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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von lagerstabilen Prepregs und daraus hergestellte Formkörper (Composite-Bauteile).
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In dem vorliegenden Verfahren werden mittels einer Hetero-Diels-Alder-Reaktionen (HDA) von z.B. PMMA-Polymeren reversibel vernetzende Composites bzw. lagerstabile Prepregs hergestellt. Bei leicht erhöht eingestellten Temperatur können diese Prepregs reversiblen durch eine Retro-Hetero-Diels-Alder-Reaktionen insofern wieder entnetzt werden, dass sie formbar werden. Die Rückreaktion zu wieder vernetzten bzw. hochmolekularen Produkten erfolgt darauf bei Raumtemperatur.
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Stand der Technik
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Faserverstärkte Materialien in Form von Prepregs werden bereits in vielen industriellen Anwendungen wegen ihrer bequemen Handhabung und der erhöhten Effizienz bei der Verarbeitung im Vergleich zu der alternativen wet-lay-up Technologie eingesetzt.
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Industrielle Anwender solcher Systeme verlangen neben schnelleren Zykluszeiten und höheren Lagerstabilitäten auch bei Raumtemperatur auch eine Möglichkeit die Prepregs zuzuschneiden, ohne dass bei automatisiertem Zuschnitt und Lay-up der einzelnen Prepreg-Lagen die Schneidwerkzeuge mit der häufig klebrigen Matrixmaterial verunreinigt werden.
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Verschiedene Formgebungsprozesse, wie z. B. das Reaction-Transfer-Moulding-(RTM)-Verfahren beinhalten die Einbringung der Verstärkungsfasern in eine Form, das Schließen der Form, das Einbringen der vernetzbaren Harzformulierung in die Form und die anschließende Vernetzung des Harzes, typischerweise durch Wärmezufuhr. Ein solches Verfahren ist jedoch aufwendig und die Prepregs als solche sind nicht lagerbar.
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Neben Polyestern, Vinylestern und Epoxy-Systemen gibt es eine Reihe spezialisierter Harze im Bereich der vernetzenden Matrix-Systeme. Dazu zählen auch Polyurethan-Harze, die wegen ihrer Zähigkeit, Schadenstoleranz und die Festigkeit insbesondere zur Herstellung von Composite-Profilen über Pultrusionsverfahren eingesetzt werden. Als Nachteil wird häufig die Toxizität der verwendeten Isocyanate genannt. Jedoch auch die Toxizität von Epoxy-Systemen und der dort verwendeten Härter-Komponenten ist als kritisch anzusehen. Dies gilt insbesondere für bekannte Sensibilisierungen und Allergien.
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Darüber hinaus haben die meisten Matrixmaterialien zur Herstellung von Prepregs für Composites den Nachteil, dass sie bei der Applikation auf das Fasermaterial entweder in fester Form, z.B. als Pulver, oder als hochviskose Flüssigkeit oder Schmelze vorliegen. In beiden Fällen erfolgt eine nur geringe Durchtränkung des Fasermaterials mit dem Matrixmaterial, was wiederum zu einer nicht optimalen Stabilität des Prepregs bzw. des Composite-Bauteils führen kann.
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Prepregs und daraus hergestellte Composites auf der Basis von Epoxy-Systemen werden zum Beispiel beschrieben in
WO 98/50211 ,
EP 309 221 ,
EP 297 674 ,
WO 89/04335 und
US 4,377,657. In
WO 2006/043019 wird ein Verfahren zur Herstellung von Prepregs auf der Basis von Epoxidharz-Polyurethanpulvern beschrieben. Des Weiteren sind Prepregs auf der Basis von pulverförmigen Thermoplasten als Matrix bekannt.
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In
WO 99/64216 werden Prepregs und Composite und eine Methode zu deren Herstellung beschrieben, bei der Emulsionen mit so kleinen Polymerpartikeln verwendet werden, dass eine Einzelfaserumhüllung ermöglicht wird. Die Polymere der Partikel haben eine Viskosität von mindestens 5000 centipoise und sind entweder Thermoplaste oder vernetzende Polyurethan-Polymere.
