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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung eines Reibbelagverschleißes einer automatisiert betätigbaren Reibungskupplung, insbesondere eines brennkraftmaschinengetriebenen Kraftfahrzeugs.
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Im Rahmen der vorliegenden Anmeldung wird unter „Reibungskupplung” insbesondere eine Reibungskupplung verstanden, die im Antriebsstrang von brennkraftmaschinengetriebenen Kraftfahrzeugen zwischen Brennkraftmaschine und einem Getriebe angeordnet ist und ein Anfahren sowie einen Wechsel der Getriebeübersetzung ermöglicht, der technisch bedingt nur bei unterbrochener Zugkraft möglich ist.
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Derartige Reibungskupplungen weisen ein Eingangs- und ein Ausgangsteil auf und ermöglichen ausgehend von einer vollständig ausgerückten Betätigungsstellung, in der zwischen Eingangs- und Ausgangsteil im Wesentlichen keine Kraftübertragung erfolgt, bis hin zu einer vollständig eingerückten Betätigungsstellung, in der zwischen Eingangs- und Ausgangsteil im Wesentlichen eine vollständige Kraftübertragung erfolgt, betätigungsabhängig eine zunehmende Kraftübertragung, wobei eine Kraftübertragung zwischen Eingangs- und Ausgangsteil reibschlüssig erfolgt. Umgekehrt erfolgt ausgehend von einer vollständig eingerückten Betätigungsstellung, in der zwischen Eingangs- und Ausgangsteil im Wesentlichen eine vollständige Kraftübertragung erfolgt, bis hin zu einer vollständig ausgerückten Betätigungsstellung, in der zwischen Eingangs- und Ausgangsteil im Wesentlichen keine Kraftübertragung erfolgt, betätigungsabhängig eine abnehmende Kraftübertragung.
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Solche Reibungskupplungen werden auch als Doppelkupplung ausgeführt und weisen dann brennkraftmaschinenseitig ein Eingangsteil und getriebeseitig ein erstes und ein zweites Ausgangsteil auf, das jeweils wenigstens eine Kupplungsscheibe umfasst. Mit einer Doppelkupplung können das Eingangsteil einerseits und das erste Ausgangsteil und/oder das zweite Ausgangsteil andererseits miteinander verbunden oder voneinander getrennt werden. Zudem kann ein Kraftfluss vom Eingangsteil in übergehendem Wechsel von dem ersten Ausgangsteil auf das zweite Ausgangsteil und umgekehrt verlagert werden.
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Bekannt ist es, derartige Reibungskupplungen automatisiert mittels einer Aktuatoreinrichtung zu betätigen, die wenigstens einen beispielsweise elektrischen oder hydraulischen Aktuator umfasst. Eine Steuerung der Aktuatoreinrichtung erfolgt üblicherweise mittels einer Steuereinrichtung auf Basis von Kennlinien und/oder Parametern, die in der Steuereinrichtung hinterlegt sind und/oder die mittels Sensoren zur Verfügung gestellt werden.
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Die Reibungskupplung kann federkraftbeaufschlagt öffnen und mittels der Betätigungseinrichtung schließen oder umgekehrt federkraftbeaufschlagt schließen und mittels der Betätigungseinrichtung öffnen. Die Betätigungseinrichtung kann drückend oder ziehend wirken.
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Üblicherweise wird die Kupplungsbelagdicke für die Lebensdauer eines Fahrzeuges ausgelegt. Bei erhöhtem Verschleiß und vorzeitiger Belagsabnutzung wird das Erreichen der Belagsgrenzen erst bemerkt, wenn der Belag komplett abgefahren ist, z. B. akustisch durch schleifende Niete der Kupplungsscheibe oder durch fehlende Momentenkapazität der Kupplung. Eine vorzeitige Diagnose ist in der Regel nur mittels Demontage und Sichtprüfung möglich und somit lediglich zur reinen Bestimmung der Kupplungsbelagdicke zu aufwändig und zu teuer.
