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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Schließeinheit einer Formgebungsmaschine gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sowie eine Formgebungsmaschine mit einer derartigen Schließeinheit.
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Unter einer Formgebungsmaschine ist dabei eine Spritzgießmaschine, eine Spritzpresse, eine Presse oder dergleichen zu verstehen. Der Einfachheit halber wird im Folgenden häufig Bezug auf eine Spritzgießmaschine genommen, wobei die Aussagen in der Beschreibung des Standes der Technik auch allgemein für Formgebungsmaschinen gültig sind.
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Ein Hauptaugenmerk bei der Entwicklung von Schließeinheiten für Spritzgießmaschinen liegt auf der Genauigkeit der Führung der beweglichen Formaufspannplatte, da dies unter anderem die Plattenparallelität und damit die Produktqualität wesentlich beeinflusst. Im Zuge dessen kommen für die Führung der beweglichen Formaufspannplatte präzise Linearführungen, beispielsweise mit Rollenketten, zum Einsatz.
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Dies hat aber zur Folge, dass die durch die Schließkraft verursachten Verformungen der Formaufspannplatten und des Maschinenrahmens eine sehr viel stärkere Belastung der Linearführungen quer zur Maschinenachse nach sich ziehen.
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Der Mechanismus, welcher dazu führt, sei für den Fall einer Schließeinheit mit vier Holmen kurz beschrieben. Durch die Holme wird die Schließkraft zwischen den beiden Formaufspannplatten vermittelt, was zu Verformung derselben führt. Da die feste Formaufspannplatte mit dem Maschinenrahmen verschraubt ist, wird auch eine Verformung des Maschinenrahmens und insbesondere seiner Wangen induziert.
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Ein ähnlicher Vorgang findet an der beweglichen Formaufspannplatte statt, was in einer Verformung des Unterstützungsträgers der Formaufspannplatte und des Führungsschuhs resultiert. Es entsteht also eine Situation, bei der die Wangen des Maschinenrahmens zwei verschiedene Verformungseinflüsse erfahren. Im Wesentlichen handelt es sich dabei zum einen um Biegung und zum anderen um Torsionen mit verschiedenen – wenn auch parallelen – Achsen mit unterschiedlichem Drehsinn. Als Resultat steht das gesamte, beschriebene System unter hoher Spannung.
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Linearführungen, die gleichzeitig diese hohen Spannungen tolerieren und die erforderliche Präzision bieten, sind derzeit nicht verfügbar. Um Beschädigungen der Linearführungen, insbesondere der Laufwägen beziehungsweise Wälzkörper, welche durch diese hohen Belastungen verursacht werden, zu verhindern, werden auftretende Verformungen mithilfe einer speziell gestalteten Unterstützung beziehungsweise Führung der beweglichen Formaufspannplatte ausgeglichen. Siehe hierzu beispielsweise die
DE 41 41 259 A1 oder die
DE 10 2011 104 535 B3 . Beide in diesen Schriften vorgestellte Lösungen sind recht aufwändig.
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Der Maschinenrahmen hingegen wird so steif wie möglich gestaltet. Dies geschieht, um die korrekte Positionierung der Formaufspannplatte sicherzustellen. Dazu zählt zum einen die Plattenparallelität, zum anderen die Plattenzentrierung – ein etwaiger Versatz der Plattenmitten ist so gering wie möglich zu halten.
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Schließeinheit für eine Formgebungsmaschine sowie eine Formgebungsmaschine mit einer derartigen Schließeinheit bereitzustellen, welche einerseits eine präzise Führung der beweglichen Formaufspannplatte erlauben und welche andererseits haltbar und wenig aufwändig konstruiert sind.
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Diese Aufgabe wird durch eine Schließeinheit mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und einer Formgebungsmaschine mit den Merkmalen des Anspruchs 6 gelöst.
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Dies geschieht, indem der wenigstens eine Führungsträger als Verformungselement ausgeführt ist, der in einer horizontalen Verformungsrichtung, welche quer zur Maschinenachse liegt, flexibler als die Führungsschuhe ausgebildet ist und jene Kräfte, welche durch die Verformung der beweglichen Formaufspannplatte und/oder einer festen Formaufspannplatte unter Schließkraft in den Maschinenrahmen eingeleitet werden, zumindest teilweise durch Verformung ausgleicht. Es können also nicht nur die Führungsschuhe, sondern auch der Rahmen durch flexible Gestaltung zur Aufnahme von Verformungsspannungen und Kräften genützt werden. Eine der Grundideen der Erfindung besteht darin, dass der Rahmen einer Schließeinheit so gestaltet werden kann, dass er für Belastungen, welche durch die Schließkraft auftreten, flexibel reagiert, während für Belastungen, welche durch die Gewichtskraft der beweglichen Formaufspannplatte auftreten, eine hohe Steifigkeit zur Verfügung steht.
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Die Erfindung kann sowohl mit Linearführungen als auch mit Gleitführungen eingesetzt werden.
