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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftwagens mit einer Umfelderfassungseinrichtung, einer Lenkwinkelstellvorrichtung, welche dazu ausgebildet ist, unabhängig von einer Bedienperson einen Lenkwinkel des Kraftwagens einzustellen, einem Lenkrad zur manuellen Einstellung eines Lenkwinkels des Kraftwagens durch eine Bedienperson und einer Entkopplungsvorrichtung zur zumindest teilweisen Entkopplung einer Drehbewegung des Lenkrads von einer durch die Lenkwinkelstellvorrichtung bewirkten Verstellung des Lenkwinkels des Kraftwagens, mit den Schritten: a) Erfassen eines Objekts im Umfeld des Kraftwagens mittels der Umfelderfassungseinrichtung; b) Bewerten einer Kollisionsgefahr des Kraftwagens mit dem Objekt; und c) in Abhängigkeit von der Bewertung Verstellen des Lenkwinkels des Kraftwagens mittels der Lenkwinkelstellvorrichtung. Die Erfindung betrifft auch einen Kraftwagen mit einer Umfelderfassungseinrichtung.
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Es sind verschiedenste Fahrerassistenzsysteme zur Unterstützung eines Fahrzeugführers beim Führen eines Kraftwagens bekannt. Beispielsweise sind Fahrerassistenzsystem bekannt, welche Querführungsaufgaben übernehmen, indem sie ein zusätzliches Lenkmoment auf das Lenksystem des Kraftwagens applizieren. Durch dieses zusätzliche Lenkmoment soll das Fahrzeug entsprechend vorgegebener Parameter auf eine bestimmte Bahn gelenkt werden. Ein Beispiel hierfür ist das so genannte Heading Control: Dieses Fahrerassistenzsystem hat zum Ziel, das Fahrzeug so zu regeln, dass es sich entlang der Mitte der Fahrspur bewegt. Ein Kamerasystem mit angeschlossener Bildverarbeitung erfasst hierfür die nötigen Umweltdaten. Zusätzlich werden Sensordaten aus dem Fahrzeug ausgewertet (Geschwindigkeit, Querbeschleunigung, etc.). Hieraus kann in einer Datenverarbeitungseinrichtung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Algorithmus das aufzubringende Zusatzlenkmoment berechnet werden.
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Fahrerassistenzsysteme zur Querführung können als reine Warnsysteme oder als selbsttätig agierende Systeme ausgebildet sein. Das so genannte LDW (Lane Departure Warning) System nutzt eine Vibrationswarnung, um den Fahrzeugführer insbesondere in der Nähe der Fahrbahnränder vor dem Verlassen der Fahrspur zu warnen. Das so genannte LDW plus System appliziert darüber hinaus zusätzlich ein Lenkmoment, welches den Kraftwagen wieder zurück in die Fahrspur verbringt. Die hierbei zugrunde liegenden LDW Algorithmen sind reine Warnsysteme. Die so genannten HC (Heading Control Assist) Systeme dienen dem Halten des Fahrzeugs in der Fahrspurmitte. Beim HC Assist System gibt es einen so genannten Fairway, welcher ein vorgebbares Fahrband darstellt, innerhalb dessen kein aktiver Lenkeingriff erfolgt. Erst ab einem bestimmten Abstand des Fahrzeugs von der Fahrbahnmitte wird das Fahrzeug wieder zurück in seine ursprüngliche Fahrspur geregelt. Beim HC Continuous System entfällt dieser Fairway, sodass Lenkeingriffe ständig am Lenkrad spürbar sind. Durch die feste Kopplung des Lenkrades mit dem automatischen Lenkungssystem spürt der Fahrer sämtliche Eingriffe. Bei einer kontinuierlichen Lenkunterstützung und den damit verbundenen ständigen Lenkeingriffen scheint das Lenkrad ein Eigenleben zu entwickeln.