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In der
EP 0590702 werden Pulverimprägnierungen zur Herstellung von Prepregs beschrieben, bei denen das Pulver aus einem Gemisch aus einem Thermoplasten und einem reaktiven Monomer bzw. Prepolymeren besteht. Die
WO 2005/091715 beschreibt ebenfalls die Verwendung von Thermoplasten zur Herstellung von Prepregs.
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Prepregs, die unter Verwendung von Diels-Alder-Reaktionen und potentiell aktivierbaren Retro-Diels-Alder Reaktionen hergestellt wurden, sind gleichfalls bekannt. Bei A. M. Peterson et al. (ACS Applied Materials & Interfaces (2009), 1(5), 992–5) werden entsprechende Gruppen in Epoxy-Systemen beschrieben. Durch diese Modifizierung erhält man selbstheilende Eigenschaften der Bauteile. Analoge Systeme, die nicht auf einer Epoxy-Matrix beruhen, finden sich u.a. auch bei J. S. Park et al. (Composite Science and Technology (2010), 70(15), 2154–9) oder bei A. M. Peterson et al. (ACS Applied Materials & Interfaces (2010), 2(4), 1141–9). Keines der aufgeführten Systeme ermöglicht jedoch eine über eine Selbstheilung hinausgehende nachträgliche Modifizierung der Composites. Die klassische Diels-Alder-Reaktion ist unter den möglichen Bedingungen nur unzureichend zurückzuführen, so dass hier nur geringe Effekte, wie sie für eine Selbstheilung beschädigter Bauteile ausreichend sein können, möglich sind.
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In der
EP 2 174 975 und in
EP 2 346 935 sind jeweils Composite Materialien, verwendbar als Laminat, mit bis-Maleinimid- und Furan-Gruppen beschrieben, welche thermisch recycelt werden können. Dem Fachmann ist leicht ersichtlich, dass ein solches System nur bei relativ hohen Temperaturen wieder aktiviert, d.h. zu mindest zu einem großen Teil wieder entnetzt, werden kann. Bei solchen Temperaturen kommt es jedoch schnell zu weiteren Nebenreaktionen, so dass der Mechanismus – wie beschrieben – nur zum Recyceln, nicht jedoch zum Modifizieren der Composites geeignet ist.
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Keines der beschriebenen Systeme kann nach der Verarbeitung zum Composite und der damit verbundenen endgültigen Aushärtung auf einfache Art und Weise wieder verformt werden. Eine Nachbearbeitung einmal ausgehärteter Systeme ist nur noch mittels Zuschneiden oder anderen irreversiblen Verfahren möglich.
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Aufgabe
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung vor dem Hintergrund des Standes der Technik war es, eine neue Prepreg-Technologie zur Verfügung zu stellen, die ein einfacheres Verfahren zur Herstellung von problemlos zu handhabenden Prepreg-Systemen ermöglicht.
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Insbesondere war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von Prepregs zur Verfügung zu stellen, welches eine gegenüber dem Stand der Technik deutlich verlängerte Lagerstabilität und/oder Verarbeitungszeit (Standzeit, Potlife) ermöglicht. Zudem soll das Handling der Prepregs gegenüber dem Stand der Technik verbessert oder zumindest vergleichbar sein.
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Darüber hinaus soll ein Verfahren zur Herstellung von Composite-Bauteilen zur Verfügung gestellt werden, durch das die Composites nach Fertigstellung weiter modifizierbar oder sogar recyclebar sein sollen.
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Lösung
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Gelöst wurden die Aufgaben durch neuartige Kits zur Herstellung von Composite Halbzeugen. Diese neuartigen Kits umfassen
- A) einen faserförmigen Träger,
- B) eine erste Reaktivkomponente, die mindestens zwei dienophile Doppelbindungen aufweist, es sich bei den dienophilen Doppelbindungen um Kohlenstoff-Schwefel-Doppelbindungen handelt, und
- C) eine zweite Reaktivkomponente, die mindestens zwei Dien-Funktionalitäten aufweist.
