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Die Erfindung betrifft einen mikrofluidischen Sensor, der einen planaren Grundsensor und eine strukturierte Polymerfolie aufweist. Die dem Grundsensor zugewandte Unterseite der Folie weist unterschiedlich vertiefte geometrische Formen bzw. Kompartiments auf, die z. B. photolithographisch, im Mikrospritzguss-, im Tiefzieh- oder Heißprägeverfahren erzeugt werden. Der erfindungsgemäße mikrofluidische Sensor ist besonders geeignet für die Herstellung von Biosensoren in Form von Einmalgebrauchs-Enzym- und Affinitätssensoren.
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Mit der Nutzung diagnostischer Einmalgebrauchs-Sensoren auf der Grundlage enzymatischer und affinitätsbasierender Detektionsprinzipien, die eine unmittelbare, schnelle und quantitative Messung für Point of Care und Home Care-Anwendungen ermöglichen, sind Sensorstrukturen erforderlich, die einerseits eine möglichst richtige und reproduzierbare Messung sichern, andererseits aber kostengünstig herstellbar sein müssen. Diese Kriterien erfordern ein streng reproduzierbares Liquid-Handling der Probe, das gegebenenfalls Probeaufbereitungsschritte und -splitting sowie ein mehrkanaliges Ausmessen der Probe umfassen kann. Darüber hinaus sollte die erforderliche Probemenge so gering als möglich sein.
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Sensorelemente, die in Kombination mit einem Handmessgerät eine einfache quantitative Vor-Ort-Messung ermöglichen, sind als so genannte ”Einmal”- oder ”Wegwerf”-Teststreifen oder -Sensoren bekannt. Insbesondere im Diabetesbereich haben sich derartige Messsysteme für Home Care-Anwendungen bewährt. In Eigenanwendung nutzen Diabetespatienten Glucoseteststreifen bzw. -sensoren zur Selbstkontrolle des Blutzuckerwertes.
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In der Regel wird durch den Kontakt eines Kapillarbluttropfens an einer Probeaufnahmezone des Sensors ein Teil der Blutprobe durch Kapillarkraft auf eine interne Reagenzfläche des Sensors befördert. Auf der Reagenzfläche sind ein spezifisch die Glucose umsetzendes Enzym, ein Elektronenakzeptor und Additive zur Stabilisierung und schnellen Benetzbarkeit deponiert. Bei dem Enzym kann es sich um Oxidoreduktase wie Glucoseoxidase, Glucosedehydrogenase mit PQQ- oder FAD+ als prosthetischer Gruppe oder eine NAD+-abhängige Dehydrogenase handeln. Als Elektronenakzeptoren werden beispielsweise Chinone, chinoide Redoxfarbstoffe oder redoxaktive Metallkomplexe verwendet.
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Die Oxidoreduktase reagiert mit der Blutglucose und überträgt ihre Elektronen, die bei dem Oxidationsprozess generiert werden, auf den Elektronenakzeptor, der damit equivalent zur Glucosekonzentration im Blut reduziert wird. Diese Redoxzustandsänderung des Elektronenakzeptors kann optisch oder elektrochemisch detektiert werden.
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Bei einer elektrochemischen bzw. voltammetrischen Indikation des Elektronenakzeptors wird zwischen einer polarisierbaren Arbeitselektrode und einer Bezugselektrode eine Polarisationsspannung angelegt, die einen solchen Wert hat, dass an der anodisch geschalteten Arbeitselektrode der reduzierte Elektronenakzeptor zuverlässig oxidiert werden kann. Der resultierende Stromfluss im Außenkreis zwischen Arbeitselektrode und der Bezugselektrode ist aufgrund des stöchiometrischen Umsatzes proportional zur Zuckerkonzentration im Blut. Ein Handmessgerät stellt für die voltammetrische Messung des Sensors die erforderliche Polarisationsspannung bereit, misst den Signalstrom, ermittelt den Konzentrationswert, zeigt diesen auf dem LCD an und speichert den Messwert.
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Für den Aufbau derartiger Einmalgebrauchs-Sensoren, die eine enzymatisch-voltammetrische Indikation nutzen, ist eine Vielzahl technischer Lösungen bekannt.
