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Die Erfindung betrifft einen Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeuges sowie ein Fahrzeug.
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Es ist bei Fahrzeugen aus dem Stand der Technik bekannt, ein Umschalten von einem teilautomatisierten Betrieb mit einem Fahrassistenzsystem zu einem autonomen Fahren zu ermöglichen. Dabei ist es häufig vorgesehen, dass das autonome Fahrsystem ab einem bestimmten Aktivierungspunkt die Lenkung des Fahrzeuges vollständig übernimmt. In diesem Fall erhält der Fahrer jedoch normalerweise keine haptische Rückmeldung mehr, ob die Lenkungsbewegungen des Fahrzeuges seinen Erwartungen entspricht. Weiterhin kann es insbesondere im Aktivierungspunkt zu Unstetigkeiten im Lenkgefühl oder in der Bewegung des Fahrzeuges kommen, wenn der vom Fahrsystem vorgegebene Soll-Lenkwinkel nicht dem durch das Lenkrad bestimmten Lenkwinkel entspricht.
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Um einen Übergang zweier Betriebsmodi für einen menschlichen Fahrer transparenter zu gestalten, ist es bekannt, den Beitrag des Fahrers zur tatsächlichen Lenkung stufenweise zu reduzieren. Aus der
DE 10 2017 116 634 A1 ist es beispielsweise bekannt, einen Übergang zweier Betriebsmodi eines Fahrzeuges über Kalibrierungsfaktoren zu gestalten. Die Kalibrierungsfaktoren basieren dabei jedoch auf tabellarischen Datenbanken, wodurch nur eine schrittweise Kompensation des durch den Fahrer initiierten Lenkdrehmomentes möglich ist.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, voranstehende, aus dem Stand der Technik bekannte Nachteile zumindest teilweise zu beheben. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Zusammenwirken eines Fahrers eines Fahrzeuges und eines zumindest teilweise automatisierten Lenkens des Fahrzeuges zu verbessern.
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Die voranstehende Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 10. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Fahrzeug und jeweils umgekehrt, so dass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird bzw. werden kann.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung ist ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeuges vorgesehen. Das Fahrzeug weist eine Lenkeinheit zum Lenken des Fahrzeuges entlang einer Bewegungsrichtung auf. Weiterhin umfasst das Verfahren die folgenden Schritte:
- - Erkennen einer Aktivität eines Fahrers an einer Fahrerschnittstelle,
- - Ermitteln einer manuellen Lenkintention zum Beeinflussen der Bewegungsrichtung durch den Fahrer in Abhängigkeit von der Aktivität des Fahrers,
- - Bestimmen einer automatischen Lenkvorgabe zum Beeinflussen der Bewegungsrichtung in Abhängigkeit von einer aktuellen Fahrsituation,
- - Bestimmen eines Soll-Wertes zur Ansteuerung der Lenkeinheit durch eine Kennfunktion in Abhängigkeit der Lenkintention, der Lenkvorgabe und einem variablen Haptikfaktor zur Gewichtung der Lenkvorgabe und der Lenkintention,
- - Ansteuern zumindest der Lenkeinheit in Abhängigkeit von dem Soll-Wert.
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Bei dem Fahrzeug kann es sich vorzugsweise um Kraftfahrzeug, z.B. in Form eines Elektrofahrzeuges, handeln. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass das Fahrzeug ein Luftfahrzeug ist. Die Lenkeinheit kann beispielsweise ein Lenkgetriebe und eine Spurstange umfassen, um dem Fahrzeug die Bewegungsrichtung vorgeben zu können. Die Bewegungsrichtung kann insbesondere auch als Fahrtrichtung bezeichnet werden. Somit kann das Ansteuern der Lenkeinheit insbesondere eine Spurregelung des Fahrzeuges umfassen.
