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Die Erfindung betrifft ein chirurgisches Implantat mit einer flächigen Grundstruktur, die mit Poren versehen ist.
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Chirurgische Implantate für weiches Körpergewebe, wie zum Beispiel Hernienimplantate, sind manchmal schwierig an der vorgesehenen Stelle zu positionieren. Üblicherweise sind Fixiermittel wie Tacker oder Nähte erforderlich, um das Implantat in flach oder flächig entfaltetem Zustand zu halten und um zu verhindern, dass es sich im Körpergewebe bewegt, bis es eingewachsen ist. Dies kann zu Komplikationen bei der chirurgischen Operation führen oder Nebenwirkungen hervorrufen.
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Die
WO 2003/099160 A1 offenbart ein medizinisches Implantat in Form einer genoppten Folie. Die Noppen verleihen dem Implantat ein höhere Flexibilität.
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Aus der
WO 2010/086515 A1 ist eine implantierbare Platte mit einem textilen Substrat bekannt, die an mindestens einer ihrer Oberflächen mit einer Anzahl von Vorsprüngen versehen ist, die ein Verrutschen des Implantats verhindern sollen. Diese Vorsprünge werden durch Stauchen erstellt, wobei jeweils eine Perforation im Zentrum eines wallartig geformten Vorsprungs entsteht. Die Vorsprünge ragen aus der Ebene der Platte unter einem Winkel im Bereich von 45° bis 90° heraus.
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Die
US 7 331 199 zeigt ein textiles Implantat mit in Bezug auf die Implantatebene senkrecht vorragenden Vorsprüngen, an deren freien Enden jeweils ein Kopf sitzt.
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Die
EP 2 368 524 A2 offenbart ein chirurgisches Implantat mit einem Substrat, dessen Oberfläche mit aus einem Memorymaterial gefertigten Vorsprüngen versehen ist. Wenn das Implantat eingesetzt wird, sind die Vorsprünge ganz flach. Durch eine Temperaturänderung wird bewirkt, dass sich die Vorsprünge unter steilen Winkeln nach oben biegen, um das Implantat im Körpergewebe zu verankern.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein chirurgisches Implantat zu schaffen, das sich selbsttätig zumindest partiell im Körpergewebe fixiert und das sich leicht herstellen lässt.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein chirurgisches Implantat mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das erfindungsgemäße chirurgische Implantat weist eine flächige Grundstruktur auf, die mit Poren versehen ist. In mindestens eine der Poren ragt mindestens ein Vorsprung hinein. Aus der Ebene, die durch die flächige Grundstruktur in der lokalen Umgebung des Vorsprungs definiert ist, ragt der Vorsprung unter einem Winkel α von höchstens 40° heraus. Der Höchstwert des Winkels α kann auch durch jeden kleineren Wert als 40° gegeben sein, insbesondere durch einen der in der folgenden Liste enthaltenen Werte: 38°, 36°, 34°, 32°, 30°, 28°, 26°, 24°, 22°, 20°, 18°, 16°, 14°, 12°, 10°, 8°, 6°, 4°, 2°.
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Bei vorteilhaften Ausführungsformen der Erfindung liegt der mindestens eine Vorsprung in der durch die Grundstruktur definierten Fläche, d. h. der Winkel α ist sehr gering, praktisch Null oder Null, sofern der Vorsprung nicht verbogen wird.
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Die Grundstruktur ist flächig in dem Sinne, dass ihre Dicke generell gering ist (z. B. weniger als 1 mm) im Vergleich zu ihrer Ausdehnung in Längsrichtung und in Breitenrichtung (z. B. mehr als 1 mm und meist deutlich mehr als 1 mm).
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Das erfindungsgemäße Implantat ist insbesondere als Herniennetz geeignet, aber andere Anwendungen sind ebenfalls denkbar, auch als Teil eines medizinischen Implantats, das noch weitere Komponenten aufweist. Grundsätzlich ist das Implantat zum Einsetzen in Gewebe von Mensch oder Säugetier gedacht.
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Die Poren der Grundstruktur können im Prinzip jede Form haben und in jedem Muster angeordnet sein. Die Form und die Anordnung der Poren verleihen der Grundstruktur Elastizität und Anpassungsfähigkeit an die anatomischen Gegebenheiten am Ort der Implantation.
