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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Carbonisierung und/oder Graphitisierung von oxidiertem Polyacrylnitril (PAN) in inerter Atmosphäre, bei welchem die freigesetzte Blausäure (HCN) durch Umsetzung in ein Cyanid (RCN) aufgefangen wird. Bekannt ist ein derartiges Verfahren aus
US3914393.
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Kohlenstofffasern bestechen durch ihr geringes Gewicht und ihre hohe mechanische Belastbarkeit. Sie werden aus diesem Grunde als Fasern zur Verstärkung von Faserverbund-Bauteilen eingesetzt, wie sie in der Luft- und Raumfahrt, in Sportgeräten, im Spezialmaschinenbau und neuerdings auch zunehmend im Automobilwesen eingesetzt werden.
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Ein industriell verbreitetes, technisch ausgereiftes Verfahren zur Herstellung von Kohlenstofffasern besteht darin, Fasern aus Polyacrylnitril (PAN) in einem zumindest zweistufigen thermischen Umwandlungsverfahren zu verkohlen.
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In einer ersten Stufe, genannt Stabilisierung, Oxidierung oder Thermosetting, wird das Polyacrylnitril in einem Temperaturbereich von 200 °C bis 400 °C in Gegenwart von Sauerstoff oxidiert. Dabei entstehen sogenannte oxidierte (oder auch schwarze) PAN-Fasern, welche bereits ein eigenes Vermarktungsprodukt darstellen. Oxidierte PAN-Fasern dienen beispielsweise zur Auskleidung von Pumpen, zur Herstellung von feuerfesten Textilien und allgemein als Ersatz für Asbest. Der Kohlenstoffgehalt von oxidierten PAN-Fasern beträgt in der Regel etwa 62 Gew.-%. Ein Beispiel für derartige oxidierte PAN-Fasern sind die PANOX®-Fasern erhältlich bei SGL Carbon Fibers Ltd., Muir of Ord, GB.
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Zur Herstellung von echten Kohlefasern sind weitere Wärmebehandlungsschritte zur Steigerung des Kohlenstoff-Anteils in den Fasern erforderlich. So werden die oxidierten PAN-Fasern in einem Carbonisierungsschritt einer Temperatur im Bereich zwischen 1000 °C und 2000 °C ausgesetzt und zwar in inerter Atmosphäre (zumeist unter Stickstoff). In diesem Carbonisierungsschritt pyrolysieren die Fasern weiter und erreichen am Ende der Carbonisierung einen Kohlenstoffgehalt von 92–95 Gew.-%. Die auf diese Weise hergestellten Carbon-Fasern lassen sich bereits als Fasermaterial in den meisten Faserverbund-Anwendungen einsetzen.
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Sofern besonders hohe Anforderungen an die mechanische Festigkeit der Fasern gestellt werden ist es möglich, in einem dritten Wärmebehandlungsschritt die Carbon-Fasern zu graphitisieren. Die Graphitisierung erfolgt in einem Temperaturbereich von 2500 °C bis 3000 °C ebenfalls in inerter Atmosphäre und führt zu Fasern mit einem Kohlenstoff-Anteil von über 99 Gew.-%; sogenannte Graphit-Fasern. Es sei angemerkt, dass es sich bei den Graphit-Fasern nicht um Fasern aus Graphit im strengen wissenschaftlichen Sinne handelt. Gemeint sind Polyacrylnitril-basierte Fasern, die Temperaturen oberhalb von 2500 °C gesehen haben und damit fast ausschließlich aus reinem Kohlenstoff bestehen.
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Erhitzt man Polyacrylnitril in sauerstofffreier Atmosphäre auf Temperaturen über 700 °C, entweicht ein Blausäure-haltiges Gasgemisch mit etwa der folgenden Zusammensetzung:
Gas | Anteil in Mol-% |
HCN | 30 |
NH3 | 14 |
H2O | 12 |
N2 | 15 |
CO2 | 10 |
CO | 5 |
H2O | 10 |
CH4 | 4 |
Tabelle 1: Typische Zusammensetzung der Pyrolysegase bei der Verkohlung von Polyacrylnitril
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Die genaue Zusammensetzung der Pyrolysegase hängt von der Temperatur und den Verweilzeiten in der Carbonisierungs- bzw. Graphitisierungsstufe ab. Blausäure (HCN) wird jedoch fast immer in den Wärmebehandlungsstufen Carbonisierung und Graphitisierung gebildet, wohingegen beim Thermosetting auf Grund der geringeren Temperaturen und der Gegenwart von Sauerstoff kaum Blausäure anfällt.
