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Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Salzes von Bistetrazolylamin (BTA) oder eines Gemischs, welches ein solches Salz enthält. BTA wird auch als Di(1H-tetrazol-5-yl)amin bezeichnet. Aus Wang, W. et al., Eur. J. Inorg. Chem. 2009, 3475–3480 ist ein Bleisalz von BTA bekannt. Gemäß dieser Druckschrift wird vorhergesagt, dass BTA-Salze das Potential aufweisen als Additive in pyrotechnischen Stoffen und Treibstoffen verwendet zu werden. Weiterhin wird ausgeführt, dass Ammoniumperchlorat das übliche Oxidationsmittel in zusammengesetzten Festtreibstoffen ist und die thermischen Zerfallscharakteristika von Ammoniumperchlorat direkt das Verbrennungsverhalten fester Treibstoffe beeinflussen. In der Veröffentlichung wird die Untersuchung der Wirkung des Blei(II)-Salzes von BTA auf den thermischen Zerfall von Ammoniumperchlorat beschrieben.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine alternative Verwendung eines BTA-Salzes anzugeben. Weiterhin soll ein Zünder bereitgestellt werden.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1 und 9 gelöst Zweckmäßige Ausgestaltungen ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 8.
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Erfindungsgemäß ist die Verwendung eines Salzes von BTA oder eines Gemischs, welches ein solches Salz enthält, als Initialsprengstoff vorgesehen.
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Überraschenderweise hat es sich gezeigt, dass sich BTA-Salze durch Einbringen einer geringen Energiemenge, beispielsweise durch Bestrahlung mit einem Laserstrahl einer Leistung von weniger als 350, insbesondere weniger als 300, insbesondere weniger als 250 Milliwatt, zünden lassen. Gleichzeitig weisen BTA-Salze eine hohe thermische Stabilität auf und sind gegenüber mechanischer Belastung so unempfindlich, dass sie von der Empfindlichkeit her als Sekundärsprengstoff zu charakterisieren wären. Bei Zündung mit einem Laserstrahl ist eine Fokussierung des Laserstrahls nicht erforderlich.
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Gleichzeitig sind die Salze sehr energiereich und somit in der Lage, einen einstufigen Aufbau eines Zünders und/oder eine Miniaturisierung eines Zünders zu ermöglich. Die Energie eines herkömmlichen Initialsprengstoffs reicht nicht immer aus, um einen Sekundärsprengstoff direkt zu zünden. Bei einem herkömmlichen Zünder wird daher zuerst ein Initialsprengstoff gezündet, der nachfolgend einen Sekundärsprengstoff zündet, der in direktem Kontakt mit dem Initialsprengstoff in demselben Zünder verpresst ist. Häufig wird auch ein drei- oder mehrstufiger Aufbau gewählt, insbesondere wenn es sich um einen Zünder mit kleinen Dimensionen handelt. Bei einem solchen Zünder zündet beispielsweise der Initialsprengstoff zunächst ein Gemisch aus dem Initialstrengstoff und dem Sekundärsprengstoff und dieses Gemisch dann weiteren Sekundärsprengstoff im Zünder. Die Energiedichte des Sekundärsprengstoffs reicht dann aus, den Sekundärsprengstoff im Sprengkörper zu zünden. Derartige Zünder sind aufwändig herzustellen und in Bezug auf ihre Zusammensetzung verhältnismäßig empfindlich gegenüber geringen Abweichungen im Verhältnis der Komponenten der Zusammensetzung. Die Sicherstellung der genauen Einhaltung der gewünschten Zusammensetzung bedingt zusätzlichen Aufwand beim Herstellen eines solchen Zünders.
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Durch die Möglichkeit, einen einstufigen Zünder zu bauen, kann mittels der erfindungsgemäßen Verwendung von BTA-Salz als Initialsprengstoff ein Zünder wesentlich günstiger gefertigt werden als mit einem Initialsprengstoff, welcher einen zwei- oder mehrstufigen Aufbau erfordert. Bei der erfindungsgemäßen Verwendung kann ein mehrstufiger Aufbau entfallen, weil BTA-Salze eine ausreichende Energiedichte aufweisen, um einen Sekundärsprengstoff direkt zu zünden.
