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Die Erfindung betrifft die einmalige Anwendung von niedrig dosierten Oxazaphosphorinen (insbesondere Cyclophosphamid und seine Derivate Ifosfamid, Trofosfamid und Mafosfamid) zur Therapie von Krankheiten. Die Erfindung betrifft Oxazaphosphorine der Formel (I),
worin R1 und R2 2-Chlorethyl oder H ist und R3 2-Sulfonatoethylthio- oder H ist, zur Therapie von Krankheiten, die durch das Tolerogen Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO) verursacht oder aufrechterhalten werden.
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Derartige Erkrankungen umfassen beispielsweise:
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- • Infektionskrankheiten mit fehlender oder unzureichender Immunreaktivität, die mit einer Aktivierung der IDO-Expression einhergehen, wie z. B. Malaria, Tuberkulose, Leishmaniosen, HIV-Erkrankungen
- • Autoimmunreaktionen
- • Lokale Immuntoleranz bzw. -suppression
- • Arteriosklerose
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Das Enzym Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO) startet die Metabolisierung der Aminosäure Tryptophan (TRP) zu Kynurenin. IDO wird beispielsweise von embryonalen Zellen in der Gebärmutter produziert, wodurch die fundamentale Voraussetzung für eine intra-uterine Embryonalentwicklung während der Schwangerschaft geschaffen wird (D. H. Munn et al. Science 281, 1191–1193 (1998)). Dabei produzieren embryonale Zellen im Kontaktbereich zwischen der sich einnistenden Blastocyste und dem mütterlichen Wirt IDO. Mütterliche T-Zellen, die „Fremdes“ attackieren, bleiben zwar fähig, den „genetisch fremden“ Embryo zu erkennen, aber durch die lokale Verarmung von TRP infolge der Expression des IDO-Gens werden sie unfähig, sich zu vermehren und erliegen einer Apoptosis. Dadurch unterbleibt die Resorption des Embryos. Folglich ist die IDO-Produktion in der Gebärmutter der ursächliche biologische Mechanismus der „mütterlichen Toleranz“, welche mit dem Ende der Schwangerschaft erlischt. IDO ist ein lokaler Toleranzinduktor während der Schwangerschaft und kann insofern als Tolerogen bezeichnet werden.
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Unter bestimmten physiologischen oder pathologischen Bedingungen kann gelegentlich in manchen Zellen des körpereigenen Abwehrsystems ebenfalls IDO exprimiert werden. So sind Makrophagen manchmal fähig, die Produktion von IDO anzuregen, sodass lokal TRP zu Kynurenin umgewandelt wird. Auf diese Weise werden manche Immunreaktionen oder Autoimmunreaktionen reguliert (D. H. Munn et al., J Exp Med 189, 1363–1372 (1999)). Außerdem kann die IDO-Produktion auch als Reaktion auf eine Vielzahl infektiöser Auslöser (Influenza, HIV, Tbc, Malaria, etc.), sowie bei chronisch entzündlichen Erkrankungen (Polyarthritis, multiple Sklerose, Diabetes etc.) durch Interferon-Gamma induziert werden (S. R. Thomas et al., Redox Reports 4, 199–219 (1999)).
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Eine Inhibierung von IDO durch kompetitive Inhibitoren bewirkt eine Verminderung der IDO-Wirkung und dadurch erfolgreiche Immunreaktionen und möglicherweise eine Heilung bei vielen Krankheiten (Pohl et al.,
DE 10 2004 050 111 A1 ). Als kompetitive Inhibitoren sind in der DE 10 2004 050 111 A1 chemische Verbindungen vorgeschlagen, die über eine engere strukturelle Verwandtschaft mit dem natürlichen Substrat TRP verfügen, wie beispielsweise 1-Methyl-DL-Tryptophan, β-(3-Benzofuranyl)-DL-Alanin, β-(3-Benzo(b)thienyl)-DL-Alanin und deren L- und D-Formen (vgl. Munn et al.,
US 6,482,416 B2 und
US 6,451,840 B2 ;
