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Militärische Einsätze verlagern sich vermehrt in urbane Gebiete, wo mit Menschenansammlungen und dichter Bebauung zu rechnen ist. Selbstschutzsysteme von militärischen Fahrzeugen sind daher völlig neuen Anforderungen ausgesetzt.
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Auf schweren gepanzerten Fahrzeugen sind Nebelkörperwurfanlagen bekannt, welche durch explosivstoffhaltige Komponenten zur Umsetzung gebracht werden und in der Umgebung einen dichten Nebel erzeugen. Derartige Anlagen sind für Stellungen im Gelände zur Tarnung gedacht, eignen sich jedoch nicht dazu das heutige Einsatzspektrum in urbaner Umgebung abzudecken. Insbesondere kann mit Nebelkörperwurfanlagen keine Nebelwand über dem Fahrzeug ausgebracht werden, wodurch Soldaten beim Absetzen in urbanem Gebiet ungeschützt sind.
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Aus der
FR 2 562 231 A1 ist ein Tarnnebelgenerator an Bord eines Fahrzeuges bekannt. Diese Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Erzeugung einer Tarnumgebung, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung einen im sichtbaren und infraroten Bereich undurchsichtigen Nebel um ein mobiles Fahrzeug erzeugt. Die Vorrichtung umfasst ein Behältnis für Dispersionsprodukte, flüssig oder pulverförmig, eine Vorrichtung zur Erzeugung eines im sichtbaren Bereich undurchsichtigen Nebels und einen Gasdruckbehälter, jeweils im Inneren des Fahrzeuges untergebracht, wobei der Tarnnebel durch eine Vielzahl von Düsen freigesetzt wird, welche um das Fahrzeug angeordnet sind und über Rohrleitungen mit dem Behältnis für Dispersionsprodukte verbunden ist.
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Die
DE 10 2007 063 702 B4 beschreibt eine Einrichtung zum Schutz von Fahrzeugen, insbesondere militärischen Fahrzeugen, im Nahbereich mittels nicht-letaler Wirkmittel. Die Einrichtung umfasst mehrere am Fahrzeug befestigte Druckbehälter für ein nicht-letales Wirkmittel, die über ein steuerbares Ausgangsventil mit einem Druckbehälter verbunden ist, eine Betätigungsvorrichtung für das Ausgangsventil sowie einer im Fahrzeug angeordneten Steuervorrichtung, die mit der Betätigungsvorrichtung verbunden ist. Die Einrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass die patronenartig ausgebildeten Druckbehälter in einem kastenartig ausgebildeten, am Fahrzeug befestigbaren Aufnahmebehälter angeordnet sind und an einem Ende jeweils ein Elektromagnetventil aufweisen, das über eine Zuführleitung mit einer Ausspritzdüse verbunden ist, wobei die Zuleitung durch ein auf dem Aufnahmebehälter befestigtes, turmartiges Aufsatzstück geführt sind und die Ausspritzdüsen am oberen Ende des Aufsatzstückes in einer Ebene in unterschiedliche Richtungen weisend angeordnet sind, während die Elektromagnetventile über eine Kabelverbindung mit einer im Fahrzeug angeordneten elektrischen Steuervorrichtung verbunden sind.
