-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie ein Fahrerassistenzsystem zur Beurteilung und/oder Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit eines Fahrzeugführers.
-
In modernen Fahrzeugen werden vermehrt sogenannte Fahrerassistenzsystemen eingesetzt, insbesondere zur automatischen Umsetzung verschiedener Fahraufgaben, bis hin zur automatisierten Längs- und Querregelung des Fahrzeugs. Bekannte Fahrerassistenzsysteme sind beispielsweise Geschwindigkeits- und Abstandsregelungssystem (ACC) sowie Spurhalteassistenzsysteme.
-
Ein Fahrerassistenzsystem mit Querführungsunterstützung ist beispielsweise aus der
DE 10 2011 076 418 bekannt, wobei eine vor dem Fahrzeug liegende Fahrspur erfasst und hieraus eine Zieltrajektorie ermittelt wird, entlang derer das Fahrzeug zumindest annähernd kontinuierlich durch vom Spurhalteassistenzsystem vorgegebene Lenkeingriffe in das Fahrzeuglenksystem geführt wird.
-
Derartige Fahrerassistenzsysteme, die nicht nur passive Warnfunktionen, wie Kollisions- oder Spurverlassenswarnungen realisieren, sondern auch aktive Eingriffe in die Fahrdynamik vornehmen, d.h. in die Beschleunigung und Lenkung des Fahrzeugs eingreifen, bieten dem Fahrzeugführer zunehmend automatisierte Unterstützung bei seiner Fahraufgabe.
-
Dieser hohe Automatisierungsgrad ist einerseits wünschenswert, da er zu erhöhtem Fahrkomfort führt. Andererseits entsteht damit die Notwendigkeit, insbesondere im Falle von Verkehrssituationen, die über den Anwendungsbereich des Systems hinaus gehen und daher nicht automatisiert behandelt werden können, die Fahraufgabe jederzeit und möglichst schnell wieder an den Fahrzeugführer übergeben zu können. Daher müssen hochautomatisierte Fahrerassistenzsysteme auch technische Lösungen vorsehen, um die Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers und dessen Übernahmebereitschaft jederzeit beurteilen und gewährleisten zu können.
-
Zur Beurteilung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit während der Fahrt wurden bereits verschiedene Ansätze entwickelt, mit unterschiedlichen Kriterien zur Aufmerksamkeitsbeurteilung, die wiederum jeweils unterschiedliche technische Anforderungen hinsichtlich des sensorischen Aufwandes sowie der Invasivität gegenüber dem Fahrzeugführer stellen.
-
Eine häufig betrachtete Möglichkeit besteht darin, den Fahrzeugführer mittels Innenraumkameras oder anderer Sensoren zu überwachen. Hierbei wird typischerweise von der Position und Orientierung des Kopfes auf die Blickrichtung des Fahrzeugführers geschlossen oder unmittelbar die Bewegung der Augen selbst ausgewertet. Während solche Verfahren einen hohen Grad an Genauigkeit erreichen, haben sie den Nachteil, dass die erforderliche direkte Überwachung vom Fahrzeugführer häufig als unangenehm empfunden wird und daher unerwünscht ist. Die Akzeptanz für derartige Fahrerassistenzsystems ist eher gering.
-
Aus diesem Grund wurden bereits Verfahren vorgeschlagen, die ohne eine solche direkte Überwachung des Fahrzeugführers auskommen und stattdessen anhand von beobachtbaren Interaktionen des Fahrzeugführers mit dem Fahrzeug auf dessen Aufmerksamkeit zu schließen.
-
Ein Nachteil dieser Methoden ist jedoch, dass die Fahrzeugführeraufmerksamkeit anhand globaler Annahmen geschätzt wird, ohne ihre lokalen Schwankungen, beispielweise in Abhängigkeit von der aktuellen Verkehrssituation, zu berücksichtigen.
