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Technisches Anwendungsgebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Führung des Beckens einer Person, insbesondere während der Gangschulung bei einer Rehabilitation. In der neurologischen Rehabilitation werden bereits technische Hilfen eingesetzt, die zu einer deutlichen und nachhaltigen Verbesserung des Rehabilitationserfolgs führen können. So ist eine neurologische Rehabilitation beispielsweise nach einem Schlaganfall, nach Schädigungen der Wirbelsäule oder bei Schädel-Hirn-Traumata erforderlich. Für die Gang-Rehabilitation werden Geräte benötigt, mit denen die Geh-Bewegung trainiert und eventuelle Fehlhaltungen korrigiert werden können.
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Stand der Technik
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So ist beispielsweise aus der
DE 198 05 164 C1 ein Trainingsgerät bekannt, das den Personalaufwand bei der Kontrolle des Ganges der zu rehabilitierenden Person verringert. Das Gerät verfügt über zwei Fußplatten, die zur Generierung einer natürlichen Schreitbewegung von einem drehzahlgeregelten Getriebe angetrieben werden. Die Patienten werden über ein Massenschwerpunktgesteuertes Gurtsystem gehalten. Eine horizontale Beckenbewegung wird durch ein Seil auf der einen Seite der Hüfte und durch eine Rückstellfeder auf der gegenüberliegenden Seite vorgegeben. Die Bewegungstrajektorie ist durch die Mechanik in Verbindung mit dem Zentralantrieb festgelegt. Durch diese eindimensionale seitliche Führung der lateralen Hüftbewegung können Fehlhaltungen allerdings nicht korrigiert werden.
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Aus der
DE 203 13 772 U1 ist eine Vorrichtung zur dynamischen Mobilisierung einer gehbehinderten Person bekannt, bei der diese Person ein Gurtzeug trägt, an dem wenigstens sieben Tragelemente an drei Ankopplungspunkten angelenkt sind. Die Tragelemente können in Form von Seilzügen ausgebildet sein und erlauben eine Bewegungskontrolle des gesamten Körpers der zu behandelnden Person. Allerdings ermöglicht auch diese Vorrichtung keine gezielte Kontrolle der Beckenbewegungen in der Transversalebene.
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Für das menschliche Gehen ist eine Kontrolle der Beckenbewegungen in der Transversalebene, d. h. in zwei translatorischen Freiheitsgraden und einem rotatorischen Freiheitsgrad in dieser Ebene, entscheidend. Weiterhin müssen für den klinischen Einsatz neben dieser funktionellen auch ergonomische und sicherheitstechnische Gesichtspunkte beachtet werden. So darf der eingesetzte Mechanismus keinerlei Verletzungsgefahr für den Patienten und den Trainer bzw. Therapeuten darstellen. Der Mechanismus muss einfach und schnell appliziert werden können. Es darf keine Behinderung der Bewegungen anderer Körperteile des Patienten beim Gehen auftreten. Auch der Trainer- bzw. Therapeutenzugang zum Patienten sollte während der Gangübung nicht behindert werden, insbesondere ein Zugang von vorne und von hinten.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht daher darin, eine Vorrichtung zur Führung des Beckens einer Person, insbesondere für die motorische Gangschulung in der Rehabilitation, anzugeben, die eine Kontrolle der Beckenbewegungen in der Transversalebene auf einfache Weise ermöglicht und die obigen ergonomischen und sicherheitsrelevanten Anforderungen erfüllt.
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Darstellung der Erfindung
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Die Aufgabe wird mit der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Vorrichtung sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche oder lassen sich der nachfolgenden Beschreibung sowie dem Ausführungsbeispiel entnehmen.