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Die Fahrerschnittstelle ist insbesondere dazu ausgebildet, Steuerbefehle des Fahrers zu erkennen und an das Fahrzeug zu übermitteln. Die Fahrerschnittstelle kann z.B. um ein Lenkrad aufweisen. Bei der Aktivität kann es sich vorzugsweise um eine statische oder dynamische Aktivität des Fahrers handeln. Es ist denkbar, dass die Aktivität des Fahrers ein Berühren der Fahrerschnittstelle und/oder ein Drehmoment und/oder einen Stellweg umfasst. Beispielsweise kann beim Erkennen der Aktivität eine Präsenz oder ein Kontakt des Fahrers an der Fahrerschnittstelle erfasst werden. Es ist jedoch ebenso denkbar, dass beim Erkennen der Aktivität ein Betätigen der Fahrerschnittstelle erkannt wird. Zum Ermitteln der manuellen Lenkintention in Abhängigkeit von der Aktivität kann ein vom Fahrer in die Fahrerschnittstelle eingebrachtes Drehmoment oder ein vom Fahrer in die Fahrerschnittstelle eingebrachter Stellweg verarbeitet werden, um die Lenkintention zu ermitteln. Bei dem Stellweg kann es sich z.B. um einen Drehwinkel eines Lenkrades handeln. Dazu kann die Fahrerschnittstelle eine Sensorik zum Erfassen der Aktivität des Fahrers aufweisen.
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Die automatische Lenkvorgabe kann insbesondere durch ein Fahrassistenzsystem, beispielsweise in Form eines Lenkassistenten, bestimmt werden. Die Fahrsituation kann z.B. durch eine Umgebungssensorik des Fahrzeuges erfasst werden, um die Lenkvorgabe in Abhängigkeit von Umgebungs- und/oder Umweltbedingungen zu bestimmen.
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Beim Bestimmen des Soll-Wertes können somit sowohl die Lenkvorgabe des Fahrers, als auch die Lenkintention des Fahrassistenzsystems berücksichtigbar sein. Bei dem Haptikfaktor kann es sich insbesondere um einen Gewichtungsfaktor handeln. Dadurch, dass der Haptikfaktor variabel ist, kann ein Vorrang der Lenkvorgabe vor der Lenkintention oder umgekehrt dynamisch vorgebbar sein. Insbesondere kann der Haptikfaktor zwischen 0 und 1 oder zwischen 0 und 100 Prozent liegen. Somit kann der Haptikfaktor einen Anteil abbilden, mit welchem die Lenkvorgabe oder die Lenkintention beim Bestimmen des Soll-Wertes berücksichtigt wird. Beispielsweise kann der Haptikfaktor mit der Lenkintention oder der Lenkvorgabe multipliziert werden, um die Gewichtung vorzunehmen. Der Haptikfaktor kann z.B. in Abhängigkeit von einem Fahrerwunsch, einem Fahrmodus und/oder der Fahrsituation festgelegt werden.
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Bei der Kennfunktion kann es sich insbesondere um eine analytische und/oder stufenlose Funktion handeln. Insbesondere kann die Kennfunktion Teil eines Reglermoduls zum Ansteuern der Lenkeinheit sein. Bei dem Soll-Wert kann es sich vorzugsweise um einen Regelungswert handeln, um welchen die Lenkeinheit verstellt wird, um das Fahrzeug zu lenken. Insbesondere kann der Soll-Wert ein Ausgangssignal eines Positionsreglers der Lenkeinheit, vorzugsweise in Form einer Verstellung einer Spurstange des Fahrzeuges oder einer Soll-Position der Spurstange, umfassen. Es ist ferner denkbar, dass der Soll-Wert eine Kräftesumme und/oder Momentensumme umfasst. Ferner ist es denkbar, dass der Soll-Wert einen Radlenkwinkel, einen Lenkradwinkel, eine Rotorlage eines Lenkunterstützungsmotors einer Lenkunterstützung und/oder dergleichen umfasst oder in eine der Größen umgerechnet wird. Vorzugsweise kann durch die Kennfunktion mit dem Haptikfaktor eine Übersetzung zwischen einer Bewegung der Fahrerschnittstelle und der Lenkeinheit stufenlos variierbar sein.