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Dabei enthält zumindest eine der Komponenten B oder C mehr als zwei der jeweiligen Funktionalitäten. Mittels der genannten Funktionalitäten können die erste und die zweite Reaktivkomponente miteinander mittels einer Diels-Alder- oder einer Hetero-Diels-Alder-Reaktion vernetzt werden.
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Der Begriff Composite Halbzeuge wird im Rahmen dieser Erfindung synonym zu den Begriffen Prepreg und Organoblech verwendet. Bei einem Prepreg handelt es sich in der Regel um eine Vorstufe für duroplastische Composite-Bauteile. Bei einem Organoblech handelt es sich normalerweise um eine entsprechende Vorstufe für thermoplastische Composite-Bauteile.
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Bei den dienophilen Doppelbindungen handelt es sich insbesondere um Doppelbindungen um Gruppen mit der Struktur
wobei es sich bei Z um eine 2-Pyridylgruppe, eine Phosphorylgruppe oder eine Sulfonylgruppe, bei R
m um eine mehrbindige organische Gruppe oder um ein Polymer und bei n um eine Zahl zwischen 2 und 20 handelt.
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In einer besonderen Ausführungsform der Erfindung handelt es sich bei den Komponenten A und/oder B um ein oder mehrere Polymere. Diese Polymere sind bevorzugt Polyacrylate, Polymethacrylate, Polystyrole, Mischpolymerisate aus Acrylaten, Methacrylaten und/oder Styrolen, Polyacrylnitril, Polyether, Polyester, Polymilchsäuren, Polyamide, Polyesteramide, Polyurethane, Polycarbonate, amorphe oder teilkristalline Poly-α-Olefine, EPDM, EPM, hydrierte oder nicht hydrierte Polybutadiene, ABS, SBR, Polysiloxane und/oder um Block-, Kamm-, Sterncopolymeren oder hyperverzweigte Copolymere dieser Polymere.
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Die erfindungsgemäß verwendbaren reaktiven Zusammensetzungen sind umweltfreundlich, kostengünstig, weisen gute mechanische Eigenschaften auf, lassen sich einfach verarbeiten und zeichnen sich nach Härtung durch eine gute Wetterbeständigkeit sowie durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Härte und Flexibilität aus.
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Das Prinzip ist nicht auf die genannten Polymere beschränkt, sondern kann als Plattform-Technologie auch auf andere Polymer-Typen ausgeweitet werden. So können z.B. aus RAFT-Polymerisation synthetisierte, difunktionelle Polymer-Bausteine des Typs B bzw. C und multifunktionelle Vernetzer des entsprechenden komplementären Typs C bzw. B bei Raumtemperatur vernetzte Systeme, die bei Erreichen einer durch die Wahl der Komponenten einstellbaren Entnetzungstemperatur wieder in ihre ursprünglichen Bestandteile reversibel aufgespalten werden können, erhalten werden.
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Ein großer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist u.a., dass mit Hilfe der erfindungsgemäß verwendeten Aushärtmechanismen eine gegenüber dem Stand der Technik, d.h. gegenüber etablierten Composites, eine deutlich größere Anzahl von Rohstoffen bzw. Rohstoffkombinationen einsetzbar sind. Damit sind neuartige Composite Materialien mit vollständig neuen Eigenschaftsprofilen verfügbar.
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Zusätzlich zu den Komponenten A, B und C können die Composite-Halbzeuge noch weitere Zusatzstoffe aufweisen. So können beispielsweise Lichtschutzmittel wie z. B. sterisch gehinderte Amine, oder andere Hilfsmittel, wie sie z. B. in
EP 669 353 beschrieben wurden, in einer Gesamtmenge von 0,05 bis 5 Gew.-% zugesetzt werden. Füllstoffe und Pigmente wie z. B. Titandioxid können in einer Menge bis zu 30 Gew.-% der Gesamtzusammensetzung zugesetzt werden.
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Für die Herstellung der erfindungsgemäßen reaktiven Polyurethanzusammensetzungen können darüber hinaus Zusatzstoffe wie Verlaufsmittel, z. B. Polysilicone oder Haftvermittler, z.B. auf Acrylatbasis zugesetzt werden.
