-
Gebiet der Erfindung
-
Die Erfindung betrifft Verfahren zum Prozessieren von Ionen-spektrometrischen Messsignaldaten, die ortsaufgelöst über eine flächige Probe hinweg erfasst sind. Ionen-spektrometrische Messsignaldaten sind insbesondere solche, die mit Auftrennung in einer Wirkungsquerschnittdimension (σ) und Massendimension (m), die analytisch unabhängig voneinander sind, aufgenommen wurden.
-
Hintergrund der Erfindung
-
Der Stand der Technik wird im Folgenden mit Bezug auf einen speziellen Aspekt erläutert. Dies soll jedoch nicht als Einschränkung verstanden werden. Nützliche Fortentwicklungen und Änderungen vom aus dem Stand der Technik Bekannten können auch über den vergleichsweise engen Rahmen dieser Einleitung hinaus anwendbar sein und werden sich geübten Praktikern auf diesem Gebiet nach der Lektüre der nachfolgenden Offenbarung umstandslos erschließen.
-
MALDI Massenspektrometrie
-
Die räumlich aufgelöste oder bildgebende MALDI Massenspektrometrie (MALDI MSI, Matrix Assisted Laser Desorption and Ionization Mass Spectrometry Imaging) ist eine Analysemethode, die insbesondere zur Untersuchung biologischer Gewebeproben verwendet wird. Hierbei wird üblicherweise eine zusammenhängende Gewebeprobe mit einem Laser Punkt für Punkt abgetastet, und es wird ein Datensatz erzeugt, der für jeden Messpunkt ein komplettes Massenspektrum enthält, das als Summenspektrum wegen des besseren Signal-Rausch-Verhältnisses auch aus vielen Einzelspektren vom gleichen Punkt berechnet worden sein kann. So lassen sich räumlich aufgelöste, molekulare Profile von Biomolekülen wie Lipiden, Peptiden, Proteinen und Glykanen direkt aus Gewebeschnitten generieren, siehe beispielsweise
US 5 808 300 A als eine frühe Offenbarung eines solchen bildgebenden Verfahrens.
-
Zur Vorbereitung einer MALDI MSI Messung wird auf die Gewebeprobe eine spezielle Matrixlösung aufgetragen. Während der Messung absorbieren die kristallinen Matrixcluster die Energie des Laserstrahls und werden dadurch aus dem Gewebe herausgelöst. Sie nehmen dabei auch Biomoleküle aus dem Gewebe mit sich, die während der Kristallisation von den Matrixclustern eingeschlossen wurden. Die Biomoleküle werden während dieses Vorgangs mit Ladung versehen, also ionisiert. Die so herausgelösten geladenen Moleküle werden anschließend in einem Massenspektrometer nach dem Masse-zu-Ladungsverhältnis m/z getrennt und detektiert. Neben den zu untersuchenden Analytmolekülen aus dem Gewebe werden daher immer auch Matrixmoleküle und Matrixcluster detektiert, wobei ein möglichst geringer Matrixanteil wünschenswert ist, da dieser ein Artefakt der Probenpräparation und Ionisierungsart ist und kaum analytische Information von Interesse bezüglich der Probe selbst enthält.
-
Die Höhe des Matrixanteils ist von mehreren Faktoren abhängig, wie z.B. Umgebungstemperatur, Luftdruck und -feuchtigkeit während des Matrixauftrags, sowie Eigenschaften der untersuchten Probe. Darüber hinaus weisen viele Gewebeschnitte kleinere und größere Löcher auf, wo naturgemäß keine Analytmoleküle gemessen werden können und der Matrixanteil dementsprechend hoch ist.
-
Ionenmobilitätsspektrometrie-Massenspektrometrie
-
In einem Massenspektrometer werden Moleküle lediglich gemäß ihrem Masse-zu-Ladungsverhältnis m/z voneinander getrennt, wobei viele Ionisierungsarten wie MALDI einfach geladene Ionen erzeugen (z=1), so dass man vereinfacht auch von Massen (m) sprechen kann. Unterschiedliche Moleküle von gleicher oder nahezu gleicher Masse können daher in einem Massenspektrometer im Regelfall nicht unterschieden werden.
-
Bei der Ionenmobilitätsspektrometrie-Massenspektrometrie (IMS-MS) durchlaufen die geladenen Moleküle vor Erreichen des Massenspektrometers eine zusätzliche Stufe, in der sie mithilfe eines Gases und eines elektrischen Feldes abhängig von ihrem Wirkungsquerschnitt (collision cross section, σ) voneinander getrennt werden. Die geladenen Moleküle werden also gleichsam nach Wirkungsquerschnitt sortiert dem Massenspektrometer zugeführt. Häufig gebraucht man die geläufigere Größe Mobilität (K), die invers proportional zum Wirkungsquerschnitt ist. Anstelle eines eindimensionalen Massenspektrums erhält man für jeden Messpunkt ein zweidimensionales Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramm, das üblicherweise die drei Dimensionen Wirkungsquerschnitt σ (oder Mobilität K), Masse-zu-Ladungsverhältnis m/z (oder einfach Masse m) und Intensität (J) umfasst, siehe aus dem Stand der Technik, wo die vertikale Driftzeitachse (mobility drift time) proportional zum Wirkungsquerschnitt ist und die Intensität im Original auf einer Farbskala und in der hier gezeigten Wiedergabe auf einer Grautonskala aufgetragen ist.