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Aus der
DE 10 2008 008 182 A1 ist ein Kraftfahrzeug mit einem Lenkrad, einer über das Lenkrad drehbaren Lenksäule sowie einer querverschiebbaren Steuerstange bekannt, die mit zwei zu lenkenden Rädern bewegungsgekoppelt ist. Zudem umfasst das Kraftfahrzeug ein der Längssäule zugeordnetes Überlagerungsgetriebe, über das ein durch Drehen des Lenkrads erzeugter Drehwinkel mit einem über einen mit dem Überlagerungsgetriebe gekoppelten Stellmotor erzeugten Drehwinkel zur Erzeugung eines der Bewegung der Steuerstange dienenden Überlagerungsdrehwinkel überlagerbar ist. Darüber hinaus umfasst das Kraftfahrzeug auch ein Fahrerassistenzsystem mit einer Einrichtung zum Geben eines separaten, der Bewegung der Steuerstange dienenden Lenkmoments zum aktiven Querführen des Kraftfahrzeugs. Das Überlagerungsgetriebe ist hierbei über den Stellmotor derart verstellbar, dass eine infolge der Gabe eines separaten Lenkmoments durch die Einrichtung verursachte Drehung der Lenksäule derart zumindest teilweise kompensiert wird, dass die resultierende tatsächliche Lenkraddrehbewegung verglichen mit der aus dem gegebenen Lenkmoment resultierenden theoretischen Lenkraddrehbewegung geringer ist.
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Aus der
DE 10 2007 016 799 B4 ist ein Verfahren zum Unterstützen des Fahrers eines Fahrzeugs bekannt. Das Fahrzeug umfasst hierbei eine Lenkung mit einem Lenkradantrieb zum Aufbringen einer Drehbewegung an dem Lenkrad. Im Rahmen des Verfahrens wird ein Objekt im Umfeld des Fahrzeugs ermittelt, das eine Gefährdung für das Fahrzeug darstellt. Sodann erfolgt ein Entkoppeln des Lenkrads von einem gelenkten Fahrzeugrad, wobei eine Drehbewegung an dem Lenkrad aufgebracht wird, die in diejenige Richtung erfolgt, die der Richtung des Ausweichmanövers entgegengesetzt ist. Es wird also aktiv eine impulsförmig ruckartige Drehbewegung auf das Lenkrad aufgebracht, um den Fahrer vor der Gefahr zu warnen und ein reflexartiges Gegenlenken zu provozieren.
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Aus der
DE 199 52 227 B4 ist ein Verfahren zur Steuerung einer Kraftfahrzeuglenkung bekannt, wobei die Kraftfahrzeuglenkung sowohl ein konventionelles Lenkrad als auch einen Radwinkelstellantrieb umfasst, der autonom und unabhängig von einer Bedienperson einen Lenkvorgang ausführen kann. Das Lenkrad ist hierbei während eines autonomen Lenkvorgangs von dem Radwinkelstellantrieb über eine Kupplung entkoppelt. Im Rahmen des Verfahrens kann bei Ausfall des Radwinkelstellantriebs die Kupplung eingerückt werden.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren sowie einen Kraftwagen bereitzustellen, durch welche eine Gefährdung des Fahrzeugführers sowie anderer Verkehrsteilnehmer verringert wird.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren, welches die Merkmale des Patentanspruchs 1 aufweist, sowie einen Kraftwagen, welcher die Merkmale des Patentanspruchs 9 aufweist, gelöst.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftwagens mit einer Umfelderfassungseinrichtung, welche insbesondere als Sensor zur Erfassung eines Fahrzeugvorfelds ausgebildet sein kann. Der Kraftwagen umfasst auch eine Lenkwinkelstellvorrichtung, welche dazu ausgebildet ist, unabhängig von einer Bedienperson einen Lenkwinkel des Kraftwagens einzustellen. Daneben umfasst der Kraftwagen ein Lenkrad zur manuellen Einstellung eines Lenkwinkels des Kraftwagens durch eine Bedienperson. Schließlich umfasst der Kraftwagen eine Entkopplungsvorrichtung zur zumindest teilweisen Entkopplung einer Drehbewegung des Lenkrads und einer durch die Lenkwinkelstellvorrichtung bewirkten Verstellung des Lenkwinkels des Kraftwagens. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
- a) Erfassen eines Objekts im Umfeld des Kraftwagens mittels der Umfelderfassungseinrichtung;
- b) Bewerten einer Kollisionsgefahr des Kraftwagens mit dem Objekt, welches über die Umfelderfassungseinrichtung erfasst wurde. Die Bewertung kann insbesondere darin bestehen, dass entweder die Gefahr einer Kollision mit dem Objekt bejaht oder verneint wird. Daneben kann jedoch auch vorgesehen sein, dass eine quantitative Bewertung der Kollisionsgefahr dahingehend erfolgt, dass ein Wahrscheinlichkeitswert für die Kollision ermittelt wird;
