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Anwendungsgebiet
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Die Erfindung betrifft die Bestimmung von ortsaufgelösten Gewebezuständen aus ortsaufgelöst gemessenen Massenspektren eines Gewebeschnittes.
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Stand der Technik
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Die Histologie ist die Lehre von den menschlichen, tierischen und pflanzlichen Geweben, insbesondere deren Struktur und Funktion. Eine histologische Klassifizierung eines Gewebes ist gleichbedeutend mit der Bestimmung des Gewebezustandes, der sich auf Art und Differenzierungen des Gewebes, bakterielle und parasitäre Krankheitserreger im Gewebe, den Krankheitszustand des Gewebes oder eine sonstige Veränderung gegenüber einem Normalzustand beziehen kann. Der Begriff ”Histologie” schließt im Folgenden auch die Untersuchung von Gewebe auf Krankheitszustände (”Histopathologie”) ein. Die Krankheitszustände von Gewebe betreffen entzündliche Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen und den Nachweis von Tumoren, insbesondere die Differenzierung zwischen gut- und bösartigen Tumorformen.
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Die Gewebezustände werden im histologischen Routinebetrieb anhand von lichtoptischen Bildern von Gewebeschnitten bestimmt, die mit Hilfe von Mikroskopen oder Scannern aufgenommen werden. Die Gewebeschnitte sind dabei nur wenige Mikrometer dick und werden angefärbt, um den Kontrast in den lichtoptischen Bildern zu erhöhen und Strukturen in den Gewebeschnitten sichtbar zu machen. Die Histologie ist bisher überwiegend eine morphologische Diagnostik, denn die Gewebezustände werden anhand des Erscheinungsbildes und färberischen Verhaltens von Gewebe- und auch Zellstrukturen bestimmt. Da in der Regel ein lichtoptisches Bild eines ganzen Gewebeschnittes aufgenommen wird, ist es möglich und üblich, Gewebezustände an verschiedenen Orten des Gewebeschnittes, also ortsaufgelöst, zu bestimmen.
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Der Zustand eines Gewebes spiegelt sich auch auf molekularer Ebene in Konzentrationsmustern von biologischen Substanzen, wie z. B. Proteinen, Nukleinsäuren, Lipiden oder Zuckern, wieder. Ein molekulares Muster kann sich dadurch ergeben, dass biologische Substanzen in bestimmten Gewebezuständen unter- oder überexprimiert sind. Insbesondere Proteine können zudem in charakteristischer Weise modifiziert vorliegen, z. B. durch posttranslationale Modifikationen. Die Suche nach Substanzen, die charakteristisch für Krankheiten sind (sogenante Biomarker), hat sich in den letzten Jahren zu einem vielbeachteten Gebiet der klinischen Forschung entwickelt. Dazu werden die biologischen Substanzen in Körperflüssigkeiten (z. B. Blut, Urin oder Spinalflüssigkeit) oder homogenisierten Gewebeproben typischerweise durch Festphasenextraktion oder chromatographische Trennverfahren in Fraktionen aufgeteilt und danach massenspektrometrisch untersucht. Die gemessenen Massenspektren zeigen ein mehr oder weniger komplexes Signalmuster, das meistens von Peptiden und Proteinen und Lipiden herrührt.
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Das Massenspektrum einer Gewebeprobe weist einen hohen molekularen Informationsgehalt mit einer Vielzahl von Signalen auf, wobei der Gewebezustand in der Regel nicht durch ein einzelnes Signal, sondern nur durch ein Signalmuster festgelegt ist. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher mathematisch-statistischer Klassifizierungsalgorithmen, mit denen aus dem hochdimensionalen Signalmuster eines gemessenen Massenspektrums einer Gewebeprobe dessen Zustand bestimmt werden kann, z. B. Neuronale Netze (Linear Vector Quantization (LVQ), Neural Gas (NG), Self-Organizing Map (SOM)), Support-Vector-Maschinen (SVM), Genetische Algorithmen zur Clusteranalyse, Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis), Entscheidungsbäume oder Nächste-Nachbarn-Klassifikatoren (k-Nearest-Neighbor).