-
Alle detektierten geladenen Moleküle erzeugen entsprechend ihrer Massen und Wirkungsquerschnitte Signalausschläge an bestimmten Stellen des Histogramms. Masse und Wirkungsquerschnitt sind grob miteinander korreliert - schwerere Moleküle sind typischerweise auch größer - der genaue Zusammenhang ist jedoch von der jeweiligen Molekülklasse abhängig. Über viele Biomoleküle hinweg kann es also durchaus vorkommen, dass ein leichtes Molekül einen größeren Wirkungsquerschnitt hat als ein im Vergleich dazu schwereres Molekül und umgekehrt. Für die in besonders vielen Anwendungen wichtige Molekülklasse der Lipide und auch andere kann angenommen werden, dass sie in einer Wirkungsquerschnitt-Massenauftragung einem bestimmten Verlauf folgen, wie er sich beispielsweise in den Trendlinien aus äußert.
-
Die Arbeit von Kamila Chughtai et al. (Journal of Lipid Research Volume 54, 2013 333-344) beschreibt die Entdeckung, Identifizierung und ortsaufgelöste Visualisierung mehrerer Lipidspezies in einem Xenotransplantationsmodell eines menschlichen Brusttumors unter Verwendung von MALDI-IMS-MSI.
-
Auf der Imaging Mass Spectrometry Conference (OurCon VII), abgehalten vom 28. bis 31. Oktober 2019 im Palais du Grand Large in Saint-Malo, Frankreich, wurde eine Methode zur Visualisierung und Quantifizierung verschiedener relativer Signalbeiträge präsentiert, die auf der Massendefektfilterung basiert, d.h. auf statistischen Modellen für die erwarteten Massen von Peptiden, Glykanen und Matrix-Clustern (ohne Einbezug des Wirkungsquerschnitts, der in den Daten nicht enthalten war). Durch den Vergleich des molekularen Hintergrundsignals eines reinen Massenspektrums mit diesen Modellen werden lokale Massenverschiebungen mit hoher Genauigkeit geschätzt, und jedes Spektrum wird in Signalkomponenten zerlegt, die den verschiedenen Molekülklassen zugeordnet werden können. Für jedes reine Massenspektrum wird ein Signalqualitäts-Score (SQS) von 0 bis 100% berechnet, der den relativen Beitrag von Peptid-/Glykan-Molekülen über dem Matrixuntergrund darstellt. Die Visualisierung dieser Scores ermöglicht es, Regionen mit geringer Signalqualität zu identifizieren und die Gesamtdatenqualität und -homogenität zu beurteilen.
-
Die Patentveröffentlichung
WO 2016/142689 A1 bezieht sich allgemein auf die Massenspektrometrie und/oder die Ionenmobilitätsspektrometrie und insbesondere auf Methoden der in vivo, ex vivo oder in vitro Proben- und/oder Gewebeanalyse.
-
Es besteht ein Bedarf, quantitative Aussagen über die räumliche Verteilung von ausgewählten interessierenden Molekülen in Abgrenzung zu anderen Messsignalen, insbesondere Untergrundmesssignalen, über eine untersuchte flächige Probe aus davon gewonnenen Ionenmobilitätsspektrometrie-Massenspektrometrie-Daten zu ermöglichen. Weitere von der Erfindung zu lösende Aufgaben ergeben sich für den Fachmann ohne weiteres bei der Lektüre der nachfolgenden Offenbarung.
-
Zusammenfassung der Erfindung
-
Die Erfindung betrifft Verfahren zum Prozessieren von Ionen-spektrometrischen Messsignaldaten, die ortsaufgelöst über eine flächige Probe hinweg erfasst sind. Vorzugsweise wird eine ausgedehnte zweidimensionale Probe, z.B. ein flächiger Gewebeschnitt, oder ein Feld vereinzelt präparierter Proben, z.B. örtlich aufgebrachte Gewebehomogenisats-Präparationen, als flächige Probe verwendet. Die flächige Probe kann mit einer Matrixsubstanz für matrix-unterstützte Laserdesorption (insbesondere vollflächig) präpariert worden sein. Besonders hervorzuheben ist das MALDI-Verfahren, bei dem Desorption und Ionisierung durch den gleichen Laserschuss bewirkt werden. Möglich ist aber auch, die Desorption mit einem ersten Laserschuss auszulösen, und die desorbierten Moleküle dann mittels eines zeitlich auf den ersten abgestimmten, zweiten Laserschusses nachzuionisieren. Es werden auch Ausführungen ohne Matrixpräparation für die Erzeugung von mit den vorgeschlagenen Methoden auszuwertenden Messsignaldaten in Erwägung gezogen, beispielsweise Messsignaldaten, die erzeugt wurden mittels SIMS (Sekundärion-Massenspektrometrie) durch Beschuss der Probe mit Primärionen oder mittels DESI (Desorptions-Elektrosprüh-Ionisierung) durch Bestrahlen der Probe mit einem unter einer Spannungsdifferenz versprühten Lösungsmittel.
-
Es werden Messsignaldaten bereitgestellt, die eine Vielzahl von Messsignalhistogrammen aufweisen, wobei ein Messsignalhistogramm über zwei Ortskoordinaten (x, y) einem endlichen Flächenareal (Afin,x,y) über der flächigen Probe zugeordnet ist, das kleiner als eine Gesamtfläche (Atotal) der flächigen Probe ist, und ein Messsignal-Tupel mit Intensitätsdimension (J) oder davon abgeleiteter Größe, Massendimension (m) oder davon abgeleiteter Größe und Wirkungsquerschnittsdimension (σ) oder davon abgeleiteter Größe enthält. Die zwei Ortskoordinaten (x, y) in den Messsignalhistogrammen können durch eine Tiefendimension (t) zu einem Koordinatentripel (x, y, t) ergänzt sein, beispielsweise wenn ein desorbierender Strahl unterschiedliche Tiefen der flächigen Probe hintereinander in mehreren Ablationsschichten auf Messsignalgehalt beprobt. Das Messsignal-Tupel kann ferner (i) durch eine Ladungsdimension (z) oder davon abgeleitete Größe (z.B. m/z) ergänzt sein und/oder (ii) eine Mobilitätsdimension (K) enthalten, wobei letztere aus dem Wirkungsquerschnitt (σ) abgeleitet ist. Zur Verdeutlichung sei hier betont, dass im Rahmen der vorliegenden Offenbarung auch den oben erwähnten physikalischen Parametern zu Grunde liegende Rohdaten als abgeleitete Größen aufzufassen sein können, beispielsweise Flugzeiten aus einem Flugzeitmassenspektrometer und Spannungsamplituden aus einem Ionendetektor, da sie Stellvertretergrößen für die sich der unmittelbaren Beobachtung entziehenden physikalischen Parameter darstellen (z.B. Flugzeit => Masse m oder m/z; Spannung => Intensität J) und üblicherweise durch präzise vorgegebene Rechenvorschriften in eben solche umgewandelt werden können.