- c) in Abhängigkeit von der Bewertung aus Schritt b) Verstellen des Lenkwinkels des Kraftwagens mittels der Lenkwinkelstellvorrichtung. In Abhängigkeit von der Bewertung kann insbesondere entweder ein Verstellen oder kein Verstellen erfolgen. Im Falle, dass ein Verstellen erfolgt, kann die Art und/oder der Grad des Verstellens von der Bewertung, insbesondere einem quantitativen Bewertungswert, abhängig gemacht werden. Insbesondere kann auch eine Geschwindigkeit und/oder Rate des Verstellens in Abhängigkeit von Bewertungswerten erfolgen;
- d) in Abhängigkeit vom Verstellen in Schritt c) Entkoppeln des Lenkrads mit der Entkopplungsvorrichtung, so dass die Drehbewegung des Lenkrads aufgrund des Verstellens des Lenkwinkels geringer ist als würde dasselbe Verstellen bei nicht entkoppeltem Lenkrad erfolgen. Insbesondere kann in Abhängigkeit vom Verstellen entweder ein Entkoppeln oder kein Entkoppeln des Lenkrads erfolgen. Neben einer vollständigen oder nicht vorhandenen Entkopplung kann jedoch ein Grad der Entkopplung abhängig von einer Art des Verstellens und/oder zugehöriger Verstellwerte gemacht werden. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass das Lenkrad entweder keinerlei Drehbewegung ausführt oder aber eine solche Drehbewegung stets in dieselbe Richtung erfolgt wie das Verstellen des Lenkwinkels, jedoch mit maximal der Geschwindigkeit, mit der sich das Lenkrad drehen würde, wäre es nicht entkoppelt.
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Das Verfahren erlaubt das automatische Notausweichen eines Kraftwagens vor möglichen Kollisionsobjekten. Das potentielle Kollisionsobjekt als auch der Kraftwagen sowie dessen Insassen werden zuverlässig vor Unfällen geschützt. Da es sich bei einem solchen automatischen Notausweichen meist um hochdynamische Vorgänge handelt, sind in der Regel schnelle Lenkbewegungen erforderlich. Erfolgen diese Eingriffe in die Lenkung automatisch und ist das Lenkrad wie für die manuelle Lenkung angekoppelt, ergäben sich ruckartige und schnelle Drehbewegungen am Lenkrad. Dadurch ergibt sich die Problematik, dass ein Fahrzeugführer, der z. B. seine Daumen im Lenkrad ablegt, sich diese aufgrund der schnellen Drehbewegungen durchaus brechen könnte. Ein auf diese Weise nervös agierendes Lenkrad würde die Akzeptanz von Notausweichsystemen massiv beeinträchtigen. Das vorgeschlagene Verfahren schließt diese erheblichen Nachteile aus. Es ermöglicht stark verringerte Drehbewegungen des Lenkrads auch bei dynamischen und automatischen Notausweichvorgängen, so dass das Verhalten des Lenkrads nicht nur als weniger störend empfunden wird, sondern auch der Fahrzeugführer einer erheblich verringerten Verletzungsgefahr ausgesetzt ist.
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Vorzugsweise ist in Schritt d) der Grad der Entkopplung abhängig von einer Geschwindigkeit des Verstellens des Lenkwinkels und nimmt insbesondere mit zunehmender Geschwindigkeit des Verstellens zu. Alternativ oder zusätzlich kann vorzugsweise vorgesehen sein, dass in Schritt d) der Grad der Entkopplung abhängig von einer Rate des Verstellens des Lenkwinkels ist und insbesondere mit zunehmender Rate des Verstellens zunimmt. Es kann also vorgesehen sein, dass je schneller sich das Lenkrad insbesondere in einer Notausweichsituation dreht bzw. je schneller es beschleunigt, das Lenkrad zunehmend stark entkoppelt wird und so seine Drehbewegung entsprechend reduziert wird. Auf diese Art kann die Drehbewegung des Lenkrads bedarfsgerecht an das jeweilige Fahrzeuglenkverhalten angepasst werden. Je schneller der Lenkwinkel verstellt würde, desto schneller würde sich ein nicht-entkoppeltes Lenkrad drehen und desto größer wäre die Gefährdung für einen Fahrzeugführer, der seine Hände am Lenkrad hat. Mit zunehmendem Grad der Entkopplung erfolgt so zuverlässig ein Schutz des Fahrzeugführers vor Hand- und Unterarmverletzungen. Das aufgebrachte Lenkmoment kann am Lenkrad derart ausgeblendet werden, dass seitens des Fahrers eine akzeptable Lenkradbewegung spürbar ist bzw. die Lenkraddrehgeschwindigkeit innerhalb handhabbarer Parameter bleibt.