S. G. Cady et al., Arch Biochem Biophys 291, 326–333 (1991)).
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Die
US 6,482,416 B2 beschreibt eine Methode, um die Abstoßung von Zellen bei Patienten zu steigern, wobei diese Methode die Verabreichung einer effektiven Menge eines pharmazeutischen Mittels, welches einen IDO-Inhibitor beinhaltet, umfasst. Dabei können die abzustoßenden Zellen u.a. die Zellen eines Fetus, Zellen, die chronisch von einem Virus infiziert sind, oder Tumorzellen sein. Der IDO-Inhibitor kann dabei u.a. gemeinsam mit einem Cytokin oder einem Impfstoff verabreicht werden und kann u.a. eine der folgenden Verbindungen sein: 1-Methyl-DL-Tryptophan, β-(3-Benzofuranyl)-DL-Alanin, β-(3-Benzo(b)thienyl)-DL-Alanin und 6-Nitro-L-Tryptophan.
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In Tierexperimenten mit dem IDO-Inhibitor 1-MT wurde gezeigt, dass bei trächtigen Mäusen unter einer Behandlung mit 1-MT eine T-Zellen-induzierte Resorption der allogenen Feten erfolgte (D. H. Munn et al., Science, 281, 1191–1193 (1998)). 1-MT war in vitro ein potenter Inhibitor von IDO und wirksam als Antikrebsmittel in Chemotherapieschemata zusammen mit Cyclophosphamid, Paclitaxel oder Gemcitabin (D-Y. Hou et. al., Cancer Research 67, 792–801 (2007)). Die D-Form von 1-MT ist in der klinischen Phase I bei Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung. Experimente mit Krebszellen und Tumor-tragenden Tieren legen nahe, dass 1-MT gut verträglich ist und die Fähigkeit des Immunsystems verstärkt, Krebszellen zu beseitigen (clinicalTrials.gov). Patienten erhalten einmal oder zweimal täglich vom 1. bis 28. Tag 200 bis 3200 mg 1-MT. Die Behandlung wird alle 28 Tage für bis zu 12 Kurse wiederholt.
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Zur klassischen Behandlungsmethode in der Krebschemotherapie mit Alkylantien gehören die Oxazaphosphorine mit dem charakteristischen Oxazaphosphorin- bzw. Oxazaphosphorinan-Ring der Formel (I):
worin
R1 2-Chlorethyl und R2 und R3 H ist (Cyclophosphamid 1, CAS Nr. 50-18-0, Molmasse 261,09 g/mol) oder
R1 und R3 H und R2 2-Chlorethyl ist (Ifosfamid 2, CAS Nr. 3778-73-2, Molmasse 261,09 g/mol) oder
R1 und R2 2-Chlorethyl und R3 H ist (Trofosfamid 3, CAS Nr. 22089-22-1, Molmasse 323,59 g/mol) oder
R1 2-Chlorethyl und R2 H und R3 2-Sulfonatoethylthio ist (Mafosfamid, als L-Lysinsalz 4, CAS Nr. 98845-64-8, Molmasse 547,46 g/mol oder als Cyclohexylaminsalz 5, CAS Nr. 84210-80-0, Molmasse 500,45 g/mol).
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Die Verbindungen 1 bis 3 sind Handelsprodukte. Verbindung 4 war in der klinischen Entwicklung (Phase I und II). Verbindung 4 und 5 werden heute vor allem für in vitro-Laborversuche als Lieferant (Precursor) von aktiviertem Cyclophosphamid bzw. des primären Metaboliten 4-Hydroxycyclophosphamid für Chemosensitivitätsuntersuchungen verwendet (N. Brock et al., Cancer Invest 6, 513–532 (1988)).
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Die Oxazaphosphorine sind „Prodrugs“ bzw. Transportformen, die erst in eine alkylierende Wirkform umgewandelt werden. Cyclophosphamid, Ifosfamid und Trofosfamid benötigen im ersten Schritt eine enzymatische Aktivierung in der Leber. Dagegen wird Mafosfamid durch spontane Hydrolyse zum 4-Hydroxycyclophosphamid aktiviert.
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In der klinischen Chemotherapie werden die Oxazaphosphorine mehrmalig innerhalb weniger Tage in hohen Dosen als Zytostatika eingesetzt. Ihre zytostatische Wirkung beruht darauf, dass sie als Alkylantien Alkylgruppen auf die Erbsubstanz DNA übertragen, die eine korrekte Verdopplung der DNA-Stränge während der Zellteilung verhindern, wodurch sich die betroffene Zelle meist nicht weiter teilen kann. Dadurch werden möglichst selektiv stark proliferierende Zellsysteme – wie sie in malignen Tumoren vorliegen – geschädigt und damit Heilungen oder partielle Verbesserungen bei dieser tödlichen Krankheit ermöglicht.
