 0,7 | 0,4 | 4,5 | 1 | 0,8 |
max | 0,4 | 1,2 | 0,6 | 5,5 | 1,2 | 1 |
B | min | 0,33 | 0,8 | 0,25 | 4,8 | 1,1 | 0,3 |
max | 0,41 | 1,2 | 0,5 | 5,5 | 1,5 | 0,5 |
C | min | 0,35 | 0,8 | 0,25 | 4,8 | 1,2 | 0,85 |
max | 0,42 | 1,2 | 0,5 | 5,5 | 1,5 | 1,15 |
D | Ref. | 0,32 | 0,2 | 0,2 | 3 | 2,8 | 0,5 |
E | Ref. | 0,55 | 0,3 | 0,8 | 1,1 | 0,45 | 0,1 |
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Die nachfolgende Tabelle 1b zeigt die errechneten Werte für das Chromäquivalent Cr
äq – berechnet nach der Gleichung (1) Cr
äq. (Gew.-%) = % Cr + % Mo + 1,5 × % Si + 0,5 × % Nb + 2 × % Ti und ob eine ausreichende Nitrierschichtdicke, Nitrierschichttiefe und Grundhärte erreicht wurden.
Material | | Cräq. | ausreichende Nitrierschichtdicke, Nitrierschichttiefe und Grundhärte |
A | min | 6,6 | ja |
max | 8,5 |
B | min | 7,1 | ja |
max | 8,8 |
C | min | 7,2 | ja |
max | 8,8 |
D | Ref. | 6,1 | nein |
E | Ref. | 2,0 | nein |
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Die Werkstoffe A, B und C haben ein Chromäquivalent, welches über dem geforderten Wert von 6,5 liegt, während die Referenzwerkstoffe D und E niedrigere Werte aufweisen.
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Für die ersten zwei Stangenmaterialien A, B nach Tabellen 1a und 1b zeigt 1, welche Härte und welche Nitrierschichttiefen beim Nitrieren erzielt wurden. Dabei ist zu erkennen, dass die geforderte Mindesthärte von 200 HV 0,5 sicher auch bei größeren Tiefen als 0,5 mm ausgehend von der Oberfläche der Walzstange erreicht wird.
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Da sich beim Walzen die Walzstangen deutlich, im Regelfall auf über 500°C, an der Oberfläche erwärmen und damit diese Erwärmung nicht zu Festigkeitsverlusten oder Schädigungen führt, muss der verwendete Warmarbeitsstahl zusätzlich zu dem bereits genannten Chromäquivalent noch eine Streckgrenze von mindestens 450 MPa und eine Zugfestigkeit von mindestens 600 MPa bei 500°C aufweisen.
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Auch das Schmiermittel muss bestimmten Bedingungen genügen. Schmiermittel enthalten beim Aufsprühen auf die Walzstange noch Wasser, das möglichst vor dem Einfädeln in den Hohlblock vollständig verdampft sein sollte. Damit ein vollständiges Verdampfen gewährleistet ist, sollte die Oberflächentemperatur der Walzstange vor dem Aufbringen des Schmiermittels vorteilhaft mindestens 70°C betragen.
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Bei den Versuchen hat sich außerdem herausgestellt, dass als verbleibende Trockenmenge ein Flächengewicht von mindestens 40 g/m2 Schmiermittel auf der Walzstange erforderlich ist, um eine ausreichende Schmierwirkung während des Walzens zu gewährleisten. Als besonders vorteilhaft hat es sich beim Walzen von Stählen mit einem Chromanteil von mehr als 5 Gew.-% herausgestellt, wenn eine mindestens doppelt so große Trockenmenge an Schmiermittel, also mindestens 80 g/m2, auf die Walzstange aufgebracht wird. Die aufgebrachte Menge des Schmiermittels ist hier auf die Oberfläche der Walzstange bezogen.
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Es hat sich weiterhin bei den Versuchen herausgestellt, dass eine Zeit nach dem Ende des Schmiermittelauftrags auf die Walzstange bis zum Beginn des Einfädelns der Walzstange in den Hohlblock von mindestens 60 Sekunden erforderlich ist, damit das Schmiermittel ausreichend trocknen kann.
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Für die Lebensdauer der Stange ist es darüber hinaus förderlich, wenn die Belastung auf eine möglichst große Länge verteilt wird. Andererseits darf der Arbeitsteil der Walzstange LST nicht zu lang werden, da sonst die Stangengewichte zu groß werden. Als besonders vorteilhaft hat sich herausgestellt, wenn die Stangenlänge auf maximal 50% der im Stangenwalzwerk maximal möglichen Walzlänge begrenzt wird.