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Vorzugsweise erfolgt in Schritt d) eine vollständige Entkopplung des Lenkrads, so dass das Lenkrad bei jedem Verstellen des Lenkwinkels keine Drehbewegung ausführt. Dann sind die Hände des Fahrzeugführers auch bei sehr schnellen, ruckartigen automatischen Lenkbewegungen sehr gut geschützt.
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Vorzugsweise kann jedoch auch vorgesehen sein, dass für ein Verstellen des Lenkwinkels in Schritt c) um einen Änderungslenkwinkel, welcher kleiner als ein vorgebbarer Schwellwert ist, in Schritt d) kein Entkoppeln des Lenkrads erfolgt und für ein Verstellen des Lenkwinkels in Schritt c) um einen Änderungslenkwinkel, welcher größer oder gleich dem vorgegebenen Schwellwert ist, in Schritt d) ein Entkoppeln des Lenkrads erfolgt. Bei nur geringen Drehbewegungen des Lenkrads, welche unter dem Schwellwert bleiben, erhält der Fahrzeugführer über das Lenkrad eine haptische Rückmeldung, welche einem natürlichen Fahrzeugverhalten bei einer Lenkbewegung entspricht. Erst wenn die Verstellwinkel so groß werden, dass sich eine Gefährdung für die Hände des Fahrzeugführers ergeben könnte, erfolgt zum Schutz des Fahrzeugführers die Entkopplung des Lenkrads. Damit ist ein guter Kompromiss zwischen natürlichem Fahrverhalten und Fahrzeugführerschutz geschaffen. Das Entkoppeln für Werte größer oder gleich dem vorgegebenen Schwellwert kann wiederum entweder vollständig sein oder hinsichtlich seines Grades an jeweilige Verstellcharakteristika angepasst sein.
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Vorzugsweise umfasst die Entkopplungsvorrichtung eine Überlagerungsvorrichtung mit einem Stellmotor und insbesondere einem Getriebe, welche in die Drehbewegung einer über das Lenkrad drehbaren Lenksäule entkoppelnd dergestalt eingreift, dass eine durch die Lenkwinkelstellvorrichtung bewirkte Drehung der Lenksäule zu einer geringeren Drehbewegung des Lenkrads führt als hätte der Eingriff nicht stattgefunden. Diese Ausgestaltung garantiert eine effektive und zuverlässige Entkopplung des Lenkrads und kann auch bei sehr schnell erfolgenden automatischen Lenkbewegungen in Notausweichsituationen ausreichend zügig erfolgen. Zudem ist eine mehrstufige Einstellung des Grads der Entkopplung möglich.
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Vorzugsweise wird die Entkopplung durch eine Steuerungsvorrichtung bewirkt, welche dazu ausgebildet ist, die Lenkwinkelstellvorrichtung so anzusteuern, dass eine Verstellung des Lenkwinkels des Kraftwagens bewirkt wird, und dazu ausgebildet ist, in Abhängigkeit von der Ansteuerung der Lenkwinkelstellvorrichtung den Stellmotor anzusteuern. Diese Ausgestaltung garantiert, dass ein Entkoppeln des Lenkrads nahezu ohne Verzögerung mit dem Verstellen des Lenkwinkels erfolgen kann. Die Reaktionszeiten für die Entkopplung werden gegenüber einem Einsetzen des Verstellen gering gehalten. Das Verstellen und das Entkoppeln kann koordiniert erfolgen.