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In der klassischen Krebstherapie werden maximal tolerierbare Dosen von Oxazaphosphorinen eingesetzt, um ein Optimum der kurativen oder palliativen Wirksamkeit zu erreichen. Die maximal tolerierbare Dosis ergibt sich durch die klinische Beherrschbarkeit unerwünschter Nebenwirkungen, die infolge der relativ unspezifischen Interaktion der Alkylantien mit der Erbsubstanz DNA vor allem in schnell wachsenden Zellen auftreten können, wozu neben Krebszellen z.B. Schleimhaut-, Haarwurzel- und Keimdrüsenzellen zählen. Andere Hauptnebenwirkungen der als Zytostatika in hohen Dosen eingesetzten Oxazaphosphorine sind Übelkeit, Anämie und Immunsuppression. Außerdem können Oxazaphosphorine wegen ihrer Interaktion mit der DNA selbst karzinogen und mutagen wirken.
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Befunde aus Tierexperimenten zeigen, dass sehr viel niedrigere Dosen von Oxazaphosphorinen, als diese traditionell in der Krebstherapie eingesetzt werden, ebenfalls antitumoral wirken können. So beschreiben N. Brock et al., in Cancer Invest 6, 513–532 (1988), dass einen Experimentaltumor tragende Mäuse und Ratten – sogar mit Tumormassen von mehr als 50% der totalen Körpermasse – mit Dosen von Cyclophosphamid oder Mafosfamid geheilt wurden, die weit unterhalb der bekannterweise therapeutisch antitumoral wirksamen Dosen liegen. Eine Erhöhung der Dosierung führte im Fall von Cyclophosphamid zunächst zu einem Wirkungsverlust und erst im Bereich der maximal tolerierbaren Dosis wurden wieder Heilungen erreicht. Die erneute Implantation der experimentellen Tumorzellen in die mit niedrigen Dosen Cyclophosphamid geheilten Versuchstiere führte zu einer kompletten Resorption der Tumorzellen und zu keinem neuen Tumorwachstum. Dagegen wuchsen neue Tumorzellen bei den mit der maximal tolerierbaren Dosis geheilten Tieren an, und die Tiere starben an dem Krebs.
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Vor diesem Hintergrund war es Aufgabe dieser Erfindung, Substanzen für eine verbesserte Therapie von Krankheiten bereitzustellen, die durch das Tolerogen Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO) verursacht oder aufrechterhalten werden.
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Diese Aufgabe wird durch die Oxazaphosphorine sowie deren Verwendung gemäß dem jeweiligen unabhängigen Anspruch gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind in den jeweiligen abhängigen Ansprüchen dargestellt. Bevorzugte Ausführungsformen der Oxazaphosphorine und der Verwendung der Oxazaphosphorine der Formel (I) entsprechen einander, auch wenn dies im Folgenden nicht besonders hervorgehoben wird.
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Gegenstand der Erfindung sind somit die Oxazaphosphorine der Formel (I),
worin R1 und R2 2-Chlorethyl oder H ist und R3 2-Sulfonatoethylthio- oder H ist, zur Therapie von Krankheiten, die durch das Tolerogen Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO) verursacht oder aufrechterhalten werden, wobei die Oxazaphosphorine der Formel (I) einmalig in einer Dosis von höchstens 0,3 mmol/m
2 verabreicht werden.
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Überraschend wurde gefunden, dass die Oxazaphosphorine der Formel (I) in vitro und in vivo als IDO-Inhibitoren wirken, wenn sie in einmaliger und niedriger Dosierung eingesetzt werden. Diese Wirkung unterscheidet sich deutlich von den alkylierenden Effekten von Oxazaphosphorinen, die in hoher Dosis mehrmalig verabreicht werden. Die Oxazaphosphorine der Formel (I) können lokal oder systemisch (p.o., i.v., i.m., s.c., etc.) verabreicht werden.