-
Weiter werden eine erste Auswahl von Ionensorten und eine zweite Auswahl von Ionensorten für die flächige Probe festgelegt, deren Vorkommen in Messsignalhistogrammen nachweisbar und unter Verwendung der Wirkungsquerschnittdimension (σ) oder der davon abgeleiteten Größe (z.B. Mobilität K) unterscheidbar ist. Gegebenenfalls lassen sich auszuwählende Gebiete in einer rechnergenerierten grafischen Darstellung des Messsignalhistogramms von Hand abstecken. Besonders bevorzugt weist die erste Auswahl von Ionensorten solche von hohem analytischen Interesse und die zweite Auswahl von Ionensorten solche von geringem analytischen Interesse auf. Die erste Auswahl von Ionensorten kann z.B. Proteine, Peptide, Glykane und/oder Lipide in der flächigen Probe umfassen. Die zweite Auswahl von Ionensorten kann insbesondere geladene Atome oder Moleküle und/oder Anhäufungen davon (Cluster) umfassen, die durch die Art und Weise der Probenpräparation und/oder durch die Art und Weise der Ionisierung erzeugt werden. Es ist grundsätzlich auch möglich, verschiedene Biomoleküle in der flächigen Probe relativ zueinander als erste Auswahl und zweite Auswahl festzulegen. So können beispielsweise die Messsignale von Lipiden, Glykanen und/oder Peptiden/Proteinen jeweils miteinander verglichen oder im Verhältnis zueinander betrachtet werden. Ferner ist denkbar, verschiedene Ladungszustände (z) von Molekülklassen und/oder auch innerhalb einer Molekülklasse für die erste und zweite Auswahl von Ionensorten heranzuziehen.
-
Die erste Auswahl von Ionensorten lässt sich dadurch festlegen, dass mehrere Messsignalhistogramme zu einem aggregierten Messsignalhistogramm zusammengefasst werden und ein interessierender (ggfs. dominanter) Anteil an Messsignal-Tupel-Einträgen in dem aggregierten Messsignalhistogramm ermittelt wird. Dies kann mittels Regressionsanalyse erfolgen, beispielsweise mittels logarithmischer Regression oder logarithmischer Radon-Transformation. Der interessierende Anteil an Messsignal-Tupel-Einträgen kann zur Abgrenzung der ersten Auswahl an Ionensorten von der zweiten Auswahl in wenigstens einer Dimension der Messsignalhistogramme herangezogen werden. Es können beispielsweise disjunkte Bereiche in einer Wirkungsquerschnitt-Massen-Ebene (oder einer Ebene mit entsprechend abgeleiteten Größen) des aggregierten Histogramms herausgearbeitet werden, die weit überwiegend einen Messsignalgehalt unterschiedlicher Herkunft haben, beispielsweise jeweils einen Lipid- und/oder Peptidbereich auf der einen Seite und einen Matrixuntergrundbereich auf der anderen Seite.
-
Die Regressionsanalyse kann so ausgelegt werden, dass sie einen Zusammenhang zwischen Wirkungsquerschnitt (σ) und Masse (m) eines Moleküls gemäß der Formel σ(m) ≈ C mk sucht (Potenzgesetz), wobei C ein molekülabhängiger Proportionalitätsfaktor und k ein molekülabhängiger Exponent sind. Dieser Zusammenhang zwischen Wirkungsquerschnitt (σ) und Masse (m) lässt sich leicht auf davon abgeleitete Größen übertragen. Die Konstanten C (Proportionalitätsfaktor) und k (Exponent) sind abhängig von der Molekülklasse sowie von Geräte- und Akquisitionsparametern. Ein jeweils eigenständiges Potenzgesetz kann auf viele verschiedene Molekülklassen (z.B. Lipide, Peptide, Glykane) anzuwenden sein. Zhiwei Zhou et al. haben diesen Zusammenhang für Lipide beschrieben („LipidCCS: Prediction of Collision Cross-Section Values for Lipids with High Precision To Support Ion Mobility-Mass Spectrometry-Based Lipidomics". Analytical Chemistry, 2017, 89 (17): 9559-9566).
-
Es ist möglich, das aggregierte Messsignalhistogramm durch ortsunabhängige Aufaddierung mehrerer Messsignalhistogramme zu berechnen. Weiter können bei der ortsunabhängigen Aufaddierung nur Messsignalhistogramme berücksichtigt werden, bei denen die Messsignal-Tupel-Einträge wenigstens einer Dimension (i) oberhalb eines vorbestimmten Schwellwertes liegen, (ii) unterhalb eines vorbestimmten Schwellwertes liegen oder (iii) innerhalb eines vorbestimmten Werteintervalls liegen. Zum Beispiel lässt sich eine Mindestintensität, alternativ auch eine Höchstintensität oder ein Intensitätsintervall, festlegen. Es lassen sich aber allgemein auch Intensitäts-, Wirkungsquerschnitts- und/oder Massenbereiche (oder Bereiche entsprechend abgeleiteter Größen) zur bevorzugten Berücksichtigung auswählen. Auf diese Weise können Messsignalanteile ausgeblendet werden, die sich von vornherein als wenig informativ erwiesen haben oder als derart anzusehen sind.