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Vorzugsweise erfolgt ein Entkoppeln des Lenkrads mit der Entkopplungsvorrichtung stets dann, wenn ein Verstellen des Lenkwinkels des Kraftwagens mittels der Lenkwinkelstellvorrichtung erfolgt. Dann ist auch bei Nichtvorliegen einer Kollisionsgefahr im Falle einer automatisch durchgeführten Querführung eine unerwünschte Drehbewegung des Lenkrads vermieden. Insbesondere dann, wenn dem Fahrer die Lenkaufgabe von einem Fahrerassistenzsystem vollständig abgenommen wird, erfolgen keine störenden Eingriffe in das Lenkrad. Für den Fahrzeugführer wird der Fahrkomfort erhöht und die körperliche Belastung reduziert.
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Vorzugsweise kann die Umfelderfassungseinrichtung einen Abstandsensor und/oder einen Ultraschallsensor und/oder eine Kamera und/oder einen Radarsensor und/oder einen Lidarsensor umfassen. Diese Art von Sensoren bzw. Detektoren garantiert eine zuverlässige Erfassung eines Objekts in Schritt a) des Verfahrens und ermöglicht so eine qualitativ hochwertige Bewertung in Schritt b).
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Ein erfindungsgemäßer Kraftwagen umfasst eine Umfelderfassungseinrichtung, welche dazu ausgebildet ist, ein Objekt im Umfeld des Kraftwagens zu erfassen, eine Lenkwinkelstellvorrichtung, welche dazu ausgebildet ist, unabhängig von einer Bedienperson einen Lenkwinkel des Kraftwagens einzustellen, ein Lenkrad zur manuellen Einstellung eines Lenkwinkels des Kraftwagens durch eine Bedienperson, eine Entkopplungsvorrichtung zur zumindest teilweisen Entkopplung einer Drehbewegung des Lenkrads von einer durch die Lenkwinkelstellvorrichtung bewirkten Verstellung des Lenkwinkels des Kraftwagens, und eine Datenverarbeitungsvorrichtung, welche dazu ausgebildet ist, in Abhängigkeit von Daten betreffend ein von der Umfelderfassungseinrichtung erfasstes Objekt eine Kollisionsgefahr des Kraftwagens mit dem Objekt zu bewerten und in Abhängigkeit von der Bewertung ein Verstellen des Lenkwinkels des Kraftwagens festzulegen. Die Datenverarbeitungsvorrichtung ist hierbei ferner dazu ausgebildet, in Abhängigkeit vom festgelegten Verstellen ein Entkoppeln des Lenkrads mit der Entkopplungsvorrichtung so festzulegen, dass eine resultierende Drehbewegung des Lenkrads bei Ausführung des festgelegten Verstellens des Lenkwinkels geringer ist als würde dasselbe Verstellen bei nicht-entkoppeltem Lenkrad erfolgen. Die Datenverarbeitungsvorrichtung kann insbesondere in einem Fahrerassistenzsystem eines Kraftwagens vorliegen. Sie kann auch eine Steuerungsvorrichtung umfassen, welche dazu ausgebildet ist, die Lenkwinkelstellvorrichtung und/oder einen Stellmotor der Entkopplungsvorrichtung zu steuern.
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Die mit Bezug auf das erfindungsgemäße Verfahren dargestellten bevorzugten Ausführungsformen und deren Vorteile gelten entsprechend für den erfindungsgemäßen Kraftwagen.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, den Figuren und der Figurenbeschreibung. Die vorstehend in der Figurenbeschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen wie auch die in der Figurenbeschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen und/oder die in den Figuren alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen.
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Anhand von Ausführungsbeispielen wird die Erfindung im Folgenden näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines Kraftwagens mit einer Lenkwinkelstellvorrichtung und einer Entkopplungsvorrichtung;
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2 eine schematische Darstellung einer Notausweichsituation im Straßenverkehr; und
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3 einen Graphen für eine schwellwertabhängige Entkopplung.