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In eine gegebene Pore der Grundstruktur ragen ein oder mehrere Vorsprünge oder auch kein Vorsprung. In der Regel ist eine Anzahl von Poren der Grundstruktur mit einem oder auch mehreren Vorsprüngen versehen. Dabei können die einzelnen Vorsprünge unterschiedlich gestaltet sein und/oder in unterschiedlichen Richtungen verlaufen.
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Die Vorsprünge vergrößern die Reibung, wenn man versucht, das Implantat über Körpergewebe wegzuziehen, insbesondere wenn man in Richtung des freien Ende eines Vorsprungs zieht, da sich dann das freie Ende am Körpergewebe zumindest zeitweilig verhaken oder festsetzen kann. Wenn eine Anzahl von Vorsprüngen vorhanden ist, kann man über die Richtungen der Vorsprünge das Reibungsverhalten der Grundstruktur vorbestimmen (siehe auch unten). Mit Hilfe der Vorsprünge fixiert sich somit das erfindungsgemäße Implantat am Körpergewebe weitgehend selbsttätig, zumindest in durch die Ausrichtung der Vorsprünge vorgegebenen Richtungen.
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Daher können während der Operation zum Einsetzen des erfindungsgemäßen Implantats Fixiermittel wie Nähte oder Tacker eingespart werden, was den Operationsablauf beschleunigt. Während der ersten Zeit nach der Operation können die Poren der Grundstruktur von Gewebe durchdrungen werden, ohne Beeinträchtigung durch zusätzliche Fixiermittel, so dass das Implantat gut einwächst und seinen eigentlichen Zweck erfüllen kann, nämlich das behandelte Körpergewebe zu stützen.
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Bei vorteilhaften Ausführungsformen der Erfindung ist der mindestens eine Vorsprung aus Material der Grundstruktur gefertigt und geht vom Rand der Pore aus. So kann der mindestens eine Vorsprung einstückig mit der Grundstruktur ausgebildet sein, z. B. indem er aus der Grundstruktur ausgeschnitten ist. Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Grundstruktur als Folie gestaltet ist, aus der die Poren so ausgeschnitten sind, dass die in die Poren hineinragenden Vorsprünge stehenbleiben. Der Begriff ”ausgeschnitten” ist hier im geometrischen Sinne zu verstehen und nicht auf ein Schneideverfahren eingeschränkt. Derartige Implantate sind leicht herzustellen und können als einem Implantatnetz ähnliche Implantate verwendet werden. Wenn die Grundstruktur gegenüber der Stelle, wo der mindestens eine Vorsprung vom Rand der Pore ausgeht, eine Aussparung aufweist, die vorzugsweise als Teil einer zu der Pore benachbarten Pore gestaltet ist, ist das Dehnungsverhalten der Grundstruktur besonders günstig.
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Die Größe der Poren kann mindestens 1 mm betragen. Unter der ”Größe” einer Pore ist hier ein typisches Längenmaß zu verstehen, z. B. bei einer weitgehend quadratischen Pore die Seitenlänge und bei einer rechteckigen Pore, die in der Praxis ohnehin nicht zu lang gestreckt ist, die Länge der größeren Seite. Dabei kann ein Vorsprung eine Länge haben, die wenigstens halb so groß ist wie die Größe der Pore, in die er hineinragt. Die Länge eines Vorsprungs beträgt z. B. mindestens 1 mm. Poren und Vorsprünge mit solchen Größen lassen sich leicht herstellen und zeigen die erwünschte Wirkung am Implantat.
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Bei bevorzugten Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Implantats verjüngt sich der mindestens eine Vorsprung in Richtung auf sein freies Ende zu. Bei derartig geformten Vorsprüngen verstärkt sich die Reibungswirkung, wenn man das Implantat in Richtung der freien Enden der Vorsprünge über Körpergewebe zieht. Die freien Enden der Vorsprünge sollten aber nicht so stark zugespitzt sein, dass bei der Handhabung des Implantats chirurgische Handschuhe beschädigt werden. Schäden an Handschuhen lassen sich auch vermeiden, wenn die Vorsprünge aus relativ weichem Material bestehen.