-
Es kann auch vorgesehen werden, wenigstens einen Messsignal-Tupel-Eintrag der einzelnen Messsignalhistogramme, z.B. in der Intensitätsdimension (J), vor der Aufaddierung derart zu transformieren, dass Messsignal-Tupel-Einträge eines ersten vorbestimmten Bereichs gegenüber denen eines zweiten vorbestimmten Bereichs disproportional gewichtet werden.
-
Es werden der ortsaufgelöste Gehalt an Ionensorten der ersten Auswahl sowie der ortsaufgelöste Gehalt an Ionensorten der zweiten Auswahl in Messsignalhistogrammen der endlichen Flächenareale (A
fin,x,y) ermittelt, und die verschiedenen Gehalte werden zu orts aufgelösten Gehaltsmaßzahlen (G
x,y) verrechnet. Die ortsaufgelöste Gehaltsmaßzahl (G
x,y) lässt sich in einem Beispiel berechnen gemäß
wobei S die Menge derjenigen Indizes i bezeichnet, für die die zugehörigen Messsignal-Tupel-Einträge (z.B. m
i, σ
i oder davon abgeleitete Größen) des einzelnen Messsignalhistogramms innerhalb eines vorbestimmten Bereichs („Signalkorridor“) um einen auszuwählenden (z.B. weil interessierenden) Signalanteil herum liegen. In diesem Beispiel werden also die Messsignale aus dem Signalkorridor oder Bereich mit allen Messsignalen (innerhalb und außerhalb des Korridors oder Bereichs liegend) ins Verhältnis gesetzt. Diese Art der Verrechnung erweist sich als besonders datenverarbeitungsstabil. Die zweite Auswahl an Ionensorten (z.B. ein nicht interessierender Signalanteil) umfasst alle Messsignale, die nicht im bevorzugten Signalkorridor oder Bereich liegen, welcher in dieser Ausführungsform wiederum die Messsignale der Ionensorten der ersten Auswahl bestimmt.
-
Es ist allerdings in weiteren Ausführungsformen auch eine Art der Verrechnung möglich, gemäß der die erste und zweite Auswahl von Ionensorten jeweils unmittelbar zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, z.B. nach folgender Formel:
-
Diese Verrechnungsart liefert eine Gehaltsmaßzahl, die die tatsächlichen Gehaltsverhältnisse der einzelnen jeweils ausgewählten Ionensorten wiedergibt und daher leichter zu interpretieren ist.
-
Außerdem ist denkbar und vorgesehen, die zweite Auswahl von Ionensorten so zu definieren, dass sie nicht alle Ionensorten umfasst, die nicht der ersten Auswahl an Ionensorten zugeordnet wurden. Beispielsweise kann in einer Wirkungsquerschnitt-Masse-Ebene (oder einer Ebene entsprechend abgeleiteter Größen) ein zweiter Signalkorridor oder Bereich für einen spezifischen zweiten Signalanteil bestimmt werden. Diese Vorgehensweise kann dann nützlich sein, wenn ein Messsignalhistogramm Signalanteile mehrerer unterschiedlicher Substanzklassen enthält, z.B. Lipide und/oder Peptide und/oder Glykane, die als Biomoleküle grundsätzlich für den interessierenden Signalanteil in Betracht kommen, sowie Matrixcluster oder andere Untergrund-Ionensorten, die eigentlich nie von Interesse sind. Die Gehaltsmaßzahl lässt sich wie zuvor berechnen mit:
wobei S
a und S
b jeweils die Menge derjenigen Indizes i bezeichnen, für die die zugehörigen Messsignal-Tupel-Einträge (z.B. m
i, σ
i oder davon abgeleitete Größen) des einzelnen Messsignalhistogramms jeweils der ersten bzw. zweiten Auswahl von Ionensorten zugeordnet wurden. Weiterhin hat die zweite Verrechnungsart oben den Vorteil, dass die Gehaltsmaßzahl leicht mit aussagekräftigem Ergebnis invertiert werden kann, beispielsweise wenn die erste und zweite Auswahl von Ionensorten verschiedene Biomoleküle in der flächigen Probe umfassen und ins Verhältnis setzen.
-
Schließlich wird die flächige Probe mit den ortsaufgelösten Gehaltsmaßzahlen (Gx,y) markiert. Nach dem Markieren kann einem Nutzer eine Darstellung der flächigen Probe angezeigt werden, in der einzelne endliche Flächenareale (Afin,x,y) mit den zugeordneten Gehaltsmaßzahlen (Gx,y) visuell wahrnehmbar kodiert sind, z.B. auf einer Farb- oder Graustufenskala. Es ist möglich, vorbestimmte Wertebereiche der Gehaltsmaßzahl als Ionen-spektrometrische Messsignale von abseits der flächigen Probe zu werten, von denen begründet angenommen werden kann, dass sie keine Information von analytischem Nutzen enthalten, z.B. dort, wo ein Gewebeschnitt unterbrochen ist oder Löcher hat oder in den Bereichen zwischen vereinzelten Probenauftragungen auf einem Probenträger. Zusätzlich oder alternativ können für eine nachfolgende Auswertung (i) nur Messsignalhistogramme aus endlichen Flächenarealen (Afin,x,y) berücksichtigt werden, wo die Gehaltsmaßzahlen (Gx,y) in einem vorbestimmten Wertebereich liegen, z.B. über einem Mindestwert, unterhalb eines Höchstwertes oder innerhalb eines Werteintervalls, und/oder (ii) die Gehaltsmaßzahlen (Gx,y) als Gewichtungsfaktoren verwendet werden. Die Gewichtungsfaktoren können beispielsweise zur adaptiven Rauschunterdrückung in einer folgenden Datenanalyse eingesetzt werden.
