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Die Erfindung betrifft einen Gurtaufroller für einen Fahrzeug-Sicherheitsgurt. Die Erfindung betrifft ferner eine Fahrzeuginsassen-Schutzvorrichtung mit einem solchen Gurtaufroller.
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Zur Befestigung eines Kindersitzes in einem Kraftfahrzeug haben sich neben der konventionellen Befestigung mittels eines Sicherheitsgurts Befestigungssysteme etabliert, bei denen eine starre Verbindung zwischen der Karosserie des Fahrzeugs und dem Kindersitz hergestellt wird. Bekannt sind diese Systeme insbesondere unter der Bezeichnung Isofix, die aus der Standardisierung nach der Norm ISO 13216 entstanden ist.
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Es sind verschiedene Vorrichtungen zur Detektion der Installation eines Kindersitzes bekannt, der mittels eines Isofix- oder ähnlichen Systems im Fahrzeug befestigt ist.
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Die
DE 100 36 933 A1 zeigt eine solche Detektionsvorrichtung, die paarweise mittels Befestigungseinrichtungen an den fahrzeugfesten Befestigungsbügeln für den Kindersitz befestigt ist. Ein fester Teil der Vorrichtung weist ein magnetisches Schaltelement und einen Magneten zur Bereitstellung eines Magnet-Betätigungsfelds für das Schaltelement auf. Ein beweglicher Mechanismus wird bei der Installation des Kindersitzes durch das Einschieben eines Paares von Arretiereinrichtungen in die Befestigungsbügel von einer ersten Lage in eine zweite Lage bewegt. Dadurch wird eine Beeinflussung des Magnet-Betätigungsfelds erzielt, sodass das magnetische Schaltelement seinen Schaltzustand wechselt. Hierdurch wird ein Signal geschaltet, das der AirbagSteuerung des Fahrzeugs die Information gibt, die Airbag-Auslösung für diesen Sitz zu deaktivieren.
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Aus der
DE 10 2009 003 629 629 A1 ist ein Sitzverankerungselement für Kindersitze bekannt, das mit hinten vorstehenden Fixierelementen an Querbolzen in der Rückenlehne eines Fahrzeugsitzes oder an der Fahrzeugkarosserie fixierbar ist. Den Fixierelementen sind Sensoren in Form von Mikroschaltern zugeordnet, die elektrisch über Kabel mit einer Signaleinrichtung verbunden sind. Von der Signaleinrichtung wird durch ein akustisches Element oder durch Signaldioden der gesicherte Einbau des Sitzverankerungselements signalisiert.
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Ein Kindersitz mit einem elektrisch überwachten Schließmechanismus zur Erkennung einer fehlerhaften Befestigung des Kindersitzes an einem Fahrzeugsitz ist aus der WO 2008 / 063 999 A2 bekannt. Ein erster elektrischer Kontakt ist an einer Hülse angebracht, in der ein schwenkbarer Bügel angeordnet ist. Ein zweiter elektrischer Kontakt ist so an diesem Bügel positioniert, dass dieser beim Verschwenken in eine Position, in der er einen fahrzeugfesten Befestigungsanker umgreift, in Kontakt mit dem ersten elektrischen Kontakt kommt.
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Die vorliegende Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass eine Kindersitzerkennung unter einem anderen Gesichtspunkt sinnvoll sein kann, nämlich speziell im Zusammenhang mit Gurtaufrollern, die in einem Rückhaltefall bei blockierter Gurtspule eine einstellbare Gurtkraftbegrenzung erlauben. Ein solcher gattungsgemäßer Gurtaufroller mit einem adaptiven Kraftbegrenzer ist beispielsweise in der
DE 10 2007 026 128 A1 gezeigt. Diesem bekannten Kraftbegrenzer liegt die Überlegung zugrunde, dass die abgezogene Gurtbandlänge für die Größe bzw. das Gewicht eines Fahrzeuginsassen repräsentativ ist. Im Crashfall wird deshalb in Abhängigkeit von der abgezogenen Gurtbandlänge der Kraftbegrenzer zu unterschiedlichen Zeitpunkten durch einen Schaltvorgang in eine Kraftbegrenzungsposition eingesteuert. Somit ist eine Kraftbegrenzung möglich, die optimal an den Fahrzeuginsassen angepasst ist.