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Herkömmliche Laserzündstoffe enthalten Komplexsalze mit Perchlorat, um die für eine Zündung durch einen Laserstrahl erforderliche Empfindlichkeit bereitzustellen. Perchlorat verträgt sich jedoch auf Dauer nicht mit den sonstigen üblichen Bestandteilen von Initialsprengstoffen. Die Lagerstabilität solcher Laserzündstoffe ist daher gering. Weiterhin kann Perchlorat eine starke Korrosion an unedlen Metallen verursachen, die mit dem Sprengstoff oder nach einer Detonation mit den daraus entstandenen Schwaden in Kontakt kommen. Das erfindungsgemäß verwendete BTA-Salz ist jedoch so leicht zu zünden, dass sogar ein mit einem Laserstrahl geringer Leistung zu zündender Zünder bereitgestellt werden kann, der kein Perchlorat enthält. Dadurch können die mit Perchlorat einhergehenden Nachteile vermieden werden. Ebenfalls vermieden werden kann der Einsatz des üblicherweise zur Erhöhung der Zündleistung eingesetzten Bleiazids und/oder Bleitrizinats. Ein Zusatz der genannten Salze zu einem Initialsprengstoff macht diesen einerseits thermisch instabil und andererseits bleihaltig. Die erfindungsgemäße Verwendung ermöglicht dagegen die Bereitstellung eines thermisch stabilen bleifreien Initialsprengstoffs. Die Verwendung von Bleisalzen sollte generell aus Umweltschutzgründen und wegen der Gefährdung der Gesundheit der Arbeiter bei der Produktion vermieden werden.
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Die Zündung eines BTA-Salzes kann auch elektrisch erfolgen. Durch die geringe Zündleistung, die zur Zündung erforderlich ist, kann dazu ein sehr dünner Zünddraht verwendet werden. Sowohl durch einen Laserstrahl als auch durch einen derartig dünnen Zünddraht kann eine Millisekunden- bis Mikrosekunden-genaue Zündung erfolgen. Gleichzeitig ist durch die hohe thermische Stabilität und die Unempfindlichkeit gegenüber mechanischen Einflüssen im Vergleich zu herkömmlichen mit Laserstrahlen zu zündenden Initialsprengstoffen eine hohe Sicherheit gegenüber einer unbeabsichtigten Zündung gewährleistet. Je höher die thermische Stabilität eines Initialsprengstoffs ist, desto größer ist seine Lagerbeständigkeit. In Kombination mit der Vermeidung korrosiven Perchlorats lassen sich mit BTA-Salz als Initialsprengstoff sehr lagerbeständige Zünder bereitstellen.
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Weiterhin besteht durch das Vermeiden korrosiver Bestandteile bei der Verwendung von BTA-Salz als Initialsprengstoff mehr Freiheit im Hinblick auf die Wahl des Sekundärsprengstoffs und bei der Wahl von den Initialsprengstoff direkt kontaktierenden Materialien, wie Hülsen oder Zündmechanismen.
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Bekannte mit Laserstrahlung zu zündende Initialsprengstoffe benötigen eine Leistung des Lasers im Bereich von zumindest mehreren Hundert Milliwatt. Häufig bewirkt die Zündung eines solchen Initialsprengstoffs, beispielsweise Tetramminbis(5-nitro-2H-tetrazolato-N2)kobalt(III)perchlorat, nur eine Deflagration und keine für die Zündung eines Sekundärsprengstoffs günstige Detonation.
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Metallsalze von BTA absorbieren Laserstrahlung besonders gut, so dass zu deren Zündung ein Laserstrahl verhältnismäßig geringer Leistung ausreichend ist.
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Bei dem Salz kann es sich um ein Salz von Silber, Kobalt, Chrom, Kupfer, Eisen oder Nickel, insbesondere Ag2BTA, CoBTA, Cr2BTA3, CuBTA, Cu2BTA, FeBTA, Fe2BTA3 oder NiBTA, handeln.
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Vorzugsweise umfasst der Initialsprengstoff bei der erfindungsgemäßen Verwendung keine Ionen von Blei oder einem sonstigen giftigen Element. Insbesondere ist das Salz kein Salz von Blei oder eines sonstigen giftigen Elements. Der Initialsprengstoff umfasst vorzugsweise kein Nitrat, kein Halogenat, insbesondere kein Chlorat, und/oder kein Perchlorat. Nitrat, Halogenat oder Perchlorat enthaltende Initialsprengstoffe sind thermisch häufig instabil und reagieren mit der Zeit mit anderen Sprengstoffen. Sie sind dadurch nicht lagerungsstabil und verursachen starke Korrosion an Metallen. Mit der erfindungsgemäßen Verwendung können diese Nachteile vermieden werden.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung umfasst das Gemisch mindestens zwei verschiedene der oben spezifizierten Salze. Durch das Mengenverhältnis der verschiedenen Salze kann die Empfindlichkeit des Initialsprengstoffs eingestellt werden. Der Initialsprengstoff kann ausschließlich das genannte Gemisch verschiedener Salze umfassen. Ein Gemisch, das ausschließlich aus den genannten Salzen besteht, weist den großen Vorteil auf, dass in dem Gemisch nur Ionenaustauschreaktionen stattfinden können, welche die Gesamtzusammensetzung des Gemischs nicht verändern. Ein solches Gemisch ermöglicht die Einstellung einer gewünschten Sensitivität durch das Mischungsverhältnis und ist dabei gleichzeitig äußerst lagerungsstabil.