-
Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zum Aufnehmen und Prozessieren von Ionen-spektrometrischen Messsignaldaten, beim dem (i) die Ionen-spektrometrischen Messsignaldaten unter Verwendung eines Ionenmobilitätsspektrometer-Massenspektrometers aufgenommen werden und (ii) ein wie zuvor erläutertes Verfahren zum Prozessieren der aufgenommenen Daten ausgeführt wird.
-
Vorgeschlagen wird außerdem ein Ionenmobilitätsspektrometer-Massenspektrometer mit einer Rechen- und/oder Steuereinheit, die mit einer Programmierung zur Ausführung eines der wie zuvor erläuterten Verfahren ausgebildet ist.
-
Figurenliste
-
Zum besseren Verständnis der Erfindung wird auf die folgenden Abbildungen verwiesen. Die Elemente in den Abbildungen sind nicht unbedingt maßstabsgetreu dargestellt, sondern sollen in erster Linie die Prinzipien der Erfindung (größtenteils schematisch) veranschaulichen.
- zeigt ein Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramm mit hervorgehobenen Molekülklassen-Trendlinien aus der zum Stand der Technik gehörenden Arbeit von Shelley N. Jackson et al. (J. Mass Spectrom. 2007 Aug; 42(8); 1093-1098; dort Fig. 1 mit Bildunterschrift).
- zeigt eine adaptierte schematische Darstellung eines Ionenmobilitätsspektrometer-Massenspektrometers aus der zum Stand der Technik gehörenden Arbeit von Jeffrey Spraggins et al. (Anal. Chem. 2019, 91, 22, 14552-14560; dort 1), mit dem sich Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramme (z.B. Ortskoordinaten x, y; Signal-Tupel m, σ, J) aufnehmen lassen. Die besondere Art der Mobilitätstrennung (parallel accumulation trapped ion mobility spectrometry - PATIMS) wird beispielsweise in der Veröffentlichung EP 3 054 473 A1 der Anmelderin näher beschrieben.
- zeigt zur Veranschaulichung die schematische Darstellung einer beispielhaften flächigen Probe in Form eines Gewebeschnitts, der hier einem Dünnschnitt eines Mäusegehirns nachempfunden ist, einmal mit (links unten) und einmal ohne Quadrat-Raster (rechts oben) für die Punkte oder Bildelemente (Pixel) eines Ionen-spektrometrischen Bildes.
- zeigt ein exemplarisches Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramm einer MALDI IMS-MSI Messung. Die Masse (genauer das Masse-Ladungsverhältnis, bezeichnet mit m/z) ist horizontal aufgetragen, der Wirkungsquerschnitt (ausgedrückt durch die abgeleitete Größe 1/K0) vertikal.
- zeigt ein logarithmisch dargestelltes, aggregiertes Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramm mit Darstellung der Regressionsgerade (weiße durchgezogene Linie) und eines Signalkorridors (gestrichelte Linien) für die dominante und interessierende Signalkomponente.
- zeigt die Radon-Transformation des logarithmierten Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramms aus . Horizontal ist der Projektionswinkel aufgetragen, vertikal der Abstand vom Zentrum des logarithmierten Histogramms. Das weiße Kreuz kennzeichnet die Position mit maximaler Intensität.
- zeigt die räumliche Verteilung einer Gehaltsmaßzahl für eine MALDI IMS-MSI Lipidmessung. Im Kontrollbereich außerhalb der Gewebeprobe (quadratisches Feld unten links) werden wesentlich geringere Maßzahlen ermittelt als im Gewebe selbst. Die dunklen Bereiche innerhalb der Probe entsprechen den dichteren Gewebezonen mit höherem Anteil an Lipidsignalen relativ zum Matrixhintergrund.
-
Detaillierte Beschreibung
-
Während die Erfindung anhand einer Anzahl von Ausführungsformen dargestellt und erläutert wurde, werden Fachleute auf dem Gebiet anerkennen, dass verschiedene Änderungen in Form und Detail daran vorgenommen werden können, ohne vom Umfang der in den beigefügten Patentansprüchen definierten technischen Lehre abzuweichen.
-
Im Folgenden wird ein Verfahren zur Bewertung räumlich aufgelöster Ionenmobilitätsspektrometrie-Massenspektrometrie-Daten beschrieben, das zu jedem Areal eine Maßzahl liefert, die näherungsweise angibt, welcher prozentuale Anteil der gemessenen Spektren dort von analytisch interessierenden Spezies aus der Probe herrührt. Ein hoher Wert für diese Maßzahl bedeutet einen hohen Anteil an aus der Probe ionisierten Molekülen der interessierenden Spezies und somit einen hohen Informationsgehalt und eine hohe Signalqualität. Niedrige Werte hingegen können darauf hinweisen, dass die gemessenen Spektren von einem Hintergrundsignal dominiert werden, das sich zum Beispiel auf die Art und Weise der Probenpräparation und/oder auf die Art und Weise der Ionisierung zurückführen lässt.
-
gibt eine schematische Darstellung eines möglichen Ionenmobilitätsspektrometer-Massenspektrometers wieder, mit dem sich Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramme von einer flächigen Gewebeprobe ortsaufgelöst aufnehmen lassen, siehe Aufbau in Teil A. In aller Kürze seien Aufbau und Betrieb erläutert:
-
Ein Lasersystem (Bruker SmartBeam 3-D, links oben) mit verschiedenen lichtoptischen Komponenten ist dazu ausgelegt, eine flächige Probe auf einem Probenträger pulsweise zu beschießen. Der Probenträger kann dabei schrittweise abgetastet werden, um ortsaufgelöste Messsignale von der flächigen Probe zu erhalten, z.B. einer ausgedehnten zweidimensionalen Probe wie einem flächigen Gewebeschnitt oder einem Feld vereinzelt präparierter Proben wie etwa örtlich aufgebrachten Gewebehomogenisats-Präparationen.