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Bevor der Gewebezustand einer Gewebeprobe mit einem Klassifizierungsalgorithmus bestimmt werden kann, werden erst einmal Massenspektren von vielen Gewebeproben, z. B. von gesunden und kranken Individuen, gemessen und daraufhin untersucht, ob sich mit dem Klassifizierungsalgorithmus Klassen und damit Gewebezustände anhand der gemessenen massenspektrometrischen Eingangsdaten überhaupt unterscheiden lassen. Falls es für den Klassifizierungsalgorithmus Parameter oder Parameterintervalle gibt, mit denen Gewebezustände in den Eingangsdaten statistisch signifikant unterschieden werden, können diese Parameter verwendet werden, um Massenspektren von nachfolgenden Gewebeproben einer der Klassen zu zuordnen und damit die Gewebezustände der nachfolgenden Gewebeproben zu bestimmen.
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Einige Klassifizierungsalgorithmen ermöglichen Aussagen darüber, welche Signale der Massenspektren für eine Klassifizierung relevant sind, und damit eine Reduzierung der Massenspektren auf die entsprechenden Massenintervalle. Mit Hilfe der Hauptkomponentenanalyse wird beispielsweise eine Reduktion auf Massenintervalle durchgeführt, deren Signale einen großen Einfluss auf die Varianz der hochdimensionalen Signalmuster haben und die damit oft einen hohen Informationsgehalt aufweisen. Bei den sogenannten überwachten Klassifizierungsalgorithmen, wie z. B. den Support-Vector-Maschinen, ist es zudem notwendig, dass die als Eingangsdaten verwendeten Massenspektren in der Trainingsphase des Klassifizierungsalgorithmus jeweils einer Klasse (z. B. krank oder gesund) zugeordnet werden, diese ”Trainingsspektren” also ein Label tragen.
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In den vergangenen Jahren hat sich eine bildgebende Massenspektrometrie etabliert, mit der histologische Gewebeschnitte anstelle von homogenisierten Gewebeproben untersucht werden, und zwar bevorzugt mit MALDI-Flugzeitmassenspektrometern (MALDI = matrix assisted Laser desorption/ionization). Aus den Patentschriften
DE 10 2006 019 530 B4 und
DE 10 2006 059 695 B3 sind verschiedene Verfahren und Vorrichtungen bekannt, mit denen Gewebeschnitte auf MALDI-Probenträger präpariert werden können. Dazu wird beispielsweise eine Matrixlösung durch vibratives Vernebeln in Form von kleinen Tröpfchen auf einem Gewebeschnitt aufgebracht, wo das Lösungsmittel verdampft und die Matrixsubstanz zusammen mit aus dem Gewebeschnitt extrahierten Substanzen kristallisiert. Für die Messung von ortsaufgelösten MALDI-Massenspektren wird in der Regel ein Rasterscan-Verfahren nach Caprioli (
US 5,808,300 A ) verwendet. Teilbereiche des Gewebeschnittes können aber auch ionenoptisch abgebildet werden (
Luxembourg et al., Analytical Chemistry, 76 (18), 2004, 5339–5344: „High-Spatial Resolution Mass Spectrometric Imaging of Peptide and Protein Distributions an a Surface"). In beiden Fällen ergibt sich aus den Signalen jedes Massenintervalls, das in den Massenspektren aufgelöst wird, ein entsprechendes Massenbild des Gewebeschnittes. Die molekularen Informationen des Gewebeschnittes liegen ortsaufgelöst vor.
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Der Offenlegungsschrift
DE 10 2004 037 512 A1 ist zu entnehmen, dass für einen Gewebeschnitt Massenspektren ortsaufgelöst gemessen werden und dass aus jedem der ortsaufgelösten Massenspektren (oder Teilen davon) jeweils ein ortsaufgelöster Gewebezustand am entsprechenden Ort des Gewebeschnittes berechnet wird. Es wird damit nicht ein Gewebezustand einer (homogenisierten) Gewebeprobe bestimmt, sondern ein Zustandsbild des Gewebeschnittes. Die ortsaufgelösten Gewebezustände, als Bildpunkte des Zustandsbild, werden mit den bereits erwähnten mathematisch-statistischen Klassifizierungsalgorithmen berechnet. Die Informationen der vielen gemessenen Massenbilder des Gewebeschnittes werden in einem einzelnen Zustandsbild zusammengeführt und damit für den Anwender graphisch leicht erfassbar.
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Die ortsaufgelösten Massenspektren des zu untersuchenden Gewebeschnittes können dabei selber als Eingangsdaten für den verwendeten Klassifizierungsalgorithmus dienen. Dazu werden ortsaufgelöste Massenspektren eines Teilbereiches ausgewählt, um die Parameter des Klassifizierungsalgorithmus festzulegen, bevor die Gewebezustände in anderen Bereichen bestimmt werden. Die Parameter des Klassifizierungsalgorithmus können aber auch als bereits evaluierte Parameter vorliegen, die in vorhergehenden Untersuchungen von ortsaufgelösten Massenspektren anderer Gewebeschnitte oder von Massenspektren homogenisierter Gewebeproben evaluiert worden sind.