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Wie bereits angedeutet, ist bei vorteilhaften Ausführungsformen des Implantats eine Vielzahl von Poren mit jeweils mindestens einem Vorsprung versehen. Wenn jeder Vorsprung eine gerichtete Längsachse aufweist, die dem Verlauf des Vorsprungs auf sein freies Ende zu folgt, können die Längsachsen, aller Vorsprünge in dem Implantat in einer Richtung oder in mindestens zwei verschieden Richtungen verlaufen.
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Ausführungsformen mit nur einer Richtung der Vorsprünge führen zu einer weitgehenden Selbstfixierung des Implantats gegen Zug in einer Richtung. Wenn die Vorsprünge in verschiedene Richtungen zeigen, können sie in Mustern angeordnet sein. Ein Beispiel dafür ist eine Gruppe von Poren, die weitgehend dem Verlauf einer Kreislinie folgt, wobei die Vorsprünge zum Zentrum dieses Kreises weisen. Generell können die Vorsprünge bei voneinander verschiedenen Poren in unterschiedlichen Bereichen der Poren verlaufen. Weiter unten sind einige Ausführungsbeispiele für die Vielzahl der Möglichkeiten näher erläutert.
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Je nach Implantat kann es auch vorteilhaft sein, wenn die Vorsprünge nur in manchen Zonen des Implantats angeordnet sind. Beispiele dafür sind Implantate, bei denen Poren in einer Randzone des Implantats mit Vorsprüngen versehen sind, während in einer zentralen Zone des Implantats keine Vorsprünge vorgesehen sind.
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Wie schon angedeutet, ist bei einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Implantats die Grundstruktur als Folie (vorzugsweise nicht aus Metall) ausgebildet, insbesondere als Polymerfolie. Flächengebilde für die Grundstruktur können aber auch anders ausgestaltet sein, z. B. als Polymerschaum oder als textiles Gebilde, insbesondere als Gewebe, Gestricke, Gewirke oder als Häkelware. ”Non-woven”-Materialien (hier als Polymervliese bezeichnet, was aber nicht in einengendem Sinne zu verstehen ist), sind ebenfalls denkbar. Ferner kommen auch Laminate aus mehreren Flächengebilden in Frage, sowohl mit gleichartigen (z. B. Folie auf Folie) als auch mit verschiedenartigen (z. B. Folie auf Gewirke) der zuvor genannten Flächengebilde.
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Bei vorteilhaften Ausgestaltungen der Erfindung ist der mindestens eine Vorsprung verstärkt, z. B. mit einer Beschichtung oder durch Thermoformung. Eine Beschichtung kann z. B. lokal auf eine als Folie gestaltete Grundstruktur, aus der die Poren mit Vorsprüngen ausgeschnitten sind, aufgetragen werden, z. B. nur auf den Vorsprüngen und gegebenenfalls auch im Ansatzbereich der Vorsprünge. Auch durch Thermoformung lässt sich eine Materialverdickung im Bereich der Vorsprünge erreichen.
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Grundsätzlich kann die flächige Grundstruktur eine Vielzahl von Formen aufweisen. Neben z. B. quadratischen, runden oder kompakt rechteckigen Formen kommen z. B. auch langgestreckte Formen in Betracht, insbesondere Formen, bei denen die Länge der Grundstruktur mindestens dreimal so groß ist wie die Breite. Derartige Implantate können als Implantatstreifen und bei sehr langgestreckten Formen auch als chirurgisches Nahtmaterial eingesetzt werden.
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Als Material für die Grundstruktur kommt eine Vielzahl von Materialien in Betracht, vorzugsweise Polymere. Dies können synthetische oder biologisch erzeugte, resorbierbare oder nicht resorbierbare Polymermaterialien sein.
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Als Beispiele für nicht resorbierbare Polymere seien genannt: Polyalkene, Polypropylen, Polyethylen, teilhalogenisierte Polyolefine, vollhalogenisierte Polyolefine, fluorierte Polyolefine, Polytetrafluorethylen, Polyvinylidenfluorid, Polyisoprene, Polystyrole, Polysilikone, Polycarbonate, Polyaryletherketone, Polyurethane, Polymethacrylsäureester, Polyacrylsäureester, Polyimide, hydrophile quervernetzte Polymere sowie Silikone und ferner Copolymere von polymerisierbaren Substanzen davon.