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Der Initialsprengstoff kann zusätzlich ein 5,5-Azotetrazalat umfassen. Durch das 5,5-Azotetrazolat kann der Initialsprengstoff sensibler gegenüber mechanischen Einflüssen gemacht werden, beispielsweise wenn eine Zündung durch Schlag oder Reibung gewünscht ist.
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Bei einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verwendung ist das Salz so gewählt oder das Gemisch so zusammengesetzt, dass es bis zu 270°C, insbesondere 305°C, insbesondere 345°C, insbesondere 355°C, insbesondere 360°C, thermisch stabil ist.
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Je höher die thermische Stabilität des Gemischs oder des Salzes ist, desto lagerungsstabiler und sicherer handhabbar ist es.
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Die Zündung des Initialsprengstoffs kann elektrisch oder mittels mindestens eines Laserstrahls erfolgen. Wegen dessen hoher Energiedichte kann ein Salz von BTA einen Sekundärsprengstoff direkt zünden. Ein den Initialsprengstoff enthaltender Zünder kann daher einstufig aufgebaut sein. Ein solcher Zünder ist kostengünstiger und einfacher herzustellen als ein mehrstufiger Zünder.
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Weiterhin ist erfindungsgemäß ein ein oben spezifiziertes Salz oder Gemisch enthaltender Zünder vorgesehen.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand der 1 und von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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1 zeigt die Strukturformel von Bistetrazolylamin (Di(1H-tetrazol-5-yl)amin), dessen Salz erfindungsgemäß als Initialsprengstoff verwendet wird.
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Erfindungsgemäß verwendete BTA-Salze können beispielsweise wie folgt hergestellt werden:
Bistetrazolylamin wird aus Natriumdicyanamid und Natriumazid mit Salzsäure als Katalysator wie in Klapötke, T. M. et al., J. Mater. Chem., 2008, 18, 5248–5258 beschrieben hergestellt. 15,3 g (0,10 mol) Bistetrazolylamin werden in 50 ml destilliertem Wasser gelöst. Dazu werden 8,0 g (0,2 mol) Natriumhydroxid als Feststoff zugesetzt. Die Lösung wird bis zu dessen vollständiger Auflösung gerührt. Um sicherzustellen, dass keine freien Hydroxidionen, die mit Metallionen als unlösliche Hydroxide ausfallen würden, in der Lösung vorhanden sind, werden noch 100 mg Bistetrazolylamin zugesetzt. Anschließend wird die Lösung filtriert, um freies Bistetrazolylamin zu entfernen. Die Lösung wird auf 100 ml mit destilliertem Wasser verdünnt, so dass die Natriumbistetrazolylamin-Konzentration in der Lösung 1 molar ist. Die erhaltene Lösung wird im Folgenden als Basislösung bezeichnet.
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1. Herstellung von Silberbistetrazolylamin
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1 ml der Basislösung wird in einem 25 ml-Becherglas auf einer 75°C warmen Heizplatte eines Magnetrührers mit einem 15 mm-Rührkern bei 350 Umdrehungen pro Minute gerührt. Zu dieser Lösung werden 2,5 ml 1-molare Silbernitratlösung tropfenweise hinzugefügt. Das Silbernitrat wird im Überschuss eingesetzt, um das BTA-Salz zuverlässig auszufällen. Das Becherglas wird nach einer Minute auf einen zweiten Magnetrührer mit einer nicht erwärmten Heizplatte gestellt und unter Rühren abkühlen gelassen. Dabei bildet sich ein weißer Niederschlag, der filtriert und mit 5 ml eiskaltem Wasser und anschließend mit 5 ml kaltem Ethanol gewaschen wird. Anschließend wird der Niederschlag im Trockenschrank bei 40°C über Nacht getrocknet.
