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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung einer
Kraftfahrzeuglenkung mit einer von einer Bedienperson zu betätigenden
Handhabungseinrichtung, beispielsweise einem Lenkrad, sowie mit
wenigstens einer Steuerung und mit Stellantrieben für einen
Radwinkelstellantrieb, wobei die Stellantriebe dazu eingerichtet
sind, in bekannter Weise Lenkfunktionen bereitzustellen und bei
Bedarf in Abhängigkeit
von der Steuerung autonom und unabhängig von einer Bedienperson
einen Lenkvorgang auszuführen,
wobei eine von der Steuerung ansteuerbare Kupplung vorgesehen ist,
die eine Kopplung zwischen der Handhabungseinrichtung und dem Radwinkelstellantrieb
bewirkt.
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Derartige
Kraftfahrzeuglenkungen sind beispielsweise aus der
DE 4232256 A1 bekannt. Dort
ist eine Kraftfahrzeuglenkung offenbart, die eine Handhabungseinrichtung
in Gestalt eines Lenkrades zur Betätigung durch einen Fahrer aufweist.
Die Handhabungseinrichtung dient dabei als Sollwinkelsteller für den gewünschten
Lenkeinschlag. Der Radwinkel wird von einem mechanisch nicht mit
der Handhabungseinrichtung gekoppelten elektrischen Stellantrieb
vorgenommen und kann zur Kompensation von unerwünschten Gierbewegungen des
Kraftfahrzeugs von einer Steuerung separat aktiviert werden. Hierdurch
werden autonome Lenkbewegungen zur Verhinderung oder Kompensation
von Übersteuern
oder Untersteuern ermöglicht,
ohne dass dies zu Ausschlägen
am Lenkrad führt.
Aus derselben Druckschrift ist auch ein Lenksystem mit permanenter
Verbindung zwischen dem Lenkrad und dem Lenkgetriebe offenbart,
bei dem ein autonomer Lenkeingriff nur bezüglich eines gelenkten Rades
möglich
ist.
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Bei
der erstgenannten Ausführungsform
ist bei einem Ausfall eines Stellantriebs lediglich ein zweiter
Stellantrieb als Notlaufsystem vorgesehen. Zu diesem zweiten Stellantrieb
gibt es keine weitere Rückfallebene.
Bei einem Ausfall eines der beiden Stellantriebe ist die Lenkung
folglich nicht mehr fehlertolerant, so dass dieser Ausfall aus Sicherheitsgründen zu
unmittelbarer Beendigung der Fahrt führen sollte. Außerdem ist
bei einem vollständigen
Ausfall der Energieversorgung der Lenkung das Fahrzeug nicht mehr
lenkbar.
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Die
DE 195 40 956 C1 zeigt
eine hydraulische Servolenkung für
Kraftfahrzeuge, bei der die Lenkwelle über eine Kupplung auftrennbar
ist. Die Lenkung verfügt über einen
Servoantrieb, der autonome Lenkbewegungen zulässt. Im Störungsfall wird die Kupplung
geschlossen und so die mechanische Lenkbarkeit hergestellt. Da keine
redundante, zweifache Auslegung der Servoantriebe vorgesehen ist, kann
ein autonomer Lenkvorgang bei Ausfall des einzigen Servoantriebs
nicht zu Ende geführt
werden, bevor die Kupplung einrückt.
Die Reaktion des Lenksystems bei einem Ausfall des Servoantriebs
während
eines autonomen Lenkvorgangs ist deshalb für den Fahrer überraschend.
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Die
DE 198 04 675 A1 zeigt
eine Steer-by-Wire-Lenkung ohne mechanische Verbindung zwischen
dem Lenkrad und dem Lenkgetriebe. Störungen in dem Lenksystem werden
dem Fahrer frühzeitig
durch ein Warnsignal zur Kenntnis gebracht. Die
DE 694 02 278 T2 zeigt
schließlich
eine Lenkung mit einer Spurhaltefunktion. Bei einem drohenden Verlassen
der zu haltenden Fahrspur wird ein Warnsignal erzeugt, dass u. a.
eine Vibration des Lenkrades umfasst.
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Es
ist deshalb Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur
Steuerung einer Kraftfahrzeuglenkung zu schaffen, wobei bei Ausfall
oder fehlerhaftem Betrieb eines Stellantriebs der verbleibende Stellantrieb
weiterhin fehlertolerant betrieben werden kann und der Fahrer nicht
durch plötzliche
Lenkradbewegungen infolge eines autonomen Lenkvorgangs überrascht
werden kann.