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Elektrochemisch-enzymatische Sensoren für den Einmalgebrauch bestehen prinzipiell aus einem planaren Grundsensor mit einer voltammetrischen Zwei- oder Drei-Elektrodenanordnung, die in einem „Messfenster” angeordnet ist, einschließlich Zuleitungen und elektrischen Kontaktflächen, einer das Messfenster bedeckenden Reagenzschicht, die das analyterkennende Enzym- oder Enzymsystem einschließlich Elektronenakzeptor sowie Additive enthält und einem Schichtaufbau um das Messfenster, der dem schnellen und definierten Zuführen der Probe dient.
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Die Probe wird entweder direkt auf die Schichtenfolge gegeben oder mittels Kapillarkrafteffekt in einen Kapillarspalt, der über dem Messfenster angeordnet ist, auf die Reaktionsschicht gezogen.
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Die zuletzt genannte technische Lösung wurde erstmals in
EP 0 274 215 A1 beschrieben und wird derzeit am häufigsten für die Realisierung von Einmalgebrauchssensoren zur Blutzuckermessung angewandt.
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Zur Erzeugung des Spaltes werden verklebte Kunststoffzwischenlagen, doppelseitige Klebefilme oder starke Klebeschichten, die im Sieb- oder Schablonendruck aufgetragen werden, verwendet. Diese Spacerschicht wird durch vorhergehendes Ausstanzen, oder entsprechende Laminieranordnungen derart aufgebracht, dass sie die Längsseiten des Messfensters begrenzen, der Messfensterbereich und die Stirnseiten des Fensters jedoch unbedeckt bleiben. Durch die anschließende Laminierung einer Deckfolie auf die Spacerschicht wird eine Messkammer über dem Messfenster gebildet, so dass gleichzeitig eine Ein- und Austrittsöffnung für die Probeflüssigkeit generiert wird. Die Dicke der Klebefolie definiert den Spalt bzw. die Höhe über der Messkammer. Länge und Breite der ausgestanzten Öffnung legen gemeinsam mit der Spalthöhe das Messkammervolumen fest.
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Eine modifizierte technische Lösung sieht die Ausbildung einer konkaven Wölbung in der Abdeckung vor, die nach dem Verkleben mit dem Support einen Kapillarspalt erzeugt.
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In den beschriebenen technischen Lösungen wird die Probe aufgrund der Kapillarwirkung auf die sensitive Fläche des Sensors transportiert. Eine große Austrittsöffnung führt zur Aufhebung der Kapillarwirkung, so dass die Probeaufnahme damit beendet wird. Varianten nutzen als Austrittsöffnung beispielsweise eine Öffnung in der Abdeckung oder eine Öffnung im Support des Sensors.
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Die Kapillarwirkung wird durch die Verwendung hydrophilisierter Oberflächen und das zusätzliche Einbringen hydrophiler Polymere und sorptiver Polymere bzw. hydrophilisierter Gewebe in ihrer Wirkung in verschiedenen technischen Lösungen verbessert.
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Eine mikrofluidische Lösung wird in der
DE 10211204 A1 beschrieben, die eine Kunststoffdeckfolie verwendet, deren zum Grundsensor gerichtete Fläche strukturierte Kompartiments in Form von Kammern und Kanälen aufweist, so dass nach der irreversiblen Verbindung mit dem Grundsensor eine Probeaufnahme, eine Messkammer und ein Luftaustrittsspalt gebildet werden, die über Kanäle miteinander verbunden sind. Die Höhe der Kammern wird einerseits durch die Dicke des Klebers und andererseits durch die Tiefe der Strukturierung der Polymerfolie bestimmt.
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Bei den zuvor beschriebenen Systemen ist allen Messkammern bzw. Kapillarspaltanordnungen gemeinsam, dass die Kammerhöhe und damit das erforderliche Probevolumen wesentlich von der Dicke der Klebefilme bestimmt wird. Darüber hinaus ist die gleichmäßige und schnelle Befüllung der Messkammer abhängig von den hydrophoben bzw. hydrophilen Eigenschaften der Kleberkomponente, die gegebenenfalls vor oder während des Fertigungsprozesses durch eine zusätzliche Behandlung stärker hydrophilisiert werden muss. Es ist außerdem zu beachten, dass derartige Kleberschichten einer Alterung unterliegen, in deren Folge die Messkammergeometrie und das Aufziehverhalten sich beispielsweise aufgrund von Schrumpfungsprozessen und Verlust bzw. Zersetzung funktionalisierter Gruppen, die für den hydrophilen Charakter der Klebefilmoberfläche verantwortlich sind, ändern können. Schließlich ist die Strukturierbarkeit von Klebefilmen, wie sie derzeit für Einmalgebrauchssensoren Anwendung finden, begrenzt, so dass damit nur eine eingeschränkte Miniaturisierbarkeit mikrofluidischer Anordnungen möglich ist.