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Eine Vorrichtung, mit der eine in ihrer Auswertung einfache und gegen Einflüsse insbesondere in der Umgebung eines Kraftfahrzeugs zuverlässig arbeitende Erfassung des Betriebszustandes eines Reibbelages auf einem Reibbelagträger ermöglicht ist, geht aus der
DE 10 2007 061 266 A1 hervor. Darin wird vorgeschlagen, zumindest eine olfaktorisch aktive Substanz zur Erkennung des Betriebszustandes des Reibbelages vorzusehen. Allerdings hängt die Genauigkeit, mit der bei dieser Vorrichtung der Betriebszustand des Reibbelages bestimmt werden kann davon ab, wie genau die olfaktorisch aktive Substanz im oder am Reibbelag angeordnet ist und wie exakt eine Auswertung der olfaktorischen Information erfolgt.
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In der Beschreibungseinleitung der
DE 10 2007 061 266 A1 wird außerdem eine mechanische Konstruktion zur Bestimmung eines Kupplungsbelagverschleißes erwähnt sowie eine Verschleißanzeige mittels elektronischer Sensoren. Ferner wird erwähnt, dass ein Verschleiß von Reibbelägen aus einer Modellrechnung bestimmt werden kann, indem die in das Reibsystem eingetragene Energie über die Betriebsdauer aufsummiert und in Verbindung mit experimentell ermittelten Daten zum Verschleiß eines Reibbelages auf den aktuellen Betriebszustand des Reibbelages zurück geschlossen wird. Diese Arten der Verschleißbestimmung sind jedoch entweder sehr aufwändig oder genügen gesteigerten Genauigkeitsanforderungen nicht.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein eingangs genanntes Verfahren bereit zu stellen, mit dem ein Reibbelagverschleiß in einem Zeitintervall zuverlässig und mit nur geringem Aufwand bestimmt werden kann, sodass eine Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines verschlissenen Reibbelags rechtzeitig verhindert werden kann.
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Die Lösung der Aufgabe erfolgt mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, indem zunächst bei einem vorgegebenen Kupplungsschlupf und einem vorgegebenen Kupplungsmoment in einem früheren Reibbelagtestpunkt ein früherer Kupplungsbetätigungsweg bestimmt und gespeichert wird, später erneut bei dem vorgegebenen Kupplungsschlupf und dem vorgegebenen Kupplungsmoment in einem späteren Reibbelagtestpunkt ein späterer Kupplungsbetätigungsweg bestimmt wird, nachfolgend der frühere Kupplungsbetätigungsweg und der spätere Kupplungsbetätigungsweg miteinander verglichen werden und ein Differenzwert bestimmt wird und nachfolgend unter Einbeziehung des Differenzwerts ein Reibbelagverschleiß bestimmt wird. Damit kann zuverlässig und mit hoher Genauigkeit ein Reibbelagverschleiß bestimmt werden, ohne dass eine Demontage und Sichtprüfung erforderlich ist.
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Besonders zu bevorzugende Ausführungen und Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Vorzugsweise wird der Reibbelagverschleiß unter Einbeziehung eines Übersetzungsverhältnisses einer Kupplungsbetätigungseinrichtung bestimmt. Ausgehend von einem Aktuator wird über eine übersetzungsbehaftete kinematische Verbindung eine Bewegung an der Kupplung erzielt. Das Übersetzungsverhältnis der Kupplungsbetätigungseinrichtung bestimmt sich aus der Bewegung des Aktuators bezogen auf die damit erzielte Bewegung an der Kupplung. Eine Einbeziehung des Übersetzungsverhältnisses der Kupplungsbetätigungseinrichtung ermöglicht eine Bestimmung des Reibbelagverschleißes aus Sicht des Aktuators, insbesondere anhand des Aktuatorwegs.