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Nachteilig an den bekannten Systemen ist, dass sie nicht individuell der Gefahrenlage entsprechend eingesetzt werden können. Die bekannte Lösung aus der
FR 2 562 231 A1 schlägt ein System vor, welches zur Schaffung einer Tarnumgebung im sichtbaren und infraroten Bereich dient. Hierbei bietet das System lediglich einen Schutzzustand, nämlich die Tarnung hinter einer Nebelwand. Die vorgeschriebene Einrichtung zum Schutz von Fahrzeugen der
DE 10 2007 063 702 B4 weist ebenfalls lediglich einen Schutzzustand auf, der durch die Verwendung von nicht-letalen Wirkmitteln erreicht wird. Zudem ist von Nachteil, dass sich die patronenartig ausgebildeten Druckbehälter für das nicht letale Wirkmittel am Fahrzeug befestigt sind. Damit ist es äußeren Einflüssen ungeschützt ausgesetzt wie beispielsweise Beschädigungen beim Transport.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, den Selbstschutz eines Fahrzeuges bei verschiedenen Gefahren zu erhöhen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
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Die Selbstschutzvorrichtung umfasst Düsen, mindestens zwei Vorratsbehälter, ein Leitungssystem, Warnsensoren und mindestens ein Steuergerät. Die Düsen sind einzeln mit dem Steuergerät ansteuerbar und an der Peripherie des Fahrzeuges angeordnet. Die Düsen sind über das Leitungssystem mit den Vorratsbehältern verbindbar. Zudem ist das Steuergerät mit den Warnsensoren, den Vorratsbehältern und den Düsen derart verbindbar, dass das Steuergerät bei Auslösen eines Warnsensors einen Vorratsbehälter ansteuert, der Vorratsbehälter ein Wirkmittel zu den Düsen transportiert und das Steuergerät die Düsen einzeln zum Ausstoß des Wirkmittels ansteuert.
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Als Düse ist eine Vorrichtung zur Verbringung sowohl flüssiger, gasförmiger als auch pulverförmiger Wirkmittel zu verstehen. Die Vorratsbehälter sind Behälter zur Bevorratung der Wirkmittel, wobei es sich hierbei sowohl um Druckbehälter, als auch einfache Kanister handeln kann. Jeder Vorratsbehälter dient somit zur Aufnahme der Wirkmittel und zur Einspeisung aller Düsen mit den Wirkmitteln. Eine zentrale Bevorratung ermöglicht ein leichtes, schnelles und missionsabhängiges Nachfüllen oder Austauschen der Behälter an einem Ort. Die Vorratsbehälter innerhalb des Fahrzeuges sind vor äußeren Einflüssen beispielsweise beim Transport geschützt. Warnsensoren bezeichnen Erfassungssysteme jedweder Art, welche in der Lage sind die Umgebung nach verschiedenen Kriterien abzusuchen und Gefahren zu erkennen. Im militärischen Bereich ist der Einsatz von Infrarot-Sensoren oder sonstige Temperatursensoren, Radar-Sensoren, optischen Sensoren wie beispielsweise hochauflösende Kamerasysteme, Nachtsichtgeräte, akustische Sensoren zur Detektion von Scharf- und Heckenschützen, chemische Sensoren usw. besonders vorteilhaft. Hierbei sind auch bereits am Fahrzeug vorhandene Aufklärungssensoren als Warnsensoren mit einzuschließen. Ein Steuergerät bezeichnet einen Microcontroller, einen Mikrochip, einen Computer oder eine integrierte Steuereinheit, welche in Bordfunktionseinheiten eines militärischen Fahrzeuges integriert ist. Durch die Anordnung der Düsen an der Peripherie des Fahrzeuges, wird der Ausstoß eines Wirkmittels am gesamten Fahrzeug möglich und bietet somit eine 360° Abdeckung des Wirkmittelausstoßes und somit auch eine Abdeckung im Bereich von Ausstiegluken des Fahrzeuges. Ein Rundumschutz ist gewährleistet. Das Leitungssystem ermöglicht den Transport der zentral gelagerten Wirkmittel zu den Düsen. Dadurch, dass die Düsen einzeln ansteuerbar sind, ist es möglich entweder alle Düsen oder nur vereinzelte Düsen zu öffnen. Die einzelne Ansteuerung ermöglicht zudem eine anhaltende Öffnung der Düsen zum dauerhaften Ausstoß eines Wirkmittels, als auch ein Öffnen in Intervallen, um Sprühstöße generieren zu können. Somit ist der