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Da Blausäure in hohem Maße toxisch ist und nicht in die Umwelt gelangen darf, wird nach dem Stand der Technik die Blausäure-haltige Atmosphäre aus den Wärmebehandlungsöfen abgezogen und verbrannt. So beschreiben
DE3435120C2 und
US2011/0104041A1 jeweils einen Wärmebehandlungsöfen zur Carbonisierung und/oder Graphitisierung von oxidiertem Polyacrylnitril-Fasern, bei welchen die Blausäure-haltige Atmosphäre aus dem Ofen abgezogen und verbrannt wird. Durch die Verbrennung wird die Blausäure in einfacher Weise unschädlich gemacht. Die bei der Verbrennung anfallende Wärme kann zur Beheizung des Ofens oder zur Vorwärmung des Ofeneinsatzgutes verwendet werden. Auf diese Weise wird die hochgiftige Blausäure in einfacher Weise entsorgt und dabei sogar noch thermisch genutzt.
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Blausäure stellt jedoch einen wertvollen Synthese-Baustein dar, der beispielsweise für die Herstellung von Aminosäuren oder für Kunststoff-Vorprodukte verwendet wird. Eine weitere wichtige Einsatzmöglichkeit von Blausäure ist die Goldlaugerei.
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Im Hinblick auf die stoffliche Verwertung der bei der Herstellung von Kohlenstofffasern anfallenden Blausäure gibt es bereits erste Ansätze:
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So beschreibt
US3914393 ein Verfahren zur Carbonisierung und/oder Graphitisierung von oxidiertem Polyacrylnitril in inerter Atmospäre, bei welchem die freigesetzte Blausäure mit Kupfersulfat (CuSO
4) in Kupfercyanid (CuCN beziehungsweise Cu(CN)
2) umgesetzt wird. Das Kupfercyanid fällt dabei aus einer wässrigen Lösung aus und wird entsprechend abgefiltert. Der Nachteil dieses nasschemischen Verfahrens besteht darin, dass Kupfercyanid nur begrenzt stofflich verwertbar ist, nämlich in der Galvanotechnik. Außerdem verklumpt das ausfallende Kupfercyanid, was seine Handhabung erschwert.
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Die zum Hinterlegungszeitpunkt noch unveröffentlichte deutsche Patentanmeldung
DE102011075595 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Kohlenstofffasern, bei welchem die bei der Pyrolyse von PAN freigesetzte Blausäure unter Erhalt eines Cyanid-Salzes mit einem alkalischen Medium wie beispielsweise Natronlauge (NaOH) beziehungsweise (KOH) umgesetzt wird. Vorteil dieses ebenfalls nasschemischen Verfahrens besteht darin, dass das erhaltene Natriumcyanid (NaCN) beziehungsweise Kaliumcyanid (KCN) einen größeren technischen Einsatzbereich abdeckt und daher die Blausäure wirtschaftlicher verwertet werden kann. Prinzipbedingter Nachteil dieses Verfahrens ist die durch die nasschemische Gewinnung bedingte Gestalt der Cyanide, die verpackungs- und förderungstechnisch schwierig zu handhaben sind.
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Aus der
DE19704180C1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Alkalicyanid und Erdalkalicyanid-Granulaten bekannt, bei welchem Blausäure mit wässrigen Alkali- oder Erdalkalihydroxid in einem Wirbelschicht-Reaktor umgesetzt wird. Dabei fällt das entsprechende Cyanid als körniger Festkörper an, der sich hervorragend transportieren und lagern lässt.
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Im Lichte dieses Standes der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren der eingangs genannten Gattung dahingehend weiterzubilden, das das gewonnene Cyanid einerseits vielfältiger zu verwenden und andererseits einfacher zu handhaben, zu transportieren und zu lagern ist.