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Sehr zweckmäßig ist es, wenn ein absoluter Reibbelagverschleiß oder eine verbleibende Reibbelagdicke unter Einbeziehung einer Reibbelagdicke im Neuzustand bestimmt wird. Damit kann nicht nur ein erfolgter Verschleiß bestimmt werden, sondern auch rechtzeitig eine Information über eine verbleibende Reibbelagdicke abgegeben und/oder gespeichert werden und/oder eine Prognose über eine verbleibende Kupplungsrestlaufzeit generiert, abgegeben und/oder gespeichert werden.
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Einer bevorzugten Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens zufolge wird bei der Bestimmung des Reibbelagverschleißes eine Federwirkung des Reibbelags einbezogen. Dies ist insbesondere zur Erhöhung der Genauigkeit erforderlich, wenn der Reibbelagtestpunkt in einem Bereich liegt, in dem ein elastischer Reibbelag nur teilweise zusammengedrückt ist.
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Als sehr vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn beim Anfahren des früheren Reibbelagtestpunkts und beim Anfahren des späteren Reibbelagtestpunkts jeweils gegebenenfalls unterschiedliche Einflussfaktoren einbezogen werden. Insbesondere werden äußere Einflussfaktoren, wie Temperatur oder Verschleiß der Reibbeläge, mit einbezogen, die in einem hydraulischen Kupplungsausrücksystem dazu führen, dass das Volumen eines Druckmediums variiert, indem beispielsweise in einem Geberzylinder eine Verbindungsöffnung zu einem drucklosen Nachlaufbehälter, eine sogenannte Schnüffelbohrung, zum Druckausgleich genutzt wird.
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Besonders bevorzugt ist eine Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens, bei der der frühere Reibbelagtestpunkt und der spätere Reibbelagtestpunkt ein ohnehin angefahrener Testpunkt, wie Tastpunkt, ist. Als Tastpunkt wird ein Punkt in einem Diagramm, in dem das Kupplungsübertragungsmoment abhängig vom Kupplungsbetätigungsweg aufgetragen ist, bezeichnet, bei dem Reibflächen der Kupplung beginnen, ein Moment zu übertragen. Vorliegend liegt der Tastpunkt bei einem Kupplungsübertragungsmoment von 1–10 Nm, insbesondere bei einem Kupplungsübertragungsmoment von ca. 5 Nm. Da sich der Tastpunkt im Laufe des Betriebs des Fahrzeug ändert, beispielsweise langfristig durch Verschleiß der Kupplung, insbesondere der Reibbeläge der Kupplungsscheibe, und der Betätigungselemente und kurzfristig durch sich während des Betriebs schnell ändernde Parameter wie beispielsweise Temperatur, wodurch sich die Betätigungswege und wegen der unterschiedlichen Materialausdehnungskoeffizienten die Position der Kupplungsbauteile zu den Reibbelägen der Kupplungsscheibe ändern, muss der Tastpunkt ohnehin regelmäßig neu erfasst werden. Damit kann eine gesonderte Erfassung eines Reibbelagtestpunkts vermieden werden.
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Einer anderen, ebenfalls bevorzugten Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens zufolge ist der frühere Reibbelagtestpunkt und der spätere Reibbelagtestpunkt ein gesondert zur Bestimmung eines Reibbelagverschleißes angefahrener Testpunkt. Damit kann ein Reibbelagtestpunkt an einer zu diesem Zweck optimalen Kupplungsbetätigungsposition gewählt werden, insbesondere in einem Bereich, in dem ein elastischer Reibbelag zumindest annähernd vollständig zusammengedrückt ist.
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Sehr zweckmäßig ist es, wenn unter Einbeziehung des bestimmten Reibbelagverschleißes und einer Laufleistung des Kraftfahrzeugs eine Kupplungsrestlaufzeit bestimmt wird. Als günstig hat es sich erwiesen, bei Überschreiten eines vorbestimmten Reibbelagverschleißes eine entsprechende Information abzugeben und/oder zu speichern. Damit kann ein Kupplungsservice rechtzeitig durchgeführt werden.