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Vorzugsweise sind die Oxazaphosphorine der Formel (I) Cyclophosphamid (R1 = 2-Chlorethyl und R2 und R3 = H), Ifosfamid (R1 und R3 = H und R2 = 2-Chlorethyl), Trofosfamid (R1 und R2 = 2-Chlorethyl und R3 = H) oder Mafosfamid (R1 2-Chlorethyl und R2 = H und R3 = 2-Sulfonatoethylthio als L-Lysinsalz oder Cyclohexylaminsalz), besonders bevorzugt Ifosfamid (R1 und R3 = H und R2 = 2-Chlorethyl) oder Trofosfamid (R1 und R2 = 2-Chlorethyl und R3 = H). Ganz besonders wird Trofosfamid bevorzugt, auf Grund seiner im Vergleich auf molarer Ebene höheren Wirksamkeit an Experimentaltumoren, seiner guten oralen Verträglichkeit und Verfügbarkeit und seiner besonderen Fähigkeit, eine Immunreaktion gegen fremdes Gewebe, z.B Rattenfeten, zu induzieren (siehe Beispiel 2).
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Die Oxazaphosphorine der Formel (I) werden einmalig in einer Dosis von höchstens 0,3 mmol/m2, vorzugsweise in einer Dosis im Bereich von 15 bis 300 µmol/m2 und ganz besonders bevorzugt in einer Dosis im Bereich von 60 and 240 µmol/m2 verabreicht. Die mittlere Dosis beträgt demnach etwa 150 µmol/m2, d.h. für Cyclophosphamid und Ifosfamid etwa 39 mg/m2, für Trofosfamid 49 mg/m2 und für Mafosfamid 82 mg/m2.
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Erfindungsgemäß liegen die therapeutischen Dosen für Oxazaphosphorine somit weit unterhalb der bisher klinisch genutzten Dosierungen für die Tumortherapie und die immunsuppressive Therapie.
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Cyclophosphamid wird klinisch in der Einzel- oder Kombinationschemotherapie bei verschiedenen Krebserkrankungen, wie Leukosen, Plasmozytomen, Mammakarzinomen, Ovarialkarzinomen, Weichteilsarkomen sowie Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt. Die Dosierung erfolgt individuell, wobei in der Regel eine maximal tolerierbare Dosis von 600 mg/m2 bis zu 6mal alle drei Wochen verabreicht wird, also eine Gesamtdosis von 3600 mg/m2. Das bedeutet, dass die erfindungsgemäße Behandlung (mit einer mittleren Dosis von 39 mg/m2) mit einer 90mal geringeren Dosis an Cyclophosphamid auskommt als die herkömmliche Krebstherapie.
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Ifosfamid wird bislang klinisch in der Einzel- oder Kombinationschemotherapie bei verschiedenen Krebserkrankungen, wie Hodentumoren, Zervixkarzinomen, Mammakarzinomen, Bronchialkarzinomen, Weichteilsarkomen, Ewing-Sarkomen, Non-Hodgkin-Lymphomen sowie Morbus Hodgkin, eingesetzt. Die Dosierung erfolgt individuell, wobei die gebräuchlichste Dosierung in der Monotherapie bei Erwachsenen die fraktionierte Applikation darstellt. Dabei werden in der Regel an fünf aufeinanderfolgenden Tagen täglich 1,2–2,4 g Ifosfamid/m2 über 30–120 Minuten intravenös verabreicht. Die Therapiezyklen können alle 3–4 Wochen wiederholt werden. Demzufolge werden innerhalb eines Therapiezyklus 6–12 g/m2 Ifosfamid verabreicht. Die Dosis gemäß der vorliegenden Erfindung (mit einer mittleren Dosis von 39 mg/m2) ist dagegen etwa 150fach bis 300fach geringer.