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Somit ist es durch das erfindungsgemäße Verfahren vorzugsweise möglich, eine stufenlose Kompensation der Lenkintention gegenüber dem Soll-Wert vorzunehmen. Insbesondere ist durch die Kennfunktion eine hohe Genauigkeit bei der Lenkung bzw. der Spurführung des Fahrzeuges ermöglicht, während der Fahrer durch gewichtbare Eingriffe über die Lenkintention sich an die Lenkvorgaben des Fahrassistenzsystems gewöhnen kann. Durch den variablen Haptikfaktor kann der Einfluss des Fahrassistenzsystems begrenzt sein. Insbesondere kann die Lenkvorgabe jederzeit durch die Lenkintention übersteuerbar sein.
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Ferner kann bei einem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass durch den Haptikfaktor ein Übergang von einem teilweise automatisierten Lenkmodus, in welchem die Lenkintention und die Lenkvorgabe beim Bestimmen des Soll-Wertes berücksichtigt werden, zu einem autonomen Lenkmodus, in welchem die Lenkintention unberücksichtigt bleibt, abgebildet wird. Beim Übergang kann der Haptikfaktor variiert werden, um den Einfluss der Lenkvorgabe auf den Soll-Wert zu erhöhen und dadurch den insbesondere fließend zu gestalten. Durch die Berücksichtigung des Haptikfaktors beim Bestimmen des Soll-Wertes kann im teilweise automatisierten Lenkmodus und im autonomen Lenkmodus der gleiche Positionsregler zum Ansteuern der Lenkeinheit eingesetzt werden. Im autonomen Lenkmodus kann vorgesehen sein, dass die Lenkintention insbesondere rechnerisch durch den Haptikfaktor beim Bestimmen des Soll-Wertes eliminiert wird. Weiterhin ist es denkbar, dass ein manueller Lenkmodus vorgesehen ist, in welchem die Lenkvorgabe unberücksichtigt bleibt und/oder nicht vorgegeben wird. Dabei kann vorgesehen sein, dass der teilweise autonome Lenkmodus eine Übergangsfunktion vom manuellen Lenkmodus zum autonomen Lenkmodus bildet, die vorzugsweise durch den Fahrer aktiviert werden kann.
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Ferner kann bei einem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass die Fahrerschnittstelle nach dem Übergang in den autonomen Lenkmodus in einem Signalisierungsbetrieb zur optischen und/oder haptischen Rückmeldung angesteuert wird. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass ein Lenkrad durch eine angesteuerte Lenkbewegung eine optische und/oder haptische Rückmeldung über eine Radstellung des Fahrzeuges und/oder über die Bewegungsrichtung des Fahrzeuges gibt. Dadurch kann eine Akzeptanz des Fahrers des autonomen Lenkmodus gesteigert sein. Es kann vorgesehen sein, dass der Signalisierungsbetrieb erst dann aktiviert wird, wenn eine Berührung der Lenkeinheit durch den Fahrer detektiert wird.
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Weiterhin ist es bei einem erfindungsgemäßen Verfahren denkbar, dass beim Übergang vom teilweise automatisierten Lenkmodus zum autonomen Lenkmodus ein Abschluss des Übergangs bis zu einem Loslassen der Fahrerschnittstelle durch den Fahrer oder bis zu einem Entfernen des Fahrers von der Fahrerschnittstelle verhindert wird. Das Loslassen der Fahrerschnittstelle und/oder das Entfernen von der Fahrerschnittstelle kann als Bestätigung des autonomen Lenkmodus interpretiert werden. Beispielsweise kann beim Abschluss des Übergangs der Haptikfaktor derart festgelegt werden, dass die Lenkintention beim Bestimmen des Soll-Wertes unberücksichtigt bleibt. Dadurch kann das Vertrauen des Fahrers in das Fahrzeug gesteigert werden, wenn der Fahrer bis zur Freigabe eine zumindest anteilige Kontrolle über das Lenken des Fahrzeuges behält.