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Eine besonders vorteilhafte Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass ein erster früherer Reibbelagtestpunkt, ein erster späterer Reibbelagtestpunkt und daraus ein erster Differenzwert sowie ein zweiter früherer Reibbelagtestpunkt, ein zweiter späterer Reibbelagtestpunkt und daraus ein zweiter Differenzwert bestimmt werden und unter Einbeziehung des ersten Differenzwerts und des zweiten Differenzwerts ein Reibbelagverschleiß bestimmt wird. Aufgrund eines Unterschieds zwischen erstem Differenzwert und zweitem Differenzwert kann auf die Reibbelagfederung der gesamten Kupplungsscheibe geschlossen werden. Diese Informationen lassen beispielsweise bei einer Annäherung der ermittelten Reibbelagdicken aus erstem Reibbelagtestpunkt, wie Tastpunkt, und zweitem Reibbelagtestpunkt, wie gesondertem Reibbelagtestpunkt, erkennen, dass die Reibbelagfederung verschleißt und ihre federnde Wirkung verliert. Bei einer Vergrößerung dieser ermittelten Dicken kann auf einen thermischen Verzug und ein stärkeres Aufstellen der Reibbelagfederung geschlossen werden.
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Nachfolgend werden besonders zu bevorzugende Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens unter Bezugnahme auf Figuren näher erläutert, dabei zeigen schematisch und beispielhaft
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1 ein Diagramm, in dem abhängig von einem Kupplungsbetätigungsweg ein Kupplungsübertragungsmoment mit Reibbelagtestpunkt für eine neue Kupplung und für eine benutzte Kupplung dargestellt ist und
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2 ein Diagramm, in dem abhängig von einem Kupplungsbetätigungsweg ein Kupplungsübertragungsmoment mit Reibbelagtestpunkt für eine neue Kupplung und für eine benutzte Kupplung dargestellt ist.
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Das in der 1 dargestellte Diagramm 100 bezieht sich auf eine automatisiert betätigbare Reibungskupplung eines brennkraftmaschinengetriebenen Kraftfahrzeugs. Die Reibungskupplung ist zwischen der Brennkraftmaschine und einem Getriebe angeordnet und weist ein brennkraftmaschinenseitiges Eingangsteil auf, das ein Gehäuse oder einen Deckel, eine Anpressplatte und eine Gegendruckplatte umfasst. Der Deckel ist starr mit der Gegendruckplatte verbunden, beispielsweise vernietet, die Anpressplatte ist drehfest, jedoch axial verlagerbar verbunden. Getriebeseitig weist die Kupplung ein Ausgangsteil, das wenigstens eine Kupplungsscheibe mit Reibbelägen umfasst, auf.
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Die Reibungskupplung kann jedoch auch eine Doppelkupplung mit einem brennkraftmaschinenseitigen Eingangsteil, das ein Gehäuse oder einen Deckel, eine Anpressplatte, eine Zwischendruckplatte und eine Gegendruckplatte umfasst, sein. Getriebeseitig weist die Doppelkupplung ein erstes und ein zweites Ausgangsteil auf, das jeweils wenigstens eine Kupplungsscheibe umfasst. Auch wenn im Folgenden auf eine Einfachkupplung Bezug genommen wird, kann die Erfindung ebenso bei einer Doppelkupplung zur Anwendung kommen.