-
Insgesamt ist es bei den derzeit bekannten Systemen zur Aufmerksamkeitsbeurteilung ein wesentliches Problem, dass die Aufmerksamkeitsbeurteilung nicht immer, und insbesondere nicht in allen Fahrsituationen, fehlerfrei und zuverlässig erfolgen kann. Folgen daraus sind beispielsweise unnötige bzw. störende Warnmeldungen. Im schlimmsten Fall, insbesondere im Zusammenhang mit Systemen zur automatischen Quer- und/oder Längsregelung des Fahrzeugs, führen fehlerhafte Beurteilungen der Fahrzeugführeraufmerksamkeit zu Gefährdungen für den Straßenverkehr, beispielsweise wenn der Fahrzeugführer nicht in der Lage ist, die Steuerung des Fahrzeugs in einer Gefahrensituation rechtzeitig zu übernehmen.
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde eine Lösung anzugeben, mit welcher die Beurteilung der Aufmerksamkeit eines Fahrzeugführers besser und zuverlässiger gestaltet werden kann.
-
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen nach Anspruch 1 sowie durch ein Fahrerassistenzsystem mit den Merkmalen nach Anspruch 11 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind Gegenstand von Unteransprüchen, wobei auch Kombinationen und Weiterbildungen einzelner Merkmale miteinander denkbar sind.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren dient zur Beurteilung und Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit eines Fahrzeugführers. Die Aufmerksamkeit kann dabei beispielweise nach einem bestimmten Klassifikationssystem beurteilt werden, z.B. in Stufen von hoch, über mittel, bis gering (oder auch mit weiteren Stufen). Alternativ kann die Aufmerksamkeit beispielweise auf numerisch auf einer Skala, z.B. von 1 (gering) bis 10 (hoch), oder prozentual, z.B. von 0% (gering) bis 100% (hoch), beurteilt bzw. angegeben werden. Das Ergebnis der Aufmerksamkeitsbeurteilung kann beispielsweise verwendet werden, um den Fahrzeugführer bei drohender oder akuter Unaufmerksamkeit zu warnen. Das Ergebnis der Aufmerksamkeitsbeurteilung kann insbesondere auch einem oder mehreren Fahrerassistenzsystemen im Fahrzeug bereitgestellt werden, beispielsweise als Entscheidungskriterien, ob einzelne Fahraufgaben, wie die Längs- oder Querregelung des Fahrzeugs, an das Fahrerassistenzsystem übergeben werden dürfen, oder als Entscheidungskriterium, ob verschiedene aktive und/oder passive Sicherheitssysteme ausgelöst oder zumindest vorkonditioniert werden. Der Fahreraufmerksamkeit kann im Rahmen der Erfindung auch als Grad der Reaktions- bzw. Übernahmebereitschaft des Fahrzeugführers verstanden werden.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren kann sowohl eigenständig als auch in Verbindung mit bereits bekannten Verfahren zur Müdigkeitserkennung und/oder Aufmerksamkeitsbeurteilung von Fahrzeugführern eingesetzt werden. Insbesondere kann ein bestehendes Fahrerassistenzsystem, das beispielsweise eine Müdigkeitserkennung und/oder Aufmerksamkeitsbeurteilung mittels eines optischen Erfassungssystems durchführt, z.B. mittels Innenraumkamera, um die erfindungsgemäßen Verfahren weitergebildet werden.
-
Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Fahrzeugführer zur Durchführung wenigstens einer Bedienaktion aufgefordert. Die Aufforderung kann beispielsweise visuell und/oder akustisch erfolgen. Der Fahrzeugführer wird dabei bevorzugt zur Durchführung einer konkreten Bedienaktion aufgefordert, wobei es sich bei der konkreten Bedienaktion um die Bedienung eines oder mehrerer im Fahrzeug vorhandener Bedienelemente handeln kann. Erfindungsgemäß wird dabei eine Reaktionszeit des Fahrzeugführers bis zur Durchführung der Bedienaktion ermittelt, d.h. es wird insbesondere die Zeit gemessen, die zwischen der Aufforderung und der tatsächlichen Durchführung der Bedienaktion liegt. Mit der Aufforderung zur Durchführung der wenigstens einen Bedienaktion kann neben der Beurteilung der Aufmerksamkeit durch Reaktionszeitmessung, insbesondere bei zyklischer bzw. wiederholter Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, gleichermaßen eine Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers erfolgen, indem dieser regelmäßig zu Bedieneingriffen aufgefordert wird.