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Im Gegensatz zu Ifosfamid, das klinisch nur i.v. verabreicht wird, ist Trofosfamid nur für eine orale Anwendung verfügbar. Es wird bekanntermaßen bei soliden Tumoren und bei Hämoblastosen zur Palliativbehandlung eingesetzt (E. Burgis, Intensivkurs Allgemeine und Spezielle Pharmakologie, Urban & Fischer Verlag, 2008). In den letzten Jahren gewann bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen die (palliative) metronomische Chemotherapie zunehmend an Bedeutung. Im Gegensatz zur klassischen Chemotherapie werden hierbei die Oxazaphosphorine in relativ niedriger Dosierung täglich über einen längeren Zeitraum verabreicht. Das Wirkprinzip von Oxazaphosphorinen in der metronomischen Chemotherapie beruht vor allem auf deren Fähigkeit, die Angiogenese zu hemmen und somit die Versorgung des Tumors über die Blutbahn zu verringern. Durch die orale Verfügbarkeit und vergleichsweise gute Verträglichkeit spielt Trofosfamid hierbei eine große Rolle, wobei in der Regel 100 mg Trofosfamid täglich über mehrere Monate verabreicht werden. Bei beispielsweise 3 Monaten Behandlungsdauer mit Trofosfamid beträgt die Gesamtdosis somit ca. 9 g (entspricht bei einem durchschnittlichen Erwachsenen mit ca. 1,7 bis 2,2 m2 Körperoberfläche etwa 5 g/m2). Die einmalige Dosis gemäß der vorliegenden Erfindung (mit einer mittleren Dosis von 49 mg/m2) ist hingegen ca. 100fach geringer.
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Die Oxazaphosphorine der Formel (I) werden erfindungsgemäß zur Therapie von Krankheiten, die durch das Tolerogen Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO) verursacht oder aufrechterhalten werden, eingesetzt. Diese Krankheiten umfassen insbesondere Krebs, Infektionskrankheiten mit fehlender oder unzureichender Immunreaktivität (Malaria, Tuberkulose, Leishmaniosen, HIV-Erkrankungen), Autoimmunreaktionen, lokale Immuntoleranz bzw. -suppression und Arteriosklerose. Diese Erkrankungen gehen im Allgemeinen mit einer erhöhten Produktion von IDO einher und zeichnen sich durch eine Maladaptation des Immunsystems aus, die durch eine Inhibition von IDO moduliert werden könnte.
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Die Oxazaphosphorine der Formel (I) werden in einer einmaligen Dosis verabreicht. Eine „einmalige Dosierung“ im Sinne der Erfindung schließt nicht aus, dass nach einem längeren Zeitraum eine erneute „einmalige Dosierung“ erfolgt. Der hierin verwendete Begriff „einmalige Dosierung“ bedeutet im Allgemeinen, dass der zeitliche Abstand zwischen „einmaligen Dosierungen“ einige Wochen, vorzugsweise mindestens 2 Wochen, besonders bevorzugt mindestens 4 Wochen, beträgt. Hierdurch wird im Allgemeinen eine Gefährdung der Immunantwort durch eine Überdosierung vermieden und die Chancen für eine erfolgreiche Immuntherapie verbessert.
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Die Immunantwort durch die Therapie mit einmalig dosierten Oxazaphosphorinen der Formel (I) sollte nicht durch eine Behandlung mit immunsuppressiven Wirkstoffen gefährdet werden. So sollte nicht gleichzeitig mit Oxazaphosphorinen, insbesondere Cyclophosphamid, in hoher Dosierung behandelt werden, da dadurch die Stammzellen für mindestens 2 Wochen supprimiert werden. Eine konventionelle Chemotherapie kann jedoch nach der erfindungsgemäßen Therapie zusätzlich durchgeführt werden. Die neue Therapie und die bekannten Therapien können sich also ergänzen.
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Die Therapie mit einem niedrig dosieren Oxazaphosphorinen sollte bei gebärfähigen Frauen mit einer Schwangerschaftsverhütung verbunden werden, da es zu einer Resorption des Embryos kommen kann.
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Die Erfindung betrifft außerdem die Verwendung von Oxazaphosphorinen der Formel (I),
worin R1 und R2 2-Chlorethyl oder H ist und R3 2-Sulfonatoethylthio- oder H ist, zur Herstellung eines Medikamentes zur Verwendung in der Behandlung von Krankheiten, die durch das Tolerogen Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO) verursacht oder aufrechterhalten werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Oxazaphosphorine der Formel (I) einmalig in einer Dosis von höchstens 0,3 mmol/m
2 verabreicht werden.