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Eine sich einerseits gehäuseseitig und andererseits anpressplattenseitig abstützende Federeinrichtung beaufschlagt die Anpressplatte in Kupplungsschließrichtung. Die Kupplung kann mittels einer Betätigungseinrichtung entgegen der Hebelfederkraft geöffnet werden. Die Betätigungsbewegung in Öffnungsrichtung ist vorliegend drückend, jedoch kann die Kupplung einem anderen Ausführungsbeispiel zufolge auch gezogen geöffnet sein. Die Betätigungseinrichtung umfasst einen elektrischen, einen hydraulischen, einen mechanischen, einen elektromechanischen oder einen elektrohydraulischen Aktuator, der mit einer Messeinrichtung ausgestattet ist. Die Messeinrichtung ermöglicht insbesondere eine Bestimmung eines Aktuatorwegs, insbesondere mittels direkter Wegmessung im Aktuator, beispielsweise des Kolbenwegs in einem hydrostatischen Aktuator, oder mittels Inkrementalwegmessung in einem Elektromotor einer elektromechanischen oder elektrohydraulischen Betätigungseinrichtung. Gegebenenfalls ermöglicht die Messeinrichtung auch eine Bestimmung eines Drucks in einem hydrostatischen System. Eine Steuerung der Betätigungseinrichtung erfolgt mittels einer Steuereinrichtung auf Basis von Kennlinien und/oder Parametern, die in der Steuereinrichtung hinterlegt sind und/oder die mittels Sensoren zur Verfügung gestellt werden.
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In dem in 1 gezeigten Diagramm 100 sind Kupplungskennlinien 102, 106 dargestellt. Dabei ist der Kupplungsbetätigungsweg, vorliegend der Aktuatorweg, auf der x-Achse und das Kupplungsübertragungsmoment auf der y-Achse aufgetragen. Im Neuzustand erfolgt eine Kupplungsbetätigung gemäß der früheren Kupplungskennlinie 102. Mit zunehmender Betätigung, entsprechend zunehmenden x-Werten, wird die Anpressplatte der Kupplung in Richtung Gegendruckplatte verlagert, sodass zwischen Anpressplatte und Gegendruckplatte einerseits und Kupplungsscheibe mit Reibbelägen andererseits eine zunehmende Reibung und damit ein zunehmendes Kupplungsmoment, entsprechend zunehmenden y-Werten, auftritt.
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Bei einem vorgegebenen Kupplungsmoment 112 ist ein früherer Reibbelagtestpunkt 104 festgelegt. Vorliegend wird als früherer Reibbelagtestpunkt 104 der Tastpunkt bei ca. 5 Nm genutzt. Im Neuzustand wird der frühere Reibbelagtestpunkt 104 bei einem früheren Kupplungsbetätigungsweg 114 erreicht. Die auf den Aktuatorweg bezogene Position des Tastpunkts wird regelmäßig adaptiert. Verschleißbedingt ist zur Erreichung eines bestimmten Kupplungsübertragungsmoments ein immer größerer Kupplungsbetätigungsweg erforderlich. In einem verschlissenen Zustand der Kupplung erfolgt daher eine Kupplungsbetätigung gemäß der späteren Kupplungskennlinie 106. Der spätere Reibbelagtestpunkt 106, entsprechend dem Tastpunkt bei ca. 5 Nm, wird dann erst bei einem späteren Kupplungsbetätigungsweg 116 erreicht.
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Über die langfristige Adaption des Tastpunktes wird die Zunahme des inneren Betätigungsweges, entsprechend dem Einrückweg, in der Kupplung bis zum Aufbau eines Kupplungsmoments erkannt. Kurzfristige Adaptionen z. B. durch Reibwerteffekte werden hierfür nicht berücksichtigt. Da das Übersetzungsverhältnis zwischen Aktuator und Einrück- bzw. Betätigungsweg der Kupplung konstant ist, kann aus der Änderung
110 des benötigten Aktuatorwegs
114,
116 bis zum Reibbelagtestpunkt
104,
106, vorliegend dem Tastpunkt, gegebenenfalls sogar aus den Reibbelagtestpunkt
104,
106 selbst, über eine bestimmte Zeitspanne und aus dem Übersetzungsverhältnis i zwischen Aktuator- und Einrückweg der Reibbelagsverschleiß, respektive die Änderung der Kupplungsscheibendicke, auf folgender Grundlage ermittelt werden:
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Bei der Bestimmung des Reibbelagsverschleißes über den Tastpunkt werden Änderungen in den Eigenschaften der Reibbelagfederung nicht erfasst. Da typischerweise im Bereich des Tastpunktes die Reibbelagfederung noch nicht vollständig zusammengedrückt ist, können Änderungen an Reibbelagdicke und Reibbelagfederung nicht vollständig aufgetrennt werden.
