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Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Chemie und betrifft ein Verfahren zur Ermittlung des Gehaltes an Verunreinigungen in Prozesswässern, wie es insbesondere zur Entfernung von klebenden Verunreinigungen aus den Prozesswässern im Stoffkreislauf der Papierindustrie zur Anwendung kommen kann.
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Die effektive Abtrennung klebriger Bestandteile, die u. a. durch das Recycling von Altpapier in den Stoffkreislauf der Papierindustrie eingebracht werden, ist nach wie vor ein ungelöstes Problem. Diese meist klebrigen Partikel werden von den Papiermachern Stickies genannt. Der ZELLCHEMING-Fachausschuss für Altpapierverwertung empfahl 2001 folgende Definition:
- • „Klebende Bestandteile können bei der Verarbeitung von Primär- und Sekundärfaserstoffen auftreten. Stickies ist die Bezeichnung für klebende Partikel, die aus dem Rohstoff Altpapier resultieren.”
- • „Primär-Stickies werden mit dem Rohstoff eingetragen und kleben unter Prüfbedingungen. Sekundär-Stickies entstehen durch chemisch-physikalische Einflüsse im Prozess und kleben unter Prüfbedingungen (Putz, H.-J., Hamann, A.; Methodenvergleich zur Bestimmung von Stickys, Wochenblatt für Papierfabrikation 131(2003)5 S. 218–225)”.
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Die Größe der Stickies wird nach Doshi, M. R., et al.: (2003). Prog. Pap. Recycling, 12(3): 34–43.) in
- – suspendierte Stickies: 20 bis 100 μm
- – dispergierte Stickies: 1 bis 25 μm
- – kolloide Stickies: 5 bis 0,01 μm und
- – gelöste Stickies: < 0,01 μm
spezifiziert.
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Bisher werden neben mechanischen Trennverfahren (z. B. mit Hydrocyclon,
EP 0 470 946 A1 ) chemische Trennverfahren eingesetzt, bei denen eine Vielzahl von Produkten zur Abtrennung vorgeschlagen werden, z. B. Talk, Kreide oder Bentonit. Diese Produkte sollen adsorbierend wirken. Ebenso werden Salze oder verschiedene (synthetische) Polymere eingesetzt, die mit Hilfe ihrer kationischen Ladung die Stickies binden sollen (
FR 2 722 214 A1 ). Bei den eingesetzten Polymeren, wie z. B. PDADMAC oder PEI, handelt es sich um Polymere mit einer hohen Ladungsdichte.
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Neben der Abtrennung der Verunreinigungen aus den Prozesswässern ist insbesondere die Quantifizierung der Abtrennung problematisch und mit üblichen Methoden (Messung der Trübung oder Ladung) nicht aussagekräftig nachweisbar, da die klebrigen Bestandteile auch nicht geladene Anteile enthalten. Die Menge der abgetrennten Stickies wird z. B. in einer aufwändigen Prozedur (Extraktion der ausgefällten Bestandteile mit Soxhlet und gravimetrische Messung der Masse) ermittelt. Eine aussagekräftige online-Methode zur Angabe der Gehalte an Stickies existiert bisher nicht.
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Die Messung der Oberflächenspannung wird bisher bereits dazu verwendet, die Konzentration von Tensiden, Reinigern und Schmutz in Prozessbädern der Oberflächentechnik und bei der Kontrolle der Teilesauberkeit zu kontrollieren (http://www.sita-process.com/einsatzgebiete/halbleitertechnik). Da die Tenside sehr oberflächenaktiv sind, wird der Gleichgewichtswert der Oberflächenspannung sehr schnell erreicht und es sind geringe Messzeiten erforderlich.
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Bekannt ist weiterhin, dass Tensiometer zur Bestimmung der Oberflächenspannung auch Tenside oder anderen oberflächenaktive Substanzen erfassen. Hierbei handelt es sich immer um gelöste Moleküle (http://www.sita-process.com/produkte/inline-prozessmesstechnik/inline-prozessmesstechnik/).
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Weiterhin ist nach der
US 3,990,293 A ein Verfahren zur Ermittlung der Änderung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten bekannt. Dabei wird zuerst die Oberflächenspannung an reinem Wasser gemessen und nachfolgend die Oberflächenspannung an dem zu untersuchenden Wasser und dadurch das Vorhandensein oder die Abwesenheit von Kontaminierungen des Wassers ermittelt.
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Ebenfalls ist nach der
DE 41 36 442 A1 ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entfetten und Reinigen metallischer Oberflächen bekannt. Dabei werden metallische Oberflächen mittels tensidhaltiger wäßriger Reinigungsflüssigkeiten gereinigt und entfettet und die Reinigungsreserve der Reinigungsflüssigkeit wird mittels Messung der dynamischen Oberflächenspannung gemessen und mit einem vorgegebenen Sollwert verglichen.
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Aus der
DE 42 28 942 C1 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Messung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten bekannt, bei dem Blasen in einer Flüssigkeit erzeugt und an der Flüssigkeitsoberfläche durch ein Abtastorgan hinsichtlich Größe und/oder Anzahl erfasst werden.
