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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Behandlung von eutrophierten Gewässern mit einer Fläche von > 10 ha, insbesondere zur Fällung von Phosphor mit Aluminium- oder Eisensalzen zur Vermeidung von Eutrophierung und insbesondere von Blaualgen vorrangig in den Sommermonaten.
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Durch die Anreicherung von Phosphor infolge vielfältig wirkender anthropogener Faktoren ist es in den vergangenen Jahrzehnten zu einer sukzessiven Herabsetzung der Wasserqualität von vielen Gewässern weltweit gekommen. Diese so genannte Eutrophierung, die vor allem in stark besiedelten Einzugsgebieten auftritt, wirkt sich umweltschädigend aus. In stark eutrophierten Gewässern liegen die P-Werte regelmäßig zwischen 100–300 μg/l Wasser. Diese P-Belastung wirkt sich negativ auf die Biozönosen der betroffenen Gewässer aus, da mit dieser Art „Überdüngung” oft eine explosionsartige Entwicklung von Blaualgen einhergeht mit der Konsequenz von Badeverbot in diesem Gewässer. Ein weiterer negativer Effekt der Eutrophierung ist die Beeinflussung der Algenentwicklung auf die gesamte Biozönose Die in vielen Gewässern nachgewiesenen Blaualgen gelten als potentielle Toxinbildner und kann zur gesundheitlichen Gefahr für Badende werden. Beim Vorhandensein von Blaualgen wird meist nur eine Sichttiefe bis zu 30 cm gemessen. Für Badezwecke wird von einer Mindestsichttiefe von einem Meter ausgegangen. Neben der Bedrohung durch die Algen existieren damit enorme Risiken bei der Wasserrettung. Damit sind größere Teile der betroffenen Gewässer nicht nutzbar, schränken eine touristische Nutzung sowie den Lebensraum für Fauna und Flora ein.
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Aus dem Stand der Technik sind unterschiedliche Verfahren zur Behandlung eutrophierter Gewässer bekannt, wobei vor allem sogenannten Inlake-Verfahren in der Praxis durchgeführt werden. Sie alle haben gemein, dass ein Phosphor bindender Stoff zur Fällung und Einbindung in das Seesediment in das zu behandelnde Gewässer eingebracht wird.
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In
DE 28 44 113 ist ein Gerät für die Behandlung von verschmutzten Gewässern beschrieben mit welchem feste, flüssige oder gasförmige Stoffe in das Gewässer mittels propellerartiger, sich drehenden und mit Düsen ausgestatteten Schaufeln eingebracht werden. Es besteht hier das Problem, dass mit hohem technischem Aufwand nur sehr kleine Gewässer mit vertretbaren Kosten behandelt werden können.
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Die
DE 4002090 A1 beschreibt ein Verfahren, in welchem die Restaurierung stehender, eutrophierter Gewässer durch Sedimentabdeckung mit einer gasdurchlässigen, aber mindestens in einer Richtung wasserdichten Folie vorgeschlagen wird. Darüber hinaus sollen hier Sand, Kies, Schlacke oder ähnliches Schüttgut zur Fixierung der Folie auf dem Seeboden eingesetzt werden. Auf diese Weise wird versucht die im Seesediment vorhandenen P-Resourcen, die oft die Hauptquelle für das Algenwachstum darstellen, auszuschalten. Auf Grund der hohen Kosten und der Unwägbarkeiten bezüglich der Beschaffenheit des Seegrundes im speziellen Anwendungsfall ist noch kein Beispiel für die Nutzung dieses Vorschlages bekannt geworden
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In
DE 198 60 564 B4 wird ein Verfahren und eine Anlage beschrieben welche das Einbringen von zwei Komponenten vorsieht und die Dosierung des Fällmittels dabei wasservolumenbezogen erfolgt. Mittels einer speziellen Verteileinrichtung für die Suspension in das Seewasser soll ein besonderer Effekt für eine schnelle und ökologisch zuverlässige Sanierung von Gewässern bis zu mittleren Größen erreicht werden. Die Nutzung von zwei Komponenten und ihre aufwendige Zubereitung auf dem Schiff/Ponton begrenzt den Einsatz einer derartigen Technik nur auf kleine Gewässer und erfordern zusätzlich einen hohen Kostenaufwand. In der Gebrauchsmusterschrift
DE 20 2007 017 852 U1 wird ein selbst fahrendes Wasserfahrzeug für das Einbringen von alkalischen Stoffen in ein Gewässer beschrieben. Zur Herstellung einer Suspension wird Seewasser aus dem Gewässer mittels einer an Bord befindlichen Pumpe genutzt und die Suspension wird mittels eines Freistrahles auf der Seeoberfläche verteilt. Für die Behandlung von eutrophierten Gewässern ist diese Technik ungeeignet, da es nicht gelingt das stets sehr teure Fällmittel intensiv genug in das Seewasser ein zu mischen und mit einer hohen Überdosierung unzumutbare Kosten entstehen.