Wirkmittel-Ausstoß zielgerichtet und dosierbar. Das Steuergerät fungiert als Logikschaltung der Selbstschutzvorrichtung. Das Steuergerät eignet sich dazu eine der Bedrohung angemessene Gegenmaßnahme in Richtung der Bedrohung einzuleiten. Beim erfindungsgemäßen Gebrauch empfängt das Steuergerät bei Ansprechen eines Warnsensors ein Meldesignal mindestens eines Warnsensors, bewertet das Meldesignal über Abgleich mit einer Datenbank, sendet ein Förder-Steuersignal an mindestens einen Vorratsbehälter und sendet mindestens ein Ausstoß-Steuersignal an mindestens eine Düse. Bei den angesteuerten Bauteilen der Vorratsbehälter und Düsen handelt es sich um allgemein übliche Produkte der Anlagentechnik wie beispielsweise Pumpen und Ventile. Der Einsatz eines derartigen Steuergerätes ist besonders vorteilhaft, da die Reaktionszeit vom Empfang eines Warnsignals bis zum Ausstoß-Steuersignal sehr gering ist. Das Einspeichern und Hinterlegen von Kenndaten für verschiedene Gefahrenszenarien ermöglicht eine sehr zielgerichtete Reaktion des Selbstschutzsystems.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Selbstschutzvorrichtung, sind die Vorratsbehälter jeweils mit verschiedenen Wirkmitteln gefüllt. Das bedeutet, dass sowohl flüssige, gasförmige als auch pulverförmige Wirkmittel nebeneinander bevorratet und zum Einsatz kommen können. Je nach Gefahrenlage oder je nach Warnsignal des Warnsensors ist somit eine an die Gefahrenlage angepasste Reaktion möglich. Als Wirkmittel sind nicht-letale Wirkmittel, Kaltnebelfluide, Dekontaminationsmittel, Wasser etc. denkbar.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung, ist das Steuergerät in einem vorbestimmten Manuell-Betriebsmodus oder Automatik-Betriebsmodus betreibbar. Im Manuell-Betriebsmodus ist eine Mensch-Maschine-Schnittstelle geschaffen, die es dem Bediener ermöglicht auf Meldesignale eines Warnsensors oder in eigenem Ermessen ein Wirkmittel auszuwählen, ein Förder-Steuersignal an dessen Vorratsbehälter und ein Ausstoß-Steuersignal an die Düsen zu initiieren. Bei Aktivierung des Automatik-Betriebsmodus arbeitet die Selbstschutzvorrichtung selbstständig und stößt bei Bedarf ein entsprechendes Wirkmittel aus. Dies setzt die Verwendung eines entsprechenden Computerprogramm-Produktes voraus, das von der Gefahrenerkennung, bis zur Auswahl des geeigneten Wirkmittels, die Dauer und Menge der Wirkmittelbeaufschlagung selbstständig und in kürzester Zeit errechnet. Der Automatik-Modus bietet daher die Möglichkeit die Bordmannschaft beispielsweise bei Auslastung durch andere Aufgaben zu unterstützen. Ebenfalls ist eine Abstufung der Betriebsmodi möglich, die einzelne Zwischenstufen wie Halbautomatik zwischen Manuell-Betriebsmodus und Automatik-Betriebsmodus zulässt.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung, ist das Leitungssystem, das die Düsen mit den Vorratsbehältern verbindet, eine Ringleitung mit mindestens einem Ablassventil. Die Ringleitung ermöglicht, dass bei Auswahl des Wirkmittels aus einem Vorratsbehälter das ganze Leitungssystem mit dem Wirkmittel gefüllt ist und jede Düse sofort für den Einsatz mit diesem Wirkmittel beaufschlagt werden kann. Mit dem Ablassventil kann die Leitung beispielsweise über einen reinigenden Luftstoß von dem Wirkmittel befreit werden und steht für den Einsatz des nächsten Wirkmittels bereit. Dieser Aufbau ist besonders platzsparend und benötigt wenig Leitungslänge zur Verbindung der Vorratsbehälter mit den Düsen.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung, besteht das Leitungssystem, das die Düsen mit den Vorratsbehältern verbindet aus einer Anzahl n Ringleitungen mit jeweils mindestens einem Ablassventil, wobei die Anzahl n der Anzahl der Vorratsbehälter entspricht. Somit steht jedem Wirkmittel ein eigenes Ringleitungssystem zur Verfügung. Dies ist insbesondere bei Wirkmitteln von Vorteil, die sich untereinander nicht vertragen oder mit unterschiedlichen physikalischen Verhältnissen verbracht werden.