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Diese
Aufgabe wird von einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst.
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Weil
das Einrücken
der Kupplung nicht während
eines autonomen Lenkvorgangs erfolgt, wird der Fahrer nicht durch
plötzliche,
dem Lenkvorgang folgende Lenkradbewegungen überrascht.
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Dabei
ist von Vorteil, wenn die Stellantriebe zwei unabhängig voneinander
betreibbaren Einheiten zugeordnet sind, wobei mit jeder Einheit
für sich zumindest
zeitweise die vollständigen
Lenkfunktionen auszuführen
sind. In einem Lenksystem, das für autonome
Lenkeingriffe ohne Beteiligung des Fahrers eingerichtet ist, kann
dann jede Einheit für
sich den autonomen Lenkeingriff zu Ende führen, bevor die mechanische
Kopplung hergestellt wird. So ist bei schnellen Lenkeingriffen zur
Aufrechterhaltung der Fahrstabilität vermeidbar, dass der Fahrer
beim Ausfall einer Einheit plötzlich
die Lenkeingriffe der autonomen Lenkfunktionen im Lenkrad spürt. Bei
selbsttätigen
Fahrmanövern
langsamerer Art wie automatischem Spurwechsel, Einparken und dergleichen
ist vermeidbar, dass der Fahrer mit der manuellen Fortführung eines
Fahrmanövers überfordert
wird.
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Weiter
ist von Vorteil, wenn die Kupplung mechanisch einrückbar ist.
Hierdurch ergibt sich ein einfaches und deshalb sehr betriebssicheres
System. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Kupplung einen
Ruhezustand und einen von der Steuerung einstellbaren Arbeitszustand
aufweist, wobei die Kupplung im Ruhezustand eingerückt ist.
Dann ist auch bei einem vollständigem
Ausfall der Steuerung oder der Energieversorgung gewährleistet,
dass die Lenkbarkeit automatisch mechanisch hergestellt wird.
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Weiter
ist für
eine komfortable Bedienung der Kraftfahrzeuglenkung vorteilhaft,
wenn bei eingerückter
Kupplung die jeweils aktive Einheit eine Lenkhilfskraft bereitstellt
und so die Eigenschaften einer gewöhnlichen Hilfskraftlenkung
aufrechterhalten bleiben.
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Im
folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der
vorliegenden Erfindung anhand der Zeichnung beschrieben.
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Es
zeigt:
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1:
Ein Lenksystem für
Kraftfahrzeuge in einer Prinzipdarstellung mit zwei hydraulischen
Antriebseinheiten und einem zuschaltbaren mechanischen Durchgriff
vom Lenkrad auf den Radwinkelstellantrieb.
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In
der 1 ist eine Kraftfahrzeuglenkung schematisch als
Blockschaltbild dargestellt. Die Kraftfahrzeuglenkung umfasst ein
Lenkrad 1, das drehfest mit einer Lenksäule 2 verbunden ist.
Die Lenksäule 2 trägt wiederum
einen ersten Elektromotor 3 sowie einen zweiten Elektromotor 4,
die als Handmomentensteller wirken. Weiter trägt die Lenksäule 2 ein
Verformungsglied 5, das in an sich bekannter Weise die
Aufprallsicherheit der Lenkeinrichtung herstellt. Schließlich trägt die Lenksäule 2 eine ansteuerbare
mechanische Kupplung 6, die im eingerückten Zustand die Lenksäule 2 mit
einer Ritzelwelle 7 drehfest verbindet. Die Ritzelwelle 7 wiederum
wirkt auf eine Zahnstange 8, die verschieblich in einem
Lenkgehäuse 9 gelagert
ist.
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Das
Lenkgehäuse 9 trägt weiter
zwei Stellantriebseinheiten 10 und 11, in denen
hydraulische Zylinder/Kolbeneinheiten mit der Zahnstange 8 in
Eingriff stehen, die über
ein oder mehrere Ventile mit Hydraulikflüssigkeit versorgt werden. Bei
einer hydraulischen Ansteuerung der Einheiten 10 und 11 oder
einer Drehung der Ritzelwelle 7 wird die Zahnstange 8 in
ihrer Längsrichtung
verlagert, so dass sie über Spurstangen 12 den
Radwinkel von gelenkten Rädern 13 verändert.
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Eine
zentrale Steuereinheit 15, die auch mehrfach ausgeführt sein
kann, ist für
die Ansteuerung der Handmomentenstellmotoren 3, 4,
der Kupplung 6 und der Einheiten 10 und 11 vorgesehen.