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Gelöst wird diese Aufgabe dadurch, dass die Blausäure mit einem Alkali-Hydroxid oder einem Erdalkali-Hydroxid (ROH) in das entsprechende Cyanid (RCN) umgesetzt wird, und dass die Umsetzung in einer freigesetzten gasförmigen Blausäure, wässrigem Alkali- beziehungsweise Erdalkali-Hydroxid, Wasser und Cyanid-Keimen umfassenden, von einem gasförmigen Medium fluidisiertem Wirbelschicht erfolgt, in welcher das Cyanid als körniger Festkörper anfällt.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf dem Gedanken, die Umsetzung der Blausäure mit dem Hydroxid nicht nasschemisch durchzuführen, sondern trocken in einem Wirbelschicht-Reaktor, so dass das entsprechende Cyanid als körniger Festkörper (Granulat) anfällt. Das in der Wirbelschicht granulierte Cyanid lässt sich nämlich deutlich einfacher handhaben, transportieren und lagern als das entsprechende Cyanid, welches in einem nasschemischen Prozess aus der Lauge ausfällt.
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Ein Weiterer Vorteil der Erfindung gegenüber dem Stand der Technik besteht darin, dass sich die gewonnenen Alkali- bzw. Erdalkalicyanide vielfältig einsetzen lassen, sodass sich die Blausäure wirtschaftlicher nutzen lässt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich grundsätzlich auf jedwede Gestalt von oxidiertem Polyacrylnitril anwenden. Bevorzugt wird es jedoch auf Fasern aus diesem Material angewandt. Die Carbonisierung und/oder Graphitisierung erfolgt dann in einem Ofen, aus welchem eine gasförmige Ofenatmosphäre enthalten zumindest gasförmige Blausäure abgezogen wird, welche dann – optional nach Kühlung und/oder Aufreinigung – zur Umsetzung in einen Wirbelschichtreaktor eindüst wird. Somit erfolgt die Carbonisierung und/oder Graphitisierung apparativ an einem anderen Ort als die Umsetzung der Blausäure in das Cyanid, welche in dem Wirbelschichtreaktor erfolgt. Auf diese Weise wird verhindert, dass die unidirektionale Ausrichtung der Fasern während der Umsetzung verwirbelt wird. Sofern mit dem beschriebenen Prozess Graphit-Objekte aus oxidiertem PAN hergestellt werden sollen, bei welchem es auf die Ausrichtung der Objekte nicht ankommt, wie beispielsweise Pulver, kann die Carbonisierung und/oder Graphitisierung und die Umsetzung der entweichenden Blausäure in die Cyanide in demselben Apparat erfolgen. Bei der Faserherstellung ist dies jedoch aus besagten Gründen nicht angestrebt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird als Alkali-Hydroxid Natronlauge (NaOH) eingesetzt. Dementsprechend wird die Blausäure (HCN) mit der Natronlauge (NaOH) in Natriumcyanid (NaCN) umgesetzt. Die Verwendung von Natronlauge als Hydroxid hat den Vorteil, dass dieses Medium vergleichsweise preisgünstig ist. Die Natronlauge wird in Form einer wässrigen Lösung in die Wirbelschicht eingedüst.
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In derselben Weise kann Kalilauge (KOH) als Alkali-Hydroxid mit der Blausäure in Kaliumcyanid (KCN) umgesetzt werden. Auch hier wird die Kalilauge als wässrige Lösung in die Wirbelschicht eingespritzt.
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Die Carbonisierung und/oder Graphitisierung im erfindungsgemäßen Prozess erfolgt bei Temperaturen von über 400 °C. Insbesondere in einem Temperaturbereich von 1000 °C bis 2000 °C würde eine Carbonisierung der oxidierten PAN-Fasern erfolgen, in einem Bereich zwischen 2500 °C und 3000 °C die Graphitisierung. Carbonisierung und Graphitisierung finden in inerter Atmosphäre statt, also unter Ausschluss von Sauerstoff. In der Regel wird Stickstoff als inerte Atmosphäre verwendet. Alternativ kann auch ein Edelgas wie Argon eingesetzt werden.