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Aus der gattungsgemäßen
DE 103 07 430 B3 ist ein Gurtaufroller mit einer drehbar gelagerten Gurtspule bekannt, von der Gurtband abgezogen werden kann. Eine Kraftbegrenzungseinrichtung erlaubt in einer Kraftbegrenzungsphase bei blockierter Gurtspule und Überschreiten einer bestimmten Kraftschwelle in Gurtbandabzugsrichtung einen kontrollierten Gurtbandabzug. Eine Umschaltvorrichtung zur Durchführung eines Umschaltvorgangs abhängig von der abgezogenen Gurtbandlänge vor und/oder in der Kraftbegrenzungsphase, wechselt von einem ersten Kraftniveau auf ein zweites. Mittels zweier Seilzüge als jeweiliges Betätigungselement kann dabei entweder bei Erkennung eines Kindersitzes oder abhängig von der ausgezogenen Gurtbandlänge geschaltet werden.
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Aus der
DE 10 2008 063 639 A1 ist ein anderer Gurtaufroller bekannt, bei dem die Umschaltung zwischen zwei verschieden hohen Kraftbegrenzungsniveaus durch ein pyrotechnisches Schaltelement erfolgt. Zur Ansteuerung des Schaltelementes können verschiedene Parameter verwendet werden, die Masse des auf dem zugeordneten Sitz befindlichen Insassen, die Kontur des Sitzabdruckes. Dazu werden beispielsweise an sich bekannte Sitzsensormatten verwendet. Auch die jeweilige Sitzeinstellposition oder die ausgezogene Gurtbandlänge können als Parameter zur Ansteuerung des Schaltelements herangezogen werden. Aufgabe der Erfindung ist es, bei einem Gurtaufroller eine Abstimmung des Kraftbegrenzungsvorgangs auf einen möglicherweise installierten Kindersitz zu ermöglichen.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch einen Gurtaufroller mit den Merkmalen der Ansprüche 1 und 4. Vorteilhafte und zweckmäßige Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Gurtaufroller sind in den zugehörigen Unteransprüchen angegeben.
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Der erfindungsgemäße Gurtaufroller für einen Fahrzeug-Sicherheitsgurt umfasst eine drehbar gelagerte Gurtspule, von der Gurtband abgezogen werden kann, eine Kraftbegrenzungseinrichtung, die in einer Kraftbegrenzungsphase bei blockierter Gurtspule und Überschreiten einer bestimmten Kraftschwelle in Gurtbandabzugsrichtung einen kontrollierten Gurtbandabzug erlaubt, und eine Umschaltvorrichtung zur Durchführung eines Umschaltvorgangs abhängig von der abgezogenen Gurtbandlänge vor und/oder in der Kraftbegrenzungsphase, bei dem von einem ersten Kraftniveau auf ein zweites Kraftniveau gewechselt wird. Gemäß der Erfindung weist die Umschaltvorrichtung zusätzlich eine Steuereinrichtung auf, die den Umschaltvorgang wenigstens in Abhängigkeit von der Erkennung eines installierten Kindersitzes so auslösen oder unterbinden kann, dass ein Umschalten auf das höhere Kraftniveau zu Beginn der Kraftbegrenzungsphase unterbunden wird.