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Die Erfindung hat zahlreiche Vorteile. Sie ermöglicht eine neue immunologische Behandlung zahlreicher Krankheiten, beispielsweise eine immunologische Krebstherapie, die – aufgrund ihrer geringen Nebenwirkungen – nach einer Krebserkrankung oder vorbeugend nach einer Krebsoperation oder beim metastasierenden Krankheitsverlauf angewendet werden kann.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht die Behandlung von Krankheiten, die durch die Expression des Tolerogens IDO bewirkt oder unterhalten werden. Die einmalige Anwendung eines niedrig dosierten Oxazaphosphorins sollte zur Heilung verschiedener Krankheiten bzw. zur Immunisierung gegenüber zahlreichen pathogenen Erregern führen. Die klinische Entwicklung eines Oxazaphosphorins als IDO-Inhibitor wird durch den Nachweis des Zusammenhangs von IDO-Inhibition und Heilerfolgen möglich. Dadurch wird eine neue Therapie gegen Krebs und zahlreiche pathogene Erregern ermöglicht. Hierbei handelt es sich um eine kurative Therapie und keine palliative Therapie wie bei der klassischen Chemotherapie. Erfindungsgemäß ist eine einmalige, extrem niedrige und nahezu untoxische Dosierung ganz im Gegensatz zur klassischen Chemotherapie möglich. Eine Langzeitbehandlung wird so unnötig. Es kann zudem eine sehr lang andauernde und sogar lebenslange Immunisierung gegenüber einer Neuinfektion oder einer Neu-Implantation von Tumorzellen erreicht werden.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand nicht einschränkender Beispiele näher illustriert.
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Beispiele
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Beispiel 1
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Es wurden die im Folgenden näher beschriebenen in vitro Inhibierungs-Versuche mit rekombinanter IDO durchgeführt. Um die optimale Dosis von IDO für die in vitro-Inhibierungsversuche zu ermitteln, wurde ein kinetisches Enzym-Essay, das auf der Methode von Takikawa et al., J Biol Chem 263 (1988) basiert, durchgeführt. Hierbei wurde lediglich die IDO-Dosierung variiert, wohingegen die Inkubationszeit und – temperatur (1h bei 37°C) sowie die Substratkonzentration (50 µM TRP) konstant gehalten wurden. Der Dosisbereich von 1 bis 1000 U IDO wurde getestet, wobei optimale Ergebnisse mit einer Konzentration von 62,5 U IDO erzielt wurden. Bei höheren IDO-Konzentrationen wurde das TRP unabhängig von der Höhe der untersuchten IDO-Konzentration vollständig umgesetzt. Bei niedrigeren IDO-Konzentrationen kam es hingegen zu keinem oder zu nur minimalem TRP-Umsatz. Demzufolge wurden für die folgenden Experimente 62,5 U IDO eingesetzt.
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In einem weiteren Vorversuch wurde 1-MT als klassischer und nachgewiesener IDO-Inhibitor eingesetzt. Dabei wurde ein Dosisbereich von 5–200 µM getestet, wobei die oben bestimmten Parameter benutzt wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass bereits bei 5 µM 1-MT über 50% des TRP umgesetzt werden, wobei mit steigender 1-MT-Dosis der TRP-Umsatz weiter ansteigt und somit bei der höchsten Dosis (200 µM) seinen Maximalwert erreicht.
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Analog wurde die Fähigkeit von Trofosfamid und Mafosfamid untersucht, IDO zu inhibieren und dabei mit dem bekannten IDO-Inhibitor 1-MT sowie einer „IDO-Kontrolle“ (ohne Inhibitor) verglichen. Alle IDO-Inhibitoren (Trofosfamid, Mafosfamid und 1-MT) wurden jeweils in Dosen von 1, 10 oder 100 µM getestet. Die Ergebnisse ergaben einen ähnlichen TRP-Umsatz von Trofosfamid, Mafosfamid und 1-MT.
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Diese in vitro Versuche zeigten, dass der durch IDO induzierte Abbau von TRP zu Kynurenin durch Trofosfamid und Mafosfamid ähnlich wie bei dem bekannten IDO-Inhibitor 1-MT verringert wird. Die Inhibition durch die Oxazaphosphorine war somit vergleichbar mit der von 1-MT. Die neuen Befunde sind überraschend, da Oxazaphosphorine eine völlig andere chemische Struktur aufweisen als die bisher bekannten IDO-Inhibitoren.
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Da die in vitro-IDO-Inhibition durch Trofosfamid erreicht wurde, das nicht in der Leber „aktiviert“ wurde, kann sie nicht auf dessen alkylierender Wirksamkeit beruhen. Sie stellt somit eine bisher unbekannte, neue und überraschende Wirkqualität der Oxazaphosphorine dar.