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Die Ortsauflösung (das räumliches Auflösungsvermögen) wird in der bildgebenden Massenspektrometrie bei Verwendung von MALDI-Ionenquellen durch das Aufbringen der Matrixschicht und deren Wirkung auf die zu untersuchende Probe begrenzt. Bei der Präparation von Gewebeschnitten beträgt die Ortsauflösung in den Massenbildern derzeit zwischen zehn bis einhundert Mikrometer. Es können somit in den so gemessenen Massenbildern von Gewebeschnitten keine Strukturen aufgelöst werden, die kleiner als etwa 5 Mikrometer sind. Im Vergleich zu lichtoptischen Bildern eines Gewebeschnittes ist die Ortsauflösung um mehr als eine Größenordnung geringer. Das Aufbringen der Matrixschicht auf den Gewebeschnitt ist nicht trivial, da (a) eine laterale Verschmierung der biologischen Substanzen zu vermieden ist, (b) die biologischen Substanzen aus dem Gewebeschnitt extrahiert und in die Kristalle der Matrixschicht eingebaut werden müssen, und (c) ein günstiges Verhältnis von biologisch relevanten Substanzen zu Verunreinigungen zu erzielen ist.
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Die nach dem Stand der Technik berechneten Zustandsbilder von Gewebeschnitten weisen ein geringes Signal-zu-Rausch-Verhältnis auf, so dass Strukturen oft nur unzureichend zu erkennen sind. Des Weiteren ist die Klassifizierungsgüte von Gewebezuständen in den Zustandsbildern gegenüber einer Klassifizierung aus homogenisierten Gewebeproben geringer. Bei jeder Art von Klassifizierung, also auch bei der Bestimmung von Gewebezuständen, treten verschiedene Arten von Zuordnungsfehlern auf. Aus diesen ergeben sich statistische Kenngrößen, die die Güte der Klassifizierung festlegen. Zu den Kenngrößen zählen die Sensitivität (Richtig-Positiv-Rate), die Spezifität (Richtig-Negativ-Rate), die Falsch-Positiv-Rate (Fehlalarm), die Falsch-Negativ-Rate (unerkannter Fall).
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Aufgabe der Erfindung
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Güte der Bestimmung von ortsaufgelösten Gewebezuständen zu verbessern und die Erkennbarkeit von Strukturen in den Zustandsbildern von Gewebeschnitten zu erhöhen.
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Beschreibung der Erfindung
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Die Aufgabe wird durch Verfahren nach den Patentansprüchen 1 und 13 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind in den Patentansprüchen 2 bis 12 sowie 14 bis 18 ausgeführt.
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Die Erfindung besteht aus den folgenden Schritten: (a) Aufnahme von ortsaufgelösten Massenspektren eines Gewebeschnittes oder Teilen eines Gewebeschnittes, (b) Erzeugung von mindestens zwei Massenbildern aus den ortsaufgelösten Massenspektren, (c) Glättung der Massenbilder und (d) Berechnung eines Zustandsbildes aus den geglätteten Massenbildern mittels eines mathematisch-statistischen Klassifizierungsalgorithmus.
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Für das Glätten (Entrauschen) der Massenbilder wird bevorzugt ein Kanten erhaltender Glättungsalgorithmus verwendet, insbesondere ein Kanten erhaltender Glättungsalgorithmus, bei dem die lokale Varianz der Massenbilder ein lokaler Glättungsparameter ist. Es ist dabei durchaus möglich, dass bei der Glättung eines Massenbildes nicht nur das Massenbild selber herangezogen wird, sondern weitere Massenbilder verwendet werden, die zu anderen Massenintervallen gehören. Die Anzahl der Massenbilder, aus denen das Zustandsbild berechnet wird, beträgt bevorzugt zwischen 5 und 100, besonders bevorzugt zwischen 10 und 50 und insbesondere um 15. Die Signale der geglätteten Massenbilder, die einem einzelnen Gewebepunkt zugeordnet sind, bilden jeweils ein ”räumlich” geglättetes Massenspektrum, das mit dem Klassifizierungsalgorithmus zu einer Kenngröße verrechnet wird, die für den Gewebezustand charakteristisch ist.