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Mit der Erfindung ist es möglich, bei Gurtaufrollern mit adaptivem Kraftbegrenzer die Präsenz eines Kindersitzes bei der Wahl des Kraftniveaus in der Kraftbegrenzungsphase gebührend zu berücksichtigen. Dies ist von Bedeutung, da erkannt wurde, dass es bei der Verwendung bestimmter Kindersitze ohne die erfindungsgemäße Kindersitzerkennung zu einer nicht optimalen Wahl des Kraftniveaus kommen kann. Insbesondere große Kindersitze bedingen einen relativ großen Gurtbandauszug, um ein auf dem Kindersitz sitzendes Kind anzugurten. Der Gurtbandauszug kann in diesen Fällen in einem Bereich liegen, welcher dem Gurtbandauszug eines großen bzw. schweren Erwachsenen entspricht, der bei der Entwicklung von Fahrzeuginsassen-Schutzvorrichtungen durch einen sogenannten 95%-Dummy des Typs Hybrid III repräsentiert wird. Ein so großer Gurtbandauszug würde bei dem aus der
DE 10 2007 026 128 A1 bekannten Gurtaufroller immer dazu führen, dass die Umschaltvorrichtung ein hohes Kraftniveau für einen großen bzw. schweren Erwachsenen einstellt, obwohl ein solches hohes Kraftniveau für ein Kind gar nicht benötigt wird. Beim erfindungsgemäßen Gurtaufroller kann hingegen zwischen einem Erwachsenen und einem Kind auf einem Kindersitz unterschieden werden, sodass eine jeweils optimale Einstellung des Kraftniveaus gewährleistet werden kann.
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Die Umschaltvorrichtung mit der Steuereinrichtung kann grundsätzlich auch so ausgebildet sein, dass das Auslösen bzw. Unterbinden des Umschaltvorgangs alleine in Abhängigkeit von der Erkennung eines installierten Kindersitzes erfolgt, also unabhängig von weiteren Kriterien. Besonders vorteilhaft ist der erfindungsgemäße Gurtaufroller gemäß den obigen Ausführungen allerdings mit einer Umschaltvorrichtung, die den Umschaltvorgang zusätzlich in Abhängigkeit von der abgezogenen Gurtbandlänge auslösen oder unterbinden kann. Die Erkennung bzw. Nichterkennung eines Kindersitzes dient in diesem Fall neben der abgezogenen Gurtbandlänge als weitere Eingangsgröße für die Entscheidung über das optimale Kraftniveau.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gurtaufrollers „überstimmt“ die Steuereinrichtung eine alleine auf der abgezogenen Gurtbandlänge als Eingangsgröße basierende Entscheidung über das Auslösen bzw. Unterbinden eines Umschaltvorgangs. Die Steuereinrichtung ist hierfür so ausgelegt, dass sie - zumindest zu Beginn einer Kraftbegrenzungsphase - bei Erkennung eines installierten Kindersitzes (anfänglich) einen Umschaltvorgang auf das höhere Kraftniveauunabhängig von der abgezogenen Gurtbandlänge unterbindet.
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Für die Bereitstellung einer wahlweise zu- bzw. abschaltbaren Kraftbegrenzung zur Änderung des Kraftniveaus weist die Umschaltvorrichtung erfindungsgemäß einen Einsteuermechanismus mit einem Schalthebel auf, mit dem die Einsteuerung eines Kraftbegrenzungselements, insbesondere eines Schneidkörpers, in eine Kraftbegrenzungsposition freigegeben oder unterbunden werden kann. Es ist hierbei zu beachten, dass der Schalthebel nicht für eine einfache Umschaltung (Zu- oder Abschalten einer zusätzlichen Kraft) vorgesehen ist, sondern als Sperr- und Freigabeeinrichtung zu verstehen ist, die die Einsteuerung des Kraftbegrenzungselements in die Kraftbegrenzungsposition zulassen (Einsteuerung kann, muss aber nicht zwangsläufig stattfinden) oder sperren (Einsteuerung in jedem Fall unterbunden) kann.
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Die Erfindung schafft auch eine Fahrzeuginsassen-Schutzvorrichtung mit einem Gurtaufroller, wie er oben beschrieben wurde. Die erfindungsgemäße Fahrzeuginsassen-Schutzvorrichtung umfasst darüber hinaus eine Vorrichtung zum Erkennen eines installierten Kindersitzes, die an die Steuereinrichtung des Gurtaufrollers gekoppelt ist.