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Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Eine Verstärkung der Verformungskompensation kann erreicht werden, indem nicht nur die Führungsträger, sondern die Wangen zusammen mit den Führungsträgern als Verformungselemente ausgebildet sind.
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Indem das Verhältnis der Flächenträgheitsmomente für Biegungen um eine vertikale Achse der Unterstützungsträger und der Führungsträger zwischen 2 und 15, bevorzugt zwischen 5 und 10, liegt, kann der positive Effekt der Erfindung konstruktiv leicht erreicht werden.
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Ein anderes Kriterium stellen Ersatzsteifigkeiten in Verformungsrichtung dar. In diesem Sinne kann es vorgesehen sein, dass bei einer Belastung der Unterstützungsträger in Richtung der Verformungsrichtung in Abwesenheit des Maschinenrahmens und bei einer Belastung des Maschinenrahmens in Richtung der Verformungsrichtung in Abwesenheit der Unterstützung ermittelte Ersatzfedersteifigkeiten ein Verhältnis von 5–15, bevorzugt 8–12 und besonders bevorzugt 9–11, aufweisen.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung sind anhand der Figuren sowie der dazugehörigen Figurenbeschreibung ersichtlich. Dabei zeigen
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1a eine Draufsicht auf eine erfindungsgemäße Schließeinheit unter Schließkraft,
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1b eine Darstellung des Maschinenrahmens der Schließeinheit aus 1a,
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1c eine Schnittdarstellung der Schließeinheit aus 1a mit Blick auf die bewegliche Formaufspannplatte,
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2 eine perspektivische Ansicht eines unverformten, erfindungsgemäßen Rahmens,
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3 eine Schnittdarstellung durch eine Wange des Rahmens sowie des darüberliegenden Unterstützungsträgers im unverformten Zustand,
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4 eine der 3 entsprechende Darstellung, wobei die Definition der Ersatzsteifigkeiten verdeutlicht wird,
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5a eine perspektivische Ansicht einer erfindungsgemäßen Schließeinheit in einem durch einen Versuch verformten Zustand, wobei die feste Formaufspannplatte nicht dargestellt ist,
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5b eine Detailansicht aus 5a sowie
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6 eine Seitendarstellung der Wange mit Linearführung, Unterstützungsträger sowie unterem Teil der beweglichen Formaufspannplatte.
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Die in den Figuren dargestellten Verformungen wurden mittels numerischer Simulationen berechnet und sind überzeichnet dargestellt, da diese sonst nicht erkennbar wären. Typische Verformungen liegen bei Maschinengrößen von 500 kN bis 1000 kN maximaler Schließkraft in der Größenordnung von Hundertstel Millimetern. Des Weiteren wurden die Linearführungen außer bei 3 ausgeblendet. Dies dient der Übersichtlichkeit.
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In der 1a sind zunächst der Maschinenrahmen 2, die bewegliche Formaufspannplatte 3 sowie die feste Formaufspannplatte 5 zu erkennen. Zwischen den Formaufspannplatten 3, 5 sind die Formhälften 11 eines Spritzgießwerkzeugs angeordnet.
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Der Maschinenrahmen 2 verfügt über zwei Wangen 4, auf denen die Führungsträger 6 angeordnet sind. In diesem Ausführungsbeispiel sind die Wangen 4 zusammen mit den Führungsträgern 6 als Verformungselemente 10 ausgebildet. Wie aus 1a zu erkennen ist, ist die auftretende symmetrische Verformung der Verformungselemente 10 kein Problem für die Positionierung der Formhälften 11 zueinander. Es ist auch erkennbar, dass die konventionell ausgeführten Unterstützungsträger 9 nur vergleichsweise geringe Verformungen tolerieren müssen.
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Da diese Verformungen auch nur unter Schließkraft auftreten, sind sie kein Hindernis beim Verfahren der beweglichen Formaufspannplatte 3 entlang der Maschinenachse X beim Öffnen und Schließen der Schließeinheit.
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1b entspricht im Wesentlichen der Darstellung aus 1a, wobei die Formaufspannplatten 3, 5 nicht dargestellt sind. Es ist hier zu erkennen, wie ein Großteil der Verformung des Maschinenrahmens 2 tatsächlich durch die feste Formaufspannplatte 5 in die Wangen 4 des Maschinenrahmens 2 eingeleitet werden. In Zusammenschau mit der 1a und 2 ist die Wirkungsweise der Erfindung ersichtlich. Durch die erhöhte seitliche Flexibilität des Maschinenrahmens 2 ist dieser in der Lage, sich sowohl an den Verformungseinfluss der festen Formaufspannplatte 5 als den der beweglichen Formaufspannplatte 3 – übertragen durch die Führungsträger 9 und die Linearführungen 12 – anzupassen. Anders ausgedrückt, wird den Führungsträgern 9 und den Linearführungen 12 ein Anschmiegen an den Maschinenrahmen 2 erleichtert. Im Stand der Technik war dies nicht möglich, was komplexere Konstruktionen der Plattenunterstützung nach sich zog.