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Die ortsaufgelösten MALDI-Massenspektren eines Gewebeschnittes variieren von einem zum nächsten Gewebepunkt erheblich, da zum einen die Matrixschicht aus vielen kleinen Kristallen besteht, so dass die Ionisierungsbedingungen nicht homogen sind. Zum anderen sind die Signalintensitäten, aber auch das Auftreten von Signalen in MALDI-Massenspektren aufgrund des komplexen Ionisierungsprozesses prinzipiell großen Schwankungen unterworfen, die nur bedingt durch das Aufsummieren von vielen Einzelspektren ausgeglichen werden können. Gerade bei ortsaufgelösten Massenspektren ist aber das Aufsummieren von Einzelspektren dadurch eingeschränkt, dass die Einzelspektren jeweils nur an einem einzelnen Gewebepunkt aufgenommen werden, um eine möglichst gute Ortsauflösung zu erreichen. Eine räumliche Mittelung von Einzelspektren auf der Probe ist hier ausgeschlossen. Zudem ist zu beachten, dass ein Gewebeschnitt als Probe nicht aufgereinigt ist und damit eine Vielzahl von Substanzen und Verunreinigungen, z. B. Salze, vorhanden ist, die zu einem erhöhten chemischen Rauschen in den Massenbildern führen. Der Grundgedanke der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, dass die Massenbilder erst einer glättenden Bildverarbeitung unterworfen werden, bevor sie zu einem Zustandsbild verrechnet werden. Eine glättende Bildverarbeitung eines Zustandsbildes, das aus nicht entrauschten Massenbildern berechnet wird, ist durch die geringere Anzahl der zu bearbeitenden Bilder mit deutlich weniger Rechenaufwand verbunden, löst aber die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe nicht hinrechend.
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In dem aus der Offenlegungsschrift
DE 10 2004 037 512 A1 bekannten Verfahren wird nur das im jeweiligen Gewebepunkt gemessene Massenspektrum oder Teile davon verwendet, um daraus den Gewebezustand zu bestimmen. Im erfindungsgemäßen Verfahren hingegen werden bei der Bestimmung des Gewebezustandes eines Gewebepunktes auch massenspektrometrische Informationen aus dessen Nachbarschaft berücksichtigt. Das geschieht dadurch, dass die Massenbilder vor der Berechnung des Zustandsbildes geglättet werden, wodurch die Massenbilder lokal in Abhängigkeit von ihrer Nachbarschaft verändert werden. Wie bereits oben beschrieben, ist es auch möglich, dass für die Glättung eines Massenbildes nicht nur die Nachbarschaften innerhalb des Massenbildes selber, sondern auch die jeweiligen Nachbarschaften in den anderen Massenbildern einbezogen werden. Die Einbeziehung von massenspektrometrischen Informationen aus der Nachbarschaft bzw. den Nachbarschaften führt dazu, dass Rauschsignale unterdrückt und informationstragende Signale in den geglätteten Massenbildern hervorgehoben werden, wodurch die Güte der Klassifizierung und insbesondere die Erkennbarkeit von Bereichsgrenzen mit unterschiedlichen Gewebezuständen erheblich verbessert werden. Die histologisch relevanten Strukturen von Gewebeschnitten sind oft nur weniger Mikrometer groß und könnten durch die vorhandene bildgebende Massenspektrometrie mit einer Ortsauflösung von etwa 5 Mikrometer gerade noch aufgelöst werden. Aufgrund der geringen Qualität der nach dem Stand der Technik berechneten Zustandsbilder sind allerdings derzeit auch Strukturen oberhalb der Ortsauflösung oft nicht mehr erkennbar. Durch das erfindungsgemäße Verfahren, insbesondere bei der Verwendung von Kanten erhaltenden Glättungsalgorithmen, werden in den Zustandsbildern trotz der geringen Qualität der Massenbilder Strukturen erkennbar, die aus Linien einzelner Bildpunkte bestehen.
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Im histologischen Routinebetrieb ist in der Regel vorgegeben, welche Massenintervalle und Parameter oder Parameterintervalle verwendet werden, um aus den ortsaufgelösten Massenspektren mindestens zwei Massenbilder auszuwählen, die Massenbilder zu glätten und daraus ein Zustandsbild zu berechnen. Die Massenintervalle und Parameter werden in einer vor dem Routinebetrieb stattfindenden Evaluierung festgelegt, in der die Massenintervalle und Parameter in einem meist iterativen Prozess optimiert werden. Ist bereits die Klassifizierung von Gewebezuständen aus relevanten Massenintervallen etabliert, kann die Evaluierung auch nur die Optimierung der Glättungsparameter umfassen.
