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Die Erfindung betrifft einen Ausweichassistenten für Kraftfahrzeuge, mit einem sensorischen System zur Erfassung des Verkehrsumfelds des Fahrzeugs, einem aktorischen System für Eingriffe in ein Lenkungssystem des Fahrzeugs, und mit einer elektronischen Steuereinrichtung, in der eine Notausweichfunktion implementiert ist, die anhand der vom sensorischen System gelieferten Daten prüft, ob ein Notausweichmanöver erforderlich ist, und dann über das aktorische System auf die Dynamik des Fahrzeugs einwirkt, um den Fahrzeugführer bei der Einleitung und/oder Ausführung des Notausweichmanövers zu unterstützen.
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In Fahrzeugen der neueren Generationen sind Assistenzfunktionen verfügbar, die aufgrund von Umfeldsensorik wie Radar oder Videokamera die Gefahrensituation einschätzen und, wenn eine akute Kollisionsgefahr festgestellt wird, aktiv werden um Unfälle zu vermeiden oder zumindest die Unfallschwere zu mindern.
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Einige dieser Assistenzfunktionen geben haptische Handlungsempfehlungen an den Fahrer. Es sind auch Assistenzfunktionen bekannt, die den Fahrer durch Eingriffe in die Fahrdynamik aktiv unterstützen, beispielsweise indem sie automatisch eine Notbremsung einleiten und/oder durch Eingriff in die Lenkung ein Ausweichmanöver einleiten.
EP 1 926 646 B1 beschreibt ein System, in dem eine Ausweichtrajektorie geplant und dann über einen Fahrdynamikregler umgesetzt wird. Aus Sicherheitsgründen müssen jedoch diese Ausweichfunktionen (Ausweichassistenten) jederzeit durch den Fahrer übersteuert werden können.
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Aufgabe der Erfindung ist es, einen Ausweich- und Bremsassistenten zu schaffen, mit dem sich ein Ausweichmanöver sicherer durchführen lässt.
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Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Notausweichfunktion in einer ersten Phase eines Ausweichmanövers eine Handlungsempfehlung an den Fahrer ausgibt, indem sie einen Lenkeingriff bewirkt, und erst nach dieser Phase die Dynamik des Fahrzeugs derart regelt, dass dieses einer von der Notausweichfunktion berechneten Ausweichtrajektorie folgt.
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Die Erfindung trägt dem Umstand Rechnung, dass viele Kraftfahrzeugführer bei einem automatisch eingeleiteten Ausweichmanöver instinktiv dazu neigen, Querbewegungen des Fahrzeugs durch entsprechendes Gegenlenken zu unterdrücken. Ein herkömmlicher Ausweichassistent kann dann die ursprünglich geplante Ausweichtrajektorie nicht einhalten und muss deshalb fortlaufend Korrekturen berechnen. Erfindungsgemäß wird dagegen in einer ersten Phase lediglich eine haptische Handlungsempfehlung in der Form eines Lenkeingriffs an den Fahrer ausgegeben, ohne dass bereits eine Regelung der Fahrdynamik auf eine berechnete Ausweichtrajektorie erfolgt. Dadurch wird dem Fahrer signalisiert, dass der Ausweichassistent aktiv ist und ein Ausweichmanöver mit Eingriff in die Querdynamik vorbereitet. In den meisten Fällen wird der Fahrzeugführer nach einer kurzen "Schrecksekunde" seinen Widerstand aufgeben, so dass im weiteren Verlauf das Ausweichmanöver planmäßig durchgeführt werden kann und nicht mehr durch Gegenlenkversuche des Fahrers gestört wird.