-
Nach der Erzeugung treten die Ionen in das Ionenmobilitätsspektrometer (Duale TIMS-Zelle) ein, das einen akkumulierenden Bereich und einen analysierenden Bereich besitzt. Durch beide Bereiche der Dualen TIMS-Zelle strömt ein inertes Gas (in der Abbildung von links nach rechts). Die Ionen werden darin durch den Gasstrom gegen ein entgegenwirkendes elektrisches Feld getrieben, siehe Ausschnitt B in der Mitte für das veranschaulichte Prinzip. Im analysierenden Bereich werden die Ionen ihrer jeweiligen Mobilität entsprechend an unterschiedlichen Positionen entlang der Achse aufgetrennt.
-
Eine inkrementelle Verringerung der elektrischen Feldstärke im analysierenden Bereich der Dualen TIMS-Zelle ermöglicht eine sequenzielle Abgabe von nach Mobilität separierten Ionen (Ausschnitt B, Scan). Nach der Mobilitätsanalyse im analysierenden Bereich werden die währenddessen im akkumulierenden Bereich gesammelten Ionen an den analysierenden Bereich transferiert (Ausschnitt B, Puls). Die aus dem Analysebereich austretenden Ionen durchlaufen zunächst einen Ionentransfer-Multipol und treten dann in einen Quadrupol-Massenfilter ein. Hier können Ionen für die weitere Analyse ausgesucht, andere Ionen im Gegenzug herausgefiltert werden. Im Anschluss hieran werden die Ionen in eine Stoßzelle überführt, wo die ausgesuchten Ionen durch beschleunigten Einschuss in ein neutrales Gas in Bruchstücke fragmentiert werden können.
-
In der Stoßzelle werden die Ionen und/oder die etwaig daraus erzeugten Fragment-Ionen zwischengespeichert, bevor sie zeitlich abgestimmt in den Ionenpulser eines Flugzeit-Analysators mit orthogonalem Einschuss eingebracht werden. Dort werden sie senkrecht zur Eintrittsrichtung auf die Flugstrecke des Reflektor-Flugzeit-Analysators beschleunigt. Am Ende der Flugstrecke empfängt ein Detektor (nicht gezeigt) die verschiedenen Ionenpakete zeit- und damit massenaufgelöst und gibt sie als Flugzeittransient aus, der anschließend in Massen (m) oder Masse/Ladungsverhältnisse (m/z) umskaliert werden kann.
-
Vorstehend wurde mit Bezug auf ein sogenanntes Speicher-Ionenmobilitätsspektrometer (TIMS) gekoppelt mit einem Flugzeit-Massenanalysator beschrieben. Es versteht sich, dass für die Zwecke der Erzeugung von Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogrammen auch andere Ausführungen von Mobilitätsspektrometern und Massenanalysatoren verwendet werden können, beispielweise ein Driftröhren-Ionenmobilitätsspektrometer, in dem das Neutralgas ruht oder den Ionen entgegenströmt und ein elektrisches Ziehfeld verwendet wird und das z.B. mit einer Zyklotronresonanz-Zelle gekoppelt ist.
-
Beschreibung eines bevorzugten Verfahrens
-
Die hier beschriebene Methode eignet sich zur Anwendung auf IMS-Daten, die in Verbindung mit einer MALDI MSI Ionenquelle erhoben werden (MALDI IMS-MSI). Das Verfahren umfasst in einer bevorzugten Ausführungsform mindestens die folgenden Schritte:
- 1. Berechnung eines aggregierten Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramms, das die Informationen aus mehreren (vorzugsweise allen) Histogrammen zu den einzelnen Messpunkten der flächigen Probe zusammenführt.
- 2. Ermitteln eines interessierenden Signalanteils (erste Auswahl von Ionensorten), beispielsweise mittels Regressionsanalyse zur Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Wirkungsquerschnitt und Masse für den dominanten Signalanteil der gesamten Messung.
- 3. Festlegen eines Teilgebietes der Wirkungsquerschnitt-Massen-Ebene (σ-m-Ebene oder einer Ebene davon abgeleiteter Größen), das den dominanten und interessierenden Signalanteil der Messung beinhaltet („Signalkorridor“), ggfs. begleitet durch die Festlegung eines zweiten Gebietes der Wirkungsquerschnitt-Massen-Ebene mit weiterem Signalanteil, der z.B. weniger interessiert.
- 4. Berechnung einer Gehaltsmaßzahl, die man als Signalqualitäts-Score bezeichnen kann, für einzelne Messpunkte der flächigen Probe durch Vergleich der Signalanteile innerhalb und außerhalb des Signalkorridors bzw. innerhalb der beiden zuvor definierten (vorzugsweise disjunkten) Gebiete (z.B. verschiedene Ladungszustände (z) von Molekülen und/oder Molekülklassen abdeckend).
- 5. Auswertung der Gehaltsmaßzahl für nachfolgende Analyseschritte. Im nachfolgenden werden diese Schritte detaillierter beschrieben.