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Die Erkennung eines installierten Kindersitzes kann mechanisch und/oder elektrisch an die Steuereinrichtung übertragen werden. Eine bevorzugte mechanische Lösung sieht vor, dass ein Bowdenzug einerseits an den Schalthebel des Einsteuermechanismus und andererseits an eine Befestigungsstelle für den Kindersitz gekoppelt ist. Bei der Installation des Kindersitzes sorgt der Bowdenzug für eine mechanische Betätigung oder Beaufschlagung des Schalthebels in eine vorgegebene Position.
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Eine elektrische Übertragung der Information über die Installation eines Kindersitzes kann durch einen Schalter erfolgen, der bei der Installation des Kindersitzes seine Schaltstellung wechselt und Teil einer elektrischen Schaltung zur Ansteuerung eines an den Schalthebel des Einsteuermechanismus gekoppelten Aktuators ist.
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Eine andere mögliche elektrische Ausführung basiert auf einem Transpondersystem, mit dem die Erkennung eines installierten Kindersitzes an die Steuereinrichtung übertragen wird.
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Vorzugsweise ist bei der letztgenannten Ausführung am Kindersitz ein Funksender angeordnet, der bei der Installation des Kindersitzes ein charakteristisches Signal ausgibt. Ein auf den Funksender abgestimmter Empfänger steuert bei Empfang des Signals einen an den Schalthebel des Einsteuermechanismus gekoppelten Aktuator an.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und aus den beigefügten Zeichnungen, auf die Bezug genommen wird. In den Zeichnungen zeigen:
- - 1 eine Schnittansicht eines bekannten Gurtaufrollers;
- - 2 eine gegenüber 1 um 90° gedrehte Seitenansicht eines Teils eines Kraftbegrenzers eines erfindungsgemäßen Gurtaufrollers in einem Ausgangszustand;
- - 2a eine Stirnseitenansicht des Kraftbegrenzers aus 2 im Ausgangszustand;
- - 3 den Teil des Kraftbegrenzers in der Ansicht gemäß 2 während eines Umschaltvorgangs;
- - 3a eine Stirnseitenansicht des Kraftbegrenzers aus 2 während des Umschaltvorgangs;
- - 4 eine erste Kennlinie des Kraftbegrenzers aus 2;
- - 5 eine zweite Kennlinie des Kraftbegrenzers aus 2;
- - 6 eine schematische Darstellung einer ersten erfindungsgemäßen Ausführungsform mit mechanischer Kindersitzerkennung bei nicht verriegeltem Kindersitz;
- - 7 die Ausführungsform aus 6 bei verriegeltem Kindersitz;
- - 8 eine schematische Darstellung einer zweiten erfindungsgemäßen Ausführungsform mit elektrischer Kindersitzerkennung bei nicht verriegeltem Kindersitz;
- - 9 die Ausführungsform aus 8 bei verriegeltem Kindersitz;
- - 10 eine schematische Darstellung einer dritten erfindungsgemäßen Ausführungsform mit Transponder-basierter Kindersitzerkennung bei nicht verriegeltem Kindersitz; und
- - 11 die Ausführungsform aus 10 bei verriegeltem Kindersitz.
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Beispielhaft geht die nachfolgende Beschreibung einer Ausführungsform der Erfindung von einem Gurtaufroller mit einem adaptiven Kraftbegrenzer aus, wie er in der
1 gezeigt und in der
DE 10 2007 026 128 A1 beschrieben ist. Bezüglich des grundlegenden Aufbaus wird insoweit auf dieses Dokument verwiesen.