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Beispiele für resorbierbare Polymere sind: Polyhydroxysäuren, Polylactide, Polyglykolide, Polyhydroxybutyrate, Polyhydroxyvaleriate, Polycaprolactone, Polydioxanone, synthetische und natürliche Oligo- und Polyaminosäuren, Polyphosphazene, Polyanhydride, Polyorthoester, Polyphosphate, Polyphosphonate, Polyalkohole, Polyzucker, Polyether, Polyamide, aliphatische Polyester, aromatische Polyester, natürliche Polyaminosäuren, synthetische Polyaminosäuren, gentechnisch erzeugte Polyaminosäuren, Collagen, rh-Collagen, Seide, Pseudopolyaminosäuren, Polycyanacrylate, Polyethylenglykole, Polyvinylalkohole, derivatisierte Zellulose sowie Polyphosphatester und ferner Copolymere von polymerisierbaren Substanzen davon. Auch resorbierbare Gläser kommen in Frage.
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Denkbar ist auch die Verwendung verschiedener Materialien, auch die gleichzeitige Verwendung nicht resorbierbarer und resorbierbarer Materialien.
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Bei vorteilhaften Ausführungsformen der Erfindung enthält die Grundstruktur verschiedene Materialien, von denen mindestens eines resorbierbar ist, wobei der mindestens eine Vorsprung dieses resorbierbare Material aufweist. Bei derartigen Implantaten lässt sich das zeitliche Abbauprofil gezielt einstellen. Zum Beispiel können die Vorsprünge schneller abgebaut werden als der Rest der Grundstruktur, denn die Vorsprünge werden oftmals nur zu Beginn des Heilungsprozesses benötigt, solange das Implantat noch nicht ausreichend mit Körpergewebe durchbaut ist.
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Das Implantat kann ferner zusätzliche Widerhaken aufweisen, die nicht aus den zuvor erörterten Vorsprüngen ausgebildet sind. Zusätzliche Widerhaken können z. B. als Zusatzteile auf die Grundstruktur aufgebracht sein.
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Bei zahlreichen Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Implantats besteht das Implantat im Wesentlichen aus der Grundstruktur und den in die Poren ragenden Vorsprüngen, wobei die Vorsprünge aus dem Material der Grundstruktur ausgebildet sein können. Bei weiteren Ausführungsformen wird das Implantat als Teil eines medizinischen Implantats verwendet, das noch weitere Komponenten aufweist.
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Ein Beispiel hierfür ist eine Folie mit Poren, aus der die Vorsprünge ausgebildet sind und die mit einem zusätzlichen Implantatnetz verbunden ist, das in diesem Fall wesentlich zu den mechanischen Eigenschaften des Implantats beiträgt. In diesem Fall ist es denkbar, beide Seiten des zusätzlichen Implantatnetzes mit einer Folie mit Poren und Vorsprüngen zu belegen. Es können also auch mehrere Implantate, jeweils mit Grundstruktur und Vorsprüngen, an einem größeren medizinischen Implantat verwendet werden. Neben Implantatnetzen sind weitere Beispiele für derartige medizinische Implantate: Katheter, Röhrchen, Brustimplantate, usw. In all diesen Fällen können die Vorsprünge zu einer schnellen und sicheren Fixierung des medizinischen Implantats an seinem gewünschten Ort beitragen.
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Im Folgenden werden einige Verfahren zum Herstellen eines erfindungsgemäßen chirurgischen Implantats beschrieben, das eine flächige Grundstruktur mit Poren (Löchern) und Vorsprüngen aufweist.
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Bei Schneidverfahren können die Poren aus einem Flächengebilde (z. B. einer Folie bzw. einem Film) ausgeschnitten werden, wobei der in eine jeweilige Pore hineinragende mindestens eine Vorsprung, der vom Rand der Pore ausgeht, nicht mit weggeschnitten wird. Übliche Schneidverfahren sind Laserschneiden, Wasserstrahlschneiden, Ultraschallschneiden, Plasmaschneiden, mechanisches Schneiden, thermisches Schneiden, Stanzen und Mikrofräsen. Laserschneidverfahren können aufgrund eines Schmelzvorgangs im Bereich der Schnittlinie auch zu einer partiellen Verdickung und somit Versteifung der Vorsprünge führen.
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Bei Gießverfahren wird zunächst eine passende Form erstellt. Die Form wird mit flüssigem Kunststoff (Schmelze oder Lösung) gefüllt, der danach aushärtet oder ausgehärtet wird. Spritzgießverfahren gehören auch in diese Kategorie.