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Mit der Verwendung eines hydrostatischen Aktuators kann es ermöglicht werden, den reinen Reibbelagverschleiß zu ermitteln. Hier kann neben der Weginformation, beispielsweise aus Absolutwegmessung eines Geberkolbens, auch der Druck im hydrostatischen System gemessen werden. Mit diesem Aktuator ist es möglich, einen definierten Druck auf die Kupplung vorzugeben, sodass die Kupplung mit einer definierten Kraft betätigt wird und die Reibbelagfederung komplett zusammen gedrückt ist und somit keinen veränderlichen Einfluss mehr auf die Dicke der Kupplungsscheibe hat.
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Zur Bestimmung des Belagsverschleißes kann über die Lebensdauer verteilt ein Reibbelagtestpunkt 204, 208 bei einem höheren vorgegebenen Kupplungsmoment 212 mit einem vorbestimmten Druck angefahren werden und der Aktuatorweg 214, 216 über die Absolutwegmessung des Geberkolbens gemessen werden. Das höhere vorgegebene Kupplungsmoment 212 liegt in einem Bereich, in dem der Reibbelag zumindest annähernd vollständig zusammengedrückt ist, um einen Einfluss dessen Elastizität gering zu halten oder auszuschließen. Beispielsweise beträgt das höhere vorgegebene Kupplungsmoment 212 ca. 5–20 Nm, insbesondere ca. 12 Nm. Dies ist im Diagramm 200 in 2 dargestellt, das eine frühere Kupplungskennlinie 202 und eine spätere Kupplungskennlinie 206 zeigt. Somit ergibt sich auch hier über eine bestimmte Zeitspanne ein Wegunterschied 210 in der Reibbelagtestposition 204, 208 aus dem dann die Reibbelagdicke mit Hilfe des Übersetzungsverhältnisses i zwischen Aktuator- und Einrückweg bestimmt werden kann. Ergänzend wird auf die vorstehende Beschreibung insbesondere zur 1 Bezug genommen.
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Bei einem hydrostatischen Aktuator ist in der langfristigen Tastpunktadaption das kurzfristige Verhalten der hydraulischen Strecke, beispielsweise eine thermische Ausdehnung, nicht berücksichtigt. Für die Bestimmung bzw. für den Vergleich der Reibbelagtestpunkte 204, 208 über Lebensdauer ist es daher wünschenswert, wenn die hydraulische Strecke immer die gleichen Eigenschaften besitzt. Dafür ist es vorteilhaft, vor jeder Bestimmung des Reibbelagtestpunktes 204, 208 die hydraulische Strecke durch einen sogenannten Schnüffelvorgang auszugleichen.
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Zur Bestimmung des absoluten Verschleißes ist es wichtig einerseits die Reibbelagdicke im Neuzustand, beispielsweise aus Kupplungsauslegungs- oder Konstruktionsdaten, zu kennen und andererseits den Tastpunkt 104 bzw. den Reibbelagtestpunkt 204 im Neuzustand zu bestimmen und zu speichern, beispielsweise in einem übergeordneten Steuergerät. Sind diese beiden Werte bekannt und das Übersetzungsverhältnis i zwischen Aktuator- und Einrückweg gemäß Systemauslegung, kann über Lebensdauer jederzeit der bisherige Reibbelagverschleiß und die restliche Reibbelagdicke ermittelt werden. Zusammen mit der Laufleistung des Fahrzeuges kann bei gleichbleibendem Fahrprofil eine Restkilometerlaufleistung abgeschätzt werden.