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Eine in einem Rahmen 10 drehbar gelagerte Gurtspule 12, von der Gurtband 14 abgezogen werden kann, ist mittels eines Torsionsstabs 16 drehfest an eine Scheibe 18 gekoppelt. Übersteigt in einem Crashfall bei blockierter Gurtspule 12 die durch die Vorverlagerung des Fahrzeuginsassen über das Gurtband 14 auf die Gurtspule 12 übertragene Gurtbandabzugskraft das Torsionswiderstandsmoment des Torsionsstabs 16, wird der Torsionsstab 16 verdrillt, und die Gurtspule 12 dreht sich relativ zur Scheibe 18.
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Wesentlich für die Funktion des Kraftbegrenzers ist, dass bei der Kraftbegrenzung von dem ersten Kraftniveau, das durch die Verwindung des Torsionsstabs 16 bestimmt ist, mittels einer Umschaltvorrichtung auf ein erhöhtes zweites Kraftniveau umgeschaltet werden kann.
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Hierfür kann, wie in den 2 und 2a gezeigt, ein zusätzliches Kraftbegrenzungselement in Form eines Schneidkörpers 20 vorgesehen sein, der an einem Steuerstift 22 angeordnet ist. Der Steuerstift 22 kann mitsamt dem Schneidkörper 20 durch einen Einsteuermechanismus aus einer Ausgangsposition in eine Kraftbegrenzungsposition verstellt werden. Der Steuerstift 22 ist in der Ausgangsposition durch ein Federelement 24 axial in Richtung der Gurtspule 12 vorgespannt, jedoch durch einen Schalthebel 26 gesichert. Durch ein Verschwenken des Schalthebels 26 kann der Steuerstift 22 freigegeben werden.
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In den 3 und 3a ist eine Situation gezeigt, in der der Steuerstift 22 nicht mehr vom Schalthebel 26 gehalten wird, sodass der anfänglich noch auf einem axialen Vorsprung 28 der Gurtspule 12 gestützte Schneidkörper 20 nach einer geringen Drehung der Gurtspule 12 relativ zur Scheibe 18 axial in die Kraftbegrenzungsposition bewegt wird. In der Kraftbegrenzungsposition ragt der Schneidkörper 20 axial über die der Gurtspule 12 zugewandte Stirnfläche der Scheibe 18 hinaus und kann bei einer Drehung der Gurtspule 12 relativ zur Scheibe 18 Material der Gurtspule 12 zerspanen.
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Es ist auch eine umgekehrte Anordnung in Einklang mit dem Aufbau gemäß 1 möglich, bei der der Schneidkörper 20 in der Kraftbegrenzungsposition Material der Scheibe 18 zerspant.
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Der Einsteuermechanismus steuert den Schneidkörper 20 in Abhängigkeit von der abgezogenen Gurtbandlänge in die Kraftbegrenzungsposition ein. Das heißt, dass je nach Größe bzw. Gewicht eines Fahrzeuginsassen der Schneidkörper 20 zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder auch gar nicht eingesteuert wird. Verschiedene Ausführungsformen des Einsteuermechanismus sind aus der
DE 10 2007 026 128 A1 bekannt, insbesondere solche, bei denen die Einsteuerung des Schneidkörpers 20 in die Kraftbegrenzungsposition nach Abzug einer vorbestimmten Gurtbandlänge erfolgt.
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Im Falle eines größeren bzw. schwereren Fahrzeuginsassen, entsprechend einem sogenannten 95%-Dummy des Typs Hybrid III, ergibt sich vorzugsweise die in 4 gezeigte erste Kennlinie der Gurtkraft F über der abgezogenen Gurtbandlänge I, wobei die Länge l0 den Beginn der eigentlichen Kraftbegrenzungsphase markiert. Der Schneidkörper 20 ist - nach einem anfänglichen Gurtbandauszug bei einer geringen, ansteigenden Kraft aufgrund der Gurtbanddehnung und des Filmspuleffekts (Bereich I) - bereits zu Beginn der Kraftbegrenzung eingesteuert, sodass die Kraftbegrenzung sowohl durch das Spanen des Schneidkörpers 20 als auch durch die Verwindung des Torsionsstabs 16 erreicht wird (Bereich II). Nach einer Drehung der Gurtspule 12 um 360° wird eine Kraftbegrenzung nur noch durch Torsion erreicht, da der Schneidkörper 20 eine geschlossene Ringnut in die Scheibe 18 geschnitten hat und kein Material mehr spanen kann (Bereich III). Das Kraftniveau ist in dieser Teilphase deutlich niedriger.