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Als weitere Verfahren seien das Polymerisieren in einer Form, das Umschmelzen in einer Form unter Energiezufuhr sowie Drucktechniken genannt, bei denen z. B. eine Verstärkungsschicht auf die Vorsprünge aufgedruckt wird.
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Wie bereits angedeutet, kommen als Flächengebilde für die Grundstruktur z. B. Polymerfilme (bevorzugt biaxial verstreckte Filme oder Folien), Schäume, Wirrvliese (non-woven) oder kondensierte Textilien (z. B. cPTFE oder kondensiertes ePTFE) in Frage. Ferner können faserverstärkte Compositfilme verwendet werden. Beispielweise lässt sich eine gewebte ”Vicryl”-Membran (”Vicryl”: Copolymer aus Lactid und Glykolid) mit einem Polylactid-co-glykolid aus einem passenden Lösungsmittel wie Aceton, Ethylacetat oder Dichlormethan beschichten; wenn das Lösungmittel abgedampft ist, erhält man einen resorbierbaren Polymerfilm, der durch ein resorbierbares Textil verstärkt ist; dieser Compositfilm läßt sich weiter über die erläuterten Verfahren mit Poren (Löchern) und Ausformungen versehen.
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Erfindungsgemäße Implantate können auch aus biologischem Material entsprechend der Erfindung hergestellt werden, zum Beispiel indem z. B. Kollagen in eine entsprechende Form gegossen, getrocknet und gegebenenfalls ausgeschnitten wird. Möglich ist auch die Bearbeitung biologischer Implantate, wie z. B. ”Surgisis” (Cook) oder ”Strattice” (LifeCell) mit den vorgestellten Ausstanz- oder Schneideverfahren.
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Ein Implantat, bei dem die Vorsprünge nach der Implantation ein anderes Abbauverhalten zeigen als die Grundstruktur, lässt sich z. B. folgendermaßen herstellen: Als Grundstruktur dient ein Flächengebilde mit regulären Poren (z. B. sechseckig, rund, rhombisch), das zuerst gefertigt wird. In einem zweiten Schritt werden partiell die Vorsprünge (als Zackenvorsprünge) hinzugefügt, indem das Flächengebilde in eine Zackenvorsprung-Gießform gelegt wird und im Bereich der Zacken mit einer Polymerlösung oder Schmelze abgetropft wird. Die zackenförmigen Vorsprünge zeigen in Abhängigkeit vom Material ein anderes mechanisches Verhalten bzw. Abbauverhalten.
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Wenn ein erfindungsgemäßes chirurgisches Implantat als Teil eines medizinischen Implantats mit weiteren Komponenten (z. B. einem herkömmlichen Herniennetz) verwendet werden soll, eignen sich zum Verbinden mit den anderen Komponenten übliche Verbindungstechniken wie Kleben, Ultraschallschweißen, Plasmaschweißen, Laminieren, Nähen und/oder Sticken.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen weiter beschrieben. Die Figuren zeigen in:
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1 eine Gesamtansicht einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen chirurgischen Implantats in Draufsicht, ungefähr in Originalgröße,
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2 einen vergrößerten Ausschnitt aus einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Implantats in Schrägansicht,
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3 einen vergrößerten Ausschnitt aus einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Implantats in Schrägansicht,
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4 in den Teilen (a) bis (d) Draufsichten auf weitere Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Implantats,
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5 in den Teilen (a) bis (h) schematische Darstellungen von Beispielen für verschiedene Porenformen bei erfindungsgemäßen Implantaten, wobei jeweils ein oder zwei Vorsprünge vorgesehen sind,
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6 einen vergrößerten Ausschnitt aus einer Ausführungsform eines medizinischen Implantats, bei dem ein erfindungsgemäßes Implantat mit einem herkömmlichen Implantatnetz verbunden ist, in schematischer dreidimensionaler Ansicht,
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7 einen vergrößerten Ausschnitt aus einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Implantats in Draufsicht,
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8 einen vergrößerten Ausschnitt aus einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Implantats in Draufsicht und
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9 ein Diagramm, das die beim Verschieben der Ausführungsformen gemäß 7 und 8 sowie eines herkömmlichen Vergleichsimplantats auf Rattenhaut auftretenden Kräfte veranschaulicht.