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Träger A
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Bei den genannten faserförmigen Trägern A) handelt es sich insbesondere um Träger, die größtenteils aus Glas, Kohlenstoff, Kunststoffen, wie Polyamid (Aramid) oder Polyester, Naturfasern, oder mineralischen Fasermaterialien wie Basaltfasern oder keramische Fasern bestehen. Die Fasern liegen dabei insbesondere als textile Flächengebilde aus Vlies, Maschenware, Gewirke und Gestricke, nicht maschige Gebinde wie Gewebe, Gelege oder Geflechte, als Langfaser- oder Kurzfasermaterialien vor.
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Im Detail liegt folgende Ausführung vor: Der Faser förmige Träger in der vorliegenden Erfindung besteht aus Faser förmigem Material (auch häufig Verstärkungsfasern genannt). Im Allgemeinen ist jegliches Material, aus dem die Fasern bestehen, geeignet, bevorzugt wird jedoch Faser förmiges Material aus Glas, Kohlenstoff, Kunststoffen, wie z. B. Polyamid (Aramid) oder Polyester, Naturfasern oder mineralischen Fasermaterialien wie Basaltfasern oder keramische Fasern (Oxidische Fasern auf Basis von Aluminiumoxiden und/oder Siliciumoxiden) verwendet. Auch Mischungen von Fasertypen, wie z. B. Gewebe-Kombinationen aus Aramid- und Glasfasern, oder Kohlenstoff- und Glasfasern, können verwendet werden. Ebenso sind Hybrid-Composite-Bauteile mit Prepregs aus unterschiedlichen Faser förmigen Trägern herstellbar.
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Glasfasern sind hauptsächlich wegen ihres relativ geringen Preises die am häufigsten verwendeten Fasertypen. Prinzipiell sind hier alle Arten von glasbasierenden Verstärkungsfasern geeignet (E-Glas-, S-Glas-, R-Glas-, M-Glas-, C-Glas-, ECR-Glas-, D-Glas-, AR-Glas-, oder Hohlglasfasern). Kohlenstofffasern kommen im Allgemeinen in Hochleistungsverbundverstoffen zum Einsatz, wo auch die im Verhältnis zur Glasfaser niedrigere Dichte bei gleichzeitig hoher Festigkeit ein wichtiger Faktor ist. Kohlenstofffasern (auch Carbonfasern) sind industriell hergestellte Fasern aus kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien, die durch Pyrolyse in graphitartig angeordneten Kohlenstoff umgewandelt werden. Man unterscheidet isotrope und anisotrope Typen: isotrope Fasern besitzen nur geringe Festigkeiten und geringere technische Bedeutung, anisotrope Fasern zeigen hohe Festigkeiten und Steifigkeiten bei gleichzeitig geringer Bruchdehnung. Als Naturfasern werden hier alle Textilfasern und Faserwerkstoffe bezeichnet, die aus pflanzlichem und tierischem Material gewonnen werden (z. B. Holz-, Zellulose-, Baumwoll-, Hanf-, Jute-, Leinen-, Sisal-, Bambusfasern). Aramid-Fasern weisen, ähnlich wie auch Kohlenstofffasern, einen negativen Wärmeausdehnungs-koeffizienten auf, werden also bei Erwärmung kürzer. Ihre spezifische Festigkeit und ihr Elastizitätsmodul ist deutlich niedriger als jene von Kohlenstofffasern. In Verbindung mit dem positiven Ausdehnungskoeffizienten des Matrixharzes lassen sich hoch maßhaltige Bauteile fertigen. Gegenüber Kohlenstofffaser verstärkten Kunststoffen ist die Druckfestigkeit von Aramidfaser-Verbundwerkstoffen deutlich geringer. Bekannte Markennamen für Aramidfasern sind Nomex® und Kevlar® von DuPont, oder Teijinconex®, Twaron® und Technora® von Teijin. Besonders geeignet und bevorzugt sind Träger aus Glasfasern, Kohlenstofffasern, Aramidfasern oder keramische Fasern. Bei dem Faser förmigen Material handelt es sich um ein textiles Flächengebilde. Geeignet sind textile Flächengebilde aus Vlies, ebenso sogenannte Maschenware, wie Gewirke und Gestricke, aber auch nicht maschige Gebinde wie Gewebe, Gelege oder Geflechte. Außerdem unterscheidet man Langfaser- und Kurzfasermaterialien als Träger. Ebenfalls erfindungsgemäß geeignet sind Rovings und Garne. Alle genannten Materialien sind im Rahmen der Erfindung als Faser förmiger Träger geeignet. Einen Überblick über Verstärkungsfasern enthält „Composites Technologien, Paolo Ermanni (Version 4), Script zur Vorlesung ETH Zürich, August 2007, Kapitel 7".