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Andere prinzipiell zum formschlüssigen Fügen des Schichtaufbaus in Frage kommende technische Lösungen bestehen im Verkleben, Schweißen und Heißsiegeln. In der Regel ist die Oberfläche des Grundsensors jedoch mit metallischen, siebgedruckten Leiterzügen oder einer siebgedruckten Isolationsschicht versehen, die entweder aufgrund der resultierenden Unebenheiten oder materialbedingt ungeeignet für eine dieser Technologien sind. Es besteht außerdem die Gefahr, dass das während des Fügeprozesses bereits aufgetragene Indikationsreagenz auf dem Messfenster aufgrund von Lösungsmitteln im Kleber oder des erforderlichen Wärmeeintrages beim Schweißen bzw. Heißsiegeln beschädigt wird. Es muss auf einen ausreichenden Abstand zwischen Fügeflächen und den mikrofludischen Strukturen geachtet werden, um ein Zulaufen der Kanäle durch Kleber, geschmolzenes Material und um ein wärmebedingtes Deformieren des den Mikrofluidkbereich begrenzenden Kunststoffs oder Spannungsbildungen zu verhindern.
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So ist z. B. die Verwendung eines Faserlasers beschrieben, mit dessen Hilfe Polycarbonat mit einer Schweißnahtbreite im Bereich von 100 μm verschweißt werden kann.
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Bekannte technische Lösungen zum Aufbau immunochemischer Teststreifen oder Sensoren, die Affinitätsreaktionen nutzen, basieren in aller Regel auf nacheinander überlappend angeordneten, filtrierenden und gut saugfähigen natürlichen oder synthetischen Polymermembrangerüstschichten aus zelluloseartigen Materialien wie Zellulosenitrat, Zelluloseester und regenerierter Zellulose oder Materialien aus modifizierten Polyamiden oder modifiziertem Polyethersulfon. Dadurch werden vertikal oder horizontal verlaufende Fließstrecken realisiert. Neben einer Separation der Probe kann sowohl die immunochemische Reaktion als auch die sekundäre Nachweisreaktion in qualitativer Form durch Visualisierung einer Farbreaktion oder Aufkonzentrierung metallischer Nanopartikel oder in quantitativer Form mittels elektrochemischer oder optischer Detektion erfolgen. Von Nachteil sind das vergleichsweise große erforderliche Probevolumen, die begrenzte Strukturierbarkeit der Fluidik und begrenzte Miniaturisierbarkeit.
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Im Grundlagenbereich sind eine Vielzahl technologischer Lösungsansätze bekannt, die bisher nur für einfach strukturierte Biochips zu einer Kommerzialisierung geführt haben.
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Eine Möglichkeit zur Erzeugung mikrofluidischer Strukturen bieten die Siliziumtechnologie durch anisotropes Ätzen bzw. Silizium–Tiefätzen und die LIGA-Technologie in Kombination mit Mikrospritzgießen.
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Beide Verfahren sind vergleichsweise kostenintensiv. Die Siliziumtechnologie ist im F&E-Bereich insbesondere für die Generierung komplizierterer Mikrofluidikstrukturen wie sie für zukünftige „lab-on the chip”-Lösungen erforderlich sind, d. h. in Verbindung mit integrierten Fluidikelementen wie Ventilen, Mischkammern oder Mikropumpen und in Kombination mit piezoelektrisch oder elektromechanisch initiiertem Fluidtransport sinnvoll und etabliert. Für die kostengünstige Fertigung einfacher mikrofluidischer Disposables konnte sie sich bisher nicht durchsetzen.
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Aufgrund von Materialeigenschaften, Verfügbarkeit und potentieller Fertigungstechnologien erscheint ein Lösungsansatz unter Nutzung von Kunststoffen sinnvoller, wenn es gelingt, die mikrofluidischen Strukturen bei geringen Kosten und in hohen Stückzahlen als strukturierte Elemente zur Verfügung zu stellen.