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Die Umsetzung der Blausäure mit dem Hydroxid erfolgt hingegen bei deutlich niedrigeren Temperaturen, bevorzugt wird die Wirbelschicht bei einer Temperatur von 100 °C bis 250 °C betrieben.
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Die deutlich heißere, gasförmige Ofenatmosphäre muss dementsprechend zunächst gekühlt werden bevor sie zur Umsetzung in den Wirbelschichtreaktor eingedüst wird. Die Kühlung kann in einem Wärmetauscher mit oder ohne stofflichen Kontakt mit dem Wärmeträgermedium erfolgen. Bevorzugt wird ein Kondensations-Wärmetauscher verwendet, welcher dafür eingerichtet ist, dass bei der Abkühlung der Ofenatmosphäre anfallende Kondensat aufzufangen. Alternativ kann die Kühlung auch durch Abschrecken der Ofenatmosphäre mit einem Wassernebel erfolgen.
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In einer besonders bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird die gekühlte Ofenatmosphäre vor Eintritt in die Wirbelschicht um Kohlendioxid (CO2) abgereichert, also gereinigt. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, enthält die Ofenatmosphäre in einem nennenswerten Anteil CO2, welches in Gegenwart der Lauge Natrium Carbonat (Na2CO3 / Soda) beziehungsweise Kaliumcarbonat (K2CO3 / Pottasche) bildet. Diese in der Wirbelschicht stattfindende Konkurrenz-Reaktion führt zu einer Verunreinigung des anfallenden Granulats mit Pottasche beziehungsweise Soda. Insbesondere zum Aufschließen von Edelmetallen werden jedoch hochreine Cyanid-Granulate benötigt, so dass entsprechende Anteile von Fremdstoffen unerwünscht sind. Das Abtrennen von CO2 aus der Ofenatmosphäre vor dem Eintritt in die Wirbelschicht verbessert somit die Reinheit des gewonnenen Granulats.
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Bevorzugt wird die Ofenatmosphäre auf eine Temperatur zwischen 200 °C und 300 °C abgekühlt. Das dabei im Wärmetauscher anfallende Kondensat wird aufgefangen und aus dem Prozess ausgeschleust. Die kondensierbaren Anteile der Ofenatmosphäre sollten deshalb aus dem Prozess ausgeschleust werden, da sie schwer flüchtige Teere darstellen, welche die Apparate rasch zusetzen. Ein Ausschleusen des Kondensats nach der Abkühlung führt somit zu einer besseren Standzeit der nachgeordneten Aggregate wie Trenneinrichtung und Wirbelschichtreaktor.
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Die von dem Kondensat befreite, abgekühlte Ofenatmosphäre wird gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung mittels einer Membran um CO2 abgereichert. Hierfür wird eine für die Gaspermeation entsprechend geeignete Membran eingesetzt.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Ofenatmosphäre als Medium zur Fluidisierung der Wirbelschicht verwendet und dementsprechend über einen Anströmboden des Wirbelschicht-Reaktors eingedüst. Die Ofenatmosphäre eignet sich deshalb als Fluidisierungsmedium, weil sie mit einem entsprechend großen Volumenstrom verfügbar ist. Sollte die Menge der anfallenden Ofenatmosphäre nicht zum Fluidisieren der Wirbelschicht ausreichen, empfiehlt es sich, einen Gasstrom zum Beispiel aus Stickstoff oder überhitzten Wasserdampf hinzuzugeben.
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Die Zugabe eines Gasstroms zur Ofenatmosphäre, um ein voluminöses Fluidisierungsmedium zu erhalten, hat auch den besonderen Vorteil, dass sich die Ofenatmosphäre mit Hilfe des Gasstroms zugleich abkühlen lässt: Wird beispielsweise die heiße Ofenatmosphäre mit kühlerem Stickstoff oder Wasserdampf vermischt, liegt die Temperatur des erhaltenen Gasgemisches unter der Temperatur der eingesetzten Ofenatmosphäre. Auf diese Weise wird ein HCN-haltiges und damit reaktives Fluidisierungsmedium erhalten, welches hinsichtlich Temperatur und Volumen zur Fluidisierung der Wirbelschicht bestens geeignet ist. Unter Umständen kann ein separater Kühler sogar entfallen.