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Die vorgeschlagene Vorrichtung weist mindestens vier mit ortsfesten Seil-Aktoren verbundene Seile sowie eine Fixiereinrichtung zur Fixierung der Seile am Becken der Person auf. Die Seile sind so an der Fixiereinrichtung befestigt, dass die Befestigungsstellen in einer Ebene liegen. Auf zwei sich gegenüber liegenden Seiten der Fixiereinrichtung sind jeweils zwei der Seile befestigt. Diese beiden Seiten entsprechen bei angelegter Fixiereinrichtung vorzugsweise den beiden Seiten des Beckens, d. h. den Seiten der beiden Hüftbeine. Die Seile sind dabei so geführt, dass sie eine Bewegung der Fixiereinrichtung in zwei translatorischen Freiheitsgraden und einem rotatorischen Freiheitsgrad in der Befestigungsebene, der Transversalebene, steuern können. Die Führung kann dabei über eine geradlinige Verbindung mit den Seil-Aktoren und entsprechende Anordnung dieser Seil-Aktoren als auch über geeignet angeordnete Umlenkelemente erfolgen, wobei dann die Seil-Aktoren an nahezu beliebigen Stellen positioniert werden können. Als Seil-Aktoren können beispielsweise geregelt angetriebene Seiltrommeln eingesetzt werden. Die Fixiereinrichtung ist vorzugsweise als Gurt ausgebildet, der von der Person rutschfest am Becken angelegt werden kann.
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Durch die mindestens vier Seile mit den zugehörigen vier Seil-Aktoren und die Befestigung der Seile in einer Ebene an der Fixiereinrichtung lässt sich das Becken in den gewünschten drei kartesischen Freiheitsgraden in der Transversalebene durch geeignete Ansteuerung der Servo-Seil-Aktoren führen. Die Seile werden dabei vorzugsweise in der Transversalebene von der Fixiereinrichtung weggeführt, d. h. verlaufen in dieser Ebene zu den Seil-Aktoren oder den Umlenkelementen. Der hier eingesetzte Servo-Mechanismus zur geregelten Führung dieser Transversalebenen-Freiheitsgrade ist für die Gangschulung/-Rehabilitation essentiell. Verbleibende Freiheitsgrade können dabei passiv sein und werden vorzugsweise nicht eingeschränkt.
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Die Wirkung der Beckenführung besteht darin, dass das Becken des Patienten während der Gang-Rehabilitation vollständig auf seiner physiologischen Trajektorie geführt werden kann. Diese umfasst die Rotation sowie eine Translation (Seitwärtsbewegung). Dadurch erlernt der Patient die zum Gehen erforderliche physiologische Beckenbewegung wieder. Ohne diese physiologische Beckenbewegung ist das Wiedererlernen des physiologischen Ganges nicht möglich, da sonst Fehlhaltungen antrainiert werden.
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Der Vorteil der vorgeschlagenen Vorrichtung besteht auch darin, dass keine Masse-behafteten Komponenten im Bewegungsradius des Patienten eingesetzt werden. Dies vermeidet eine Verletzungsgefahr für den Patienten. Die Vorrichtung beansprucht zudem aufgrund des Einsatzes von Seil-Aktoren nur geringen Bauraum und lässt sich kostengünstig realisieren. Die Vorrichtung lässt sich auch einfach mit beliebigen Geräten zur Unterstützung der Fuß-Bewegung oder zur Oberkörper-Gewichtsentlastung kombinieren.
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Die einzelnen Seil-Aktoren und/oder Umlenkelemente können an einem Träger befestigt sein, der eine Art Portal bildet, in dem die Person sich bewegen kann. Auch dies ermöglicht einen ungehinderten Zugang von vorne und von hinten zum Patienten. Die Seil-Aktoren werden durch geeignete Motoren angetrieben, die mit einer Steuerung zur Führung des Beckens der Person verbunden sind.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung sind die Seile so geführt, dass sie ausgehend von der Fixiereinrichtung durch vier Ecken eines fiktiv um die Fixiereinrichtung gelegten Rechtecks verlaufen. In dieser Ausgestaltung wird eine optimale Führung des Beckens über die Seil-Aktoren in den drei Feiheitsgraden ermöglicht. Der gegenseitige Abstand der Seil-Aktoren und/oder Umlenkelemente kann bei der vorgeschlagenen Vorrichtung kleiner als zwei Meter sein, so dass der gesamte Bauraum der Vorrichtung relativ gering ist.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Die vorgeschlagene Vorrichtung wird nachfolgend anhand von zwei Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Zeichnungen nochmals kurz erläutert. Hierbei zeigen;
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1 stark schematisiert ein Beispiel für einen Aufbau der vorgeschlagenen Vorrichtung, bei dem ein Patient die Fixiereinrichtung trägt;
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2 ein Beispiel für die Seilführung bei der vorgeschlagenen Vorrichtung in einer Schnittdarstellung in der Transversalebene; und
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3 ein weiteres Beispiel für die Seilführung bei der vorgeschlagenen Vorrichtung in Schnittdarstellung in der Transversalebene.