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Beispiel 2
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In einer weiteren Studie wurden trächtigen Ratten mit einer einmaligen Dosis von 11,6 mg/kg Trofosfamid behandelt (Sprague-Dawley-Ratten, weiblich, trächtig, perorale Applikation von Trofosfamid am 9. Tag der Schwangerschaft). Direkt vor der Behandlung mit Trofosfamid wurde das Kynurenin/TRP-Verhältnis im Blutplasma der Tiere ermittelt. In den auf die einmalige Trofosfamid-Behandlung folgenden Tagen wurde wiederholt das Kynurenin/TRP-Verhältnis der Tiere ermittelt, um systemische Veränderungen im TRP-Umsatz und damit rückschließend die IDO-Aktivität zu überwachen. Außerdem wurde der Immunstatus der Tiere beobachtet sowie Urinproben genommen. An Tag 10 nach der einmaligen Behandlung mit Trofosfamid wurden die Tiere euthanasiert und die Anzahl der vorhandenen Feten sowie der Plazentationsstellen bestimmt.
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In der Kontrollgruppe, die mit Wasser statt Trofosfamid behandelt wurde, war die Anzahl der Feten pro Tier identisch mit der Anzahl der Plazentationsstellen, wohingegen in der mit Trofosfamid behandelten Gruppe bei gleicher Anzahl der Plazentationsstellen an Tag 10 nach der Behandlung kein Fetus mehr vorhanden war. Somit wurde durch Trofosfamid eine vollständige Resorption aller Feten erreicht. Bei den im Experiment gemessenen Parametern im Serum (Tryptophan- und Kynurenin-Gehalt, Immunstatus in Form von NK- pan T-, pan B-, CD4- und Lymphozyten, CD4/CD8-Verhältnis, B-Zellen als CD3-negative Lymphozyten) konnten keine signifikanten Unterschiede zu unbehandelten Kontrolltieren festgestellt werden. Dieser Befund zeigt, dass die Wirkung der IDO-Inhibition lokal auf den Uterus begrenzt ist.
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Diese Versuche illustrieren, dass ein Oxazaphosphorin der Formel (I), insbesondere Trofosfamid, die gleiche immunologische Wirksamkeit bezüglich der Resorption von Feten wie 1-MT zeigt (siehe D. H. Munn et al., Science, 281, 1191–1193 (1998)) und damit die Resorption der Feten auf immunologischen Reaktionen in den Muttertieren bzw. auf einer IDO-Inhibierung beruhen. Besonders bemerkenswert ist, dass die IDO-Inhibierung bezüglich der Resorption von Feten mit einer einmaligen Dosis eines Oxazaphosphorins möglich ist und keine Langzeit-Behandlung erforderlich ist, wie sie für 1-MT beschrieben wird. Unter Berücksichtigung von Beispiel 1 kann man davon ausgehen, dass die Wirksamkeit eines Oxazaphosphorins der Formel (I), insbesondere die von Trofosfamid, nicht von dessen Aktivierung in der Leber abhängig ist. Dies ist bemerkenswert, weil die Leberaktivierung eine unabdingbare Voraussetzung für die bekannte alkylierende chemotherapeutische Wirkung von Trofosfamid ist. Eine Aktivierung von Trofosfamid im Enzym selber zu 4-Hydroxytrofosfamid nebst Alkylierung des Enzyms ist möglich. Dies kann ein wichtiger Mechanismus für die Wirksamkeit von Trofosfamid in der niedrigen Dosierung sein.
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Diese Versuche legen zudem nahe, dass die Oxazaphosphorine Tumor-tragende Tiere durch eine Inhibition von IDO heilen können, da eine Hemmung der IDO-Aktivität das Tumorwachstum hemmt (D-Y. Hou et. al., Cancer Research 67, 792–801 (2007)). Das bedeutet, dass über die Wirkung als IDO-Inhibitor immunologische Therapien gegen Krebs und andere Krankheiten möglich sind. Weiterhin sollte eine dauerhafte oder sogar lebenslange Immunisierung erreicht werden.