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Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung besteht demnach darin, dass die abgezogene Ofenatmosphäre mit einem kühleren Gasstrom vermischt und das erhaltene Gasgemisch als Medium zur Fluidisierung der Wirbelschicht verwendet wird.
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Das wässrige Alkali- beziehungsweise Erdalkali-Hydroxid wird bevorzugt flüssig in die Wirbelschicht eingedüst weil auf diese Weise das Kornwachstum in der Wirbelschicht angeregt wird. Ein solcher Prozess wird als Wirbelschicht-Sprühgranulation bezeichnet.
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Das in der Wirbelschicht anfallende, körnige Cyanid wird entsprechend einer weiteren Ausführungsform der Erfindung aus der Wirbelschicht abgetrennt und klassiert, also der Korngröße nach sortiert, wobei eine Fraktion des klassierten Cyanids erforderlichenfalls nach Mahlung als Cyanid-Keim in die Wirbelschicht zurückgeführt wird. Bei der Klassierung kann es sich beispielsweise um eine Siebung handeln. Dass Gutkorn stellt dann die Fraktion des gewünschten körnigen Cyanids dar, das Überkorn kann zur Stimulierung des Keimwachstums durch Mahlung gebrochen und als Cyanid-Keim in den Reaktor zurückgeführt werden. Alternativ zur Siebung kann das aus dem Reaktor abgeschiedene Cyanid auch in einem Sichter klassiert werden.
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Gegenstand der Erfindung ist auch eine Anlage zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, welche die folgenden Merkmale umfasst:
- a) die Anlage umfasst mindestens einen Ofen, mittels welchem oxidiertes Polyacrylnitril auf Temperaturen im Bereich >400 °C, insbesondere in einem Bereich zwischen 1000 °C und 3000 °C in inerter Atmosphäre erhitzbar ist,
- b) sie umfasst Mittel zum Abziehen der Ofenatmosphäre aus dem Ofen;
- c) weiterhin mindestens einen Kühler zum Abkühlen der abgezogenen Ofenatmosphäre;
- d) weiter umfasst die Anlage eine Trenneinrichtung zum Abtrennen von CO2 aus der abgekühlten Ofenatmosphäre;
- e) und schließlich einen Wirbelschicht-Reaktor;
- f) wobei der Wirbelschicht-Reaktor mindestens einen mit abgekühlter Ofenatmosphäre beaufschlagbaren Anströmboden aufweist;
- g) wobei der Wirbelschicht-Reaktor mindesten eine Verdüsungseinrichtung aufweist, mittels welcher flüssiges, wässriges Alkali-Hydroxid beziehungsweise Erdalkali-Hydroxid in die Wirbelschicht eindüsbar ist;
- h) wobei der Wirbelschicht-Reaktor mit mindestens einer Entnahmevorrichtung zur Entnahme von körnigem Cyanid aus dem Reaktor versehen ist.
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Bevorzugt handelt es sich bei der Trenneinrichtung um eine Membran.
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Schließlich weist die Anlage bevorzugt eine Klassiereinrichtung zum Klassieren von aus dem Wirbelschicht-Reaktor entnommenen, körnigen Cyanid auf sowie eine Keimrückführung mittels welcher eine aus der Klassiereinrichtung erhaltene Fraktion körnigen Cyanids gegebenenfalls nach Mahlung in den Wirbelschicht-Reaktor zurückführbar ist.
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Als Kühler kommt insbesondere ein Kondensator in Betracht, welcher mit Aufnahmemitteln zur Aufnahme von anfallendem Kondensat versehen ist.
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Alternativ kann ein Gasmischer als Kühler verwendet werden, mittels welchem ein kühlender Gasstrom mit der Ofenatmosphäre vermischbar ist.
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Beide Ausgestaltungen des Kühlers können auch miteinander kombiniert werden.