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Wege zur Ausführung der Erfindung
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Die vorgeschlagene Vorrichtung weist in den nachfolgenden Beispielen vier Seil-Aktoren auf, deren Seile an einem Fixiergurt befestigt sind, der von einem Patienten am Becken getragen werden kann. 1 zeigt hierzu ein stark schematisiertes Beispiel. Die einzelnen Seil-Aktoren 2 sind hierbei an einem ortsfesten Träger 1 befestigt, der in Form eines Portals ausgebildet ist. Im Zentrum des Portals befindet sich der Patient 5, der den Fixiergurt 3 um sein Becken trägt. Die Seile 4 der Seil-Aktoren 2 sind am Fixiergurt 3 befestigt. Die gesamte parallele Seil-Kinematik der vorgeschlagenen Vorrichtung wirkt hierbei in der Transversalebene und ermöglicht die Bewegung bzw. Führung des Beckens der Person in zwei translatorischen Freiheitsgraden und einem rotatorischen Feiheitsgrad in dieser Transversalebene. Die Seil-Aktoren 2 weisen geeignete Antriebseinheiten auf und sind mit einer gemeinsamen Steuerung 6 verbunden, die der Kontrolle der Bewegungen der Fixiereinrichtung bzw. des Beckens des Patienten dient.
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Die Seile 4 können an unterschiedlichen Positionen am Fixiergurt 3 befestigt sein und in unterschiedlicher Weise vom Fixiergurt zu den Seil-Aktoren 2 bzw. zu entsprechenden um den Patienten angeordneten Umlenkungen geführt sein. 2 zeigt hierzu ein erstes Beispiel einer Seilführung in einer Schnittdarstellung in der Transversalebene in Draufsicht. Jeweils zwei Seile sind hierbei auf einer Seite des Fixiergurtes und somit des Beckens des Patienten an einem gemeinsamen Befestigungspunkt 7 am Fixiergurt 3 befestigt, wie dies in der Abbildung ersichtlich ist. Die Abbildung zeigt stark schematisiert die vier Seil-Aktoren 2, das Becken 8 (elliptisches Patientenkörpermodell) sowie die entsprechenden Befestigungspunkte 7. Durch geeignete Straffung und Lockerung der einzelnen Seile 4 durch die Seil-Aktoren wird eine translatorische Bewegung des Beckens 8 in den beiden translatorischen Freiheitsgraden in dieser Transversalebene sowie eine rotatorische Bewegung des Beckens um eine Achse senkrecht zur Transversalebene ermöglicht.
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Die vier Seile 4 können auch in anderer Weise geführt und an dem Fixiergurt 3 befestigt sein. Ein Beispiel hierfür ist in 3 dargestellt. Die jeweils auf einer Seite des Beckens 8 mit dem Fixiergurt 3 verbundenen Seile sind hier an zwei getrennten Befestigungspunkten 7 befestigt, die allerdings nahe beieinander liegen. Auch die Seilführung ist in diesem Beispiel in anderer Weise realisiert, wobei sich jeweils zwei Seile überkreuzen. Auch mit einer derartigen Seilführung lässt sich eine gesteuerte Beckenführung in den drei Freiheitsgraden erreichen.
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Die Vorrichtung lässt sich in den verschiedensten Anwendungen einsetzen, in denen eine Beckenführung erforderlich ist, beispielsweise bei der Schlaganfall-Rehabilitation. Die Vorrichtung lässt sich dabei auch mit vielen bereits im Forschungsbereich oder im klinischen Umfeld eingesetzten Gangtherapie-Geräten kombinieren, beispielsweise mit Laufbändern oder Balance-Trainern.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Träger
- 2
- Seil-Aktor
- 3
- Fixiergurt
- 4
- Seil
- 5
- Patient
- 6
- Steuerung
- 7
- Befestigungspunkt
- 8
- Becken
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19805164 C1 [0002]
- DE 20313772 U1 [0003]