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Für eine Evaluierung können einige der ortsaufgelösten Massenspektren eines Gewebeschnittes als Eingangsdaten verwendet werden, wobei Teilbereiche aufgrund von zusätzlich vorhandenen Informationen, z. B. aus lichtoptischen Bildern des Gewebeschnittes, ausgewählt werden, so dass verschiedene Gewebearten oder kranke und gesunde Gewebebereiche in gleicher Weise berücksichtigt werden. Die Auswahl von Massenintervallen in den ortsaufgelösten Massenspektren, mit denen ein iterativer Optimierungsprozesses begonnen wird, kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Es können einerseits diejenigen Massenintervalle ausgewählt werden, die im Summenspektrum aus allen Massenspektren Signale enthalten, die größer als ein Schwellwert sind oder zu den größten Signalen gehören. Andererseits können auch solche Massenintervalle ausgewählt werden, die in mindestens einem der Massenspektren oder in einer relativen oder absoluten Anzahl der Massenspektren Signale enthalten, die größer als ein Schwellwert sind oder zu den größten Signalen gehören. Ebenso kann zu Beginn eine Liste mit Massenintervallen verwendet werden, deren Signale sich in ähnlichen Evaluierungen als relevant erwiesen haben.
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Ausgehend von den ausgewählten Massenintervallen werden Massenbilder erzeugt, die erfindungsgemäß mit einem Glättungsalgorithmus entrauscht werden, bevor sie mit einem Klassifizierungsalgorithmus zu einem Zustandsbild verrechnet werden. Diese Verfahrensschritte werden mit geänderten Massenintervallen und Parametern des Glättungs- und Klassifizierungsalgorithmus solange wiederholt, bis ein optimales Zustandsbild des Gewebeschnittes erreicht ist. Die Güte des berechneten Zustandsbildes kann beispielsweise durch den Kontrast und die Erkennbarkeit von Strukturen im Zustandsbild und/oder durch die Übereinstimmung mit Strukturen in einem anderen Bild, z. B. einem lichtoptischen Bild des Gewebeschnittes, definiert werden. Für eine Evaluierung werden bevorzugt nicht nur die ortsaufgelösten Massenspektren eines Gewebeschnittes, sondern die mehrerer gleichartiger Gewebeschnitte verwendet.
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Beschreibung der Abbildungen
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Die zeigt einen bevorzugten Verfahrensablauf für die Bestimmung von ortsaufgelösten Gewebezuständen eines Gewebeschnittes (1) aus ortsaufgelösten Massenspektren (20) in schematischer Darstellung.
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Die und zeigen ein mit einem erfindungsgemäßen Verfahren berechnetes Zustandsbild (61) des Gewebeschnittes eines humanen neuroendokrinen Tumors im Vergleich mit einem lichtoptischen Bild (62) bzw. mit einem zweiten Zustandsbild (63), das ohne eine Glättung der Massenbilder berechnet ist.
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Die zeigt ein mit einem erfindungsgemäßen Verfahren berechnetes Zustandsbild (71) des Gewebeschnittes eines Rattenhirns im Vergleich mit einem zweiten Zustandsbild (72), das ohne eine Glättung der Massenbilder berechnet ist.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele
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Die zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens mit den Schritten A bis D, in denen ein Zustandsbild (50) aus ortsaufgelösten Massenspektren (20) eines Gewebeschnittes (1) berechnet wird.
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Im Schritt A wird der Gewebeschnitt (1) auf einem Probenträger (2) präpariert und ortsaufgelöste Massenspektren S(x, y, m) (20) des Gewebeschnittes (1) aufgenommen.
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Für die Präparation wird zuerst eine Gewebeprobe durch Gefrieren stabilisiert und mit einem Mikrotom in mehrere etwa zehn Mikrometer dicke Gewebeschnitte geschnitten (nicht dargestellt). Der Gewebeschnitt (
1) wird auf dem Probenträger (
2) aufgebracht, der eine elektrisch leitfähige Oberfläche aufweist. Auf dem Gewebeschnitt (
1) wird eine Matrixschicht (
3) präpariert. Die dafür bevorzugt zu verwendenden Vorrichtungen und Verfahren sind in den Patentschriften
DE 10 2006 019 530 B4 und
DE 10 2006 059 695 B3 ausführlich beschrieben.