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Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Die haptische Handlungsempfehlung kann über die Fahrzeuglenkung erfolgen, beispielsweise über einen Aktor, der zusätzlich zu dem von Fahrer manuell ausgeübten Lenkdrehmoment ein weiteres Lenkdrehmoment auf die Lenkwelle ausübt oder eine entsprechende Kraft auf die Lenkstange ausübt. Das hat den Vorteil, dass bereits in der ersten Phase ein Eingriff in die Querdynamik erfolgt und damit das in der zweiten Phase folgende Ausweichmanöver vorbereitet wird. Die Regelung der Querdynamik in der zweiten Phase kann dann über denselben Aktor erfolgen oder wahlweise auch über eine sogenannte Aktivlenkanlage, die aktiv einen Lenkwinkel einstellt, der sich dann mit dem vom Fahrer manuell über das Lenkrad eingestellten Lenkwinkel überlagert. Alternativ oder zusätzlich können der Lenkeingriff in der ersten Phase und/oder die Regelung auf die Ausweichtrajektorie in der zweiten Phase auch über die Bremsanlage erfolgen, nämlich indem durch asymmetrisches Bremsen mindestens eines der linken und rechten Fahrzeugräder eine Querbewegung des Fahrzeugs hervorgerufen wird.
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Der Übergang von der ersten Phase in die zweite Phase erfolgt vorzugsweise dann, wenn eine vorgegebene Übergangsbedingung erfüllt ist, die beispielsweise darin bestehen kann, dass eine oder mehrere Messgrößen einen jeweils zugehörigen Schwellenwert überschreiten. Im einfachsten Fall kann die Messgröße die seit Beginn der ersten Phase vergangene Zeit oder die seit Beginn der ersten Phase zurückgelegte Wegstrecke sein. Bevorzugt handelt es sich jedoch bei der Messgröße oder mindestens einer der Messgrößen um eine Größe, die bereits über die Dynamik des Fahrzeugs bzw. die Reaktion des Fahrers Auskunft gibt, wie beispielsweise der Lenkwinkel, die Lenkwinkelgeschwindigkeit, die Gierrate, der Gierwinkel, der Querversatz, die Querbeschleunigung oder das Raddrehzahlverhältnis zwischen linken und rechten Fahrzeugrädern. Wenn die Übergangsbedingung beispielsweise darin besteht, dass der Lenkwinkel einen zugehörigen Schwellenwert überschreitet, so wird die zweite Phase nur dann eingeleitet, wenn der Fahrer in der ersten Phase der Handlungsempfehlung gefolgt ist oder zumindest einen entsprechend großen Lenkwinkel zugelassen hat. Wenn der Fahrer hingegen ein großes Gegendrehmoment ausübt und das Lenkrad in der Neutralstellung festhält, so wird die Übergangsbedingung nicht erfüllt. Nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne oder nach einer gewissen Fahrstrecke wird dann der Ausweichassistent das Ausweichmanöver abbrechen und dem Fahrer allein die Fahrzeugführung oder zumindest die Querführung des Fahrzeugs überlassen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt die haptische Handlungsempfehlung in der Form eines einseitigen Lenkradrüttelns. In diesem Zusammenhang bedeutet "einseitig", dass das auf das Lenkrad ausgeübte Drehmoment vorwiegend in der Richtung wirkt, in die das Fahrzeug im Zuge des Ausweichmanövers gelenkt werden sollte. Die Drehmomentimpulse, die das Lenkradrütteln verursachen, können dabei in der Weise asymmetrisch gestaltet sein, dass dem Fahrer die empfohlene Lenkrichtung weiter verdeutlicht wird.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird die vom Fahrer manuell auf das Lenkrad ausgeübte Gegenreaktion gemessen, beispielsweise durch direkte Messung des Gegendrehmoments oder indirekt durch Messung des Lenkwinkels oder der Lenkwinkelgeschwindigkeit. Auf die Weise lässt sich beispielsweise feststellen, dass der Fahrer die Hände nicht am Lenkrad hat (Gegendrehmoment null). In dem Fall ginge die haptische Handlungsempfehlung ins Leere und sollte abgebrochen werden. Stattdessen sollte unmittelbar mit der zweiten Phase, also der Regelung auf die Ausweichtrajektorie begonnen werden. Wenn das gemessene Gegendrehmoment nicht null ist, gibt es Auskunft über die Reaktion des Fahrers. Ein hohes Gegendrehmoment deutet auf die Intention des Fahrers hin, das Ausweichmanöver zu verhindern oder in der entgegengesetzten Richtung auszuweichen. Wenn das Gegendrehmoment einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, sollte deshalb das Ausweichmanöver vollständig abgebrochen werden. Umgekehrt kann ein geringes oder schwächer werdendes Gegendrehmoment darauf hindeuten, dass der Fahrer das Ausweichmanöver unterstützen oder zulassen will. In dem Fall kann, wenn das Gegendrehmoment und/oder dessen Änderungsrate bestimmte Schwellenwerte unterschreiten, vorzeitig in die zweite Phase übergegangen werden. Weiterhin besteht die vorteilhafte Möglichkeit, die Amplitude, Frequenz und/oder Wellenform des Lenkradrüttelns auf der Grundlage des gemessenen Gegendrehmoments anzupassen.
