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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Enteisung von Flugzeugoberflächen.
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Flugzeuge müssen vor dem Start völlig frei von gefrorenen Kontaminationen (Frost, Schnee und Eis) sein, weil diese Kontaminationen an Tragflächen und Leitwerken die aerodynamischen Eigenschaften des Flugzeugs negativ beeinflussen, sie verändern das Strömungsverhalten an den Tragflächen und können während der Startphase zum Strömungsabriss führen.
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Weltweit gilt das Clean Aircraft Concept (ISO 11076). Danach darf ein Flugzeug erst starten, wenn es vollständig frei von Frost, Eis, Schnee oder Schneematsch ist (De-icing) und ausreichend vor Wiedervereisung geschützt ist (Anti-icing).
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Durch lange Standzeiten von Luftfahrzeugen bei anhaltendem Schneefall bei Day/Night-Stops im winterlichen Flugbetrieb bilden sich große Schneeansammlungen auf den Flugzeugoberflächen, vorwiegend in den Bereichen der Tragflächenwurzel sowie im Übergangsbereich der Höhenleitwerke zum Seitenleitwerk.
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Zum Entfernen der Schneeansammlungen wird mit einem Enteisungsfahrzeug ein Glykol-Wasser-Gemisch (Aircraft Deicing Fluid – ADF) auf die Flugzeugoberflächen gesprüht. Ein wesentlicher Nachteil der Entfernung großer Schneemengen mit Aircraft Deicing Fluid, sind lange Prozesszeiten und sehr hohe Fluidverbräuche und daraus resultierend hohe Fluidkosten und eine hohe Umweltbelastung (Aircraft Decing Fluide gehören zur Wassergefährdungsklasse 1).
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Die
WO 2008/123807 beschreibt ein mechanisch-hydraulisches System, welches auf Enteisungsfahrzeuge montiert ist. Das Fahrzeug trägt dazu eine bewegliche Arbeitsplattform mit Operatorkabine, in deren Front ein teleskopierbarer Arm mit der Düse angeordnet ist. Die Vorrichtung kann die Schwenkbewegungen zur Verteilung der Enteisungsflüssigkeit automatisch ausführen.
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Alternativ werden manuell geführte Vorrichtungen zur Beseitigung von Schneeauflagerungen benutzt. In der
US 4,467,490 wird eine Art Abziehlippe an einem Träger mit einem Haltegriff beschrieben, welche ähnlich den bekannten Konstruktionen aus der Fensterreinigung aufgebaut ist. Nachteilig ist dabei, dass eine Eignung für Großflugzeuge nur an wenigen, leicht zu erreichenden Stellen gegeben, dabei die Schneeentfernung nur teilweise möglich und ein hoher manueller Kraftaufwand nötig ist.
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Weiterhin ist ein Verfahren bekannt, bei dem die Schneeablagerungen durch Abblasen mittels Druckluft beseitigt werden. Nachteilig ist dabei, dass die Funktionalität nur bei trockenem Schnee gegeben und der erforderliche Zeitaufwand recht hoch ist.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu schaffen, welches den Enteisungsprozess von Flugzeugoberflächen verkürzt, Kosten einspart und die Umweltbelastung verringert.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einer Vorrichtung nach Anspruch 1 und einem Verfahren nach Anspruch 7 gelöst. Alternative vorteilhafte Ausführungsformen sind in rückbezogenen Unteransprüchen dargestellt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung weist einen Schneeabzieher auf, der an einem teleskopierbaren Ausleger eines Flugzeugenteisungsfahrzeuges montiert ist. Manipulierbar bezeichnet hier einen Ausleger, der am Fahrzeug angelenkt ist und weitere Gelenke zur Positionierung aufweist oder teleskopierbar ist. Aufgrund der besseren Kraftübertragung wird ein teleskopierbarer Ausleger bevorzugt.
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Der Schneeabzieher ist dabei so an dem Ausleger montiert, dass das Abziehen des Schnees gut ermöglicht wird, also bevorzugt am Ende des Auslegers und nach unten gerichtet.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung sind am Ende des Auslegers sowohl ein ADF-Sprühkopf als auch der Schneeabzieher angeordnet. Bevorzugt sind diese in unmittelbarer Nähe zueinander angeordnet. Mit unmittelbarer Nähe werden verschiedene mögliche Konfigurationen bezeichnet. In einer einfachen Ausgestaltung ist ein Sprühkopf an der Spitze des Auslegers angeordnet und der Schneeabzieher in unmittelbarer Nähe an der Unterseite des Auslegers befestigt. In dieser Konfiguration kann der Schneeabzieher auch einfach an Fahrzeuge zur Flugzeugenteisung mit einem ADF-Sprühkopf an einem Ausleger nachgerüstet werden. In einer anderen Konfiguration ist mittig ein Sprühkopf, oder sind mehrere über die Breite verteilte Sprühköpfe am Schneeabzieher selbst befestigt, bevorzugt an dessen Oberseite. Diese Konfiguration ist besonders für ein gleichzeitiges Sprühen und Schneeabziehen geeignet.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform ist der Schneeabzieher aus einem Tragelement, einer verschraubbaren Klemmleiste und einer Verschleißschiene aus Gummi aufgebaut. Dieser Aufbau ist einfach, kostengünstig und ermöglicht einen einfachen Austausch der Verschleißschiene aus Gummi.