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Der mit der Matrixschicht (3) präparierte Gewebeschnitt (1) wird danach mit Laserpulsen eines fokussierten Laserstrahls (4) in x- und y-Richtung abgerastert, wobei die Anzahl der Rasterpunkte in beiden Richtungen etwa einige hundert beträgt. Um von einem Rasterpunkt zum nächsten zu gelangen, wird der Probenträger (2) mit einer nicht dargestellten Bewegungsvorrichtung entlang der x- und y-Achse verschoben. Jeder Rasterpunkt (xi, yi) wird dabei mindestens einmal, in der Regel aber zehn- bis einhundertmal bestrahlt. Die in den einzelnen MALDI-Prozessen erzeugten Ionen (5) werden in einem nicht dargestellten Flugzeitmassenspektrometer mit axialem Ioneneinschuss analysiert, so dass jedem Rasterpunkt (xi, yi) ein ortsaufgelöstes Massenspektrum S(xi, yi, m) aus aufsummierten Einzelspektren zugeordnet ist. Eine andere Sichtweise auf die Gesamtheit der ortsaufgelösten Massenspektren S(x, y, m) (20) besteht darin, die Massenspektren in Massenintervalle zu unterteilen, so dass die Signale in einem Massenintervall mi ein zweidimensionales Massenbild S(x, y, mi) ergeben und die ortsaufgelösten Massenspektren S(x, y, m) (20) aus einer Vielzahl von Massenbildern zusammengesetzt sind.
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Die Ionen werden in einem Massenspektrometer prinzipiell nach ihrem Verhältnis von Masse m zur Anzahl z der Elementarladungen (m/z, auch „ladungsbezogene Masse” genannt) getrennt. Aus einem gemessenen Massenspektrum lässt sich die ladungsbezogene Masse m/z und daraus ihre physikalische Masse m ableiten. Da die Ionisierung durch matrixunterstützte Laserdesorption im Wesentlichen nur einfach geladene Ionen liefert, wird im Folgenden vereinfachend nur von der „Masse” und nicht von der „ladungsbezogenen Masse” gesprochen. Die massenspektrometrische Analyse kann prinzipiell mit verschiedenartigen Massenspektrometern durchgeführt werden. Für die bildgebende Massenspektrometrie werden derzeit meistens Flugzeitmassenspektrometer (TOF-MS, Time-Of-Flight Mass Spectrometer) mit axialem Ioneneinschuss eingesetzt. Es können aber beispielsweise auch Flugzeitmassenspektrometer mit orthogonalem Ioneneinschuss, Ionenfallen oder Ionenzyklotronresonanz-Massenspektrometer verwendet werden.
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Im Schritt B werden aus den ortsaufgelösten Massenspektren S(x, y, m) (20) mindesten zwei Massenbilder erzeugt, das heißt, dass aus allen Massenbildern S(x, y, m) (20) mindestens zwei Massenbilder S(x, y, mi=1...N) (30) ausgewählt werden (N ≥ 2). Die Auswahl der Massenbilder S(x, y, mi=1...N) (30) wird im histologischen Routinebetrieb in der Regel so erfolgen, dass eine vorher evaluierten Liste von Massenintervallen verwendet wird, die an die histologische Fragestellung angepasst sind, also beispielsweise für die Unterscheidung zwischen gesunden und krebsartigen Gewebebereichen in einem bestimmten Organ optimal sind.
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Im Schritt C wird jedes der in Schritt B erzeugten Massenbilder S(x, y, mi=1...N) (30) mit einem Kanten erhaltenden Glättungsalgorithmus entrauscht, so dass aus den N Massenbildern S(x, y, mi=1...N) (30) N geglättete Massenbilder S*(x, y, mi=1...N) (40) hervorgehen. Der hier verwendete Kanten erhaltende Glättungsalgorithmus ist nach Gleichung 1 dadurch definiert, dass ein geglättetes Massenbild S* für folgendes Optimierungsfunktional O ein Minimum annimmt: O[S*] = ∫|∇S*|dxdy + λ·∫(S* – S)2dxdy, Gl. 1 wobei S eines der Massenbilder S(x, y, mi=1...N) (30) ist, S* das daraus berechnete geglättete Massenbild und λ ein Kontrollparameter.