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Im
Betrieb arbeitet die Lenkung wie folgt:
Die Steuerung 15 trennt
durch Ansteuerung die Kupplung 6, so dass die Lenksäule 2 von
der Ritzelwelle 7 entkoppelt ist. Eine Bedienperson gibt
am Lenkrad 1 den gewünschten
Lenkwinkel vor, der über die
Steuerung 15 an die Einheiten 10 und 11 übermittelt
wird. Deren hydraulische Stellantriebe betätigen simultan die Zahnstange 8 in
der Weise, dass die Räder 13 den
vom Fahrer gewünschten
Radwinkel erhalten und das Fahrzeug den gewünschten Kurvenradius fährt. Gleichzeitig
wird über
die Handmomentenstellmotoren 3 und 4 dem Fahrer
an dem Lenkrad 1 eine Rückstellkraft
mitgeteilt, die die Rückstellkräfte der
Lenkung sowie die Lenkreaktionskräfte simuliert und damit das
Fahrgefühl
einer herkömmlichen
Lenkung erzeugt.
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Ein
autonomer Lenkeingriff kann durch sogenannte Fahrdynamikregelungen
oder Stabilitätssysteme
ausgelöst
werden. Hierbei veranlasst die Steuerung 15 die Einheiten 10 und 11 zu
einem Lenkeingriff, der dem Fahrer nicht mitgeteilt wird und der
zu einer Verschiebung der Zahnstange 8 unabhängig von
der Lenksäule 2 führt. Dieser
Lenkeingriff kann beispielsweise im Gegenlenken bei Ausbrechen eines übersteuernden
Fahrzeugs, in der Kompensation von Seitenwind oder zur Beibehaltung
der Fahrtrichtung bei Bremsvorgängen
auf einseitig rutschiger Fahrbahn dienen. Die Lenkeingriffe können je
nach Fahrsituation relativ schnell und mit großer Amplitude erfolgen, so
dass ein Fahrer am Lenkrad 1 nicht notwendigerweise folgen
könnte,
wenn die Kupplung 6 geschlossen wäre. Eine derartige Lenkbewegung wird
folglich dem Fahrer nicht an das Lenkrad 1 übermittelt.
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Außerdem können autonome
Lenkeingriffe bei komfortorientierten Anwendungen wie automatischem
Einparken und automatischem Spurwechsel erfolgen, bei denen das
Lenkrad 1 von den Handmomentenstellmotoren 3 und 4 mitbewegt
wird. Hier kann die simulierte Drehung des Lenkrades 1 mit
einer direkteren Übersetzung
erfolgen als es der tatsächlichen Übersetzung
im Lenkgetriebe entspricht. Ein sofortiges Einrücken der Kupplung 6 führt dann zu
einer plötzlichen
scheinbaren Übersetzungsänderung
und kann den Fahrer in Schwierigkeiten bei der manuellen Beendigung
des Fahrmanövers
bringen.
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Bei
einem Fehler in einer der beiden Einheiten 10 oder 11 ist
durch die redundante Auslegung dieser Einheiten die jeweils verbleibende
Einheit in der Lage, zumindest kurzzeitig und zum wesentlichen Teil
die gesamte Funktion der Radwinkelstellantriebe zu übernehmen.
Ein autonomer Eingriff kann von einer der beiden Einheiten durchgeführt und
in der vorgesehenen Weise beendet werden. Aus Sicherheitsgründen ist
bei weiterem Betrieb des Kraftfahrzeugs mit einer ausgefallenen
Einheit 10 oder 11 erforderlich, dass die verbleibende
funktionsfähige Einheit 11 oder 10 eine
weitere Rückfallebene
für den Notlauf
erhält,
so dass das Fahrzeug nicht plötzlich unlenkbar
werden kann. Für
diesen Fall ist vorgesehen, dass die Steuerung 15 die Kupplung 6 einrückt und
dadurch ein mechanischer Durchgriff von dem Lenkrad 1 über die
Lenksäule 2,
die Kupplung 6 und die Ritzelwelle 7 auf die Zahnstange 8 hergestellt wird.
Der verbleibende Stellantrieb wirkt dann zusammen mit der Betätigungskraft über die
Lenksäule 2 als
herkömmliche
Hilfskraftlenkung. Sollte auch die zweite Einheit ausfallen, so
ist eine herkömmliche mechanische
Lenkung ohne Hilfskraft gewährleistet.