-
Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt weiterhin in Abhängigkeit der ermittelten Reaktionszeit die Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers. Dabei kann die Aufmerksamkeit beispielweise umso geringer beurteilt bzw. eingestuft werden, je länger die ermittelte Reaktionszeit des Fahrzeugführers ist.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in Abhängigkeit der Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers eine Dauer bis zur Aufforderung zur Durchführung der Bedienaktion festgelegt, d.h. die Dauer bis zur nächsten Aufforderung. Es kann im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens insbesondere vorgesehen sein, dass dieses zyklisch durchgeführt wird, d.h. dass die Aufforderung zur Bedienaktion, die Reaktionszeitmessung und die Aufmerksamkeitsbeurteilung zyklisch wiederholt werden. Die Häufigkeit der Wiederholung, d.h. die Häufigkeit der Aufforderung zur Durchführung der Bedienaktion, kann dabei in Abhängigkeit der vorangegangenen Aufmerksamkeitsbeurteilung bzw. der vorangegangenen Aufmerksamkeitsbeurteilungen angepasst werden, insbesondere indem die Dauer bis zur nächsten Aufforderung verändert wird. Es kann beispielsweise die Dauer bis zur nächsten Aufforderung verlängert werden, wenn der Fahrzeugführer aufmerksam ist bzw. aufmerksamer wird. Dadurch kann eine Art Belohnungssystem für den Fahrzeugführer geschaffen werden. Der Fahrzeugführer wird es als angenehm empfinden, wenn er seltener eine Bedienaktion durchführen muss.
-
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in Abhängigkeit der Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers eine Ausprägung der Bedienaktion angepasst. Bei der Ausprägung der Bedienaktion handelt es sich dabei vorzugsweise um eine Zeitdauer für die Bedienaktion, d.h. eine Dauer über bzw. für die der Fahrzeugführer die Bedienaktion durchführen muss. Wie bei der vorangehend beschrieben Ausgestaltungsmöglichkeit, kann das erfindungsgemäße Verfahren insbesondere zyklisch wiederholt werden. Dabei kann im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgesehen sein, dass in Abhängigkeit jeweils der vorangegangenen bzw. mehrerer vorangegangener Aufmerksamkeitsbeurteilungen die Ausprägung der Bedienaktion angepasst wird. Beispielsweise kann die Zeitdauer, über die der Fahrzeugführer die Bedienaktion durchführen muss, verringert werden, wenn der Fahrzeugführer aufmerksam ist bzw. aufmerksamer wird. Dadurch kann auf ähnliche Weise eine Art Belohnungssystem für den Fahrzeugführer geschaffen werden, da er es als angenehm empfinden wird, wenn er die Bedienaktionen weniger ausgeprägt durchführen muss.
-
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens handelt es sich bei der Bedienaktion um ein Greifen des Fahrzeuglenkrades und/oder um eine Übernahme wenigstens einer Regelungsaufgabe des Fahrzeugs durch den Fahrzeugführer. Bei der Übernahme der Regelungsaufgabe handelt es sich dabei bevorzugt um die Übernahme der Längs- und/oder Querregelung des Fahrzeugs durch den Fahrzeugführer, vorzugweise durch manuelle Bedienung des Lenkrads und/oder der Fahrzeugpedalen.
-
Ist im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens für die Bedienaktion eine bestimmte Ausprägung vorgesehen, insbesondere eine Dauer für die Durchführung der Bedienaktion, und handelt es sich bei der Bedienaktion um das Greifen des Lenkrades und/oder die Übernahme wenigstens einer Regelungsaufgabe des Fahrzeugs, dann ist im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens bevorzugt vorgesehen, dass der Fahrzeugführer nach der Aufforderung zur Durchführung der Bedienaktion das Lenkrad für die bestimmte Dauer greift und/oder die wenigstens eine Regelungsaufgabe, insbesondere die Längs- und/oder Querregelung des Fahrzeug, für die bestimmte Dauer übernimmt.