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In 1 ist eine Ausführungsform eines chirurgischen Implantats 1 in Draufsicht dargestellt, und zwar ungefähr in Originalgröße.
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Das Implantat 1 weist eine rechteckige Grundstruktur 2 mit einem Rand 3 auf, die im Ausführungsbeispiel aus einer Folie gefertigt ist. Aus der Fläche der Grundstruktur 2 ist eine Vielzahl von Poren 4 ausgeschnitten. In jede dieser Poren 4 ragt ein Vorsprung 6, der im Ausführungsbeispiel als doppelter Vorsprung (oder zwei Vorsprünge) ausgestaltet ist, vom Rand der Pore 4 ausgeht und in der Ebene der Grundstruktur 2 verläuft (solange er nicht verbogen wird). Eine Pore des Implantats 1 mit ihrem doppelten Vorsprung sieht in vergrößerter Ansicht so aus, wie in 5(b) dargestellt. Bei dem Implantat 1 sind die Vorsprünge 6 parallel zueinander ausgerichtet, d. h. sie verlaufen alle in derselben Richtung.
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Die 2 zeigt einen Ausschnitt aus einem weiteren Implantat 10 in Schrägansicht. Das Implantat 10 enthält eine Grundstruktur 12, die mit hexagonalen Poren 14 versehen ist, in die jeweils ein Vorsprung 16 oder ein Vorsprung 17 hineinragt. Die Vorsprünge 16 und die Vorsprünge 17 sind antiparallel zueinander ausgerichtet, d. h. ihre verjüngt zulaufenden freien Enden weisen in diametral entgegengesetzte Richtungen. Jeder der Vorsprünge 16 bzw. 17 weist eine dreieckige Aussparung 18 auf.
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In der 3 ist ein Ausschnitt aus einem weiteren Implantat 20 dargestellt, wiederum in Schrägansicht. Das Implantat 20 weist eine Grundstruktur 22 auf, die mit hexagonalen Poren 24 versehen ist, wobei die zentrale Pore mit 25 bezeichnet ist. Die in 3 gezeigte Anordnung von Poren 24, 25 wiederholt sich über das Implantat 20, denn mit solchen hexagonalen Anordnungen kann man eine Fläche lückenlos auffüllen. Wie in 3 ersichtlich, ragt in jede der Poren 24 ein vom Rand der Pore 24 ausgehender Vorsprung mit zwei Fortsätzen 28 am freien Ende. Die Vorsprünge 26 sind alle auf die zentrale Pore 25 ausgerichtet, in die selbst kein Vorsprung hineinragt. Die Richtungen der Vorsprünge 26 sind also unterschiedlich. Dadurch wird eine wirkungsvolle Fixierung des Implantats 20 gegen Verrutschen in allen Richtungen bewirkt.
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Die 4 zeigt in den Teilen (a), (b), (c) und (d) vier Implantate 30, 31, 32 bzw. 33, die alle aus gleichartig gestalteten Abschnitten aufgebaut sind. Jeder dieser Abschnitte enthält eine Pore 34 in einem Bereich 35 der Grundstruktur des Implantats. In jede der Poren 34 ragen zwei Vorsprünge 36, 37 mit abgerundeten freien Enden. Die durchbrochene Fläche jeder Pore 34 erhält dadurch die Form des Buchstaben ”E”.
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Die Implantate 30 und 31 gemäß den 4(a) bzw. 4(b) sind langgestreckt, wobei bei dem Implantat 31 zwischen zwei benachbarten Abschnitten mit Poren 34 jeweils ein Verbindungssteg 38 vorgesehen ist. Das Implantat 32 gemäß 4(c) ist rechteckig. Bei dem Implantat 33 gemäß 4(d) sind die Abschnitte mit den Poren 34 kreisartig angeordnet, wobei das Implantat 33 eine größere zentrale Aussparung 39 aufweist.