-
Aggregation der Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramme
-
Im ersten Schritt kann ein aggregiertes Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramm gebildet werden, das die Informationen aus vorzugsweise allen Histogrammen zu den einzelnen Messpunkten zusammenführt. Zur Verkürzung der Rechendauer kann gegebenenfalls auch lediglich eine repräsentative Auswahl der Histogramme für die Bildung des aggregierten Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramms berücksichtigt werden. Die Aggregation kann z.B. durch eine einfache Summenbildung erfolgen, d.h. die Einzelhistogramme werden bezüglich der Intensität (J) zu einem Summenhistogramm aufaddiert. Es sind jedoch auch komplexere Aggregationen denkbar, z.B. derart, dass in jedem einbezogenen Histogramm nur dominante Signalanteile oberhalb eines bestimmten Schwellwertes der Intensität (Jmin) berücksichtigt werden. Auch könnten die Signalintensitäten der einzelnen Histogramme vor der Summenbildung durch eine Transformation modifiziert werden, z.B. um die starken Signalanteile gegenüber den schwächeren Anteilen je nach Auswerteziel stärker hervorzuheben oder abzuschwächen.
-
Regressionsanalyse
-
Es wird angenommen, dass der Zusammenhang zwischen Wirkungsquerschnitt σ und Masse m für den interessierenden (beispielsweise dominanten) Signalanteil der gesamten Messung (oder der Zusammenhang für entsprechend abgeleitete Größen) näherungsweise durch ein Potenzgesetz mit Parametern C und k beschrieben wird, wie zuvor erläutert. Die Schätzung dieser Parameter kann anhand des aggregierten Histogramms durch eine geeignete Regressionsanalyse erfolgen. Das aggregierte Histogramm ist aus einer Menge von Einzelsignalen zusammengesetzt, wobei jedes Einzelsignal einem Tupel (z.B. mi, σi, Ji) entspricht, worin mi die jeweilige Masse (möglich auch (m/z)i, ladungsbezogene Masse), σi den Wirkungsquerschnitt (möglich auch eine abgeleitete Mobilitätsgröße Ki) und Ji die gemessene Signalintensität bezeichnet. Für die eigentliche Regressionsanalyse sind mehrere Methoden möglich, darunter insbesondere die folgenden:
-
Einfache logarithmische Regression
-
Durch Logarithmierung des oben dargestellten Potenzgesetzes erhält man einen linearen Zusammenhang, so dass die Messungen durch die Modellgleichung
beschrieben wird. Hierin bezeichnet ε
i die Abweichungen vom Modell, die als zufällig verteilt angenommen werden. Mittels einfacher linearer Regression können die Konstanten C und k über
und
mit
bestimmt werden. Für von Wirkungsquerschnitt (σ) und Masse (m) abgeleitete Größen lassen sich die oben wiedergegebenen Formeln leicht anpassen.
-
Robuste logarithmische Regression
-
Ein bekannter Nachteil der oben beschriebenen einfachen logarithmischen Regression ist die Sensitivität gegenüber Ausreißerwerten in den gemessenen Daten. Alternativ können robustere Regressionsmethoden verwendet werden, um die Parameter k und log(C) der linearen Modellgleichung zu schätzen. Insbesondere lassen sich hierfür nutzen (i) die Lasso-Regression (Tibshirani, Robert (1996). „Regression Shrinkage and Selection via the lasso". Journal of the Royal Statistical Society. Series B (methodological). Wiley. 58 (1): 267-88) und/oder (ii) der Theil-Sen-Schätzer (siehe Sen, Pranab Kumar (1968), „Estimates of the regression coefficient based on Kendall's tau", Journal of the American Statistical Association, 63 (324): 1379-1389).
-
Logarithmische Radon-Transformation
-
Eine weitere Möglichkeit der Regressionsanalyse ist durch die Anwendung der Radon-Transformation auf ein 2D-Histogramm der gemessenen Intensitäten in der logarithmierten σ-m-Ebene gegeben (siehe Radon, Johann (1917), „Über die Bestimmung von Funktionen durch ihre Integralwerte längs gewisser Mannigfaltigkeiten“, Berichte über die Verhandlungen der Königlich-Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Mathematisch-Physische Klasse, Leipzig: Teubner (69): 262-277). Hierzu wird der durch die logarithmierten Messwerte (log mi, log σi) abgedeckte Wertebereich in rechteckige Teilbereiche gleicher Größe unterteilt. Für jeden Teilbereich werden diejenigen Intensitäten Ji aufsummiert, deren zugehörige Messwerte (log mi, log σi in diesen Teilbereich fallen (siehe ). Auf das resultierende 2D-Histogramm wird die Radon-Transformation angewandt und darin die Position mit maximaler Intensität gesucht (siehe weißes Kreuz in ). Rücktransformation dieser Position liefert die gesuchte Gerade in der logarithmierten σ-m-Ebene (siehe ). Die Parameter dieser Geraden - die Steigung k und der y-Achsenabschnitt log(C) - beschreiben schließlich den gesuchten Zusammenhang zwischen Wirkungsquerschnitt σ und Masse m entsprechend des Potenzgesetzes in Form einer Kurve, die den Verlauf des dominanten und interessierenden Signalanteils im aggregierten Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramm wiedergibt. Auch hier lässt sich das Verfahren auf die von Wirkungsquerschnitt (σ) und Masse (m) abgeleiteten Größen anpassen.