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Den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren ist gemein, dass es durch den Einsatz von verschiedenen Fällmitteln und Anlagen zum Ausbringen und Verteilen dieser Stoffe auf/im Seekörper bisher nicht gelungen ist, mittlere und größere Gewässer wirtschaftlich vertretbar zu restaurieren.
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Ein weiterer Nachteil der oben beschriebenen, aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren ist, dass es bisher nicht gelungen ist, die im Sediment eutrophierter Gewässer vorhandenen P-Ressourcen sicher und zuverlässig gegen eine Resuspension fest zu legen. Weiterhin ist der viel zu hohe spezifische Aufwand an Fällmitteln von bis zu 150 g/m3 Seewasser gegenwärtig ein grundsätzliches Hindernis für die Anwendung derartiger Verfahren für mittlere und große Gewässer.
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Ausgehend vom voran stehenden erläuterten Stand der Technik bestand die Aufgabe der Erfindung darin, ein kostengünstiges Verfahren bereit zu stellen, mit dem es auf einfache und wirtschaftlich effektive Weise möglich ist, eutrophierte Gewässer mit einer Fläche von > 10 ha zu dahin gehend zu behandeln, dass der Gehalt an Phospor, insbesondere an gelöstem Orthophosphatphosphor merklich reduziert wird und darüber hinaus auch über einen längeren Zeitraum eine Aufrechterhaltung des Behandlungserfolges zu gewährleisten.
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Erfindungsgemäß werden die Fällmittel in Form einer Suspensionströpfchenwolke auf die Seeoberfläche bei einer Breite der Suspensionströpfchenwolke von 10 bis 60 m mit einer Flächenbeaufschlagung von 1–100 g/m2 Wasser verteilt.
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Dazu wird in eine in einem Venturidüsen-Mischsystem mit Seewasser hergestellte Suspension eine Fällmittelkonzentration von 0,5 bis 10% eingestellt. Mit dem Venturidüsen-Mischsystem wird je m3 Suspension ein Luftvolumen von 0,2–50 m3 angesaugt und in diese Suspension eingebracht. Erfindungsgemäß wird die auf diese Weise erzeugte Suspensionströpfchenwolke für die Gewässerbehandlung in mehreren Behandlungszyklen, vorzugsweise in 2–20 Behandlungszyklen mit je 1 bis 10 t Fällmittel und dabei mit und einer spezifischen Menge von je 0,5–10 g/m3 Seewasser pro Behandlungszyklus mit Unterbrechungszeiten zwischen den Behandlungszyklen von 1–100 h mittels mobilem schwimmenden Wasserfahrzeug breitflächig verteilt.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Behandlung von Gewässern, wird in Übereinstimmung mit dem voranstehend genannten Stand der Technik ein Einsatzstoff zur P-Fällung in ein zu behandelndes Gewässer eingebracht. Als erfindungsgemäßer Einsatzstoff kommt ein feinkörniges festes oder flüssiges Aluminium- oder Eisensalzsalz zum Einsatz, wobei der feste Einsatzstoff eine Körnung von 0 bis 2 mm aufweist.