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Die in 5 gezeigte Kennlinie ergibt sich vorzugsweise im Falle eines kleineren bzw. leichteren Fahrzeuginsassen, entsprechend einem sogenannten 50%- oder 5%-Dummy des Typs Hybrid III. Der anfängliche Gurtbandauszug bei einer geringen, ansteigenden Kraft aufgrund der Gurtbanddehnung und des Filmspuleffekts (Bereich I) ist geringer als bei einem größeren bzw. schwereren Fahrzeuginsassen. Danach setzt wiederum die Kraftbegrenzung ein, die anfänglich jedoch auf einem niedrigeren Kraftniveau stattfindet, da sie nur auf Torsion beruht (Bereich II). Der Schneidkörper 20 wird erst nach Erreichen der vorbestimmten abgezogenen Gurtbandlänge in die Kraftbegrenzungsposition eingesteuert. Dann findet im weiteren Verlauf der Relativdrehung zwischen der Gurtspule 12 und der Scheibe 18 eine Kraftbegrenzung auf einem höheren Kraftniveau durch Spanen und Torsion statt (Bereich III). Nach einer Drehung der Gurtspule 12 um 360° ist der Spanvorgang abgeschlossen, und es wird eine Kraftbegrenzung nur noch durch Torsion auf dem niedrigeren Kraftniveau erreicht (Bereich IV).
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Sowohl bei einem größeren bzw. schwereren als auch bei einem kleineren bzw. leichteren Fahrzeuginsassen kann der Kennlinienverlauf in dem Bereich, in dem die Kraftbegrenzung auch mittels Materialzerspanung erfolgt, auf vielfältige Weise realisiert werden. So kann eine sich ändernde Schnittbreite und/oder Schnitttiefe zu einem progressiven oder degressiven Verlauf führen.
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Neben der abgezogenen Gurtbandlänge ist die Erkennung eines installierten Kindersitzes ein weiteres Kriterium dafür, ob und ggf. wann ein Umschalten zwischen den Kraftniveaus stattfindet. Hierfür ist eine Vorrichtung zum Erkennen eines installierten Kindersitzes vorgesehen, die an die Umschaltvorrichtung gekoppelt ist. Erkennt die Vorrichtung einen installierten Kindersitz, geht diese Information in die Entscheidung ein, ob in der Kraftbegrenzungsphase (zu Anfang oder im weiteren Verlauf) ein Umschalten auf ein höheres oder ein niedrigeres Kraftniveau stattfinden soll oder nicht.
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Die mechanische Umsetzung dieser Entscheidung gelingt mithilfe einer Steuereinrichtung, die den Umschaltvorgang wenigstens in Abhängigkeit von der Erkennung eines installierten Kindersitzes auslösen oder unterbinden kann. Im Falle des oben beschriebenen Kraftbegrenzers ist die Steuereinrichtung so ausgelegt, dass in einem Fall, in dem eine große Länge Gurtband abgezogen ist, die im Bereich der für einen großen bzw. schweren Fahrzeuginsassen üblichen Längen liegt, jedoch der Installation eines Kindersitzes geschuldet ist, ein Umschalten auf das höhere Kraftniveau zu Beginn der Kraftbegrenzungsphase unterbunden ist. Die Steuereinrichtung „überstimmt“ in diesem Fall sozusagen eine alleine auf der abgezogenen Gurtbandlänge basierende Umschaltung der Umschaltvorrichtung. Erst bei Erreichen einer vorbestimmten größeren Gurtbandabzugslänge wird auf das höhere Kraftniveau umgeschaltet. Es ergibt sich die in 5 gezeigte Kennlinie. Ohne die Erkennungsvorrichtung würde die Kennlinie derjenigen der 4 entsprechen.