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Es ist ferner bei einem erfindungsgemäßen Verfahren denkbar, dass beim Erkennen der Aktivität eine Präsenz oder ein Kontakt des Fahrers an der Fahrerschnittstelle kapazitiv erkannt wird. Dazu kann die Fahrerschnittstelle einen kapazitiven Sensor zum Erkennen der Präsenz oder des Kontaktes des Fahrers an der Fahrerschnittstelle aufweisen. Durch die kapazitive Erkennung kann zuverlässig sichergestellt sein, dass der Fahrer tatsächlich auf die Fahrerschnittstelle einwirken möchte, um die Lenkintention vorzugeben. Weiterhin kann dadurch z.B. das Loslassen der Fahrerschnittstelle durch den Fahrer kapazitiv erkannt werden. Dadurch kann z.B. ein umständliches, manuelles Umschalten an einer weiteren Benutzerschnittstelle im Fahrzeug entfallen, wenn der Fahrer in das Lenken des Fahrzeuges eingreifen möchte oder den autonomen Fahrmodus freigeben möchte.
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Es ist ferner bei einem erfindungsgemäßen Verfahren denkbar, dass ein Ansteuern der Fahrerschnittstelle in Abhängigkeit von einem Differenzsignal zur Abbildung einer Differenz zwischen der Lenkvorgabe und der Lenkintention und/oder in Abhängigkeit von dem Soll-Wert erfolgt. Insbesondere wird die Fahrerschnittstelle zur Rückmeldung an den Fahrer in Abhängigkeit von dem Differenzsignal im teilweise automatisierten Lenkmodus angesteuert. Dadurch kann dem Fahrer eine haptische Rückmeldung über die Lenkvorgabe oder den Einfluss der Lenkvorgabe gegeben werden, so dass der Fahrer beispielsweise intuitiver entscheiden kann, ob eine Übersteuerung der Lenkvorgabe durch die Lenkintention sinnvoll ist. Dabei kann ein Rückmeldungsfaktor oder eine Rückmeldungsfunktion vorgesehen sein, durch welchen oder durch welche der Soll-Wert für die Rückmeldung umgerechnet wird. Das Differenzsignal kann aus dem Soll-Wert oder unabhängig von dem Soll-Wert als Funktion vor Lenkvorgabe und der Lenkintention berechnet werden. Beispielsweise kann das Differenzsignal als Differenz der Lenkvorgabe und der Lenkintention berechnet werden. Insbesondere ist es dabei nicht notwendig, dass eine mechanische Verbindung zwischen der Lenkeinheit und der Fahrerschnittstelle besteht.
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Ferner kann bei einem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass das Bestimmen des Soll-Wertes und/oder das Ansteuern der Fahrerschnittstelle in Abhängigkeit von einem Rückkopplungsgrenzwert zum Limitieren einer erforderlichen Gegensteuerkraft des Fahrers erfolgt. Dadurch kann sichergestellt sein, dass die Lenkvorgabe jederzeit durch den Fahrer übersteuerbar ist. Der Rückkopplungsgrenzwert kann fest oder durch den Fahrer vorgegeben werden. Es kann vorgesehen sein, dass der Rückkopplungsgrenzwert in Abhängigkeit von einer Lenkunterstützung des Fahrzeuges festgelegt ist. Die erforderliche Gegensteuerkraft kann eine Kraft umfassen, welche der Fahrer aufwendet, um die automatische Lenkvorgabe zu übersteuern. Durch das Limitieren der Gegensteuerkraft kann das Vertrauen des Fahrers in das Fahrzeug verbessert werden, wenn der Fahrer nicht befürchtet, unbeabsichtigt die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren.