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Möglichkeiten eröffnen sich hier prinzipiell durch das Mikrospritzgießen, das Heißprägen und Kombinationen davon sowie durch neuere Lithographie- und laserstrukturierende Verfahren (z. B.
EP 1 225 477 A1 ).
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Die Technologien sind aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten vor allem für Rapid Prototyping und die Fertigung kleinerer Stückzahlen geeignet.
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Aus
WO 2006/046164 A1 ist eine aus zwei Platten bestehende Mikrofluidikanordnung bekannt, bei der eine der Platten Fluidkanäle aufweist, die beidseitig durch Wälle begrenzt werden. Auf den Kammflächen der Wälle ist diese Platte mit der zweiten Platte verklebt. Bei Verteilung des Klebers in zwischen den Kanälen angeordneten Kavitäten kann eine zusätzliche Stabilität erreicht werden.
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In
WO 2009/064490 A2 ist die schichtweise Anordnung von Folien mit Mikrokanalstrukturen beschrieben, die ebenfalls beidseitig durch Wälle begrenzt werden. Die hinter den Wallungen folgenden flächenartigen Spalten werden mit Kleber gefüllt und verbinden die einzelnen Folienlagen jeweils miteinander. Als problematisch kann sich die korrekte Dosierung und Handhabung des Klebers herausstellen, speziell dann, wenn die Kanäle mit geringer Tiefe strukturiert sind, da ein partielles Überlaufen des Klebers oder ein kapillarkraftbedingter Transport des Klebers in die Kanäle hinein zu einer Verengung des Kanalquerschnitts und damit zu einem veränderten Fließverhalten oder zur Verstopfung im betroffenen Kanal führen kann.
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Massenproduktionstechnologien bei Einmalgebrauchssensoren nutzen deshalb zur Generierung kapillarer Messkammern über den Elektrodenanordnungen bzw. Messfenstern im Wesentlichen Laminiertechniken, die durch die Aufeinanderfolge von Zwischenlagen aus Kleber- und/oder Distanzschichten und einer Abdeckfolie generiert werden und denen demzufolge die oben genannten Nachteile inherent sind. Insbesondere die eingeschränkte Strukturierbarkeit der Klebefilme begrenzt die Miniaturisierung der Fluidik, die auch für die Weiterentwicklung von Einmalgebrauchs-Affinitätssensoren erforderlich ist, da einerseits komplexe Abläufe zur Probeaufbereitung und deren Ausmessung in Bezug auf mehrere Parameter erforderlich sind und andererseits nur eine begrenzte Probemenge zur Verfügung steht. Darüber hinaus muss insbesondere bei passiv agierenden Mikrofluidikanordnungen ein streng reproduzierbarer Ablauf eingehalten werden.
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Dennoch erscheint aufgrund der Kompatibilität zu den etablierten Fertigungstechnologien ein Lösungsansatz unter weiterer Nutzung von Laminiertechnik als anstrebenswert, wenn es gelingt, die oben beschriebenen Nachteile zu überwinden, so dass auch mikrofluidische Strukturen aus Kunststofffolien für komplexere Applikationen in Form von Einmalgebrauchs-Sensoren massenproduktionstauglich nutzbar werden.
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Aufgabe der Erfindung war es deshalb, einen mikrofluidischen Sensor, bevorzugt zur Verwendung als Biosensor, für den Einmalgebrauch vorzugsweise unter Nutzung des Laminierens mittels doppelseitiger Klebefolien bereitzustellen, der die oben genannten Nachteile sowohl bei den bekannten Einmalgebrauchs-Enzymsensoren als auch Einmalgebrauchs-Affinitätssensoren vermeidet und technologisch kostengünstig und streng reproduzierbar herstellbar ist. Darüber hinaus soll der Sensor eine einfache Handhabung ermöglichen, ein minimales und gut definiertes Probevolumen aufnehmen und die Bestimmung z. B. sowohl von Substanzen als auch von Enzymaktivitäten ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird durch einen mikrofluidischen Sensor mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Die Unteransprüche stellen bevorzugte Ausführungsvarianten dar.