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Überraschend hat sich dabei gezeigt, dass eine mehrmalige Aufgabe einer 0,5–10-igen Suspension mit einem Zeitabstand von mindestens 1 h und einer spezifischen Menge von je 1–100 g/m3 Seewasser zu einer drastischen Senkung der erforderlichen spezifischen Gesamtmenge an Fällmittel führt. Ohne an eine bestimmte Theorie gebunden sein zu wollen, erscheint sich diese überraschende Wirkung dadurch zu erklären, dass die Partikel im Verlauf des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht auf den Boden des Gewässers absinken, sondern wiederholt in Form einer Partikelwolke im Gewässer schweben und dort die Phosphatteilchen mit höherer Effizienz in die gebildeten Flocken einbinden und ausfällen.
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Ein weiterer erfindungsgemäßer Vorschlag gesteht darin, dass für die Herstellung der Fällmittelsuspension als Mischvorrichtung eine Venturidüse genutzt wird in welcher mittels Treibstrahl sowohl Fällmittel als auch Luft angesaugt wird und damit am Austritt der Venturidüse eine Suspensionströpfchenwolke mit hoher Geschwindigkeit entsteht. Mit einem Verhältnis von 0,2–50 m3 Luft aus der Atmosphäre je m3 Fällmittelsuspension wird ein eine Suspensionströpfchenwolke mit einem Tröpfchendurchmesser von 0,1–2 mm erzeugt und damit eine hohe Oberfläche für Applikation des Fällmittels im Gewässer gewährleistet.
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Bei einer erfindungsgemäßen Austrittsgeschwindigkeit der Suspensionströpchenwolke aus der Venturidüsen-Mischvorrichtung von 5–50 m/s wird auf der Wasseroberfläche ein 10–60 m breiter Fällmittelteppich mit hoher Phosphoreinbindewirkung erzeugt.
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Mit einem Wasserfahrzeug welches mit z. B. mit zwei derartigen Systemen steuer- und backbordseitig ausgestattet ist, mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von 1 bis 20 km/h bewegt wird, und eine Verteilbreite von 10 bis 60 m realisiert, können bei einer Verteilfahrt bis zu 500.000 m2/h Seeoberfläche hoch effektiv behandelt werden.
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Im Gegensatz zu den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren, erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren eine lang anhaltende Stabilisierung mit dem Effekt, dass das Fällmittel auf dem Seegrund eine Deckschicht erzeugt die ein Rücklösung von Phosphor weitgehend verhindert. Auf eine baldige, erneut mit Kosten und Aufwand verbundene Nachbehandlung kann verzichtet werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist besonders zur Behandlung von natürlichen Seen und Talsperren geeignet. Von besonderer praktischer Relevanz ist die Erfindung insbesondere für die Behandlung und Nachsorge offener eutrophierter Gewässer, insbesondere von anthropogen belasteten Binnengewässern mit einem Wasservolumen von > 100.000 m3, die durch Eutrophierung durch eine anhaltende Zufuhr von Phosphor mit dem einströmenden Grundwasser oder anderer P-Stoffquellen gekennzeichnet sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und die Vorrichtung werden nachfolgend an einem Ausführungsbeispiel und der Figur näher beschrieben.
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Ein See mit einem Volumen von 20 Mio. m3 weist eine Seeoberfläche von 150 ha auf. Die mittlere Wassertiefe beträgt 13 m. Infolge eines gelösten Anteils an Orthophosphatphosphor von 120 μg/l im Wasserkörper kommt es wiederholt zu einer Blaualgenblüte.
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Von einem mobilen Silo 12 aus werden in den Lagerbehälter 2 eines Wasserfahrzeugs 1 pro Verteilungsfahrt auf dem Gewässer je 4 t Aluminiumsulfat als Fällmittel mit einer Körnung von 0 bis 2 mm mittels pneumatischer Förderung eingebracht.