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Die Beispiele 3 bis 7 sind Beispiele für pharmazeutische Darreichungsformen:
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Beispiel 3
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Trofosfamid Tabletten werden mit einer Dosis von etwa 49 mg/m2 per os dosiert. Eine Manteltablette enthält 50 mg Trofosfamid. Neben Trofosfamid enthält die Manteltablette Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, mikrokristalline Cellulose, Gelantine, Glycerol 85%, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), Maisstärke, Povidon (Kollidon 25), hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum und die Farbstoffe Gelborange S (E 110) sowie Eisenhydrat X H2O (E 172). Eine Tablette wird gegebenenfalls zerkleinert, um die individuell benötigte Menge zu erhalten.
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Beispiel 4
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Um Ifosfamid mit etwa 39 mg/m2 zu injizieren, werden einer Ifosfamid-Injektionsflasche mit 500 mg Ifosfamid Pulver auf 13 ml Wasser für Injektionszwecke zugesetzt, um eine 4%ige injektionsfertige Lösung herzustellen. Die Substanz löst sich leicht, wenn die Durchstechflasche nach Einspritzen des Wassers für Injektionszwecke eine halbe bis eine Minute kräftig geschüttelt wird. Wenn hierbei die Auflösung nicht sofort restlos erfolgt, ist es zweckmäßig, die Lösung einige Minuten stehen zu lassen. Zur intravenösen Infusion wird die Lösung in 250 ml Ringerlösung, 5%iger Glucoselösung oder 0,9%iger Kochsalzlösung verdünnt. Die Lösung wird über 30–120 min intravenös injiziert. Die individuell benötigte Menge wird über das applizierte Volumen der 4%igen Wirkstofflösung ermittelt.
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Beispiel 5
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Trofosfamid-enthaltende Tabletten zur oralen Verabreichung können beispielsweise entsprechend der in der
WO 2006/089651 A2 beschriebenen Herstellungsmethode erhalten werden.
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Beispiel 6
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Cyclophosphamid Dragees werden mit etwa 39 mg/m2 per os dosiert. Eine Tablette enthält 50 mg Cyclophosphamid. Neben Cyclophosphamid enthält das Dragee Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, Glycerol 85%, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.), Maisstärke, Polyvidon (Kollidon 25), hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum, Polysorbat, Carmelose Natrium, Macrogol, Saccharose, Farbstoff E 171, Calciumcarbonat, Gelantine und Montanglykolwachs. Eine Tablette wird gegebenenfalls zerkleinert, um die individuell benötigte Menge zu erhalten.
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Beispiel 7
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Um Mafosfamid L-Lysin mit etwa 82 mg/m2 zu injizieren, werden mehrere Injektionsflaschen mit 20 mg Mafosfamid Lyophilisat mit 2 ml steriler wässrige 0,9%ige Natriumchlorid Lösung (physiologische Kochsalzlösung) rekonstituiert, um eine 10%ige Lösung herzustellen. Die Substanz löst sich leicht. Zur intravenösen Infusion wird die Lösung weiter mit 0,9%iger Kochsalzlösung verdünnt. Mafosfamid Lösungen müssen sofort nach der Herstellung eingesetzt werden. Die individuell benötigte Menge wird über das applizierte Volumen der Wirkstofflösung ermittelt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102004050111 A1 [0005]
- US 6482416 B2 [0005, 0006]
- US 6451840 B2 [0005]
- WO 2006/089651 A2 [0044]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- D. H. Munn et al. Science 281, 1191–1193 (1998 [0003]
- D. H. Munn et al., J Exp Med 189, 1363–1372 (1999) [0004]
- S. R. Thomas et al., Redox Reports 4, 199–219 (1999) [0004]
- S. G. Cady et al., Arch Biochem Biophys 291, 326–333 (1991) [0005]
- D. H. Munn et al., Science, 281, 1191–1193 (1998) [0007]
- D-Y. Hou et. al., Cancer Research 67, 792–801 (2007) [0007]
- N. Brock et al., Cancer Invest 6, 513–532 (1988) [0009]
- N. Brock et al., in Cancer Invest 6, 513–532 (1988) [0013]
- E. Burgis, Intensivkurs Allgemeine und Spezielle Pharmakologie, Urban & Fischer Verlag, 2008 [0023]
- Takikawa et al., J Biol Chem 263 (1988) [0032]
- D. H. Munn et al., Science, 281, 1191–1193 (1998) [0039]
- D-Y. Hou et. al., Cancer Research 67, 792–801 (2007) [0040]