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Vorzugsweise ist die Breite der Verschleißschiene aus Gummi mindestens drei Mal größer als ihre Höhe.
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Bevorzugt ist die Verschleißschiene aus einem Gummi mit einem Kautschukanteil von mindestens 60 %, besonders bevorzugt von mindestens 80 % hergestellt.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist der Schneeabzieher klappbar gestaltet. So kann der Schneeabzieher an den teleskopierbaren Ausleger angelegt werden. Dabei wird der Schneeabzieher um eine Achse parallel zur Verschleißschiene geklappt. Vorteilhaft kann so die Manövrierbarkeit des Auslegers in Situationen, in denen nur der ADF-Sprühkopf verwendet wird, verbessert werden. Besonders bevorzugt erfolgt die Klappbewegung in Richtung des Auslegers (also von der Spitze des Auslegers weg) und hat in der ausgeklappten Position einen Anschlag. Das Entfernen der Schneeansammlungen mittels des Schneeabziehers erfolgt bevorzugt durch Einziehen des teleskopierbaren Auslegers, also in Richtung des Enteisungsfahrzeuges.
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Weiterhin bevorzugt hat der Schneeabzieher ein Grenzmoment, das diesen beim Schneeabziehen bei Überschreitung dieses Momentes in Belastungsrichtung klappen lässt. So kann vorteilhaft eine Beschädigung der Flugzeugoberfläche vermieden werden.
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Besonders bevorzugt erfolgt die Schwenkbewegung durch einen Antrieb. Es sind verschiedene Antriebstechniken bekannt, bevorzugt sind ein Seilzug, ein Hydraulikzylinder oder auch ein elektrischer Antrieb.
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Weiterhin bevorzugt kann der Schneeabzieher um eine Achse parallel zur Achse des Auslegers geschwenkt werden. Vorteilhaft kann der Schneeabzieher so in eine Position parallel zur zu reinigenden Oberfläche gebracht werden, beispielsweise ist die Tragflächenoberfläche im Bereich der Tragflächenwurzel häufig leicht schräg. Weiterhin bevorzugt erfolgt der Antrieb der Schwenkbewegung mit einem Motor. In einer einfachen Ausgestaltung wird der Schneeabzieher um einen Punkt mittig an seiner Oberseite gedreht. Ein entsprechendes Scharnier oder Gelenk kann in das Tragelement des Schneeabziehers integriert sein. In einer alternativen Ausgestaltung wird der Schneeabzieher an einer Seite, beispielsweise mit einem Hydraulikzylinder nach unten bewegt um eine Schrägstellung zu erreichen.
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Besonders bevorzugt sind Abstandssensoren vorgesehen, die weiterhin bevorzugt am Schneeabzieher selbst angeordnet sind, und den Abstand zur zu reinigenden Oberfläche messen. Mit den Abstandssensoren ist bevorzugt eine Auswerteeinheit verbunden, die anhand der von den Abstandssensoren ermittelten Werte die Schwenkbewegung des Schneeabziehers regelt. Vorteilhaft kann so das Schneeschieben besonders effizient durchgeführt werden und zudem die Flugzeugoberfläche geschützt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Enteisung von Flugzeugoberflächen ist durch dadurch gekennzeichnet, dass während der mechanischen Schneeentfernung mittels eines Schneeabziehers gleichzeitig mittels eines ADF-Sprühkopfes in unmittelbarer Nähe des Schneeabziehers der vom Schnee befreite Bereich mittels ADF enteist wird.
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Bevorzugt ist die Düse dabei so eingestellt, dass nur der bereits vom Schnee befreite Bereich mit ADF besprüht wird. So kann verhindert werden, dass noch nicht vom Schnee befreite Bereiche, auch nicht mit ADF besprüht werden. Vorteilhaft kann so schwerer mit ADF getränkter Schneebelag auf dem Flugzeug verhindert werden.