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Komponente B
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Bei Komponente B handelt es sich um eine Verbindung, optional um ein Polymer, mit mindestens zwei dienophilen Gruppen mit einer Kohlenstoff-Schwefel-Doppelbindung. Allgemein weist die Verbindung A folgende Form auf:
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Bei Z handelt es sich um eine Elektronen-ziehende Gruppe, bei R um eine mehrbindige organische Gruppe oder um ein Polymer und bei n um eine Zahl zwischen 2 und 20. Bei Auswahl der Gruppe und des dazugehörigen Diens ist nur wichtig, dass die Hetero-Diels-Alder-Reaktion bei einer Temperatur, im Falle der vorliegenden Erfindung der der Vernetzungstemperatur T1, unterhalb von 80°C aktivierbar, bei einer höheren Temperatur, bei der es sich um die Netnetzungstemperatur T2 handelt, mittels einer retro-Hetero-Diels-Alder-Reaktion wieder rückführbar ist, und dass diese höhere Temperaturmöglichst unterhalb der Zersetzungstemperatur der im Pulvermaterial enthaltenen Komponenten liegt.
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Besonders bevorzugt handelt es sich bei dem Dienophil in diesem Fall um einen Dithioester oder um ein Trithiocarbonat.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist die Gruppe Z eine 2-Pyridylgruppe, eine Phosphorylgruppe oder eine Sulfphonylgruppe. Desweiteren kommen in Frage Cyano- oder Trifluoromethylgruppen sowie jede andere Gruppe Z, welche die Elektronendichte der C=S Doppelbindung sehr stark verringert und somit eine rasche Diels-Alder Reaktion erlaubt.
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Eine genaue Beschreibung der Dienophilgruppen für diese Ausführungsform einer (retro-) Hetero-Diels-Alder-Reaktion findet sich in der
deutschen Patentanmeldung 102010002987.9 (bzw. der internationalen Patentanmeldung
PCT/EP2011/050043 ). In dieser Schrift wird anhand von Ausführungsbeispielen auch die Durchführbarkeit der Reaktion gezeigt.
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Komponente C
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Bei Komponente C handelt es sich um ein Dien. Dieses Dien hat die allgemeine Formel:
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Dabei ist SZ eine eher Elektronen-schiebende Gruppe, wobei es sich auch einfach um Wasserstoff oder einen einfachen Alkylrest handeln kann. RI ist eine mehrbindige organische Gruppe oder ein Polymer und m ist eine Zahl zwischen 2 und 20. Die Kohlenstoffatome der Doppelbindungen können darüber hinaus weitere Reste aufweisen.
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Bekannte Gruppen, die besonders gut als Dien geeignet sind, sind z.B. Furfuryl-Reste, Adukte des Sorbinalkohols oder Cyclopentadienyl-Reste.
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Verfahren
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Weiterhin ist ein neuartiges Verfahren zur Herstellung von Composite-Halbzeugen und deren Weiterverarbeitung zu Formteilen teil der vorliegenden Erfindung. Dieses Verfahren ist durch folgende Verfahrensschritte gekennzeichnet:
- I. Optionale Formgebung des Trägers A),
- II. Herstellung einer reaktiven Zusammensetzung bestehend aus den Komponenten B) und C),
- III. direkte Imprägnierung des faserförmigen Trägers A) mit der Zusammensetzung aus II.
- IV. Aushärten der Zusammensetzung bei einer Vernetzungstemperatur T1,
- V. Erhitzen auf eine Entnetzungstemperatur T2,
- VI. Formgebung und
- VII. Aushärten der Zusammensetzung bei der Vernetzungstemperatur T1.