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In einer abgewandelten Ausführungsform geht der eigentlichen Handlungsempfehlung (dem Lenkradrütteln) ein Drehmomentimpuls voraus, der in erster Linie dazu dient, die vom Fahrer ausgeübte Gegenreaktion zu messen, so dass dann auf dieser Grundlage über die Ausgestaltung der Handlungsempfehlung oder über den Übergang von der ersten Phase in die zweite Phase oder den vollständigen Abbruch des Ausweichmanövers entschieden werden kann.
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Die Planung der Ausweichtrajektorie beim Übergang in die zweite Phase erfolgt vorzugsweise auf der Grundlage der dynamischen Ist-Daten des Fahrzeugs zu dem Zeitpunkt, an dem die zweite Phase beginnt. Auf diese Weise können die in der ersten Phase eingetretenen Änderungen der Fahrdynamik bereits bei der Planung berücksichtigt werden.
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Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel anhand der Zeichnung näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 ein Blockdiagramm eines erfindungsgemäßen Ausweichassistenten;
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2 ein Diagramm, das den zeitlichen Verlauf eines Lenkdrehmoments bei einem Ausweichmanöver mit dem erfindungsgemäßen Ausweichassistenten beschreibt;
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3 ein Diagramm analog zu 2, für ein abgewandeltes Ausführungsbeispiel;
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4 ein Diagramm, das den zeitlichen Verlauf eines Gierwinkels bei einem Ausweichmanöver mit dem erfindungsgemäßen Ausweichassistenten beschreibt;
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5 ein Diagramm eines Ausweichmanövers; und
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6 ein Flussdiagramm zur Erläuterung der Erfindung.
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Der in 1 als Blockdiagramm dargestellte Ausweichassistent umfasst ein sensorisches System 10, ein aktorisches System 12 und eine elektronische Steuereinrichtung 14, beispielsweise in der Form eines oder mehrerer Mikroprozessoren, die die vom sensorischen System 10 gelieferten Daten auswertet und verarbeitet und als Ergebnis dieser Verarbeitung Befehle an das aktorische System 12 ausgibt.
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Das sensorische System 10 umfasst einerseits Sensorkomponenten, die den dynamischen Zustand des eigenen Fahrzeugs erfassen, also beispielsweise dessen Geschwindigkeit, Beschleunigung, Lenkwinkelgeschwindigkeit, Giergeschwindigkeit, Getriebezustand, Schlupf der Antriebsräder und dergleichen. Weiterhin umfasst das sensorische System 10 Sensorkomponenten, die das Umfeld des Fahrzeugs erfassen, beispielsweise Videosysteme mit zugehöriger elektronischer Bildverarbeitung, Radarsensoren, Ultraschallsensoren und dergleichen. Im weiteren Sinne können zum sensorischen System 10 auch Informationsquellen gerechnet werden, die in anderer Weise Informationen über das Verkehrsumfeld und insbesondere die Verkehrsinfrastruktur bereitstellen, beispielsweise Daten eines Navigationssystems oder gespeicherter Karten.
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In der Steuereinrichtung 14 ist eine Notausweichfunktion 16 implementiert, die in bekannter Weise anhand der vom sensorischen System 10 gelieferten Daten die aktuelle Verkehrssituation bewertet und eine Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug oder einem sonstigen Hindernis berechnet. Wenn diese Wahrscheinlichkeit einen bestimmten Wert erreicht, gibt die Notausweichfunktion 16 Befehle an das aktorische System 12 aus, um ein Notausweichmanöver auszulösen, zunächst durch einen entsprechende Hinweis an den Fahrer und unter bestimmten Bedingungen auch durch aktiven Eingriff in die Dynamik des Fahrzeugs.