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Und auch ist aus der
DE 196 36 644 C1 eine Vorrichtung zur dynamischen Messung der Oberflächenspannung einer Lösung bekannt. Diese Vorrichtung ist ein Handgerät zur Durchführung des Blasendruckverfahrens. Dabei sollen tensidhaltige Spülwässer, Waschlaugen, Tinten, Farben, Reinigungsmittel oder Wischwässer diagnostiziert werden.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Ermittlung des Gehaltes an Verunreinigungen in Prozesswässern anzugeben, mit dem die Ermittlung reproduzierbar quantifizierbar wird.
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Die Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Ermittlung des Gehaltes an klebenden Verunreinigungen in Prozesswässern der Papierindustrie wird der Gehalt an klebenden Verunreinigungen durch dynamische Messung der Oberflächenspannung realisiert.
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Ebenfalls vorteilhafterweise wird die Oberflächenspannung mit Tensiometern, noch vorteilhafterweise einem Blasendrucktensiometer, ermittelt.
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Weiterhin vorteilhafterweise wird der Gehalt an klebenden Verunreinigungen im laufenden Prozess an den Prozesswässern der Papierindustrie ermittelt.
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Erfindungsgemäß erfolgt die Verwendung des Verfahrens zur dynamischen Messung der Oberflächenspannung zur Ermittlung des Gehaltes an klebenden Verunreinigungen in Prozesswässern der Papierindustrie.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird es erstmals möglich, den Gehalt von klebenden Verunreinigungen in Prozesswässern der Papierindustrie einfach und reproduzierbar quantifizierbar zu ermitteln. Die klebenden Verunreinigungen in Prozesswässern der Papierindustrie sind nunmehr quantitativ ermittelbar. Bei der Herstellung von Papier, der Reinigung von Kreislaufwässern der Papierindustrie, insbesondere bei der Verarbeitung von Altpapier, kommt es einerseits durch die Verwendung des gestrichenen Ausschusses (Gehalt an Bindemitteln für Streich- und Druckfarben), andererseits durch Haftetiketten und Kleber zu Problemen mit klebenden Bestandteilen. Diese gesamten Verunreinigungen können aus dem Prozesswasser entfernt werden.
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Erfindungsgemäß kann vor und nach der Entfernung dieser klebenden Verunreinigungen der Gehalt an klebenden Verunreinigungen ermittelt und so der Abtrennerfolg quantitativ und reproduzierbar belegt werden.
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Erreicht wird dies, indem an den Prozesswässern der Papierindustrie eine dynamische Messung der Oberflächenspannung vorgenommen wird. Unter dynamischer Messung der Oberflächenspannung soll im Rahmen dieser Erfindung die Messung der Oberflächenspannung in Abhängigkeit von der Zeit verstanden werden.
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Mit der Ermittlung der Oberflächenspannung werden Messwerte erhalten, deren Höhe direkt vergleichbar mit dem Gehalt an klebenden Verunreinigungen im Prozesswasser der Papierindustrie ist. Je näher der Wert der Oberflächenspannung für die Probe an dem Wert der Oberflächenspannung für Wasser liegt, umso geringer ist der Gehalt an klebenden Verunreinigungen. Der Wert der Oberflächenspannung für Wasser beträgt 73 mN/m (bei 20°C). Erfindungsgemäß ist somit nur eine indirekte Ermittlung des Gehaltes der klebenden Verunreinigungen möglich, die jedoch sehr gut reproduzierbare Werte ergibt.
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Der erfinderische Effekt der vorliegenden Lösung besteht darin, dass erstmals erkannt worden ist, dass, obwohl Stickies keine Tenside sind und daher herkömmliche Tensiometer bisher nicht benutzt wurden, Stickies oberflächenaktiv sind und damit der Messung der Oberflächenspannung zugänglich. Stickies sind in der Regel nicht gelöst, wie Tenside, sondern weisen eine Größe auf.
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Kommerzielle Tensiometer können erfindungsgemäß zur Überwachung des Stickiegehaltes eingesetzt werden, sofern eine dynamische Messung möglich ist, d. h. wenn die Oberflächenspannung in Abhängigkeit von der Zeit gemessen werden kann. Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht auch darin, dass diese kommerziell erhältlichen Geräte, wie z. B. das Blasendrucktensiometer verwendet werden können. Vorteilhafterweise sollte bei diesen Geräten das Blasenalter mindestens 60000 ms betragen.
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Nachfolgend wird die Erfindung an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.
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Dabei zeigt 1 die Oberflächenspannung über der Blasenlebensdauer an.
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Beispiel 1
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50 ml einer Stoffsuspension aus Altpapier unter Zusatz von Stickies in Form von Latex und Klebeetiketten werden unter Rühren homogenisiert und mit einem Blasendrucktensiometer bei 25°C vermessen. Der Wert der Oberflächenspannung wird nach einer Blasenlebensdauer von 60 s ermittelt.
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Die Messwerte sind in 1 dargestellt. Eine geringe Oberflächenspannung von 61,8 mN/m zeigt einen hohen Gehalt an Stickies an. Wird die Abtrennung der Stickies realisiert und weitere Messungen der Oberflächenspannung werden durchgeführt, so erhöht sich die Oberflächenspannung und der Gehalt an Stickies sinkt. Ein stickiefreies Prozesswasser weist einen Wert der Oberflächenspannung wie Wasser von etwa 73 mN/m auf.