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Die Erkennung der Installation eines Kindersitzes, insbesondere bei einer Isofix-Befestigung, kann mechanisch und/oder elektrisch (leitungsgebunden oder drahtlos) an die Steuereinrichtung übertragen und ausgewertet werden. Auch eine teilweise elektrische Übertragung ist möglich.
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Die 6 und 7 zeigen schematisch eine mechanische Lösung. Ein Bowdenzug 30 ist einerseits an den Schalthebel 26 des Einsteuermechanismus und andererseits so an einer Befestigungsstelle 32 für einen Kindersitz 34 angeordnet, dass bei der Installation des Kindersitzes 34 der Bowdenzug 30 eine Kraft auf den Schalthebel 26 ausübt. Genauer gesagt drückt der Bowdenzug 30 den Schalthebel 26 aus einer Stellung, in der er eine Bewegung des Steuerstifts 22 und des Schneidkörpers 20 in die Kraftbegrenzungsposition zulässt (6), in eine Sicherungsstellung, in der der Schalthebel 26 einen solchen Umschaltvorgang unterbindet (7).
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Die 8 und 9 zeigen schematisch eine elektrische Ausführung mit einem Schalter 36, der bei der Installation des Kindersitzes 34 seine Schaltstellung wechselt. Der Schalter 36 ist Teil einer elektrischen Schaltung zur Ansteuerung eines Aktuators 38, der je nach Stellung des Schalters 36 einen Umschaltvorgang des Kraftbegrenzers zulässt (8) oder einen Umschaltvorgang unterbindet (9). Der Aktuator 38 ist hierfür in geeigneter Weise an den Schalthebel 26 gekoppelt.
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Eine Ausführung basierend auf einem drahtlosen Transpondersystem ist schematisch in den 10 und 11 gezeigt. Die Installation des Kindersitzes 34 führt automatisch zu einer Aktivierung eines am Kindersitz angeordneten Funksenders 40, der ein charakteristisches Signal ausgibt. Sobald ein auf den Funksender 40 abgestimmter Empfänger 42 das Signal empfängt, wird der an den Schalthebel 26 gekoppelte Aktuator 38 so angesteuert, dass ein Umschaltvorgang des Kraftbegrenzers unterbunden wird (11). Ansonsten wird ein Umschaltvorgang zugelassen (10).
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Es ist allgemein auch eine in Bezug auf den Umschaltvorgang umgekehrte Ausführungsform möglich, bei der durch die Beaufschlagung des Schalthebels 26 durch die Steuereinrichtung - entgegen den obigen Ausführungen - ein Umschaltvorgang ausgelöst wird, insbesondere von einem höheren auf ein niedrigeres Kraftniveau, wogegen ein unbeaufschlagter Schalthebel 26 einen Umschaltvorgang zulässt.
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Der Einsteuermechanismus kann auch so ausgebildet sein, dass er das Kraftbegrenzungselement (Schneidkörper 20) nur in Abhängigkeit der Kindersitzerkennung alleine, also unabhängig von der abgezogenen Gurtbandlänge in die Kraftbegrenzungsposition einsteuert.
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Der beschriebene Gurtaufroller mit dem besonderen Kraftbegrenzer ist sowohl für die Vordersitze als auch für die Rücksitze eines Kraftfahrzeugs geeignet.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Rahmen
- 12
- Gurtspule
- 14
- Gurtband
- 16
- Torsionsstab
- 18
- Scheibe
- 20
- Schneidkörper
- 22
- Steuerstift
- 24
- Federelement
- 26
- Schalthebel
- 28
- Vorsprung
- 30
- Bowdenzug
- 32
- Befestigungsstelle
- 34
- Kindersitz
- 36
- Schalter
- 38
- Aktuator
- 40
- Funksender
- 42
- Empfänger