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Es wurde gefunden, dass ein mikrofluidischer Einmalgebrauchs-Sensor aus einem Grundsensor und einer strukturierten Polymerfolie, bei der die dem Grundsensor zugewandte Polymerfolienfläche unterschiedlich vertiefte geometrische Formen aufweist, die parallel oder nacheinander angeordnet sind, streng reproduzierbare, kostengünstige und massenproduktionsfähige Eigenschaften zur Ausmessung von Substanzen oder Enzymaktivitäten mit geringsten Probevolumina ermöglicht, wenn die äußeren Wandungskonturen einzelner oder sämtlicher gegenüber der Nullebene der Folie vertieft strukturierten geometrischen Formen als schmale, umlaufenden Stege in Höhe der Nullebene der Folie und mit einer Breite zwischen 50 μm und 500 μm ausgebildet sind und sich eine gegenüber der Nullebene der Folie vertiefte Fläche, die zur Aufnahme einer Klebefolie dient, anschließt, wobei die sich an der äußeren Stegflanke anschließende vertiefte Fläche eine Tiefe identisch mit der der äußeren Stegflanke besitzt, die zwischen 20 μm und 100 μm beträgt. In diese, sich an die Wandungsstege anschließende, vertiefte Fläche, ist eine doppelseitige ausgestanzte Klebefolie mit einer Dicke zwischen 20 μm und 100 μm bündig aufgenommen, so dass die strukturierte Polymerfolie mit der planaren Oberfläche des Grundsensors irreversibel form- und kraftschlüssig verbunden wird.
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Die Strukturierung der Polymerfolie, die aus Polycarbonat, Polymethylmethacrylat, Polystyrol oder Polyvinylchlorid bestehen kann und eine bevorzugte Dicke zwischen 100 μm und 250 μm aufweist, erfolgt z. B. mittels Heißprägeverfahren, eines photolithographischen Verfahrens, Laserablation, Mikrospritzguss oder Tiefziehverfahren.
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Die Tiefe der strukturierten geometrischen Formen auf der zum Grundsensor zugewandten Seite der Polymerfolie beträgt mit Bezug zur Nullebene der Folie vorzugsweise zwischen 0,5 μm und 150 μm. Bei den vertieften geometrischen Formen kann es sich um Probeaufnahme, Probeaufbereitungs-, Inkubations-, Puffer-, Misch-, Reaktions-, Reagenzdepot-, Mess-, Abfall- und Entlüftungskammern, Verteiler und Verbindungskanäle handeln, die in Abhängigkeit von der umzusetzenden mikrofluidischen Aufgabe ggf. entsprechend miteinander verbunden sind.
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Die äußeren Wandungsstege, die die einzelnen oder alle vertieften geometrische Formen begrenzen, verlaufen auf der Nullebene der Polymerfolie mit einer Breite zwischen 50 μm und 500 μm. Die Fläche der Stege, die zum Grundsensor weisen, haben bevorzugt eine ebene, halbkreisförmige oder spitz zulaufende Form.
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In Abhängigkeit von der Tiefe der geometrischen Formen, die zwischen 0,5 μm und 150 μm beträgt, variiert die Tiefe der inneren Flanken entsprechend.
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Als Grundsensor dient z. B. ein planarer elektrochemischer Sensor oder ein planares, optisch durchlässiges Supportmaterial, auf dessen Messfenster eine Reagenzschicht zur Analytindikation deponiert ist. Der Grundsensor ist gegenüber der strukturierten Polymerfolie derart angeordnet, dass dessen Messfenster sich innerhalb einer entsprechenden vertieften geometrischen Form befindet, die die Messkammer darstellt. Die Messkammergeometrie und deren fluidische Eigenschaften werden ausschließlich von der Strukturierung der Polymerfolie und deren Oberflächeneigenschaften bestimmt. Unabhängig von den technologischen Möglichkeiten zur Strukturierung der Klebefolien können auf diese Weise Messkammern mit Volumina bis in den unteren Nanoliterbereich streng reproduzierbar hergestellt werden. Da die Klebefolie lediglich die Aufgabe wahrnimmt, die Polymerfolie mit dem Grundsensor formschlüssig zu verbinden und im Gegensatz zu bisherigen technischen Lösungen nicht mehr Bestandteil der Messkammer ist bzw. auch keine Spacerfunktion besitzt, hat die mit Toleranzen behaftete Strukturierung der Klebefolien keinen Einfluss auf die Messkammergeometrie. insbesondere spielen Alterungserscheinungen der Klebefolie wie Schrumpfung, oder das Nachlassen hydrophiler Eigenschaften, die bisher zu Änderungen der Kammergeometrie und des Probebefüllungsverhaltens geführt hatten, keine Rolle mehr, so dass das Probevolumen wesentlich reproduzierbarer als bisher möglich über dem Messfenster vorliegt.