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Die Integrale in Gleichung 1 sind als Summation über die Bildpunkte der Massenbilder zu verstehen. Der erste Term des Optimierungsfunktionals O minimiert die sogenannte totale Varianz I|∇S*|dxdy, also den integrierten Betrag des Bildgradienten des geglätteten Massenbildes S*, und damit das Rauschen im geglätteten Massenbild S*. Der zweite Term des Optimierungsfunktionals O ist ein Korrekturterm und beinhaltet die Randbedingung, dass das geglättete Massenbild S* im Sinne der verwendeten euklidischen Norm nahe am originalen Massenbild S liegt. Die Addition beider Terme sorgt dafür, dass das geglättete Massenbild S* gleichzeitig wenig vom originalen Massenbild S abweicht, aber eine möglichst kleine totale Varianz und damit möglichst wenig Rauschen aufweist. Hierbei ist wichtig, dass der bevorzugte Glättungsalgorithmus verrauschte Bildbereiche mit konstanten Signalen wiederherstellt, ohne dabei die Kanten zu verschmieren, wie es bei anderen weniger bevorzugten Glättungsalgorithmen der Fall ist, die beispielsweise auf der Faltung mit einer Glättungsfunktion beruhen (convolution smoothing). Der Kontrollparameter λ bestimmt den Grad der Glättung, wobei das Massenbild S* umso stärker geglättet wird, je kleiner der Kontrollparameter ist.
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In einem besonders bevorzugten Kanten erhaltenden Glättungsalgorithmus ist der Kontrollparameter λ nicht konstant, sondern ein lokal variabler Parameter λ(x, y), der die lokale Varianz des originalen Massenbildes bei der Glättung berücksichtigt. Das Optimierungsfunktional O des oben angeführten Glättungsalgorithmus kann in diesem Fall wie folgt modifiziert werden: O[S*] = ∫|∇S*|dxdy + ∫λ(x, y)·(S* – S)2dxdy Gl. 2
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Im Schritt D wird aus den geglätteten Massenbildern S*(x, y, mi=1...N) (40) ein Zustandsbild (50) berechnet und graphisch dargestellt. Die Berechnung des Zustandsbildes (50) erfolgt mit einem aus dem Stand der Technik bekannten Klassifizierungsalgorithmus. In dem schematisch dargestellten Zustandsbild (50) sind zwei unterschiedlich klassifizierte Gewebebereiche mit gesundem Gewebe (51) und krebsartigem Gewebe (52) zu erkennen. Ein solches Zustandsbild (50) kann beispielsweise dazu verwendet werden, die Gewebeprobe einer Biopsie zu klassifizieren oder nach bzw. schon während eines chirurgischen Eingriffes zu beurteilen, ob mit dem Eingriff krebsartiges Gewebe hinreichend entfernt worden ist.
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Optional kann zusätzlich nach der Aufnahme der ortsaufgelösten Massenspektren (20) die Matrixschicht (3) von dem Gewebeschnitt (1) wieder entfernt werden und der freigelegte Gewebeschnitt (1) nach einem histologischen Standardprotokoll mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt werden. Es ist überaus überraschend, dass ein so aufgenommenes lichtoptisches Bild den gleichen oder nahezu den gleichen Informationsgehalt aufweist wie das eines Gewebeschnittes, auf den keine Matrixschicht aufgebracht worden ist. Da das Zustandsbild (50) und das lichtoptische Bild von demselben Gewebeschnitt (1) stammen, gibt es keine Schwierigkeiten die beiden Bilder übereinanderzulegen und zu vergleichen.
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Die zeigt ein Zustandsbild (61) und ein lichtoptisches Bild (62) des Gewebeschnittes eines humanen neuroendokrinen Tumors. Das Zustandsbild (61) wird mit dem in der dargestellten Verfahren aus 500 × 350 ortsaufgelöst gemessenen Massenspektren berechnet. Der Gewebeschnitt des Tumors wird nach der Aufnahme der ortsaufgelösten Massenspektren von der Matrixschicht befreit und vor der Aufnahme des lichtoptischen Bildes (62) mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt.
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Dem Verfahrensschritt B aus entsprechend, werden fünfzehn evaluierte Massenintervalle verwendet, um aus den ortsaufgelösten Massenspektren des Gewebeschnittes fünfzehn Massenbilder zu erzeugen. Die Massenbilder werden jeweils mit einem Kanten erhaltenden Glättungsalgorithmus nach Gleichung 1 entrauscht. Die entrauschten Massenbilder werden mit dem aus dem Stand der Technik bekannten HDDC-Verfahren (High Dimensional Discriminant Clustering) zu dem Zustandsbild (61) verrechnet, das zehn in Graustufen codierte Klassen aufweist.