-
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt die Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers zusätzlich in Abhängigkeit eines ermittelten Ablenkungsgrades des Fahrzeugführers. Der Ablenkungsgrad kann beispielsweise über ein vorhandenes Ablenkungsgradschätzmodul bereitgestellt werden und/oder in Abhängigkeit der Betätigung von Bedienelementen im Fahrzeug durch den Fahrzeugführer ermittelt werden.
-
Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt die Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers zusätzlich in Abhängigkeit einer Müdigkeitsschätzung. Die Müdigkeitsschätzung kann beispielsweise über ein vorhandenes Müdigkeitsschätzmodul bereitgestellt und/oder in Abhängigkeit verschiedener Kriterien erfolgen. Zu den Kriterien können insbesondere die aktuelle Fahrtdauer und/oder die aktuellen Uhrzeit sowie das Lenkverhalten, die Gas- und Bremspedalbetätigung oder das Schaltverhalten des Fahrzeugführers gehören.
-
Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden in Abhängigkeit der Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers eine erlaubte Dauer für die Übergabe einer oder mehrerer Fahraufgaben des Fahrzeugs vom Fahrzeugführer an ein Fahrerassistenzsystem und/oder eine erforderliche Dauer für die Übernahme der einen oder mehreren Fahraufgaben durch den Fahrzeugführer festgelegt. Bei der einen oder den mehreren Fahraufgaben kann es sich insbesondere um die Längs- und/oder Querregelung des Fahrzeugs handeln. Dabei kann die erlaubte Dauer, für die der Fahrzeugführer die Längs- und/oder Querregelungsaufgabe an ein Fahrerassistenzsystem übergeben kann umso länger festgelegt werden, je aufmerksamer der Fahrzeugführer ist. Vice versa kann die erforderliche Dauer, für die der Fahrzeugführer die Längs- und/oder Querregelungsaufgaben des Fahrzeugs übernehmen muss umso länger festgelegt werden, je unaufmerksamer der Fahrzeugführer ist. Diese Weiterbildung ist insbesondere für Fahrerassistenzsysteme vorteilhaft, die in der Lage sind die Längs- und/oder Querregelung des Fahrzeugs autonom durchzuführen und bei denen zur Sicherstellung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit bzw. zur Aufrechterhaltung der Übernahmebereitschaft des Fahrzeugführers vorgesehen ist, dass die Fahraufgaben regelmäßig und/oder situationsabhängig für eine bestimmte Dauer wieder vom Fahrzeugführer übernommen werden müssen.
-
Die Erfindung betrifft insbesondere auch ein Fahrerassistenzsystem, dass zur Beurteilung der Aufmerksamkeit eines Fahrzeugführers ausgebildet ist, insbesondere entsprechend einem Verfahren nach einer der vorangehend beschriebenen Ausgestaltungen. Das Fahrerassistenzsystem umfasst dabei Mittel und/oder ist mit Mitteln verbunden, die zur Ausgabe der Aufforderung zur Durchführung der Bedienaktion, zur Ermittlung der Reaktionszeit des Fahrzeugführers bis zur Durchführung der Bedienaktion und zur Beurteilung der Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers in Abhängigkeit der ermittelten Reaktionszeit ausgebildet sind.
-
Weitere Vorteile sowie optionale Ausgestaltungen der Erfindung gehen aus der Figur und den nachfolgenden Ausführungsbeispielen hervor.