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Vorteilhaft kann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren der Enteisungsvorgang beschleunigt und gleichzeitig ADF eingespart werden, was einer Kosteneinsparung und einer erheblich geringeren Umweltbelastung gleichkommt.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand von Figuren erläutert. Dabei zeigen:
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1 die Seitenansicht einer erfindungsgemäßen Vorrichtung,
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2 die Draufsicht auf ein Enteisungsfahrzeug während der Enteisung einer Flugzeugtragfläche mittels Schneeabzieher,
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3 die Draufsicht auf ein Enteisungsfahrzeug während der Enteisung einer Flugzeugtragfläche mittels Schneeabzieher und ADF-Sprühkopf, und
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4 die Draufsicht auf ein Enteisungsfahrzeug während der Enteisung einer Flugzeugtragfläche mittels Schneeabzieher und mehreren ADF-Sprühköpfen.
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Am Ende des teleskopierbaren Auslegers 1 eines Flugzeugenteisungsfahrzeuges ist, wie in 1 dargestellt, ein ADF-Sprühkopf und ein Schneeabzieher angeordnet. Dabei ist der Schneeabzieher 3 unmittelbar hinter dem ADF-Sprühkopf 2 angeordnet.
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Der Schneeabzieher 3 besteht aus einem Tragelement 31, das das die Verbindung zwischen Schneeabzieher 3 und Ausleger 1 gewährleistet. Am Tragelement 31 ist eine Klemmleiste 33 In diese Klemmleiste 33 ist eine 1600 mm breite und 500 mm hohe Verschleißschiene 34 geklemmt. Die Verschleißschiene 34 ist aus einem Gummi mit einem Kautschukanteil von 80% hergestellt.
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In einem Befestigungsbereich 32 ist der Schneeabzieher 3 mit dem Ausleger 1 verbunden. Vorteilhaft erfolgt die Befestigung über eine einfache Bolzenverbindung. Dadurch kann der Schneeabzieher 3 schnell vom Ausleger 3 für Wartungsarbeiten oder wenn er nicht benötigt wird, gelöst werden.
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Mit Hilfe eines Hydraulikzylinders (in der Figur nicht ersichtlich) und eines im Tragelement 31 angeordneten Scharniers (ebenfalls in der Figur nicht ersichtlich) kann die Klemmleiste 33 mit der Verschleißschiene 34 um 90° in Richtung des Auslegers 1 geschwenkt werden.
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Weiterhin kann der Schneeabzieher 3 um einer Achse parallel zum Ausleger 1 geschwenkt werden. Hierfür ist ein weiteres Scharnier im Tragelement 31 vorgesehen. Dadurch kann der Anstellwinkel der Verschleißschiene 34 zur abzuziehenden Oberfläche eingestellt werden.
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Über im Tragelement 31 angeordnet Abstandssensoren wird der Abstand und der Anstellwinkel der Verschleißschiene 34 zur zu reinigenden Fläche erfasst. In einer Auswerteeinheit werden die Korrekturwerte ermittelt und mittels der Hydraulikzylinder eingestellt.
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2 zeigt ein Enteisungsfahrzeug 4 mit einem teleskopierbaren Ausleger 1 an dem ein Schneeabzieher 3 befestigt ist. Das Enteisungsfahrzeug steht dabei hinter einer Tragfläche 5 eines Flugzeuges. Linksseitig in der Figur ist die Tragflächenwurzel, also der Übergang der Tragfläche 5 zum Flugzeugrumpf. Mit einem Pfeil wird die Abziehrichtung 7 angegeben. Der Bereich hinter dem Schneeabzieher ist der bereits abgezogene Bereich 6.
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3 zeigt die gleiche Konstellation wie in 2, mit dem Unterschied, dass am Ausleger 1 zusätzlich ein ADF-Sprühkopf 2 angeordnet ist, der auch während der Abziehbewegung in Abziehrichtung 7 ADF auf den abgezogenen Bereich 6 aufbringen kann.
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In 4 sind drei ADF-Sprühköpfe 2 am Ausleger 1 angeordnet. Diese können das ADF sehr zielgerichtet auf den abgezogenen Bereich 6 aufbringen.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren werden mit diesem Schneeabzieher 3 wie in 2 dargestellt Schneeablagerungen und -anhäufungen, besonders im Bereich einer Tragfläche 5 und der in der Figur nicht gezeigten Leitwerke von den Flugzeugoberflächen abgezogen. Das Abziehen erfolgt dabei durch Einziehen des teleskopierbaren Auslegers 1 in Abziehrichtung 7. Während des Abziehens wird auf den bereits abgezogenen Bereich 6 hinter dem Schneeabzieher 3 die ADF aufgesprüht.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Ausleger
- 2
- ADF-Sprühkopf
- 3
- Schneeabzieher
- 31
- Tragelement
- 32
- Befestigungsbereich
- 33
- Klemmleiste
- 34
- Verschleißschiene
- 4
- Enteisungsfahrzeug
- 5
- Tragfläche
- 6
- Abgezogener Bereich
- 7
- Abziehrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2008/123807 [0006]
- US 4467490 [0007]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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