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Im einfachsten Fall besteht ein bevorzugter mikrofluidischer Einmalgebrauchs-Sensor aus einer strukturierten Polymerfolie und einem planaren amperometrischen Grundsensor, an dessen einem Ende parallel und zentrisch zu dessen Längsachse sich ein rechteckigförmiges Messfenster befindet. Das Messfenster, in dem eine amperometrische Dreielektrodenanordnung aus Arbeits-Gegen- und Bezugselektrode angeordnet ist, wird durch die Aussparung eines auf dem Grundsensor aufgetragenen Isolationslackes erzeugt, unter dem sich die Leiterzüge zwischen Elektroden und Kontaktflächen, die am anderen Ende des Grundsensors angeordnet sind, befinden.
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Elektroden, Zuleitungen und Kontaktflächen bestehen aus einer Kohlenstoffsiebdruckschicht oder einer Edelmetalldünnschicht, die photolithographisch – galvanisch oder mittels Laser strukturiert sind.
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Die dem Grundsensor zugewandte Polymerfolienfläche weist in Höhe des Messfensters eine rechteckige mittels Laserablation, Photolithographie oder Heißprägen erzeugte Vertiefung zwischen 5 μm und 100 μm auf, deren Wandungen mit Ausnahme der vom Sensor wegweisenden Stirnseite, in einen auf Nullebene der Polymerfolie verbleibenden umlaufenden Steg mit einer Stegbreite zwischen 50 μm und 500 μm übergehen. Der Wandungssteg an der gegenüberliegenden Stirnseite ist mittig unterbrochen. An der Unterbrechung befindet sich ein sogenannter Entlüftungskanal mit einer Breite von 10 μm bis 50 μm, einer Höhe von 25 μm bis 100 μm und einer Länge von 0,5 mm bis 2,0 mm. Der Entlüftungskanal mündet in einer großvolumigen Kammer, die Luftaustrittsöffnungen aufweist.
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An den äußeren Flanken der Wandungsstege schließt sich eine umlaufend und gegenüber der Foliennullebene vertiefte Fläche an, deren Tiefe identisch mit der der äußeren Stegflanken ist und zwischen 20 μm und 100 μm beträgt. Diese vertiefte Fläche dient zum Einlegen der doppelseitigen Klebefolie mit einer Dicke zwischen 20 μm und 100 μm, die derart ausgestanzt ist, dass die stegumrandete Messkammer gerade in die Ausstanzung passt. Der Grundsensor ist dann gegenüber der strukturierten Polymerfolie derart angeordnet, dass dessen Messfenster sich innerhalb der stegumrandeten vertieften Rechteckgeometrie befindet. Die Grundfläche der resultierenden Messkammer bildet das Messfenster des Grundsensors und die Seiten- und Deckfläche die vertiefte Rechteckgeometrie. Die doppelseitige Klebefolie dient ausschließlich der form- und kraftschlüssigen Verbindung zwischen Polymerfolie und Grundsensor außerhalb des Messkammerbereiches. Durch die Klebeverbindung wird die Oberfläche der umlaufenden Wandungsstege, die zum Grundsensor weist und eben, halbrund oder spitz zulaufend ausgebildet sein kann, derart auf dem Rand des Messfensters des Grundsensors gedrückt, dass ein Austreten z. B. einer Blutprobe unter dem Steg hindurch vermieden wird.
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Wenn ein Blutstropfen an die spaltartige Öffnung der Sensorstirnseite gelangt, wird aufgrund der Kapillarkraftwirkung soviel Probevolumen in die Messkammer gezogen, bis die Messkammer befüllt ist. Die durch das Blut verdrängte Luft der Messkammer entweicht über den Entlüftungskanal in die Luftaustrittskammer, in der atmosphärischer Umgebungsdruck herrscht. In der Messkammer wird die Reagenzschicht durch die Blutprobe aufgelöst und die Indikationsreaktion zur Detektion des Zielanalyten ermöglicht.
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Die beschriebene Ausführungsform ist besonders für voltammetrische Enzymsensoren zum Einmalgebrauch geeignet.