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Das aktorische System 12 umfasst einen Lenkungsaktuator S, der beispielsweise ein Lenkdrehmoment erzeugt, das zusätzlich zu dem vom Fahrzeugführer ausgeübten Lenkdrehmoment auf die Lenkwelle des Fahrzeugs wirkt. Da das vom Lenkungsaktuator ausgeübte Drehmoment in beiden Richtungen durch Grenzwerte beschränkt ist, kann der Fahrer den vom aktorischen System 12 bewirkten Lenkeingriff übersteuern, indem er von Hand über das Lenkrad SW ein eigenes (gleichsinniges oder gegensinniges) Lenkdrehmoment ausübt. Dieses vom Fahrer ausgeübte Drehmoment soll im folgenden als Gegendrehmoment R bezeichnet werden.
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Alternativ oder zusätzlich kann das aktorische System auch eine sogenannte Aktivlenkung SA aufweisen, die unabhängig von der Stellung des Lenkrads einen Lenkwinkel einstellt. Als Lenkwinkel der Fahrzeugräder ergibt sich dann letztlich ein Winkel, der einer Überlagerung des von der Aktivlenkung eingestellten Lenkwinkels und des vom Fahrzeugführer von Hand über das Lenkrad eingestellten Lenkwinkels entspricht. In diesem Fall kann der Fahrer also das aktorische System 12 übersteuern, indem er über das Lenkrad einen größeren oder kleineren Lenkwinkel oder gar einen Lenkwinkel in der entgegengesetzten Richtung einstellt.
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In diesem Beispiel weist das aktorische System 12 weiterhin einen Bremsaktuator auf, der hier durch zwei Subsysteme repräsentiert wird, nämlich einen Bremsaktuator BL für das linke Vorder- und/oder Hinterrad des Fahrzeugs und einen Bremsaktuator BR für das rechte Vorder- und/oder Hinterrad.
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Die Notausweichfunktion 16 gliedert sich funktionell in eine Bewertungsinstanz 18, eine Empfehlungsinstanz 20, eine Planungsinstanz 22 und einen Querdynamikregler CY. Der Vollständigkeit halber ist hier außerdem ein optionaler Längsdynamikregler CV gezeigt, mit dem zusätzlich zu einem Ausweichmanöver oder anstelle desselben ein Notbremsmanöver ausgeführt werden kann.
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Anhand der vom sensorischen System 10 gelieferten Daten, insbesondere anhand der Ortungsdaten eines vorn im Fahrzeug eingebauten Radarsensors, bewertet die Bewertungsinstanz 18 fortlaufend die Gefahr einer Kollision des eigenen Fahrzeugs mit einem Hindernis. Wenn die Kollisionsgefahr ein Ausmaß erreicht hat, das ein Eingreifen in der Form eines Ausweichmanövers als erforderlich erscheinen lässt, veranlasst die Bewertungsinstanz 18 die Empfehlungsinstanz 20, eine Lenkempfehlung für ein Ausweichmanöver an den Fahrer auszugeben.
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Anhand der Ortungs- und Umgebungsdaten bestimmt die Empfehlungsinstanz 20 zunächst nur die Richtung, in welcher ein Ausweichmanöver zu erfolgen hätte (nach rechts oder nach links). Die Empfehlungsinstanz 20 gibt dann an den Lenkungsaktuator S den Befehl aus, ein in dieser Richtung wirkendes Drehmoment T auf die Lenkwelle und damit auf das Lenkrad SW auszuüben. Sofern der Fahrer die Hände am Lenkrad hat, spürt er dieses Drehmoment. Die Stärke des Drehmoments ist impulsförmig moduliert, so dass der Fahrer darüber hinaus ein gewisses Rütteln des Lenkrads spürt. Dadurch wird dem Fahrer signalisiert, dass das Drehmoment nicht etwa auf ein unerwünschtes Eigenlenkverhalten des Fahrzeugs zurückzuführen ist (geplatzter Reifen oder dergleichen), sondern dass es sich um einen aktiven Eingriff des Ausweichassistenten handelt.