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Die Vernetzungstemperatur T1 der Vernetzung in den Verfahrensschritten IV und VII liegt bevorzugt zwischen 0 und 60 °C, besonders bevorzugt zwischen 10 und 40 °C und ganz besonders bevorzugt bei Raumtemperatur. Bei der Entnetzungstemperatur T2 in Verfahrensschritt V, bei der diese Vernetzungsstellen zu mindestens 50%, bevorzugt zu mindestens 70% mittels einer Retro-Diels-Alder- oder einer Retro-Hetero-Diels-Alder-Reaktion wieder gelöst werden, handelt es sich bevorzugt um eine Temperatur, die zwischen 50 und 150 °C, besonders bevorzugt zwischen 70 und 120 °C oberhalb der Vernetzungstemperatur T1 liegt.
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Verfahrensschritt II wird besonders bevorzugt bei einer Temperatur T3 durchgeführt, die mindestens 40 °C oberhalb der Vernetzungstemperatur T1 liegt. Verfahrensschritt IV erfolgt durch Abkühlen auf die Vernetzungstemperatur T1.
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Verfahrensschritt III, die Imprägnierung, erfolgt durch Tränkung der Fasern, Gewebe oder Gelege mit der in Verfahrensschritt II hergestellten Formulierung. Bevorzugt erfolgt die Imprägnierung bei der gleichen Temperatur wie Verfahrensschritt II. Dieses Aufbringung und Tränken der Gewebe/Gelege im Verfahrensschritt III erfolgt insbesondere im dünnflüssigen Zustand der Zusammensetzung aus Verfahrensschritt II. Der besondere und große Vorteil kann je nach verwendeter Zusammensetzung hier die im Vergleich zu Thermoplasten extrem erniedrigte Viskosität der nicht verknüpften nebeneinander vorliegenden niedermolekularen Bausteine sein.
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Die Imprägnierung kann alternativ auch mittels einer Lösung erfolgen. In diesem Fall erfolgt nach der Imprägnierung eine Trocknung zur Entfernung des Lösungsmittels in einem Verfahrensschritt IIIa. Als Lösungsmittels sind sämtliche für die Zusammensetzung geeignete Lösungsmittel wie beispielsweise Aromaten, wie Toluol, Acetate, wie Propylacetat, Ketone, wie Aceton, Aliphaten, wie Heptan, Alkohole, wie Propanol oder chlorierte Aliphate, wie Chloroform, geeignet.
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Durch Verwendung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung aus den Komponenten B und C erfolgt eine sehr gute Imprägnierung des Faser förmigen Trägers A, dadurch bedingt, dass die flüssige Zusammensetzung aus Komponenten B und C den Träger A sehr gut benetzt, wobei bei einer ausreichend hohen Temperatur während des Benetzens eine vorzeitige Vernetzungsreaktion vermieden wird. Des Weiteren fallen die Prozessschritte der Vermahlung und Siebung, wie bei Composite Materialien des Standes der Technik häufig nötig, in einzelne Partikelgrößenfraktionen weg, sodass eine höhere Ausbeute an imprägniertem Faser förmigen Träger erzielt werden kann.
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Die Composite Halbzeuge können nach Verfahrensschritt II z.B. in einer Presse durch Druck, bevorzugt bei einer Temperatur die der Entnetzungstemperatur T2 entspricht, zwingend jedoch höchstens 20 °C von dieser abweicht, in Form gebracht werden. Besonders geeignet ist dabei die Verwendung einer Bandpresse für die Herstellung von planaren „Organo-Blechen“. Die Vernetzung des Verfahrensschrittes IV erfolgt dabei bevorzugt innerhalb des zum Pressen verwendeten Werkzeugs. Die Entformung erfolgt bevorzugt später aus dem auf Temperatur T1 abgekühlten Werkzeug.