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Ferner kann bei einem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass die Lenkeinheit mechanisch von der Fahrerschnittstelle entkoppelt ist. Insbesondere können die Fahrerschnittstelle und die Lenkeinheit ein Steer-by-Wire-System bilden. Dadurch kann das Ansteuern der Fahrerschnittstelle separat, d.h. insbesondere mechanisch unabhängig, von dem Ansteuern der Lenkeinheit erfolgen. Beispielsweise kann im autonomen Fahrmodus eine Bewegung der Fahrerschnittstelle vollständig vermieden werden, wodurch z.B. zusätzlicher Raum für den Fahrer innerhalb des Fahrzeugs geschaffen werden kann, wenn die Fahrerschnittstelle verstaut bzw. eingefahren wird.
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Es ist ferner bei einem erfindungsgemäßen Verfahren denkbar, dass beim Bestimmen des Soll-Wertes eine Soll-Unterstützungskraft und/oder eine Kennlinie einer Lenkunterstützung berücksichtigt wird. Die Kennlinie kann insbesondere einen Verlauf der Soll-Unterstützungskraft in Abhängigkeit von der Aktivität des Fahrers und/oder in Abhängigkeit von der Fahrsituation abbilden. Insbesondere kann durch die Kennlinie und/oder die Soll-Unterstützungskraft eine Lenkkraft der Lenkeinheit, wie z.B. eine Zahnstangenkraft, zum Umsetzen des Soll-Wertes begrenzbar sein. Dadurch kann eine Übersteuerung an der Fahrerschnittstelle durch den Fahrer ermöglicht sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Fahrzeug vorgesehen. Das Fahrzeug weist eine Steuereinheit zum Ausführen eines erfindungsgemäßen Verfahrens auf.
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Somit bringt ein erfindungsgemäßes Fahrzeug die gleichen Vorteile mit sich, wie sie bereits ausführlich mit Bezug auf ein erfindungsgemäßes Verfahren beschrieben worden sind. Bei der Steuereinheit kann es sich insbesondere um ein zentrales oder dezentrales Steuergerät des Fahrzeuges handeln. Die Steuereinheit kann einen oder mehrere Prozessoren oder Mikroprozessoren umfassen. Es ist ferner denkbar, dass die Steuereinheit ein Fahrassistenzmodul zum Bestimmen der automatischen Lenkvorgabe, ein Sensormodul zum Ermitteln der Lenkintention und/oder zum Erkennen der Aktivität und/oder ein Haptikmodul zum Bestimmen des Soll-Wertes umfasst. Insbesondere weist das Fahrzeug eine Fahrerschnittstelle zum Erkennen einer Aktivität des Benutzers und eine Lenkeinheit zum Lenken des Fahrzeuges auf.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Dabei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein. Es zeigen schematisch:
- 1 ein erfindungsgemäßes Fahrzeug, das durch ein erfindungsgemäßes Verfahren betreibbar ist, in einem ersten Ausführungsbeispiel
- 2 ein Zusammenwirken einer Lenkeinheit und einer Fahrerschnittstelle des Fahrzeuges,
- 3 das Verfahren in schematischer Darstellung der Verfahrensschritte,
- 4 eine Steuereinheit des Fahrzeuges in schematischer Darstellung,
- 5 ein Ablauf eines Umschaltens zwischen verschiedenen Lenkmodi des Fahrzeuges.
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In der nachfolgenden Beschreibung zu einigen Ausführungsbeispielen der Erfindung werden für die gleichen technischen Merkmale auch in unterschiedlichen Ausführungsbeispielen die identischen Bezugszeichen verwendet.