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Wenn eine vorgegebene Übergangsbedingung erfüllt ist, spätestens jedoch nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne oder nachdem das Fahrzeug eine bestimmte Wegstrecke zurückgelegt hat, beginnt eine zweite Phase des Ausweichmanövers. In dieser Phase werden die Daten des sensorischen Systems 10 an die Planungsinstanz 22 weitergegeben, die auf der Grundlage der aktuellen Ortungsdaten und der aktuellen dynamischen Daten des eigenen Fahrzeugs eine Ausweichtrajektorie berechnet und den Querdynamikregler CY so ansteuert, dass das Fahrzeug auf der berechneten Ausweichtrajektorie gehalten wird. Sofern das Fahrzeug eine Aktivlenkung SA aufweist, können die entsprechenden Lenkeingriffe über diese Aktivlenkung erfolgen. Andernfalls erfolgen sie über den Lenkungsaktuator S. Alternativ oder ergänzend kann der Querdynamikregler CY auch auf die Bremsaktuatoren BL und BR einwirken, um die Querdynamik durch asymmetrisches Bremsen zu beeinflussen.
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Die Planungsinstanz 22 plant nicht nur die Querdynamik, sondern auch die Längsdynamik des Fahrzeugs auf der Ausweichtrajektorie. Falls die aktuelle Geschwindigkeit des Fahrzeugs so hoch ist, dass ein Ausweichen unter Aufrechterhaltung der Fahrstabilität nicht möglich wäre, veranlasst die Planungsinstanz 22 den Längsdynamikregler, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs vor und/oder beim Durchfahren der Ausweichtrajektorie geeignet anzupassen. Ebenso kann die Geschwindigkeit des Fahrzeugs verringert werden, falls sich die Kollision trotz des Lenkmanövers nicht abwenden lässt.
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Im folgenden soll als Beispiel angenommen werden, dass der Querdynamikregler CY ausschließlich über den Lenkungsaktuator S auf die Querdynamik einwirkt. In 2 zeigt eine Kurve 24 das vom dem Lenkungsaktuator S auf die Lenkwelle ausgeübte Drehmoment T als Funktion der Zeit t. Der Zeitpunkt, an dem die Bewertungsinstanz 18 die Notwendigkeit eines Ausweichmanövers erkennt, ist mit t1 bezeichnet. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die erste Phase des Ausweichmanövers, in der die Empfehlungsinstanz 20 bewirkt, dass ein bestimmtes Drehmoment auf die Lenkwelle ausgeübt wird. Diesem Drehmoment ist eine impulsförmige Modulation überlagert, die zu einem vom Fahrer wahrnehmbaren Rütteln des Lenkrads führt.
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Zu einem Zeitpunkt t2 erfolgt dann der Übergang in die zweite Phase, in der eine Ausweichtrajektorie berechnet und der Lenkungsaktuator S so gesteuert wird, dass das Fahrzeug auf der Ausweichtrajektorie gehalten wird.
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Wie 1 zeigt, erhält die Empfehlungsinstanz 20 vom Lenkungsaktuator S eine Rückmeldung in der Form eines Signals, das die Stärke des vom Fahrer von Hand auf das Lenkrad SW ausgeübten Gegendrehmoments R angibt. Wenn dieses Gegendrehmoment den Wert null hat, so bedeutet dies, dass der Fahrer die Hände nicht am Lenkrad hat (andernfalls würde zumindest das Rütteln des Lenkrads ein gewisses Gegendrehmoment verursachen). In dem Fall wird die erste Phase (Empfehlungsphase) des Ausweichmanövers abgebrochen, und es wird vorzugsweise unmittelbar die zweite Phase eingeleitet, in der die Längs- und Querdynamik entsprechend der Ausweichtrajektorie geregelt wird.
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Falls der Fahrer die Hände am Lenkrad hat und aus irgendwelchen Gründen den Ausweichassistenten übersteuern möchte, also nicht das vorgesehene Ausweichmanöver durchführen möchte, wird er ein großes Gegendrehmoment auf das Lenkrad ausüben, um das Lenkrad in der Neutralstellung zu halten. Wenn dieses Gegendrehmoment eine bestimmte Höhe erreicht, veranlasst dies die Empfehlungsinstanz 20, das Ausweichmanöver vollständig abzubrechen, und es wird allenfalls noch ein Notbremsmanöver ausgelöst oder fortgesetzt.