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In der 5 sind in den Teilen (a) bis (h) weitere Ausführungsbeispiele für Poren gezeigt, in die jeweils mindestens ein Vorsprung hineinragt. Der Einfachheit halber sind hier alle Poren mit 40 gekennzeichnet, ihre Ränder mit 42 und die Vorsprünge mit 44. Die Vorsprünge 44 gehen jeweils von dem Rand 42 einer Pore 40 aus. Zwei Vorsprünge bzw. ein Doppelvorsprung ist in dem Ausführungsbeispiel gemäß 5(b) vorgesehen, siehe auch 1. Ähnliches gilt für das Ausführungsbeispiel gemäß 5(e); in diesem Fall ist die Pore 40 noch durch zwei Aussparungen 46 erweitert (siehe dazu auch das Ausführungsbeispiel gemäß 7). Im Fall des Ausführungsbeispiels gemäß 5(h) befindet sich innerhalb des Vorsprungs eine Aussparung 48, wodurch der Vorsprung effektiv weicher wird. Viele weitere Formen von Poren mit Vorsprüngen sind ebenfalls möglich.
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Die 6 zeigt einen vergrößerten Ausschnitt aus einem medizinischen Implantat 50, das aus zwei Teilen aufgebaut ist. In 6 oben liegend und teilweise weggebrochen dargestellt ist eine aus einer Folie gefertigte Grundstruktur 52 mit Poren 54, in die zum Teil jeweils ein Vorsprung 56 hineinragt. Die Vorsprünge 56 sind zugespitzt und in zwei Gruppen mit diametral entgegen gesetzten Richtungen angeordnet. Dieser erste Teil entspricht einem Implantat der bisher erläuterten Art. In 6 unten liegend und infolge des weggebrochenen Teils der Grundstruktur 52 besser sichtbar ist ein herkömmliches Implantatnetz 58 als zweiter Teil des medizinischen Implantats 50, Das Implantatnetz 58, das mit der Grundstruktur 52 z. B. vernäht ist, bestimmt wesentlich die mechanischen Eigenschaften des medizinischen Implantats 50, während die Grundstruktur 52 mit den Vorsprüngen 56 das Fixieren erleichtert.
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Es folgen weitere, durchnummerierte Beispiele zu spezifischen Ausführungsformen.
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Beispiel 1
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Aus einer etwa 120 μm dicken, rechteckigen Folie aus Polypropylen einer Größe von 10 cm × 15 cm als Grundstruktur wurde mit einem Laser (”CadCam”) eine Porenstruktur geschnitten. Die Poren hatten jeweils eine hexagonale Grundform mit einer Höhe von 3 mm und einer Breite von 2 mm, wobei in jede Pore ein vom rechten Porenrand (in der Darstellung gemäß 7) ausgehender dreieckiger planarer Vorsprung von etwa 1,1 mm Länge hineinragte. Auf der gegenüberliegenden Porenseite wurde jeweils eine dreieckige Aussparung von etwa 1,4 mm Länge geschnitten.
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Das Ergebnis ist in 7 dargestellt. Darin sind das Implantat mit 60, die Grundstruktur mit 62, die Poren mit 64, die Vorsprünge mit 66 und die den Vorsprüngen jeweils gegenüberliegenden, von einer jeweiligen Nachbarpore ausgehenden dreieckigen Aussparungen mit 67 bezeichnet. Durch die Aussparungen 67 wird die Flexibilität der Grundstruktur 62 erhöht.
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Beispiel 2
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Aus einer etwa 120 μm dicken, rechteckigen Folie aus Polypropylen einer Größe von 10 cm × 15 cm als Grundstruktur wurde mit einem Laser (”CadCam”) eine Porenstruktur geschnitten. Die Poren hatten jeweils eine hexagonale Grundform mit einer Höhe von 3 mm und einer Breite von 3 mm. In jede Pore ragte ein dreieckiger, planarer Vorsprung von etwa 1,1 mm Länge. Bei den Poren auf der rechten Seite des Implantats (in der Darstellung gemäß 8) gingen die Vorsprünge vom rechten Porenrand aus, bei den Poren auf der linken Seite des Implantats vom linken Porenrand. Die freien Enden der Vorsprünge wiesen also jeweils zur Mitte des Implantats, d. h. auf eine Mittelachse zu.
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Ein Ausschnitt aus diesem Implantat ist in 8 gezeigt. Darin sind das Implantat mit 70, die Grundstruktur mit 72, die Poren mit 74 und die Vorsprünge mit 76 und 77 bezeichnet. Die Vorsprünge 76 auf der rechten Seite des Implantats weisen nach links, die Vorsprünge 77 auf der linken Seite des Implantats nach rechts.