-
In 1 ist schematisch ein Blockschaltbild für eine bevorzugte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt. Dabei werden die Eingangs- und Ausgangssignale des Moduls zur Beurteilung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 gezeigt. Entsprechend 1 erfolgt zunächst eine Aufforderung 100 an den Fahrzeugführer zur Durchführung einer Bedienaktion. Daraufhin erfolgt eine Ermittlung einer Reaktionszeit 200, die der Fahrzeugführer bis zur Durchführung der Bedienaktion benötigt. In Abhängigkeit der ermittelten Reaktionszeit 200 erfolgt weiterhin die Beurteilung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300. Optional können weitere Parameter in die Beurteilung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 einfließen, beispielsweise ein Ablenkungsgrad 501 und eine Müdigkeitsschätzung 502. Insbesondere wenn das Verfahren mehrfach wiederholt wird, kann erfindungsgemäß in Abhängigkeit der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 beispielweise die Dauer 401 festgelegt bzw. angepasst werden, bis die nächste Aufforderung 100 zur Durchführung der Bedienaktion erfolgt, (d.h. es wird die Häufigkeit der Aufforderung 100 festgelegt), und/oder es kann beispielsweise eine Ausprägung der Bedienaktion festgelegt bzw. angepasst werden, beispielsweise die Dauer 402 für die Durchführung der Bedienaktion(d.h. die Dauer 402, für die der Fahrzeugführer die Bedienaktion durchführen muss). Erfindungsgemäß kann das Ergebnis der Beurteilung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 für andere Fahrerassistenzsysteme bzw. Fahrerassistenzfunktionen 600 im Fahrzeug bereitgestellt werden. Die Grundidee des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Beurteilung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 kann somit darin gesehen werden, dass insbesondere in regelmäßigen, aber variablen Abständen, insbesondere nach einer definierten und/oder änderbaren Dauer 401, eine Aufforderung 100 zur Durchführung einer definierten, aber in der Ausprägung (z.B. Dauer 402) änderbaren, Aktion durch den Fahrzeugführer erfolgt. Aus der Ermittlung der Reaktionszeit 200 des Fahrzeugführers auf diese Aufforderung 100 und optional unter Berücksichtigung weiterer messbarer Parameter 501 und 502, wird dann in fortschreitender Weise ein Aufmerksamkeitsmodell 300 des Fahrzeugführers aktualisiert, und wiederum die Dauer 401 bis zur nächsten Aufforderung 100 sowie die Ausprägung der Aufforderung (z.B. Dauer 402) entsprechend angepasst. Eine Möglichkeit der Umsetzung des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass eine Aufforderung 100 an den Fahrzeugführer kommuniziert wird, die Hände an das Lenkrad zu nehmen. Im Folgenden wird diese Aufforderung 100 als "HandsOn"-Aufforderung 100 bezeichnet. Die "HandsOn"-Aufforderung 100 wird dabei vorzugsweise nach Ablauf einer festgelegten und änderbaren Zeitdauer 401, im Folgenden als "HandsOff"-Zeit 401 bezeichnet, ausgegeben. Die "HandsOff"-Zeit 401 entspricht somit einer erlaubten Zeit, die der Fahrzeugführer die Hände vom Lenkrad nehmen darf. Die „HandsOn“-Aufforderung 100 kann beispielsweise genau dann erfüllt sein, wenn der Fahrzeugführer für eine bestimmte Zeitdauer 402, im Folgenden auch als "HandsOn"-Zeit 402 bezeichnet, mit beiden Händen fest an das Lenkrad greift und dieses hält. Die "HandsOn"-Zeit 402 stellt in diesem Fall die Ausprägung der Bedienaktion, in Folge der "HandsOn"-Aufforderung 100 dar. Die "HandsOn"-Aufforderung 100 kann beispielsweise durch eine visuelle Anzeige oder durch ein akustisches Signal im Fahrzeug erfolgen, während das Greifen des Lenkrades etwa durch kapazitive Sensoren im Lenkrad ermittelt werden kann. Erfolgt durch das System eine "HandsOn"-Aufforderung 100 an den Fahrzeugführer, wird die Reaktionszeit 200 gemessen, die der Fahrzeugführer benötigt, bis beide Hände am Lenkrad erkannt werden. Aus der Größe der Reaktionszeit 200 sowie optional aus weiteren Größen, wie beispielsweise einem ermittelten Ablenkungsgrad 501 und einer Müdigkeitsschätzung 502, wird die Aufmerksamkeit 300 bzw. der Aufmerksamkeitslevel des Fahrzeugführers geschätzt. In Abhängigkeit der Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 werden wiederum die "HandsOff"-Zeit 401 und die "HandsOn"-Zeit 402 festgelegt bzw. angepasst, woraufhin das Verfahren, insbesondere nach Ablauf der "HandOff"-Zeit 401, erneut durchgeführt wird. Dabei kann das Grundprinzip verfolgt werden, dass je höher die Fahrzeugführeraufmerksamkeit 300 ist, desto länger die "HandsOff"-Zeit 401 und/oder desto kürzer die "HandsOn"-Zeit 402 gewählt wird. Dadurch kann ein Belohnungssystem für den Fahrzeugführer geschaffen werden, welches den Fahrzeugführer motiviert seine Aufmerksamkeit 300, insbesondere bei (hoch-)automatisierter Fahrt, weiterhin möglichst hoch zu halten.