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Im allgemeinen wird der Fahrer, wenn er die Hände am Lenkrad hat, ab dem Zeitpunkt t1 eine gewisse Zeit benötigen, bis er die Lenkempfehlung wahrnimmt und interpretiert, bis er z. B. selbst die Notwendigkeit eines Ausweichmanövers erkennt und sich entschließt, dieses Ausweichmanöver zuzulassen oder aktiv zu unterstützen. Das gemessene Gegendrehmoment wird dann in Lauf der Empfehlungsphase abnehmen und ggf. sogar das Vorzeichen wechseln, falls der Fahrer einen stärkeren Lenkeinschlag wünscht. Wahlweise kann die Empfehlungsinstanz 20 diese Information nutzen, um unmittelbar in die zweite Phase überzugehen, in der durch die Planungsinstanz 22 die Ausweichtrajektorie berechnet wird und das Fahrzeug durch den Querdynamikregler CY auf dieser Ausweichtrajektorie gehalten wird.
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Weiterhin kann das gemessene Gegendrehmoment dazu benutzt werden, die Modulation des von der Empfehlungsinstanz 20 befohlenen Drehmoments T zu verändern.
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3 illustriert ein abgewandeltes Ausführungsbeispiel, bei dem die erste Phase (Empfehlungsphase) mit einem kurzen Drehmomentimpuls Tp (mit geeigneter gewählter Impulsform) beginnt, der in erster Linie dazu dient, das vom Fahrer ausgeübte Gegendrehmoment R zu messen, also insbesondere festzustellen, ob der Fahrer die Hände am Lenkrad hat. Auch in diesem Fall wird dann anhand des gemessenen Gegendrehmoments R die Modulation des vom Lenkungsaktuator S erzeugten Drehmoments bestimmt, dass die Funktion einer haptischen Lenkempfehlung hat.
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Für das in 2 oder 3 illustrierte Ausweichmanöver wird in 4 durch eine Kurve 26 der Gierwinkel ∧ des Fahrzeugs als Funktion der Zeit t angegeben. Da in diesem Beispiel die Handlungsempfehlung in der Form eines auf die Lenkwelle wirkenden Drehmoments gegeben wird, kommt es ab dem Zeitpunkt t1 zu einem Lenkeinschlag und damit zu einer Zunahme des Gierwinkels, sofern der Fahrer nicht so stark gegenlenkt, dass er das Lenkrad in der Neutralstellung hält. Der Anstieg des Gierwinkels Ω ist in 4 als linearer Anstieg dargestellt (die Auswirkungen der impulsförmigen Modulation des Lenkdrehmoments werden vernachlässigt).
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Während der ersten Phase des Ausweichmanövers wird der aktuelle Gierwinkel Ω des Fahrzeugs fortlaufend gemessen und mit einem Schwellenwert σ verglichen. Die oben erwähnte Übergangsbedingung besteht in diesem Fall darin, dass der Gierwinkel den Schwellenwert σ erreicht (zum Zeitpunkt t2). Da der Lenkeinschlag und damit der Gierwinkel Ω nicht nur von dem Drehmoment T abhängig ist, das vom Lenkungsaktuator S erzeugt wird, sondern auch von dem Gegendrehmoment R, das der Fahrer auf das Lenkrad ausübt, würde der Gierwinkel den Schwellenwert σ nicht erreichen, wenn der Fahrer gegenlenken würde, um das Ausweichmanöver zu unterbinden. Der Umstand, dass der Gierwinkel den Schwellenwert erreicht, ist deshalb auch ein Indiz dafür, dass der Fahrer bereit ist, das Ausweichmanöver zuzulassen und der Lenkempfehlung zu folgen. Ab dem Zeitpunkt t2 wird deshalb im allgemeinen nicht mehr damit zu rechnen sein, dass der Fahrer durch eigene Lenkeingriffe die Regelung der Querdynamik auf die Ausweichtrajektorie stören wird.
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Falls der Schwellenwert σ nach einer gewissen maximalen Zeitspanne noch nicht erreicht ist, bedeutet dies, dass der Fahrer der Ausweichempfehlung nicht folgen will, und das Ausweichmanöver wird vollständig abgebrochen.