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Weitere Vorteile sowie die schematische Darstellung der erfindungsgemäßen Selbstschutzvorrichtung sind der Figur zu entnehmen. Es zeigt 1 den schematischen Aufbau der Selbstschutzvorrichtung.
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Die 1 zeigt den schematischen Aufbau der Selbstschutzvorrichtung für ein Fahrzeug. Dabei umfasst die Selbstschutzvorrichtung sechs Düsen 1, zwei Vorratsbehälter 2, vier Warnsensoren 3 und ein Steuergerät 4. Die Düsen 1 sind einzeln ansteuerbar in der Peripherie des Fahrzeuges angeordnet. Die Düsen sind über ein Leitungssystem 5 mit den Vorratsbehältern 2 verbunden.
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Im Vorratsbehälter 2 VB1 befindet sich ein Gemisch auf Wasserbasis, ein Kaltnebelfluid, welches für Menschen unbedenklich ist und sich zur Erzeugung von multispektralem Kaltnebel eignet. Dieses entfaltet seine Tarnwirkung im sichtbaren als auch im infraroten Bereich. Somit ist bei dem erfindungsgemäßen Gebrauch der Selbstschutzvorrichtung eine Tarnung für Soldaten beim Auf- und Absetzen möglich, als auch eine Signaturreduzierung und somit Tarnung von Wärme erzeugendem Komponenten wie Motor, Fahrwerk etc. Hierzu sind Düsen auch insbesondere in der Nähe dieser Wärmeerzeugenden Komponenten angebracht.
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Im Vorratsbehälter VB2 befindet sich ein in einer Flüssigkeit gelöstes Reizgas, das als Aerosol verbracht wird und zum Fernhalten Dritter vom Fahrzeug dient.
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Der erfindungsgemäße Betrieb der Selbstschutzvorrichtung sieht das Aktivieren der Selbstschutzvorrichtung im Manuell-Betriebsmodus oder Automatik-Betriebsmodus vor. Zur automatischen Überwachung des äußeren Bereichs befinden sich am Fahrzeug verschiedene Warnsensoren 3. Dabei sind die Warnsensoren 3 an vier weit auseinander liegenden Positionen WS1 bis WS4 angebracht. Die Warnsensoren 3 detektieren visuell als digitale Videoanalyse mit eingebautem Wärmebildmodus und akustisch zur Lokalisierung von Scharfschützen. Die von den Warnsensoren 3 detektierten Ereignisse werden an das Steuergerät 4 übermittelt. Das Steuergerät 4 ist ein Computer der eine permanente Auswertung der übermittelten Daten durchführt. Nach einer erkannten Bedrohung bzw. nach Senden eines Meldesignals eines Warnsensors 3, wird durch das Steuergerät 4 ein Förder-Steuersignal an einen Vorratsbehälter 2 gesendet. Das bedeutet, wenn einer der akustischen Sensoren, hier WS1, den Schuss eines Scharfschützen lokalisiert, dann sendet das Steuergerät 4 ein Förder-Signal an den Vorratsbehälter VB1, woraufhin eine Pumpe das Kaltnebelfluid in einen Verdampfer transportiert und vom Verdampfer zu den Düsen 3. Die für die Verdampfung erforderliche Energie wird zur Steigerung der Energieeffizienz des Fahrzeuges über einen Wärmetauscher vom Motor entnommen. Zur Verteilung zu den Düsen 3 steht für den Vorratsbehälter VB1 ein eigenes Ringleitungssystem zur Verfügung. Der Vorratsbehälter 2 VB2 wiederum weist ein eigenes Ringleitungssystem zu den Düsen 3 auf. Das verdampfte Kaltnebelfluid wird nachdem das Steuergerät 4 ein Ausstoß-Signal an alle Düsen 1 D1 bis D5 gesendet hat ausgestoßen. Die Ansteuerung erfolgt über ein Magnetventil, welches durch das Ausstoß-Signal geöffnet wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- FR 2562231 A1 [0003, 0005]
- DE 102007063702 B4 [0004, 0005]