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Das
Einrücken
der Kupplung 6 kann entweder unmittelbar bei einem erkannten
Fehler in einer Einheit 10 oder 11 erfolgen oder
zeitversetzt vorgenommen werden. Das unmittelbare Einrücken ist
vorgesehen, wenn die Steuerung 15 zum Zeitpunkt der Fehlererkennung
keinen autonomen Lenkvorgang durchführt, so dass das Einrücken der
Kupplung nicht zu Lenkbewegungen am Lenkrad 1 führt, die
für den Fahrer überraschend
sind. Ein zeitversetztes Einrücken
der Kupplung 6 ist erforderlich, wenn autonome Lenkvorgänge durchgeführt werden,
die zur Wiederherstellung eines stabilen Fahrzustandes erforderlich sind.
Die Zeitverzögerung
bis zum Einrücken
der Kupplung 6 ist dann so zu bemessen, dass die autonomen
Lenkvorgänge
zunächst
beendet werden und erst dann der mechanische Durchgriff hergestellt wird.
Anderenfalls würde
der Fahrer am Lenkrad 1 plötzlich schnelle Lenkbewegungen
mit möglicherweise
großer
Amplitude mitgeteilt bekommen, die für ihn vollkommen überraschend
sind und ihn deshalb überfordern.
Außerdem kann
durch die vom Fahrer aufgebrachte Handkraft die Funktion der autonomen Lenkeingriffe
behindert werden.
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Eine
letzte mechanische Rückfallebene
ergibt sich, wenn die Steuerung 15 den Ausfall beider Einheiten 10 und 11 detektiert.
Für diesen
Fall ist die Kupplung nach dem vorhergehenden Verfahrensschritt
bereits geschlossen und es fällt
lediglich die Servounterstützung
weg.
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Gegen
einen völligen
Verlust des Hydraulikdrucks kann eine doppelt ausgelegte Versorgungseinrichtung
vorgesehen sein, beispielsweise eine separate Pumpe 17,
die unabhängig
vom Antriebsmotor Energie aus der Fahrzeugbewegung, abgegriffen an
einem Rad oder an einer Kardanwelle, verfügbar macht. Auch bei einem
völligen
Ausfall der Hydraulik bleibt die insoweit beschrieben Lenkung jedoch
funktionsfähig.
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Die
Kupplung 6 ist dafür
so ausgestaltet, dass sie ohne ein Ansteuerungssignal selbsttätig in den
mechanisch eingerückten
Zustand fällt.
Diese Eigenschaft kommt bei einem völligen Ausfall der elektrischen
Steuerung 15 sowie der beiden Einheiten 10 und 11 zum
Tragen. Dann wird automatisch ohne weitere Ansteuerung ein Kraftschluss
zwischen dem Lenkrad 1 und der Lenkung hergestellt. Das
Fahrzeug bleibt also auch bei einem vollständigen Ausfall der hydraulischen
Hilfseinrichtungen steuerbar. Der beschriebene autonome Lenkeingriff,
der zunächst kein
Einrücken
der Kupplung 6 gestattet, bricht bei einem Stromausfall
automatisch ab, so dass dessen Rückwirkungen
auf das Lenkrad 1 beim selbsttätigen Einrücken der Kupplung 6 infolge
eines Versagens der Steuerung 15 ausbleiben.
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Um
den Fahrer über
eine aufgetretene Störung
zu informieren, bevor die Kupplung 6 eingerückt wird,
kann über
die Steuerung 15 ein Warnsignal ausgelöst werden. Dies kann ein optisches
oder akustisches Warnsignal sein. Eine bevorzugte Ausführungsform
sieht jedoch vor, dass das Warnsignal allein oder zusätzlich zu
den erwähnten
optischen oder akustischen Signalen als mechanisches Signal über das
Lenkrad übermittelt
wird, beispielsweise in Gestalt einer über die Handmomentenstellmotoren 3 und 4 aufgeprägten Vibration
oder eines erhöhten Handmoments.
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Insgesamt
ergibt sich eine Kraftfahrzeuglenkung, die ein hohes Maß an Ausfallsicherheit
bietet. Für
den rein hydraulischen Betrieb mit autonomen Lenkeingriffen ist
eine erste hydraulische Rückfallebene
vorgesehen, die durch eine weitere mechanische Rückfallebene abgesichert ist.
Der Betrieb des Kraftfahrzeugs ist in jedem Zustand, sowohl bei
Ausfall eines Systems als auch bei Ausfall aller Systeme sicher
gewährleistet,
ohne dass für
den Fahrer eine nicht beherrschbare Situation eintreten kann.