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Aufgrund der sehr geringen Messkammervolumina, die mit der erfindungsgemäßen Lösung realisierbar sind und die zwischen 5,0 nl und 500 nl betragen können, erfolgt eine sehr schnelle Befüllung, so dass Befüllungsfehler aufgrund zu kleiner Blutstropfen, verlaufener Blutstropfen oder aufgrund eingeschränkter motorischer Fähigkeiten von Eigenanwendern drastisch vermindert werden. Die Messungen werden damit zuverlässiger. Insbesondere Diabetikern, die sich regelmäßig und pro Tag mehrfach Bluttropfen für die Blutzuckermessung entnehmen müssen, kommt das sehr geringe erforderliche Probevolumen entgegen und ermöglicht auch die Messung an alternativen Körperstellen („alternative site testing”).
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Aufgrund der erfindungsgemäßen Strukturierung der Polymerfolie werden der Grundsensor und die Polymerfolie unter Verwendung der doppelseitigen Klebefolie form- und kraftschlüssig miteinander verbunden. Das ermöglicht unabhängig von der Art und Weise der kraft- und formschlüssigen Verbindung streng reproduzierbare Kammer- und Kanalgeometrien mit Volumina bis in den unteren Nanoliterbereich. Ein mikrofluidischer Biosensor ist auf die beschriebene Weise kostengünstig und massenproduktionsfähig herstellbar und besonders zur Ausmessung von Substanzen oder Enzymaktivitäten in geringsten Probevolumina geeignet.
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Der erfindungsgemäße mikrofluidische Sensor wird durch das nachfolgende Ausführungsbeispiel mit Hilfe der Zeichnungen näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 Querschnittdarstellung des mikrofluidischen Enzymsensors durch die Messkammer 3a mit Grundsensor 1, Polymerfolie 2, umlaufendem Wandungssteg 4a, vertiefter Fläche 5, doppelseitiger Klebefolie 6, Elektrodenflächen 11a–c und Reagenzschicht 8
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2 Explosionsdarstellung eines mikrofluidischen Enzymsensors mit einem Grundsensor 1, Arbeits-Gegen- und Referenzelektrodenflächen 11a, 11b, 11c, Zuleitungen, 12a, 12b, 12c, Kontaktflächen 13a, 13b, 13c, Isolationslack 7, Messfenster 7a, Reagenzschicht 8, doppelseitiger Klebefolie 6, Aussparung der Klebefolie 6a und Polymerfolie 2 mit Messkammer 3a, umlaufendem Wandungssteg 4a, gegenüber der Foliennullebene vertiefter Fläche 5, Entlüftungskanal 14 und Luftaustrittskammer 15.
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3 Querschnittsdarstellungen der Messkammer 3a in der Polymerfolie 2 mit umlaufenden Wandungsstegen mit ebener 4a, halbkreisförmiger 4b und spitz zulaufender 4c Form der zum Grundsensor 2 weisenden Fläche.
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Anwendungsbeispiel
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Erfindungsgemäßer mikrofluidischer Einmalgebrauchssensor zum Nachweis von Glucose. Zur Erläuterung dienen 1 bis 3.
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Auf einen PET-Kunststoffsupport mit einer Dicke von 0,25 mm werden zur Strukturierung einer amperometrischen Drei-Elektrodenanordnung in Zehnernutzen mittels Siebdruck nacheinander Elektrodenflächen 11a–11c, Zuleitungsbahnen 12a–12c und Kontaktflächen 13a–13c unter Verwendung von Acheson PE 401-Kohlenstoffpaste (Acheson NL) und, Isolationslack (240 SB, ESL Europe) wie in 2 dargestellt aufgedruckt und jeweils bei 70°C gehärtet.
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Die Einzelflächen von Arbeits-, Referenz- und Gegenelektrode 11a, 11b, 11c, die nacheinander angeordnet sind, betragen jeweils 1 mm2. Der Isolationslack 7 weist im Bereich der Elektrodenanordnung eine Aussparung von 1 mm × 3,5 mm (B × L) auf, so dass diese Aussparung, die das Messfenster 7a darstellt, die Elektrodenflächen in ihrer Breite definiert begrenzt.