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2. Herstellung von Kobalt(II)bistetrazolylamin
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Es wird wie in Beispiel 1 beschrieben vorgegangen, wobei statt 2,5 ml 1-molare Silbernitratlösung 1,5 ml 1-molare Kobalt(II)chloridlösung eingesetzt werden. Der dabei gebildete rosa Niederschlag wird wie in Beispiel 1 beschrieben abgesondert und getrocknet.
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3. Herstellung von Chrom(III)bistetrazolylamin
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Es wird wie in Beispiel 1 beschrieben vorgegangen, wobei statt 2,5 ml 1-molare Silbernitratlösung 1 ml 1-molare Chrom(III)chloridlösung eingesetzt wird. Der dabei gebildete rosa Niederschlag wird wie in Beispiel 1 beschrieben abgesondert und getrocknet.
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4. Herstellung von Kupfer(II)bistetrazolylamin
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Es wird wie in Beispiel 1 beschrieben vorgegangen, wobei statt 2,5 ml 1-molare Silbernitratlösung 1,5 ml 1-molare Kupfersulfatlösung eingesetzt werden. Der dabei gebildete dunkelgrüne Niederschlag wird wie in Beispiel 1 beschrieben abgesondert und getrocknet.
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Zur Untersuchung der mechanischen Eigenschaften von BTA-Salzen wurde deren Zerfallstemperatur mittels ”Differential Scanning Calorimetry” (DSC) bestimmt. Bei den in Tabelle 1 mit ”*” gekennzeichneten Werten erfolgte die Bestimmung nur durch einen Heizplattentest d. h. bei einer Maximaltemperatur von 360°C erfolgte keine Umsetzung. Ein ”–” kennzeichnet einen nicht gemessenen Wert.
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Die Reibempfindlichkeit wurde mittels eines genormten Reibeapparats der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM), kleine Ausführung, ermittelt. Die Werte geben jeweils die Kraft an, die ein in dem Reibeapparat enthaltener Stift auf eine in dem Reibeapparat enthaltene Reibefläche, auf der eine Probe des zu untersuchenden Stoffs aufgebracht ist, ausübt. Die Schlagempfindlichkeit wurde mittels eines auf eine Probe des zu untersuchenden Stoffs fallenden genormten Fallhammers der Bundesanstalt für Materialprüfung, kleine Ausführung, ermittelt. Dabei wurden jeweils die Fallhöhe und das Gewicht des Fallhammers variiert.
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Es wurden die folgenden Werte ermittelt:
Stoff | Zerfall/°C (DSC) | Schlag [J] | Reibung [N] |
BTA | 230 | > 1 | > 20 |
Ag2BTA | 360 | > 1 | > 20 |
CoBTA | 310 | > 1 | > 20 |
Cr2BTA3 | > 360* | > 1 | > 20 |
CuBTA | 275 | > 1 | > 20 |
Cu2BTA | - | > 1 | > 20 |
FeBTA | - | > 1 | > 20 |
NiBTA | - | > 1 | > 20 |
Tabelle 1
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Zur Untersuchung der Laserempfindlichkeit der genannten Salze wurden diese mit einem 0,5 mm Durchmesser aufweisenden Laserstrahl der jeweils angegebenen Wellenlänge und Leistung bestrahlt. Dabei sind die folgenden Reaktionen ermittelt worden:
Stoff | 532 nm, 20 mW | 532 nm, 200 mW | 630 nm, 200 mW |
BTA | keine Reaktion | keine Reaktion | keine Reaktion |
Ag2BTA | keine Reaktion | Detonation | keine Reaktion |
CoBTA | keine Reaktion | Detonation | Verpuffung |
Cr2BTA3 | keine Reaktion | keine Reaktion | Verpuffung |
CuBTA | keine Reaktion | keine Reaktion | Verpuffung |
Cu2BTA | keine Reaktion | keine Reaktion | Detonation |
FeBTA | keine Reaktion | Verpuffung | Verpuffung |
Fe2BTA3 | keine Reaktion | Verpuffung | Verpuffung |
NiBTA | keine Reaktion | keine Reaktion | Verpuffung |
Tabelle 2
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Die obigen Versuchsergebnisse zeigen, dass die untersuchten BTA-Salze eine hohe Zerfallstemperatur aufweisen und relativ unempfindlich gegenüber Schlag und Reibung sind, sich jedoch bereits mit einem Laserstrahl geringer Leistung zünden lassen.