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Das Wasserfahrzeug 1 bewegt sich nach der Beladung und Entkopplung vom Silo zur gleichmäßigen Verteilung der auf dem Wasserfahrzeug erzeugten Suspensionströpfchenwolke 9 mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h auf dem eutrophierten See. Zur Erzeugung der Suspensionströpfchenwolke 9 wird mittels Fördereinrichtung 4 das Fällmittel zu einer Mischvorrichtung 6 in einer Menge von 4 t/h gefördert. Gleichzeitig werden über die Ansaugvorrichtung 3 mittels Pumpe 5 400 m3 Seewasser unter der Wasseroberfläche 11 angesaugt und mit einem Druck von 6 bar zur Mischvorrichtung 6, die in Form von zwei Venturidüsen jeweils in Fahrtrichtung nach rechts und links gerichtet sind, gefördert,. Die Venturidüsenmischvorrichtung 6 ist dabei so ausgeführt, dass in jeder Düse eine Strömungsgeschwindigkeit von 30 m/s bei einem Unterdruck von 0,3 bar eingestellt wird. Durch den erzeugten Unterdruck erfolgt über regelbare Luftzuführungsöffnungen 7 ein selbsttätiges Ansaugen von Luft 8 aus der Atmosphäre in einer Menge von 20.000 m3/h. Über die zwei im vorderen Bereich des Wasserfahrzeugs 1 angeordneten Versprühdüsen der Mischvorrichtung 6 erzeugen eine aus Luft, Wasser und Fällmittel bestehende Suspensionströpfchenwolke 9 mit jeweils ca. 20.000 m3/h. Die Suspensionskonzentration für das Fällmittel in der Flüssigphase beträgt 1 Ma.%. Die mit Zusatzluft 8 in der Venturidüsenmischvorrichtung 6 erzeugten Suspensionströpfchen weisen ein Tropfenspektrum von 0,1–1 mm auf. Die Suspensionströpfchenwolke 9 wird auf die Wasseroberfläche 11 in einer Gesamtbreite von 50 m aufgetragen. Während einer Verteilfahrt von einer Stunde wird ein Fällmittel enthaltender Suspensionsfläche 10 auf der Seeoberfläche 11 von 0,5 km2 erzeugt. Der Fällmittelauftrag auf die Seeoberfläche 11 beträgt 8 g/m2.
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Eine Wiederholung der Beaufschlagung der Seeoberfläche 11 erfolgt in analoger Weise in einem Zeitabstand von 2 Stunden. Pro Tag werden 28 t Fällmittel auf die beschriebene Weise verarbeitet. Dies entspricht einer Dosierung von insgesamt 1,4 g/m3 Seewasser pro Tag.
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Bereits nach 15 Behandlungstagen und einer Einsatzmenge von insgesamt 420 t Fällmittel wurde eine Reduktion des gelösten Anteils an Orthophosphatphosphor von 30 μg/l im Wasserkörper erreicht.
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Das erfindungsgemäße Verfahren stellt somit eine ökologisch unbedenkliche, wirtschaftliche Lösung für die Inlake-Behandlung eutrophierter Gewässer dar, mit der eine nachhaltige Einstellung des gelösten Anteils an Orthophosphatphosphor auf < 40 μg/l erfolgen kann. Der hohe Wirkungsgrad des eingesetzten Fällmittels kann auch bei Zufuhr weiterer Phosphatmengen über Fließgewässer oder diffuser Grundwasserpfade über Zeiträume von mehreren Monaten bis zu mehreren Jahren einen Orthophosphatphosphorgehaltanstieg auf > 40 μg/l verhindern.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Wasserfahrzeug
- 2
- Lagerbehälter
- 3
- Ansaugvorrichtung
- 4
- Fördereinrichtung
- 5
- Seewasserpumpe
- 6
- Mischvorrichtung
- 7
- regelbare Luftzuführungsöffnungen
- 8
- Umgebungsluft
- 9
- Suspensionströpchenwolke
- 10
- Suspensionsfläche
- 11
- Gewässeroberfläche
- 12
- mobiles Silo
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 2844113 [0004]
- DE 4002090 A1 [0005]
- DE 19860564 B4 [0006]
- DE 202007017852 U1 [0006]