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1 zeigt ein erfindungsgemäßes Fahrzeug 1 in einem ersten Ausführungsbeispiel. Dabei weist das Fahrzeug 1 eine Lenkeinheit 10 auf, durch welche eine Bewegungsrichtung 200 des Fahrzeuges 1 vorgegeben wird. In Abhängigkeit von einer Ansteuerung der Lenkeinheit 10 kann ein Bewegungskurs 201 des Fahrzeuges 1 beeinflusst werden. Weiterhin weist das Fahrzeug 1 eine Fahrerschnittstelle 20, insbesondere in Form eines Lenkrades, auf. Über eine Steuereinheit 2 des Fahrzeuges 1 stehen die Fahrerschnittstelle 20 und die Lenkeinheit 10 in Datenkommunikationsverbindung. 2 zeigt ein Zusammenwirken der Fahrerschnittstelle 20 und der Lenkeinheit 10, bei welchem die Fahrerschnittstelle 20 und die Lenkeinheit 10 mechanisch voneinander entkoppelt sind. Dabei bilden die Fahrerschnittstelle 20 und die Lenkeinheit 10 insbesondere ein Steer-by-Wire-System. Die Lenkeinheit 10 weist einen Lenkregler 11 auf, der durch die Steuereinheit 2 ansteuerbar ist, um die Bewegungsrichtung 200 zu beeinflussen und damit den Bewegungskurs 201 des Fahrzeuges 1 vorzugeben. Die Fahrerschnittstelle 20 weist einen Aktuator 21 auf, der mit der Steuereinheit 2 in Kommunikationsverbindung steht, um dem Fahrer des Fahrzeuges 1 eine optische und/oder haptische Rückmeldung durch die Ansteuerung des Lenkreglers 11 zu geben.
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3 zeigt ein erfindungsgemäßes Verfahren 100 zum Betreiben des Fahrzeuges 1. Dabei ist die Steuereinheit 2 dazu ausgebildet, das Verfahren 100 auszuführen. Vorzugsweise erfolgt beim Ausführen des Verfahrens 100 ein Übergang von einem teilweise automatisierten Lenkmodus I in einen autonomen, d.h. insbesondere vollautomatisierten, Lenkmodus II des Fahrzeuges 1. Insbesondere kann gemäß 5 ein Aktivieren 101.1 des autonomen Lenkmodus II durch den Fahrer in einem manuellen Lenkmodus III erfolgen, wodurch zunächst der teilweise automatisierte Lenkmodus I gestartet wird, um den Fahrer umzugewöhnen. Im manuellen Lenkmodus III des Fahrzeuges 1 kann vorgesehen sein, dass der Fahrer die Bewegungsrichtung 200 an der Fahrerschnittstelle 20 vollständig vorgibt. Vorzugsweise ist im autonomen Lenkmodus II ein Signalisierungsbetrieb 21.1 der Fahrerschnittstelle 20 vorgesehen, in welchem dem Fahrer über die Fahrerschnittstelle 20 die optische und/oder haptische Rückmeldung über die Lenkung des Fahrzeuges 1 gegeben wird. Dazu wird insbesondere ein Aktuator 21 der Fahrerschnittstelle 20 angesteuert.
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Das Verfahren 100 umfasst ein Erkennen 101 einer Aktivität 210 des Fahrers an der Fahrerschnittstelle 20. Dabei wird vorzugsweise kapazitiv an einem Eingabemittel 22 der Fahrerschnittstelle 20 eine Präsenz oder ein Kontakt des Fahrers detektiert. Insbesondere kann es sich bei dem Eingabemittel 22 um ein Lenkrad handeln. Weiterhin kann die Aktivität 210 des Fahrers ein Bedienen des Eingabemittels 22 umfassen. Beispielsweise kann der Fahrer das Eingabemittel 22 um einen Drehwinkel drehen und dadurch ein Drehmoment in die Fahrerschnittstelle 20 einbringen, um das Fahrzeug 1 zu lenken. Anhand der Aktivität 210 erfolgt daraufhin ein Ermitteln 102 einer manuellen Lenkintention 211 des Fahrers zum Beeinflussen der Bewegungsrichtung 200.
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Insbesondere gleichzeitig wird durch ein Fahrassistenzsystem 40 des Fahrzeugs 1 ein Bestimmen 103 einer automatischen Lenkvorgabe 220 zum Beeinflussen der Bewegungsrichtung 200 ausgeführt. Dazu wird eine Fahrumgebung des Fahrzeugs 1 überwacht, um eine aktuelle Fahrsituation zu erfassen. Dabei können ferner Fahrzeugparameter des Fahrzeugs 1, wie z.B. eine Fahrgeschwindigkeit, in die aktuelle Fahrsituation einfließen. Die automatische Lenkvorgabe 220 wird in Abhängigkeit von der aktuellen Fahrsituation durch das Fahrassistenzsystem 40 bestimmt.