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In den Figuren sind gleiche oder funktionsgleiche Elemente mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt in schematischer Draufsicht einen Frontbereich eines Kraftwagens 1. Eine Zahnstange 12 erlaubt die Lenkung der beiden Vorderräder 13 des Kraftwagens 1. Für eine manuelle Lenkung durch einen Fahrzeugführer ist die Zahnstange 12 hierzu über eine Lenkstange 9 mit einem Lenkrad 4 verbunden. Eine am Lenkrad 4 vom Fahrzeugführer durchgeführte Drehbewegung wird auf die Zahnstange 12 und schließlich auf die Räder 13 übersetzt, so dass sich ein Lenkwinkel a einstellen lässt.
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Darüber hinaus verfügt der Kraftwagen 1 auch über eine Lenkwinkelstellvorrichtung, mit der ein zusätzliches Lenkmoment auf das Lenksystem automatisch aufgebracht werden kann. Diese Lenkwinkelstellvorrichtung ist im Ausführungsbeispiel als elektrische Servolenkung (Electric Power Steering) EPS 3 realisiert. Das EPS 3 umfasst einen Motor und ein Getriebe, um Kraft auf die Zahnstange 12 zu übertragen. Auf diese Weise eingebrachte Kräfte wirken sich auf die Räder 13 aus und führen zu einer Veränderung des Lenkwinkels a. Gleichzeitig wirken sich die Kräfte auch auf das Lenkrad 4 aus. Die Verbindung zwischen Zahnstange 12 und Lenkrad 4 über die Lenkstange 9 ist bei Vorrichtungen ohne Überlagerungslenkung geometrisch fest vorgegeben (d. h. es besteht ein konstantes Übersetzungsverhältnis). Jede Verschiebung der Zahnstange 12 würde dann gleichzeitig auch zu einer Drehbewegung des Lenkrads 4 führen.
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Eine Überlagerungslenkung 5 ermöglicht eine Anpassung der Lenkübersetzung vom Lenkrad 4 zur Zahnstange 12. Die Überlagerungslenkung 5 kann genutzt werden, um Eingriffe, die durch das EPS 3 erfolgen, am Lenkrad 4 sozusagen auszublenden. Hierfür umfasst die Überlagerungslenkung 5 ein Getriebe 8 und einen Stellmotor 7. Sie ist mit einer Steuerungsvorrichtung 10 verbunden, an welcher auch das EPS 3 angeschlossen ist. Wird der Motor des EPS 3 über die Steuerungsvorrichtung 10 angesteuert, so wird im gleichen Maße auch der Stellmotor 7 der Überlagerungslenkung 5 aktiviert, um die von der EPS 3 bewirkten Lenkbewegungen am Lenkrad 4 auszublenden. Durch das Getriebe 8 kann die Übersetzung der beiden Enden der Lenkstange 9 angepasst werden und so eine Einstellung der gewünschten Drehbewegung des Lenkrads 4 erfolgen. Es ist jedoch auch ein vollständiges Entkoppeln des Lenkrads 4 möglich, so dass dieses bei jeder beliebigen Bewegung der Zahnstange 12 keine Drehbewegung mehr ausführt.
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Die Steuerungsvorrichtung 10 ist mit einem Computer 11 verbunden, durch den eine Fahrerassistenz in Form einer automatischen Querführung bereitgestellt wird. Der Computer 11 ist insbesondere dazu ausgebildet, einen Querführungsassistenten in Form eines Spurhalteunterstützungssystems bzw. in Form eines Spurhalteassistenten bereitzustellen. Der Computer 11 legt dann entsprechend einem vorgegebenen Algorithmus Eingriffe in die Lenkanlage 9 fest, und steuert entsprechend die Steuerungsvorrichtung 10 an, welche ihrerseits das EPS 3 und die Überlagerungslenkung 5 ansteuert, um die Vorgaben des Computers 11 zu realisieren.
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Der Computer 11 umfasst auch einen Algorithmus, mit dem sich ein Verfahren zum automatischen Notausweichen durchführen lässt. Hierzu ist der Computer 11 mit einer Umfelderfassungseinrichtung in Form eines Abstandssensors 2 verbunden.