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Weitere bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung ergeben sich aus der nun folgenden Beschreibung einer Anlage zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die Anlage wird in diesem Zusammenhang lediglich schematisch und vereinfacht beschrieben, da der Fachmann technische Einzelheiten derartiger Anlagen kennt. Hinsichtlich des Wirbelschicht-Reaktors wird insbesondere auf die
DE19704180C1 verwiesen sowie auf den hervorragenden Einführungsartikel
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Uhlemann, Hans: Kontinuierliche Wirbelschicht-Sprühgranulation. Chem.-Ing.-Tech. 62 (1990) Nr. 10, S. 822–834.
und auf den das allgemeine Fachwissen wieder gebende Artikel im Ullmann:
Werter, Joachim: Fluidicized-Badreactors. Ullmanns Encyclopedia of Industrial Chemistry. DOI: 10.1002/14356007. B04_239. Pub2
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Auf den Offenbarungsgehalt dieser Druckschriften wird explizit Bezug genommen.
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Es zeigt:
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1: Vereinfachtes Verfahrensfließbild
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Der Gesamtprozess ist als kontinuierliches Verfahren ausgeführt. Polyacrylnitril-Fasern (1) werden in einem ersten Ofen (2) in sauerstoffhaltiger Atmosphäre in einem Temperaturbereich von 200 °C bis 400 °C oxidiert und damit stabilisiert. Sodann werden die oxidierten PAN-Fasern (3) in einem zweiten Ofen (4) eingefahren, in dem eine sauerstofffreie, inerte Atmosphäre herrscht. Die Temperatur im zweiten Ofen (4) beträgt zwischen 1000 °C und 2000 °C, so dass Carbon-Fasern (5) erhalten werden. Anschließend wäre es noch möglich, die Carbon-Fasern (5) in einen dritten Ofen einzufahren und dort zu graphitisieren. Der dritte Wärmebehandlungsschritt ist hier jedoch nicht dargestellt. Das Abziehen der Ofenatmosphäre aus dem Graphitisierungsofen erfolgt in identischer Weise wie nun für den Carbonisierungsofen (4) beschrieben.
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Mittels einer Vakuumpumpe (6) wird die Blausäure-haltige Ofenatmosphäre aus dem Carbonisierungsofen (4) abgezogen. Die typische Zusammensetzung einer solchen Atmosphäre zeigt Tabelle 1. In einem Kondensator (7) wird die Ofenatmosphäre auf Temperaturen im Bereich von etwa 250 °C abgekühlt. Das dabei anfallende Kondensat (8), eine Teer-artige Substanz, wird ausgeschleust. Die abgekühlte, von Kondensat befreite Ofenatmosphäre (9) wird sodann eine Trenneinrichtung in Gestalt einer Membran (10) zugeführt, welche das in der Ofenatmosphäre enthaltene CO2 weitestgehend abtrennt. Sodann wird die gereinigte, Blausäure-haltige Atmosphäre als Fluidisierungsmedium (11) in einen Wirbelschicht-Reaktor (12) eingedüst. Dies erfolgt über dessen Anströmboden (13). Über dem Anströmboden (13) bildet sich innerhalb des Reaktors (12) eine Wirbelschicht (14) aus, die neben dem Blausäure-gashaltigen Fluidisierungsmedium (11) auch Cyanid-Keime, Alkali- oder Erdalkali-Hydroxid (ROH) und Wasser (H2O) enthällt, welches entweder in der Reaktion anfällt oder über die Ofenatmosphäre (11) eingetragen wird. Das Hydroxid (ROH) wird über eine Verdüsungsanlage (15) in die Wirbelschicht (14) eingedüst und stammt aus einem Vorlagetank (16). Die Verdüsungsanlage (15) kann, wie in der Zeichnung dargestellt, oberhalb der Wirbelschicht (14) angeordnet sein. Alternativ kann sich die Verdüsungsanlage (15) innerhalb der Wirbelschicht (14) befinden oder unterhalb derselben, am Anströmboden (13).