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4 zeigt die Steuereinheit 2 des Fahrzeugs 1 in schematischer Darstellung einer Datenverarbeitung beim Ausführen des Verfahrens 100. Dabei kann vorgesehen sein, dass die Lenkvorgabe 220 als Soll-Position einer Zahnstange der Lenkeinheit 10 bestimmt wird. Anhand einer gemessenen Ist-Position 222 der Zahnstange kann eine Stellvorgabe 221 berechnet werden, welche insbesondere eine Änderung einer Zahnstangenposition in Abhängigkeit von der Lenkvorgabe 220, d.h. aus Sicht des Fahrassistenzsystems 40, umfasst.
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Weiterhin umfasst das Verfahren 100 ein Bestimmen 104 eines Soll-Wertes 230 zur Ansteuerung der Lenkeinheit 10 durch eine Kennfunktion 250 in Abhängigkeit von der manuellen Lenkintention 211 und der automatischen Lenkvorgabe 220. Dabei wird ferner ein variabler Haptikfaktor 223 durch die Kennfunktion 250 berücksichtigt, durch den die Lenkvorgabe 220 und die Lenkintention 211 gewichtet werden. Beispielsweise kann der Haptikfaktor 223 einen Wert zwischen 0 und 1 oder zwischen 0 Prozent und 100 Prozent umfassen. Beim Übergang vom teilweise automatisierten Lenkmodus I in den autonomen Lenkmodus II kann der Haptikfaktor 223 z. B. verändert werden, bis der Wert 1 oder 100 Prozent erreicht ist. Somit kann vorgesehen sein, dass die Lenkintention 211 im autonomen Lenkmodus II in Bezug auf den Soll-Wert 230 unberücksichtigt bleibt bzw. rechnerisch negiert wird. Dadurch hat das Fahrassistenzsystem 40 im autonomen Lenkmodus II die volle Kontrolle über die Lenkeinheit 10 des Fahrzeuges 1. Der Haptikfaktor 223 bildet somit einen Übergang vom teilweise automatisierten Lenkmodus I zum autonomen Lenkmodus II ab. Ein Abschluss des Übergangs vom teilweise automatisierten Lenkmodus I zum autonomen Lenkmodus II erfolgt vorzugsweise erst dann, wenn ein Loslassen 214 des Eingabemittels 22 durch den Fahrer an der Fahrerschnittstelle 20 detektiert wird. Dadurch kann der Fahrer den Abschluss des Übergangs vom teilweise automatisierten Lenkmodus I zum autonomen Lenkmodus II verhindern, wenn er vor Abgabe der vollständigen Lenkkontrolle über das Fahrzeug 1 z.B. weiter Vertrauen in das System sammeln möchte.
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Beim Bestimmen 104 des Soll-Wertes 230 wird ferner eine Kennlinie 212 einer Lenkunterstützung 30 berücksichtigt. Dadurch kann die Lenkvorgabe 220 und/oder die Lenkintention 211 mit einer hohen Genauigkeit berücksichtigt werden, insbesondere ohne dass sich der teilweise automatisierte und der autonome Lenkmodus I, II aus Sicht der Kennfunktion 250 unterscheiden. Weiterhin kann eine Soll-Unterstützungskraft 240 der Lenkunterstützung 30 mit einem Kennwert 251, der sich aus der Kennfunktion 250 in Abhängigkeit von zumindest der Lenkintention 211, der Lenkvorgabe 220 und dem Haptikfaktor 223 ergibt, verrechnet werden, um den Soll-Wert 230 zu bestimmen. Durch die Kennfunktion 250 kann beim Übergang vom teilweise automatisierten Lenkmodus I zum autonomen Lenkmodus II eine stufenlose Kompensation der Lenkintention 211 vorgenommen werden. Bei dem Soll-Wert 230 kann es sich vorzugsweise um eine Kräftesumme und/oder Momentensumme aus der Soll-Unterstützungskraft 240 und dem Kennwert 251 handeln.