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In 5 ist ein Grundriss eines Fahrzeugs 28 gezeigt (im folgenden als das "eigene Fahrzeug" bezeichnet), das den erfindungsgemäßen Ausweichassistenten aufweist. Das sensorische System 10 wird durch ein schematisiertes Bild eines Radarsensors symbolisiert. Vor dem eigenen Fahrzeug 28 fährt ein weiteres Fahrzeug 30, das plötzlich bremst und so zu einem Hindernis wird, das ein Ausweichmanöver erforderlich macht. Eine Linie in 5 markiert die Position des eigenen Fahrzeugs 28 zum Zeitpunkt t1, an dem die Notwendigkeit des Ausweichmanövers erkannt wird und die erste Phase (Empfehlungsphase) des Ausweichmanövers beginnt. Das in dieser Phase vom Lenkungsaktuator S erzeugte Drehmoment bewirkt eine allmähliche Zunahme des Gierwinkels. Der Gierwinkel kann beispielsweise gemessen werden, indem die mit Trägheitssensoren messbare Gierwinkelgeschwindigkeit aufintegriert wird. Zum Zeitpunkt t2 hat dieser Gierwinkel auf den Schwellenwert σ zugenommen, und die Planungsinstanz 22 berechnet eine Ausweichtrajektorie 32. Für die Berechnung dieser Ausweichtrajektorie wird der tatsächliche Gierwinkel σ zugrunde gelegt, den das Fahrzeug zum Zeitpunkt t2 hat.
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In der Phase zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 erfolgt noch keine Regelung auf eine bestimmte Ausweichtrajektorie, sondern der Kurs des Fahrzeugs 28 wird allein durch das als Lenkempfehlung dienende Drehmoment T des Lenkungsaktuators S und das vom Fahrer von Hand ausgeübte Gegendrehmoment R bestimmt. Erst wenn zum Zeitpunkt t2 feststeht, dass der Fahrer den Vorgaben des Ausweichassistenten folgen will, erfolgt die Berechnung der Ausweichtrajektorie 32 und eine entsprechende Regelung der Querdynamik. Da ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Störungen durch den Fahrer zu rechnen ist, wird die Stabilität der Regelung und damit auch die dynamische Stabilität des eigenen Fahrzeugs wesentlich verbessert.
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Die wesentlichen Funktionen des hier beschriebenen Ausweichassistenten sind in 6 in einem Flussdiagramm dargestellt.
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In einem Schritt S1 wird von der Bewertungsinstanz 18 geprüft, ob akute Kollisionsgefahr besteht, d.h., ob ein Ausweichmanöver und/oder ein Bremsmanöver erforderlich ist oder nicht. Solange dies nicht der Fall ist (N) wird der Schritt S1 zyklisch wiederholt. Wenn Kollisionsgefahr besteht (J), wird in Schritt S2 anhand der Daten des sensorischen Systems (Kamera und/oder Radarsensor) geprüft, ob ein Ausweichmanöver möglich ist. Falls das nicht der Fall ist (N), beispielsweise weil die Nebenspur ebenfalls blockiert ist, wird unverzüglich (also schon zum Zeitpunkt t1) in Schritt S3 ein Notbremsmanöver eingeleitet. Wenn dagegen ein Ausweichmanöver mit Eingriff in die Querdynamik möglich ist, so wird in Schritt S4 zum Zeitpunkt t1 die erste Phase das Ausweichmanövers eingeleitet, d.h., es wird die haptische Lenkempfehlung an den Fahrer ausgegeben.
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Wahlweise können die Schritte S1 und S2 auch in umgekehrter Reihenfolge durchgeführt werden.
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In Schritt S5 wird fortlaufend geprüft, ob die Übergangsbedingung (z. B. Ω ≥ σ) erfüllt ist. Wenn das der Fall ist (J) wird in Schritt S6 die zweite Phase des Ausweichmanövers durchgeführt, und die Querdynamik wird entsprechend der Ausweichtrajektorie 32 geregelt. Wenn dagegen die Übergangsbedingung auch nach Ablauf der maximal zugelassenen Zeitspanne noch nicht erfüllt ist (N), wird in Schritt S7 das Ausweichmanöver abgebrochen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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