-
Festlegen eines Korridors oder Bereichs von Signalanteilen
-
Nachdem der Proportionalitätsfaktor C und der Exponent k des Potenzgesetzes bestimmt sind, können Faktoren Clo < C und Chi > C festgelegt werden (lo steht für low, niedrig; hi für high, hoch). Mit diesen Werten anstelle von C im Potenzgesetz ergeben sich verschobene Kurven, die die Ränder des Signalkorridors festlegen (siehe ). Bei geeigneter Wahl von Clo und Chi schließen diese Kurven den dominanten Signalanteil ein. Durch Wahl von Clo = 0 kann der Signalkorridor nach unten und rechts bis zu den Rändern des Histogramms ausgedehnt werden, so dass der Korridor letztlich nur oberhalb begrenzt ist. Alternativ kann durch Chi = ∞ (unendlich) der Signalkorridor nach oben links ausgedehnt werden. Die geeignete Wahl von Clo und Chi hängt von der untersuchten Molekülklasse ab. Typische Werte für Lipide und Glykane liegen beispielsweise bei Clo = 0.90 C ... 0.96 C und Chi = 1.04 C ... 1.10 C. Ähnlich kann in einer alternativen Ausführungsform mit der Bestimmung eines zweiten Teilgebiets der Wirkungsquerschnitt-Masse-Ebene verfahren werden (zweite Auswahl), das nicht alle Messsignale außerhalb des zuvor bestimmten Signalkorridors oder Bereichs sondern nur bestimmte Ionensorten umfassen soll, insbesondere solche von nichtinteressierenden Spezies wie MALDI-Matrixcluster oder ähnlichem Untergrund. Auch hier lässt sich das Verfahren auf die von Wirkungsquerschnitt (σ) und Masse (m) abgeleiteten Größen anpassen.
-
Berechnen der Gehaltsmaßzahlen („Signalqualitäts-Scores”)
-
Die Berechnung der Gehaltsmaßzahlen erfolgt für jeden einzelnen Messpunkt anhand des zugehörigen Wirkungsquerschnitt-Massensignalhistogramms. Die jeweiligen Tupel-Einträge für einen einzelnen Messpunkt bzw. ein einzelnes Histogramm werden z.B. wie oben mit (m
i, σ
i, J
i) bezeichnet. Mit S wird die Menge derjenigen Indizes i bezeichnet, für die die zugehörigen Messwerte (m
i, σ
i) innerhalb des Signalkorridors oder Bereichs liegen. Die Gehaltsmaßzahl G kann dann für das betrachtete Histogramm mittels
berechnet werden.
-
In diesem Beispiel werden also die Messsignale aus dem Signalkorridor oder Bereichs mit allen Messsignalen (innerhalb und außerhalb des Korridors oder Bereichs liegend) ins Verhältnis gesetzt. Diese Art der Verrechnung erweist sich als besonders datenverarbeitungsstabil. Die zweite Auswahl an Ionensorten (z.B. der nicht interessierende Signalanteil) umfasst alle Messsignale, die nicht im bevorzugten Signalkorridor oder Bereich liegen, welcher in dieser Ausführungsform wiederum die Messsignale der Ionensorten der ersten Auswahl bestimmt.
-
Es ist allerdings in weiteren Ausführungsformen auch eine Art der Verrechnung möglich, gemäß der die erste und zweite Auswahl von Ionensorten jeweils unmittelbar zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, z.B. nach folgender Formel:
-
Diese Verrechnungsart liefert eine Gehaltsmaßzahl, die die tatsächlichen Gehaltsverhältnisse der einzelnen jeweils ausgewählten Ionensorten wiedergibt und daher leichter zu interpretieren ist.
-
Außerdem ist denkbar und vorgesehen, die zweite Auswahl von Ionensorten so zu definieren, dass sie nicht alle Ionensorten umfasst, die nicht der ersten Auswahl an Ionensorten zugeordnet wurden. Beispielsweise kann in einer Wirkungsquerschnitt-Masse-Ebene (oder einer Ebene entsprechend abgeleiteter Größen) ein zweiter Signalkorridor oder Bereich für einen spezifischen zweiten Signalanteil bestimmt werden. Diese Vorgehensweise kann dann nützlich sein, wenn ein Messsignalhistogramm Signalanteile mehrerer unterschiedlicher Substanzklassen enthält, z.B. Lipide, Glykane und Peptide, die als Biomoleküle grundsätzlich für einen interessierenden Signalanteil in Betracht kommen, sowie Matrixcluster oder andere Untergrund-Ionensorten, die eigentlich nie von Interesse sind. Die Gehaltsmaßzahl lässt sich wie zuvor berechnen mit:
wobei S
a und S
b jeweils die Menge derjenigen Indizes i bezeichnen, für die die zugehörigen Messsignal-Tupel-Einträge (z.B. m
i, σ
i oder davon abgeleitete Größen) des einzelnen Messsignalhistogramms jeweils der ersten bzw. zweiten Auswahl von Ionensorten zugeordnet wurden. Weiterhin hat die zweite Verrechnungsart oben den Vorteil, dass die Gehaltsmaßzahl leicht mit aussagekräftigem Ergebnis invertiert werden kann, beispielsweise wenn die erste und zweite Auswahl von Ionensorten verschiedene Biomoleküle aus der flächigen Probe umfassen und ins Verhältnis setzen.
-
Auswertung der Gehaltsmaßzahlen („Signalqualitäts-Scores“)
-
Die Auswertung der Gehaltsmaßzahlen kann durch Visualisierung der räumlichen Verteilung der ortsaufgelösten Gehaltsmaßzahlen als Graustufen- oder Falschfarbenbild erfolgen (siehe ). Alternativ können die Gehaltsmaßzahlen auch dazu verwendet werden, eine nachfolgende Analyse der Daten zu steuern. So könnten z.B. nur diejenigen Messpunkte und Histogramme für die Analyse verwendet werden, deren Gehaltsmaßzahlen oberhalb eines bestimmten Schwellwertes, unterhalb eines bestimmten Höchstwertes oder innerhalb eines bestimmten Werteintervalls liegen. Die Gehaltsmaßzahl könnte auch als Gewichtsfaktor genutzt werden, so dass diejenigen Messdaten mit einer höheren Gehaltsmaßzahl (und damit mutmaßlich von höherer Güte) ein stärkeres Gewicht erhalten als die mit niedriger Maßzahl. Die unterschiedlichen Gewichtungen können beispielsweise zur adaptiven Rauschunterdrückung in einer folgenden Datenanalyse eingesetzt werden.