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1c ist eine Schnittdarstellung in einer Ebene senkrecht zur Maschinenachse mit Blick auf die bewegliche Formaufspannplatte 3. Die unter Schließkraft auftretenden Verformungen werden hier weiter verdeutlicht. Insbesondere die Verwindung, welche die Verformungselemente 10 und in geringerem Maße die Unterstützungsträger 9 erfahren, wird in dieser Darstellung deutlich.
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Zum Vergleich mit dem unverformten Zustand ist in 2 eine perspektivische Darstellung des Maschinenrahmens 2 dargestellt, wie er vorliegt, wenn keine Schließkraft aufgebaut ist. Es ist zu erkennen, wie der Montageteil 15, woran die feste Formaufspannplatte 5 montiert wird, erheblich stärker als der Rest der Wangen 4 ausgeführt ist. Auf diese Weise wird ein Teil der erhöhten seitlichen Flexibilität der Verformungselemente 10 erreicht.
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In 1c sind außerdem die Verbindungsstreben 8 zu erkennen, welche die Unterstützungsträger 9 mit der beweglichen Formaufspannplatte 3 verbinden (siehe auch 3).
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In diesem Ausführungsbeispiel ist der Maschinenrahmen 2 eine Schweißkonstruktion. Alternativ könnten die Führungsträger 6 mit den Wangen 4 verschraubt sein oder miteinander einstückig (zum Beispiel durch Gießen) ausgeführt sein.
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4 dient der Verdeutlichung einiger wichtiger Größen im Zusammenhang mit der Erfindung. Dies sind zum Einen die Ersatzfedersteifigkeiten C1 und C2. Diese sind schematisch durch Federn dargestellt. Sie werden durch Belastung des Unterstützungsträgers 9 bzw. der Führungsträger 6 jeweils in Abwesenheit des anderen Elements und Messung der resultierenden Verformung bestimmt. Die Belastung erfolgt dabei in Richtung der Z-Achse in der Darstellung nach rechts.
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Es ist natürlich möglich die Ersatzfedersteifigkeiten C1 und C2 mit Hilfe einer numerischen Simulation zu ermitteln. Die Ergebnisse einer solchen Simulation sind in den 5a und 5b dargestellt.
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Das Verhältnis der Ersatzfedersteifigkeiten liegt zwischen 5 und 15, bevorzugt zwischen 8 und 12 und besonders bevorzugt zwischen 9 und 11. Dies gilt insbesondere für Formgebungsmaschinen mit einer maximalen Schließkraft zwischen 500 kN und 1000 kN. Für erheblich abweichende Maschinengrößen können sich diese Verhältnisse ändern. Jedenfalls ist es dem Fachmann möglich, das passende Verhältnis im jeweiligen Fall durch Simulationen herauszufinden.
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Weitere relevante Größen für die Zwecke der Erfindung sind die Flächenträgheitsmomente der Führungsträger 6 sowie der Unterstützungsträger 9 in Bezug auf Biegungen um die Y-Achse.
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Auch hier sind die Holme, welche tatsächlich durch die Öffnungen 7 in der beweglichen Formaufspannplatte geführt sind, aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht dargestellt. Es wurde auch die feste Formaufspannplatte 5 nicht dargestellt, um eine genaue Darstellung der Situation zwischen den Unterstützungsträgern 9 der beweglichen Formaufspannplatte 3 und den Verformungselementen 10 zu ermöglichen.
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5b zeigt eine Detaildarstellung aus 5a, wobei ein Verformungselement 10, bestehend aus einer Wange 4 und einem Führungsträger 6, sowie der Unterstützungsträger 9 mit einem Teil der beweglichen Formaufspannplatte 3 dargestellt ist. Sowohl in 5a als auch in 5b ist die Linearführung an sich nicht dargestellt, sondern lediglich der Führungsträger 6 und die Unterstützungsträger 9.
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Unter anderem ist zu erkennen, dass sich das Verformungselement 10 stärker verformt als der Unterstützungsträger 9. Dies geschieht unter dem Einfluss der Verformung, die von der festen Formaufspannplatte 5 in die Wangen 4 des Rahmens eingeleitet werden.
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6 zeigt eine Seitenansicht des Führungsträgers 6 und der Unterstützungsträger 9. Es sind weiterhin die beiden Angriffspunkte A und B eingezeichnet. Durch die Erfindung kann die Querkraft, die auf die Linearführungen wirkt, erheblich reduziert werden.
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Insbesondere bei Spritzgießmaschinen mit einer maximalen Schließkraft von 500 kN bis 1000 kN, kann durch einen erfindungsgemäßen Maschinenrahmen an den beiden Angriffspunkten A und B eine Reduktion der Querkraft um zwei Drittel erreicht werden. Durch diese Reduktion können – auch unter Verwendung einer konventionellen Plattenunterstützung – präzise Linearführungen eingesetzt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4141259 A1 [0007]
- DE 102011104535 B3 [0007]