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Laserschneidverfahren können aufgrund eines Schmelzvorgangs im Bereich der Schnittlinie zu einer partiellen Verdickung und somit Versteifung der Vorsprünge führen. So ergaben sich in den Beispielen 1 und 2 die Längen der Vorsprünge zu etwa 1,0 mm bis 1,3 mm, d. h. etwas weniger, als das ursprüngliche Lasermuster mit 1,5 mm erwarten ließ. Der Schmelzvorgang kann auch eine partielle Verformung der Vorsprünge bewirken, z. B. ein teilweises Aufrichten an den freien Enden, oder Veränderungen an der Oberfläche, was alles zu einer Verbesserung der Implantateigenschaften führen kann.
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Beispiel 3
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Im Rattenhautfriktionsmodell gemäß
WO 2006/092236 A1 wurden die Implantate aus Beispiel 1 und Beispiel 2 getestet. Zum Vergleich diente eine Folie analog dem Beispiel 2 mit Poren von hexagonaler Grundform mit einer Höhe von 3 mm und einer Breite von 3 mm, aber ohne Vorsprünge.
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Die Ergebnisse für die drei untersuchten Implantate sind in 9 dargestellt, in der die jeweils gemessene Reibungskraft (in N) gegen den Verschiebeweg (in mm) aufgetragen ist.
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Das Implantat aus Beispiel 1 (alle Vorsprünge in einer Richtung) zeigte von Anfang an eine starke Kraftzunahme bis auf etwa 20 N, wenn die Rattenhaut gegen die Richtung der Vorsprünge bewegt wurde. Die Zunahme erklärt sich dadurch, dass unter den gegebenen Versuchsbedingungen mit wachsender Verschiebung immer mehr Vorsprünge mit der Rattenhaut in Kontakt kamen, bis dies für alle Vorsprünge zutraf.
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Das Implantat aus Beispiel 2 (Vorsprünge in entgegengesetzten Richtungen) wurde zunächst entgegen der Richtung der Vorsprünge relativ zur Rattenhaut bewegt, so dass die Vorsprünge wenig Wirkung zeigten und das Reibungsverhalten weitgehend mit dem der Vergleichsfolie übereinstimmte. Erst nachdem die mit ihren freien Enden voran ausgerichteten Vorsprünge mit der Rattenhaut in Kontakt traten, stieg die Kraft stark an auf etwa 10 N.
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Beispiel 4
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Das Implantat aus Beispiel 1 wurde in unterschiedliche Lagen eines Schweinebauchs (Fettkontakt und Muskelkontakt) gelegt. Ein leichtes Andrücken ohne Zug bewirkte bereits eine Arretierung der Grundstruktur. Mit einer Zugrichtung gegen die Vorsprünge war das Implantat fixiert. Bei Zug in der entgegengesetzten Richtung löste sich das Implantat wieder. Es bestand gute Haftung in unterschiedlichem Gewebe (Fett und Muskulatur).
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Beispiel 5
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Ein weiteres Implantat wurde analog zum Beispiel 1 hergestellt, wobei aber als Material für die Grundstruktur eine 150 μm dicke Folie aus dem resorbierbaren Material Poly-p-dioxanon verwendet wurde. Das Implantat zeigte eine gute Haftung im Rattenhauttest (analog zu Beispiel 3).
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Beispiel 6
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Analog zu
WO 2011/159700 A1 wurde ein medizinisches Implantat als Laminat mit einem herkömmlichen chirurgischen Polypropylen-Netz zwischen zwei je 20 μm dicken Folien aus einem Polyglykolid-co-caprolacton hergestellt. Als Schmelzkleber diente dabei ein gelochter Film von ca. 8 μm Dicke aus Poly-p-dioxanon. Die beiden Folien aus Polyglykolid-co-caprolacton hatten Poren und Vorsprünge entsprechend dem Beispiel 2 mit einer 3 mm × 3 mm hexagonalen Basisform und dreieckigen Vorsprüngen von etwa 1,0 mm bis 1,5 mm Länge, die alle in eine Richtung zeigten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2003/099160 A1 [0003]
- WO 2010/086515 A1 [0004]
- US 7331199 [0005]
- EP 2368524 A2 [0006]
- WO 2006/092236 A1 [0066]
- WO 2011/159700 A1 [0072]