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Der Tastpunkt wird in der Software kontinuierlich bestimmt und kann regelmäßig gespeichert oder ausgelesen werden. Das Anfahren des Reibbelagtestpunktes 204, 206 ist in der normalen Fahrstrategie üblicherweise nicht vorgesehen. Hier kann zum Beispiel im normalen Fahrbetrieb immer ein bestimmter Druckpunkt der Kupplung, der in kurzer Folge nach einem Schnüffelvorgang passiert wird, gespeichert werden, oder das Anfahren des Reibbelagtestpunktes 204, 206 wird manuell, vorzugsweise im Service, ausgeführt.
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Insbesondere für folgende Funktionen kann das Wissen um die Reibbelagdicke genutzt werden:
Durch Beobachtung des Tastpunktes 104, 108 oder regelmäßiges Anfahren des Reibbelagtestpunktes 204, 208 kann bei z. B. 70–99%, insbesondere bei ca. 90%, des theoretischen Reibbelagsverschleißes ein Eintrag im Fehlerspeicher des Fahrzeugs erfolgen, damit im nächsten Servicefall ein Kupplungsscheibentausch vorgesehen werden kann.
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Der Reibbelagverschleiß bzw. die restliche Belagdicke werden regelmäßig im normalen Fahrbetrieb gespeichert, beispielsweise alle 10.000 km, oder werden im Servicefall von der Werkstatt durch Anfahren des Reibbelagtestpunktes 204, 208 ermittelt. Daraus kann dann z. B. eine Restlebensdauer oder Wechselempfehlung gegeben werden.
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Die restliche Reibbelagdicke wird dem Fahrer als Information in der Fahrzeugdiagnose, ähnlich wie eine Anzeige einer Bremsbelagdicke, mitgeteilt.
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Ein Abgleich mit der Laufleistung des Fahrzeuges kann dem Fahrer, der Werkstatt oder auch dem Hersteller eine Information über die Nutzung des Fahrzeuges geben. Als Abgleich können hier ebenfalls die in die Kupplungen eingebrachten Energien genutzt werden. Damit lässt sich sagen, ob ein Fahrzeug entsprechend der Auslegung bewegt wird, oder ob es kupplungsschonender oder kupplungsverschleißender gefahren wird.
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Ergibt sich über die Lebensdauer einer Kupplung ein Unterschied zwischen Tastpunktänderung 110 und Reibbelagtestpunktänderung 210, so kann aufgrund dieses Unterschieds auf die Reibbelagfederung der gesamten Kupplungsscheibe geschlossen werden. Diese Informationen lassen z. B. bei einer Annäherung der ermittelten Dicken aus Tastpunkt 104, 108 und Reibbelagtestpunkt 204, 208 erkennen, dass die Reibbelagfederung verschleißt und ihre federnde Wirkung verliert. Bei einer Vergrößerung dieser ermittelten Dicken kann ein thermischer Verzug und ein stärkeres Aufstellen der Reibbelagfederung angenommen werden. Die Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens nach 1 und 2 können demnach insgesamt oder teilweise kombiniert werden.
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Zur Bestimmung der absoluten Reibbelagdicke ist im Neuzustand eine initiale Messung des Reibbelagtestpunktes 204 bzw. eine Tastpunktermittlung 104 notwendig. Diesem Reibbelagtestpunkt 204 oder initialem Tastpunkt 104 kann dann die konstruktive Reibbelagdicke im Neuzustand zugeordnet werden. Beide Werte können im Rahmen einer End-Of-Line (EOL) Routine gelernt (Reibbelagtestpunkt bzw. Tastpunkt) bzw. eingegeben (Reibbelagdicke) werden und anschließend in einem Steuergerät gespeichert werden.