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Die Herstellung eines wieder flexibilisierbaren bzw. umformbaren Composite Halbzeugs wird in Verfahrensschritt IV durch Abkühlung auf die Vernetzungstemperatur T1, bevorzugt auf Raumtemperatur, bei der die Matrix in den kovalent vernetzten Zustand übergeht, abgeschlossen. Beim Abkühlen vernetzt die Matrix nicht nur innerhalb des Composite Halbzeugs, sondern optional auch zwischen mehreren vorher zusammengelegten Prepreg-Lagen über die Schichtgrenzen hinweg. Somit erfolgt die Vernetzung innerhalb des gesamten Composite-Bauteils, auch dann wenn dieses aus mehreren imprägnierten Teilen zusammengelegt wurde.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt die Vernetzung in Verfahrensschritt IV nach dem Vermischen der Komponenten B und C in Verfahrensschritt II bei Raumtemperatur innerhalb von 2 min. In dieser Ausführungsform wird Verfahrensschritt III besonders bevorzugt spätestens 30 s nach Verfahrensschritt II durchgeführt. In der gleichen Ausführungsform erfolgt die Vernetzung in Verfahrensschritt VII spontan während des Abkühlens von der Temperatur aus Verfahrensschritten V und VI auf die Vernetzungstemperatur T1, insbesondere auf Raumtemperatur.
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Die bei Raumtemperatur erfolgende kovalente Vernetzung bietet den Vorteil, dass z.B. kein „Kriechen“ unter mechanischer Belastung auftritt, wie es bei thermoplastischen auch teilkristallinen Composites häufiger zu beobachten ist.
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Optional kann das Composite Halbzeug zwischen den Verfahrensschritten III und IV mittels Verpressen, z.B. unter Druck oder auch durch Anlegen von Vakuum, vorgeformt werden.
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Nach der Herstellung eines wieder flexibilisierbaren / umformbaren Composite Halbzeuges in den Verfahrensschritten I bis IV erfolgt optional eine Reaktivierung der Composite Halbzeuge, zur erneuten Formgebung in den Verfahrensschritten V bis VII.
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Ein besonderer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist, dass die Verfahrensschritte V bis VII einmal oder mehrfach wiederholt werden können. Damit zeichnen sich die erfindungsgemäß hergestellten Composite Halbzeuge nicht nur dadurch aus, dass diese mehrfach neu verformt werden können, sondern auch dadurch, dass die Composite Halbzeuge bzw. die daraus hergestellten fertigen Formteile recycelt werden können.
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Die Formgebung in Verfahrensschritt VI kann mittels verschiedener Formgebungsverfahren erfolgen. Bei der Pultrusion, insbesondere der Thermoplast-Pultrusion, wird das imprägnierte Halbzeug durch eine Anordnung verschiedener Düsen gezogen. Dabei wird der Querschnitt allmählich zu der Geometrie des gewünschten Profils verjüngt.
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Bei der Duromer- bzw. Naßwickeltechnik wird das imprägnierte Halbzeug auf einen Dorn gewickelt. Mit diesem Verfahren lassen sich insbesondere geodätische oder konkave Formteile realisieren. Mittels geeigneter temperatursteuerung während des Wickelprozesses lässt sich eine besonders gute Haftung zwischen den einzelnen Fasern realisieren.
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Andere Geometrien, insbesondere großflächige Werkstücke, lassen sich mittels des Tapelegens herstellen. Beim Tapelegen werden imprägnierte Halbzeuge als unidirektionale Tapes mit einem Verlegungskopf in der Regel von Vorratsspulen auf ebene oder geformte Fertigungsmittels abgelegt. Zusätzlich sind solche Werkzeuge u.a. mit einer Schneidvorrichtung ausgestattet.