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2 zeigt in schematischer Draufsicht eine Fahrbahn 14, auf dessen rechter Spur sich der Kraftwagen 1 in Fahrtrichtung (im Bild von links nach rechts) bewegt. Vor ihm befindet sich auf der Fahrbahn ein weiterer Kraftwagen 6. Es soll ein mögliches Szenario für eine Notausweichsituation geschildert werden, wobei angegeben wird, wie die Lenkung des Kraftwagens 1 jeweils reagiert: Der Kraftwagen 6 bremst unvermittelt ab und befindet sich schließlich im Stillstand. Er stellt damit ein potentielles Kollisionsobjekt für den noch fahrenden Kraftwagen 1 dar. Da eine normale Fahrsituation vorlag, ist im Abschnitt B1 eine Entkopplung des Lenkrads 4 von der Zahnstange 12 nicht gegeben. Der Führer des Kraftwagens 1 kann die Lenkung ohne Einschränkungen manuell bedienen und erhält eine unmittelbare Rückmeldung über den eingestellten Lenkwinkel a am Lenkrad 4.
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Der Kraftwagen 6 befindet sich im Erfassungsbereich E des Abstandssensors 2. Dieser erkennt, dass sich der Abstand zwischen dem Kraftwagen 1 und dem Kraftwagen 6 zunehmend verringert und übergibt diese Daten an den Computer 11. Ein im Computer 11 ablaufender Algorithmus bewertet die Kollisionsgefahr des Kraftwagens 1 mit dem Kraftwagen 6 und kommt zu dem Ergebnis, dass ein automatisches Notausweichen geboten erscheint, um einen Unfall zu vermeiden. Es wird eine Trajektorie T berechnet sowie ein zugehöriger Verlauf des Lenkwinkels a, um diese Trajektorie T zu realisieren. Um die Berechnung in die Tat umzusetzen, übergibt der Computer 11 geeignete Daten an die Steuerungsvorrichtung 10, welche geeignete Steuersignale an das EPS 3 sendet, um die angeforderten Lenkwinkel a automatisch über die Zahnstange 12 einzustellen. Im Abschnitt B2 erfolgt also eine über das EPS 3 automatisch realisierte Adaptivlenkung.
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Um eine Gefährdung des Fahrzeugführers durch ein sich schnell drehendes Lenkrad 4 auszuschließen, wird dieses im Ausführungsbeispiel im Abschnitt B2 zumindest teilweise von der Zahnstange 12 entkoppelt. Hierzu steuert die Steuerungsvorrichtung 10 den Stellmotor 7 so an, dass über das Getriebe 8 die Drehbewegung des Lenkrads 4 reduziert wird. Gemäß der Trajektorie T in Abschnitt B2 führt das Lenkrad 4 zwar weiterhin eine Drehbewegung aus; diese ist jedoch erheblich geringer, als hätte eine Entkopplung nicht stattgefunden. Durch die gemächliche Nachführung des Lenkrads 4 erhält der Fahrzeugführer zwar eine haptische Rückmeldung über den automatisch ausgeführten Lenkvorgang; eine Gefährdung seiner Hände durch ruckartige Bewegungen des Lenkrads 4 ist jedoch ausgeschlossen.
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Erst wenn keine Kollisionsgefahr mehr besteht, wird das Lenkrad 4 im Abschnitt B3 wieder vollständig durch geeignete Befehle des Computers 11 an die Zahnstange 12 gekoppelt. Der Fahrzeugführer kann nun wieder manuell in die rechte Fahrspur zurücklenken.
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3 zeigt eine alternative Möglichkeit der Entkopplung. Im Graphen aufgetragen ist der Grad der Entkopplung gegen einen Änderungslenkwinkel Δa. Bis zu einem Schwellwert a0 erfolgt keinerlei Entkopplung des Lenkrads 4. Erst wenn der Änderungslenkwinkel Δa diesen Schwellwert a0 überschreitet, erfolgt eine vollständige Entkopplung und das Lenkrad dreht sich nicht mehr mit. Der Schwellwert a0 sollte insbesondere kleiner als 360° sein, um sehr gefährliche schnelle Mehrfachumdrehungen des Lenkrads auszublenden.
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Zusammenfassend erlaubt die vorgestellte Idee der intelligenten Kopplung von EPS 3 und Adaptivlenkung, sowohl Notausweichtrajektorien zu fahren als auch die Daumen des Fahrzeugführers zu schützen. Dies wird erreicht, indem das Lenkrad 4 zumindest während des automatischen Notausweichens wenigstens teilweise entkoppelt wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008008182 A1 [0004]
- DE 102007016799 B4 [0005]
- DE 19952227 B4 [0006]