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Die im Zustandsbild (61) als auch im lichtoptischen Bild (62) markierten Gewebebereiche (61a) bis (61c) sind einer der zehn Klassen des Zustandsbildes (61) zugeordnet. Der Gewebezustand in den Gewebebereichen (61a) bis (61c) korreliert mit morphologischen Charakteristiken von Zellen und intrazellulären Komponenten im lichtoptischen Bild (62), die bei einer krebsartigen Veränderung des Gewebes auftreten.
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Die zeigt das Zustandsbild (61) aus der im Vergleich mit einem Zustandsbild (63), das bis auf die Entrauschung der Massenbilder wie das Zustandsbild (61) berechnet worden ist, also aus denselben ortsaufgelösten Massenspektren und Massenintervallen und mit demselben Klassifizierungsalgorithmus. Ein Vergleich der beiden Zustandsbilder (61) und (63) zeigt, dass im Zustandsbild (63) die krebsartigen Gebewebereiche (61a) bis (61c) nicht von gesunden Gewebebereichen differenziert werden. In den Gewebebereichen (61a) bis (61c) und über deren Bereichsgrenzen hinaus sind im Zustandsbild (63) verschiedene Klassen vorhanden, die ein feinkörniges Fleckenmuster ausbilden. Eine histologische Klassifizierung ist im Zustandsbild (63) durch die Feinkörnigkeit des Fleckenmusters erheblich eingeschränkt bzw. nahezu unmöglich. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht dagegen die Lokalisierung von krebsartigen Gewebebereichen mit einer hohen Klassifizierungsgüte.
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Die zeigt zwei Zustandsbilder (71) und (72) des Gewebeschnittes eines Rattenhirns. Das Zustandsbild (71) wird mit dem in der dargestellten erfindungsgemäßen Verfahren aus ortsaufgelösten Massenspektren berechnet. Demgegenüber wird das Zustandsbild (72) zwar aus denselben Signalen der ortsaufgelösten Massenspektren berechnet, aber ohne dass die entsprechenden Massenbilder entrauscht werden.
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Für die Erzeugung der Massenbilder werden hier diejenigen Massenintervalle ausgewählt, die Signale in mindestens fünf Prozent aller 200 × 120 ortsaufgelösten Massenspektren aufweisen. Mit diesem Auswahlkriterium ergibt sich eine Gesamtzahl von 25 Massenintervallen. Die 25 korrespondierenden Massenbilder werden für die Berechnung des Zustandsbildes (71) mittels eines Kanten erhaltenden Glättungsalgorithmus nach Gleichung 1 entrauscht. Die entrauschten Massenbilder und die nicht entrauschten Massenbilder werden wie im vorigen Ausführungsbeispiel mit dem HDDC-Verfahren (High Dimensional Discriminant Clustering) zu den Zustandsbildern (71) bzw. (72) verrechnet. Die Güte des Zustandsbildes (71) wird über den Kontrollparameter λ in Gleichung 1 in mehreren Iterationen optimiert.
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Wie im Zustandsbild (71) deutlich zu erkennen ist, werden die ortsaufgelösten Massenspektren mit dem erfindungsgemäßen Verfahren in anatomische relevante Gewebezustände klassifiziert. Das Zustandsbild (71) korreliert überaus gut mit lichtoptischen Bildern von Rattenhirnen. Im Vergleich mit dem Zustandsbild (72) sind teilweise sogar noch Strukturen an der Grenze der durch den MALDI-Prozess gegebenen Ortsauflösung erkennbar. Ein Vergleich der beiden Zustandsbilder (71) und (72) insbesondere im gekennzeichneten Gewebebereich (73) offenbart den großen Qualitätsunterschied zwischen den beiden Zustandsbildern (71) und (72). Selbst eine nachträgliche und weniger aufwendige Glättung des Zustandsbildes (72) erreicht nicht die Qualität des Zustandsbildes (71). Neben der besseren Erkennbarkeit von Strukturen weist das Zustandsbild (71) gegenüber dem Zustandsbild (72) eine erheblich höhere Klassifizierungsgüte auf, da die große räumliche Fluktuation der berechneten Gewebezustände im Zustandsbild (72) zumindest in Teilbereichen keine zuverlässige Klassifizierung erlaubt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006019530 B4 [0008, 0027]
- DE 102006059695 B3 [0008, 0027]
- US 5808300 A [0008]
- DE 102004037512 A1 [0009, 0018]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Luxembourg et al., Analytical Chemistry, 76 (18), 2004, 5339–5344: „High-Spatial Resolution Mass Spectrometric Imaging of Peptide and Protein Distributions an a Surface” [0008]