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Bei dem Thermoformen von Organoblechen handelt es sich um ein Pressverfahren. Dabei sind verschiedene Varianten bekannt. Beim Stempelumformen mit Metallstempeln werden zwei Werkzeughälften aus Metall als Presse verwendet. In dieser Variante sind beide Werkzeugseiten formgebend. Insbesondere für Kleinserien wird das flexibler einsetzbare Umformen mit Elastomerblock verwendet. Bei dieser Variante weist eine Werkezeugseite einen flexiblen, austauschbaren Elastomerblock auf, während die andere Werkzeugseite formgebend ist. Eine Variante dazu ist ein Silikonstempel. Beim Hydroformen weist die erste Werkzeugseite anstelle des Elastomerblocks eine mit einer Flüssigkeit, z.B. einem Hydrauliköl, gefüllte und mit einer elastischen Membran abgeschlossene Kammer auf. Beim Diaphragmaformen ist die nicht formgebende Werkzeugseite eine hochelastische Membran, die während des eigentlichen Pressvorgangs mittels zugeleitetem Gas oder Flüssigkeit und daraus gebildeten Druck nach dem Verschließen des Werkzeugs formgebend wirkt.
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Weitere Beispiele für Formgebungsverfahren sind andere Wickeltechniken und Rollformverfahren, insbesondere das Walzenprofilieren, Biegeumformen oder das Fließpressverfahren. Alle beispielhaft aufgeführten Verfahren sind dem Fachmann bekannt und leicht auf die erfindungsgemäßen Halbzeuge anzuwenden.
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Die erste Formgebung kann auch mittels einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens mittels Quicktemp-Formen oder Direktimprägnierung erfolgen. Bei diesen Verfahren erfolgen Imprägnierung und die erste Formgebung im gleichen Werkzeug. Beide Verfahren ähneln ansonsten den beschriebenen Thermoformen von Organoblechen.
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Zusätzlich können im erfindungsgemäßen Verfahren in einem zusätzlichen Verfahrensschritt VIII aus dem formgegebenen Composite-Halbzeug mittels weiterem Verpressen, Zuschneiden, Fräsen, Polieren und/oder Lackieren bzw. Beschichten Formkörper hergestellt werden. Es können auch aus mehreren Composite Halbzeugen auch Formteile, z.B. mittels Verkleben oder Vernähen, zusammengesetzt werden.
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Dieser Verfahrensschritt VIII kann nach Verfahrensschritt IV oder nach einem Verfahrensschritt VII erfolgen. Unabhängig davon, wann Verfahrensschritt VIII durchgeführt wird, können danach weitere Zyklen der Verfahrensschritte V bis VII folgen.
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In einem Verfahrensschritt IX kann das erfindungsgemäße Composite Halbzeug bzw. ein daraus hergestellter Formkörper bei einer Temperatur T4 recycelt werden. Diese Temperatur T4 ist dabei mindestens so hoch wie die Entnetzungstemperatur T2. Verfahrensschritt IX kann nach den Verfahrensschritten IV, VII oder VIII erfolgen, je nach dem was, in welchem Herstellungsstadium recycelt werden soll.
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Die erfindungsgemäßen Composite Halbzeuge bzw. die erfindungsgemäß hergestellten Formkörper können verschiedentlich Verwendung finden. Insbesondere können diese zur Herstellung von Composites im Boots- oder Schiffbau, in der Luft- oder Raumfahrtechnik, im Automobilbau, für Zweiräder – bevorzugt Motorräder oder Fahrräder, in den Bereichen Automotive, Construction, Medizintechnik, Sport, Elektro- oder Elektronik-Industrie, sowie in Energieerzeugungsanlagen, wie für Rotorblätter bei Windkraftanlagen eingesetzt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 9850211 [0008]
- EP 309221 [0008]
- EP 297674 [0008]
- WO 89/04335 [0008]
- US 4377657 [0008]
- WO 2006/043019 [0008]
- WO 99/64216 [0009]
- EP 0590702 [0010]
- WO 2005/091715 [0010]
- EP 2174975 [0012]
- EP 2346935 [0012]
- EP 669353 [0025]
- DE 102010002987 [0034]
- EP 2011/050043 [0034]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- A. M. Peterson et al. (ACS Applied Materials & Interfaces (2009), 1(5), 992–5) [0011]
- J. S. Park et al. (Composite Science and Technology (2010), 70(15), 2154–9) [0011]
- A. M. Peterson et al. (ACS Applied Materials & Interfaces (2010), 2(4), 1141–9) [0011]
- „Composites Technologien, Paolo Ermanni (Version 4), Script zur Vorlesung ETH Zürich, August 2007, Kapitel 7“ [0029]