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Innerhalb der Wirbelschicht (14) wird das Hydroxid (ROH) mit der Blausäure (HCN) gemäß der folgenden Formel zu Cyanid und Wasser umgesetzt: ROH + HCN → RCN + H2O
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Der Formelbuchstabe R steht dabei für ein Alkali- oder ein Erdalkali-Metall wie beispielsweise Natrium oder Kalium. Innerhalb der Wirbelschicht (14) findet nicht nur die chemische Umsetzung statt, sondern auch das physikalische Keimwachstum der gebildeten Cyanide. Ein solcher Prozess ist als Wirbelschicht-Sprühgranulation bekannt. Insoweit wird auf den genannten Artikel von Uhlemann verwiesen.
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Das körnige Cyanid RCN wird aus der Wirbelschicht (14) in bekannter Weise abgetrennt und einer Klassiereinrichtung in Gestalt eines Siebes (17) zugeführt. Im Sieb (17) wird das abgezogene Cyanid in zwei Fraktionen getrennt, nämlich ein Gutkorn (18), welches als gewünschtes Zielprodukt aus dem Prozess ausgeschleust wird, und Überkorn (19), welches die gewünschte Größenspezifikation nicht erfüllt. Das Überkorn (19) wird in einer Mühle (20) gemahlen und als Cyanid-Keime über eine Keimrückführung (21) in die Wirbelschicht (14) zurückgeführt. Die zurückgeführten Keime aus der Mühle (20) stimulieren das Keimwachstum in der Wirbelschicht (14). Abluft (22) aus dem Wirbelschicht-Reaktor (12) wird kontinuierlich abgezogen und verbrannt.
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Optional kann die Ofenatmosphäre dadurch gekühlt werden, dass ein kühlerer Gasstrom (23) beispielsweise aus Wasserdampf und/oder Stickstoff zudosiert wird. Dies geschieht mittels eines Gasmischers (24). Auf diese Weise wird auch ein größeres Gasvolumen zur Fluidisierung der Wirbelschicht (14) erzielt. Die Kühlung über die Beimischung des Gasstroms (23) kann zusätzlich zur Kühlung über den Kondensator (7) erfolgen. Sofern der Gasmischer (24) entsprechend leistungsfähig ist, kann der Kondensator (7) grundsätzlich auch entfallen. Im Interesse einer Teerabscheidung vor dem Reaktor (12) ist ein Kondensator (7) aber wünschenswert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- PAN-Faser
- 2
- erster Ofen (Stabilisierung)
- 3
- oxidierte PAN-Faser
- 4
- zweiter Ofen (Carbonisierung)
- 5
- Carbon-Faser
- 6
- Vakuum-Pumpe
- 7
- Kühler / Kondensator
- 8
- Kondensat (Teer)
- 9
- gekühlte Ofenatmosphäre
- 10
- Membran
- 11
- gekühlte, gereinigte Ofenatmosphäre = Fluidisierungsmedium
- 12
- Wirbelschicht-Reaktor
- 13
- Anströmboden
- 14
- Wirbelschicht
- 15
- Verdüsungseinrichtung
- 16
- Vorlagetank
- 17
- Sieb
- 18
- Gutkorn = körniges Cyanid
- 19
- Überkorn
- 20
- Mühle
- 21
- Keimrückführung
- 22
- Abgas
- 23
- kühlender Gasstrom
- 24
- Gasmischer
- HCN
- Blausäure
- RCN
- (Alkali/Erdalkali-)Cyanid
- ROH
- (Alkali/Erdalkali-)Hydroxid
- H2O
- Wasser
- CO2
- Kohlendioxid
- N2
- Stickstoff
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- US 3914393 [0001, 0012]
- DE 3435120 C2 [0009]
- US 2011/0104041 A1 [0009]
- DE 102011075595 [0013]
- DE 19704180 C1 [0014, 0040]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Uhlemann, Hans: Kontinuierliche Wirbelschicht-Sprühgranulation. Chem.-Ing.-Tech. 62 (1990) Nr. 10, S. 822–834 [0041]
- Werter, Joachim: Fluidicized-Badreactors. Ullmanns Encyclopedia of Industrial Chemistry. DOI: 10.1002/14356007. B04_239. Pub2 [0041]