-
Je nach Systemauslegung können sich die Werte für die beiden Ausgänge des Moduls, d.h. die "HandOff"-Zeit 401 und die "HandsOn"-Zeit 402, als Funktion, insbesondere mit unterschiedlicher Gewichtung der jeweiligen Eingänge, wie folgt ergeben:
"HandsOff"-Zeit 401 = f(Reaktionszeit 200, Ablenkungsgrad 501, Müdigkeitsschätzung 502),
"HandsOn"-Zeit 402 = f(Reaktionszeit 200, Ablenkungsgrad 501, Müdigkeitsschätzung 502).
-
Wird beispielsweise nach der "HandsOn"-Aufforderung 100 eine Reaktionszeit 200 des Fahrzeugführers von fünf Sekunden gemessen und gleichzeitig detektiert, dass der Fahrzeugführer im Navigationssystem eine Zieleingabe vornimmt, woraus sich ein erhöhter Ablenkungsgrad 501 ergibt, sowie dass die Fahrzeit bereits zwei Stunden beträgt, woraus sich eine erhöhte Müdigkeitsschätzung 502 ergibt, dann kann das System die "HandsOff"-Zeit 401 reduzieren und/oder die "HandsOn"-Zeit 402 erhöhen, insbesondere für den nächsten Verfahrenszyklus. Wird beispielsweise nach der "HandsOn"-Auffoderung 100 eine Reaktionszeit 200 des Fahrzeugführers von einer Sekunde gemessen und gleichzeitig detektiert, dass der Fahrzeugführer keinerlei Bedienung der Innenraumelemente vornimmt, woraus sich ein geringer Ablenkungsgrad 501 ergibt, sowie dass die Fahrzeit erst 30 Minuten beträgt, woraus sich eine geringe Müdigkeitsschätzung 502 ergibt, dann kann das System die "HandsOff"-Zeit 401 erhöhen und/oder die "HandsOn"-Zeit 402 reduzieren, insbesondere für den nächsten Zyklus. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet sich insbesondere zur Anwendung bei Fahrerassistenzsystemen an, mit denen Fahrzeuge autonom geführt werden können, beispielsweise durch eine vom Fahrerassistenzsystem autonom durchgeführte Längs- und/oder Querregelung des jeweiligen Fahrzeugs. Bei derartigen Systemen kann es erforderlich sein, dass der Fahrzeugführer in regelmäßigen Zeitabständen und für eine bestimmte Zeitdauer 402 die Regelung des Fahrzeugs wieder übernimmt und manuell durchführt, d.h. die Längs- und/oder Querregelung wird vom Fahrerassistenzsystem in gewissen Zeitabständen oder auch situationsabhängig für eine bestimmte Zeitdauer an den Fahrzeugführer übergeben. Hat der Fahrzeugführer die manuelle Regelung für die bestimmte Zeitdauer übernommen, kann er die Regelung wieder an das Fahrerassistenzsystem übergeben. Im obigen Beispiel entspricht die Zeitdauer, über die der Fahrzeugführer die Fahraufgabe an das Fahrzeug übergeben darf der "HandsOff"-Zeit 401 und die Zeitdauer, für die der Fahrzeugführer anschließend die Fahraufgabe übernehmen muss, der "HandsOn"-Zeit 402. Je nach Fahrzeugführeraufmerksamkeit werden die "HandOn"-Zeit 402 und die "HandsOff"-Zeit 401 angepasst. Auf diese Weise kann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren sichergestellt werden, dass der Fahrzeugführer während der autonomen Fahrzeugführung aufmerksam bleibt, und dass in kritischen Situationen jederzeit Übernahmebereitschaft besteht. Die Anpassung der "HandsOn"-Zeit 402 und der "HandsOff"-Zeit 401 wird in vorteilhafter Weise so realisiert, dass der Fahrzeugführer dauerhaft auch während der "HandsOff"-Zeiten 401 einen hinreichend hohen Aufmerksamkeitsgrad 300 aufweist. Ein wesentlicher Vorteil ist somit das Beibehalten der Fahrzeugführeraufmerksamkeit beim hochautomatisierten Fahren und eine Nicht-invasive Schätzung der Fahrzeugführeraufmerksamkeit durch Messung der Reaktionszeit. Der Ablenkungsgrad 501 kann von einem bereits vorhandenen Ablenkungsgradschätzmodul bereitgestellt werden, z.B. von einem anderen Fahrerassistenzsystem. Die Betätigung von Bedienelementen im Fahrzeug, insbesondere neben der Betätigung von Elementen wie Lenkung, Pedalen, Kupplung etc., ist beispielsweise auch die Betätigung bei einem Navigationsgerät, der Lüftung oder des Radios elektronisch erfassbar. Aus diesen Betätigungen lässt sich der Ablenkungsgrad 501 des Fahrzeugführers schlussfolgern, z.B. in Abhängigkeit der Häufigkeit, der Dauer und des Zurückliegens der letzten Betätigung sowie in Abhängigkeit der Art des betätigten Geräts. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten und Ansätze, um aus der Betätigung von Bedienelementen durch den Fahrzeugführer auf dessen Ablenkungsgrad 501 schließen zu können. Die Grundannahme ist dabei, dass eine Bedienung von Steuerelementen, wie Lenkung, Bremse, Gas, Gangschaltung, Blinker etc., generell einen geringeren Ablenkungsgrad 501 bedeutet, als die Bedienung anderweitiger Elemente, wie Navigationsgerät, Lüftung, Radio etc.. Die Müdigkeitsschätzung 502 kann, wie der Ablenkungsgrad 501, ebenfalls von einem bereits vorhandenen Müdigkeitsschätzmodul bereitgestellt werden, z.B. von einem anderen Fahrerassistenzsystem. Eine einfache Möglichkeit besteht zum Beispiel darin, die aktuelle Fahrdauer und/oder die aktuelle Uhrzeit zu messen, woraus, unter der Annahme einer Zunahme der generellen Müdigkeit des Fahrzeugführers mit fortschreitender Fahrtzeit und Uhrzeit, eine grobe Müdigkeitsschätzung 502 ermittelt werden kann. Aber auch andere bekannte Ansätze, wie die einleitend beschriebene und bekannte Müdigkeitsschätzung 502 durch Beobachtung des Fahrzeugführers mittels Innraumkameras kann eingesetzt werden.
-
Bezugszeichenliste
-
- 100
- Aufforderung zur Bedienaktion
- 200
- Reaktionszeit
- 300
- Fahrzeugführeraufmerksamkeit
- 401
- Dauer bis zur Aufforderung
- 402
- Dauer der Bedienaktion
- 501
- Ablenkungsgrad
- 502
- Müdigkeitsschätzung
- 600
- weitere Fahrerassistenzsysteme
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-