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Um die Genauigkeit der Bestimmung des Reibbelagtestpunktes 104, 108, 204, 208 zu erhöhen, ist es empfehlenswert den Reibbelagtestpunkt 104, 108, 204, 208 mehrfach mit vorangehendem Schnüffelvorgang zu bestimmen und anschließend einen Mittelwert zu bilden. Da die Schnüffelnut durch Verschieben der Dichtlippe an leicht unterschiedlichen Positionen geschlossen werden kann („Toggeln der Schnüffelposition”), wird über die Mittelwertbildung die Genauigkeit des Reibbelagtestpunktes 104, 108, 204, 208 erhöht. Eine weitere Erhöhung der Genauigkeit zur Bestimmung des Reibbelagtestpunktes 104, 108, 204, 208 kann durch das Anfahren von verschiedenen Reibbelagtestpunkten erfolgen. Hier kann der Reibbelagverschleiß über verschiedene Reibbelagtestpunkte ermittelt werden und wiederum ein Mittelwert gebildet werden.
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Da dieselben Aktuatoren leicht unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, kann bei einem Aktuatortausch trotz gleicher Reibbelagdicke ein unterschiedlicher Reibbelagtestpunkt 204, 208 bzw. Tastpunkt 104, 108 ermittelt werden und somit die Ermittlung des Reibbelagverschleißes verfälscht werden. Um dies zu verhindern sind folgende Punkte bei einem Aktortausch in der Lebensdauer zu beachten: Vor dem Aktuatortausch muss die aktuell verbleibende Reibbelagdicke über den Tastpunkt 104, 108 oder den Reibbelagtestpunkt 204, 208 ermittelt werden. Nach dem Aktuatortausch wird wieder die oben beschriebene EOL-Routine durchgeführt. Der erfolgenden initialen Bestimmung des Tastpunktes 104, 108 bzw. des Reibbelagtestpunktes 204, 208 wird die vor Aktuatortausch ermittelte Restbelagdicke zugeordnet und in einem Steuergerät abgelegt. Die Eingabe der Restbelagdicke kann entweder manuell geschehen oder es wird in der Software eine entsprechende Routine zum Aktuatortausch hinterlegt.
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Wichtig kann die Verschleißüberwachung des Kupplungsbelages auch bei Fahrzeugen mit Hybridunterstützung sein. In der Regel wird hier die Verschleißreserve des Kupplungsbelages nicht auf die erforderliche Dicke für eine Anwendung ohne Hybridunterstützung sondern auf ein bestimmtes Maß an Hybridunterstützung ausgelegt. Kann diese ausgelegte Hybridunterstützung nicht erfüllt werden, beispielsweise wegen defekter Hybridbatterie, Hybridbatterie mit zu geringer Kapazität oder Fahrzyklus mit zu häufigen Anfahrten und daher nicht genug Zeit zum Laden der Batterien, erhöht sich der Kupplungsverschleiß und der Belag ist bereits vor Lebensdauernde des Fahrzeugs verschlissen. Wie oben beschrieben kann der Fahrer somit rechtzeitig über einen erforderlichen Kupplungswechsel informiert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Diagramm
- 102
- frühere Kupplungskennlinie
- 104
- früherer Reibbelagtestpunkt
- 106
- spätere Kupplungskennlinie
- 108
- späterer Reibbelagtestpunkt
- 110
- Differenzwert
- 112
- vorgegebenes Kupplungsmoment
- 114
- früherer Kupplungsbetätigungsweg
- 116
- späterer Kupplungsbetätigungsweg
- 200
- Diagramm
- 202
- frühere Kupplungskennlinie
- 204
- früherer Reibbelagtestpunkt
- 206
- spätere Kupplungskennlinie
- 208
- späterer Reibbelagtestpunkt
- 210
- Differenzwert
- 212
- vorgegebenes Kupplungsmoment
- 214
- früherer Kupplungsbetätigungsweg
- 216
- späterer Kupplungsbetätigungsweg
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007061266 A1 [0008, 0009]