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Hierfür gilt die Formel:
- – LSTmax = 0,5 × maximale Rohrauslauflänge, letztes Gerüst eines mehrgerüstigen Walzwerks (2).
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Hierbei besteht die Walzstange aus einem Arbeitsteil und einem Blindteil, wobei zumindest das Arbeitsteil mit der Nitrierschicht versehen ist.
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Gleichzeitig darf die Geschwindigkeit der Stange VST einen maximalen Wert für das Verhältnis Stangenlänge/Walzzeit nicht überschreiten, weil sonst der Arbeitsbereich der Stangen beim Walzen überschritten wird. Als Walzzeit ist hier die Walzzeit des letzten Gerüstes des Stangenwalzwerks definiert.
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Für einen gesicherten Prozessablauf empfiehlt es sich jedoch, die mögliche Geschwindigkeit nicht komplett auszunutzen und eine Obergrenze von 90% dieses Wertes nicht zu überschreiten.
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Es gilt die Formel: VSTmax = 0,9 × Stangenlänge/Walzzeit letztes Gerüst.
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Zudem darf die Stangengeschwindigkeit VST nie die Geschwindigkeit VM des Rohrmaterials beim Walzen im Stangenwalzwerk überschreiten, da sich sonst die Richtung der Reibkräfte umkehrt. Auch hier ist eine Begrenzung auf 90% des maximal erlaubten Wertes der Mindestgeschwindigkeit des Rohrmaterials VMmin sinnvoll.
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Es gilt also die Formel: VSTmax = 0,9 × VMmin
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Zwei weitere Größen, die einen entscheidenden Einfluss auf das erfolgreiche Verwenden von nitrierten Walzstangen haben, sind die Differenz von Hohlblockinnendurchmesser zum Walzstangendurchmesser, Spiel genannt, und die Temperatur des Hohlblocks im Moment des Einfädelns der Walzstange.
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Um ein mögliches Abstreifen des Schmiermittels von der Walzstange beim Einfädeln in den Hohlblock zu vermeiden und dennoch ein sicheres Einfädeln zu gewährleisten, sollte dieses Spiel mindestens 10 mm betragen und die mittlere Temperatur des Hohlblocks über 1000°C liegen.
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Wenngleich mit der erfindungsgemäßen Walzstange und dem erfindungsgemäßen Walzverfahren schon hervorragende Standzeiten der Walzstangen realisiert werden können, ohne dass es einer zusätzlichen De-Oxidierung der Innenoberfläche des Hohlblocks bedarf, kann es bei sehr schwer umzuformenden Werkstoffen fallweise vorteilhaft sein, eine zusätzliche De-Oxidation vorzunehmen, wobei dann das Flächengewicht des De-Oxidationsmittels mindestens 100 g/m2 und die Zeit zwischen dem Ende des Aufbringens des De-Oxidationsmittels und dem Beginn des Walzens auf der Walzstange mindestens 30 s betragen sollte. Die aufgebrachte Menge des De-Oxidationsmittels ist dabei bezogen auf die Innenoberfläche des Hohlblocks.
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Untersuchungsergebnisse zum Reibverhalten von unbehandelten, verchromten und nitrierten Walzstangen in Verbindung mit unterschiedlichen Schmiermitteln sind in 2 dargestellt.
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Es zeigt sich, dass die verchromte und geschmierte Oberfläche sogar schlechtere Werte für den Reibwertindikator ergibt als die unbehandelte, geschmierte Oberfläche (nicht in 2 dargestellt). Weiter ist zu sehen, dass die ungeschmierte, nitrierte Oberfläche über sehr gute Notlaufeigenschaften verfügt. Der zugehörige Reibwertindikator liegt bereits nach kurzer Zeit deutlich unter den Werten für die geschmierten, verchromten Oberflächen. Diese Abhängigkeiten sind weitgehend unabhängig von den unterschiedlichen Schmiermitteln 1 oder 2.
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Dieses Verhalten ist auch aus der Praxis bekannt. Das Schmiermittel haftet schlecht auf neu verchromten Stangen, so dass hier das De-Oxidieren des Hohlblocks, welches einen zusätzlichen Schmierfilm bewirkt, die Schmierung unterstützen muss. Zudem werden häufig weitere Maßnahmen wie Doppelschmieren oder Sonderschmiermittel zum Einfahren der Walzstange eingesetzt, was sehr aufwändig ist und zusätzliche Kosten verursacht.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Nitrierung der Oberfläche der erfindungsgemäßen Walzstange so ausgeführt, dass die Bildung von zur Oberfläche hin offenen Poren begünstigt wird, die als Schmiermitteltaschen bzw. Reservoire wirken und so die Standzeit der Walzstange durch verbesserte Schmierung erhöhen.