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In Abhängigkeit vom dem Soll-Wert 230 erfolgt daraufhin ein Ansteuern 105.1 der Lenkeinheit 10. Vorzugsweise wird gleichzeitig ein Ansteuern 105.2 der Fahrerschnittstelle 20 in Abhängigkeit von einem Differenzsignal 241 zur Abbildung einer Differenz der Lenkvorgabe 220 und/oder in Abhängigkeit von dem Soll-Wert 230 durchgeführt. Insbesondere wenn die Fahrerschnittstelle 20 und die Lenkeinheit 10 mechanisch gekoppelt sind, können das Ansteuern 105.1 der Lenkeinheit 10 und das Ansteuern 105.2 der Fahrerschnittstelle 20 auch in einem gemeinsamen Ansteuern 105 erfolgen.
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Das Bestimmen 104 des Soll-Wertes 230 und/oder das Ansteuern 105.2 der Fahrerschnittstelle 20 kann ferner in Abhängigkeit von einem Rückkopplungsgrenzwert 213 zum Limitieren einer erforderlichen Gegensteuerkraft des Fahrers erfolgen. Dadurch kann sichergestellt sein, dass der Fahrer die Lenkvorgabe 220 zumindest im teilweise automatischen Lenkmodus I jederzeit die Fahrerschnittstelle 20 übersteuern kann, um die Kontrollhoheit über das Fahrzeug 1 zu behalten.
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Somit kann sich der Fahrer beim Übergang vom teilweise automatisierten Lenkmodus I in den autonomen Lenkmodus II an die Fahreigenschaften des Fahrassistenzsystems 40 gewöhnen, ohne die Kontrolle über das Fahrzeug 1 unmittelbar abzugeben. Gleichzeitig kann mittels der Kennfunktion 250 der gleiche Positionsregler im teilweise automatisierten Lenkmodus I und im autonomen Lenkmodus II verwendet werden, um den Soll-Wert 230 in eine tatsächliche Lenkbewegung des Fahrzeugs 1 umzusetzen. Über die stufenlose Berücksichtigung der Lenkintention 211 kann die Ansteuerung der Lenkeinheit 10 dabei zu jedem Zeitpunkt eine hohe Genauigkeit für die Bewegungsrichtung 201, d.h. insbesondere die Spurführung des Fahrzeugs 1, bereitstellen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Steuereinheit
- 10
- Lenkeinheit
- 11
- Lenkregler
- 20
- Fahrerschnittstelle
- 21
- Aktuator
- 21.1
- Signalisierungsbetrieb
- 22
- Eingabemittel
- 30
- Lenkunterstützung
- 40
- Fahrassistenzsystem
- 100
- Verfahren
- 101
- Erkennen von 210
- 101.1
- Aktivieren von II
- 102
- Ermitteln von 211
- 103
- Bestimmen von 220
- 104
- Bestimmen von 230
- 105
- Ansteuern von 10 und 20
- 105.1
- Ansteuern von 10
- 105.2
- Ansteuern von 20
- 200
- Bewegungsrichtung
- 201
- Bewegungskurs
- 210
- Aktivität
- 211
- Lenkintention
- 212
- Kennfunktion
- 213
- Rückkopplungsgrenzwert
- 214
- Loslassen
- 220
- Lenkvorgabe
- 221
- Stellvorgabe
- 222
- Ist-Wert
- 223
- Haptikfaktor
- 230
- Soll-Wert
- 240
- Soll-Unterstützungskraft
- 241
- Differenzsignal
- 250
- Kennfunktion
- 251
- Kennwert
- I
- teilweise automatisierter Lenkmodus
- II
- autonomer Lenkmodus
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102017116634 A1 [0003]