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Mittels eines Dispensers werden 0,3 μl einer Reaktionslösung bestehend aus 2 Units Glucoseoxidase (Roche), 140 μg Ferricyanid (Sigma), 1,6 μg Triton X 100 (Sigma) und 1,5 μg mikrokristalliner Zellulose (Aldrich) als Reaktionsschicht 8 in 0,02 μl Dispensierschritten gleichmäßig über das gesamte Messfenster 7a verteilt aufgetragen.
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Als Polymerfolie wird eine Polycarbonat – Folie von 0,25 mm Dicke verwendet, die mittels einer Stahlpatrize in einem Heißprägeprozess strukturiert wird. Die als Zehnernutzen hergestellte Patrize weist Erhebungen für eine Messkammer 3a, einen Entlüftungskanal 14, einen auf der Nullebene verbliebenen Wandungssteg 4a sowie für eine umlaufend vertiefte Fläche 5 und einen Luftaustrittskammer 15 auf. Die Erhebung auf der Patrize für die vertiefte Fläche 5 betrifft die gesamte Fläche mit Ausnahme der Flächen, die soeben beschrieben wurden. Dementsprechend wurden Kanäle und Kompartimente mit folgenden Geometrien realisiert: Messkammer 3a: 30 μm × 1000 μm × 3500 μm (H × B × L), Entlüftungskanal 14: 50 μm × 100 μm × 1 mm (H × B × L) und Luftaustrittskammer 15: 0,250 mm × 3 mm × 25 mm (H × B × L). Die auf Foliennullebene verbliebenen Wandungsstege 4a sind 100 μm breit und die sich anschließende vertiefte Fläche 5 ist um 50 μm gegenüber der Foliennullebene vertieft.
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Eine doppelseitige Klebefolie 6 mit einer Dicke von 50 μm erhält im Bereich der Messfenster durch Ausstanzung Aussparungen 6a mit den Abmaßen von 1,2 mm × 3,6 mm. Nach entsprechend kontrolliertem Auflegen und Laminieren von Klebefolie 6 und geprägter Polymerfolie 2 auf den Grundsensor 1 passt die Messkammer 3a einschließlich ihrer Wandungsstege 4a jeweils in die Klebefolienausstanzung 6a. Nach einer Zeit von 24 h hat die Klebefolie die geprägte Folie und den Grundsensor soweit angezogen, dass der umlaufende Steg 4a dicht auf dem Isolationslack des Grundsensors aufsitzt. Danach wird der Nutzen durch Schneiden in zehn Sensoren mit Abmaßen von 6 mm × 36 mm (B × L) vereinzelt.
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Das resultierende erforderliche Probevolumen beträgt 105 nl.
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Zur Durchführung von Reproduzierbarkeitsuntersuchungen wird der Sensor über die Kontaktbahnen 14a–14c an eine potentiostatische Ausleseeinheit (Handmessgerät SensLab) mit einer Polarisationsspannung von +450 mV angeschlossen.
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Durch Kontakt der stirnseitigen Messkammeröffnung mit einem Bluttropfen wird die Messkammer 3a in weniger als 0,15 s befüllt. Die Probe löst die Reagenzschicht 8 auf und generiert aufgrund der enzymatisch-elektrochemischen Reaktion einen Messstrom, der über der Zeit von 5 sec integriert wird und der in der Blutprobe enthaltenen Glucosekonzentration proportional ist. Die Reproduzierbarkeit (VK) von zehn nacheinander durchgeführten Einzelmessungen mit venösem, EDTA-stabilisiertem Vollblut beträgt bei einer Blutglucosekonzentration von 4,8 mmol/l 1,8%.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Grundsensor
- 2
- Polymerfolie
- 3a, 3b, 3c
- Messkammer
- 4a, 4b, 4c
- Wandungsstege
- 5
- vertiefter Fläche
- 6
- doppelseitiger Klebefolie
- 6a
- Aussparung der doppelseitigen Klebefolie
- 7
- Isolationslackschicht
- 7a, 7b, 7c
- Messfenster
- 8a, 8b
- Reagenzschicht
- 9a, 9b
- Nuten
- 10
- Fugensteg
- 11a, 11b, 11c, 11d, 11e, 11f
- Arbeits-Gegen- und Referenzelektrodenflächen
- 12a, 12b, 12c, 12d, 12e, 12f
- Zuleitungen
- 13a, 13b, 13c, 13d, 13e, 13f
- elektrische Kontaktflächen
- 14
- Entlüftungskanal
- 15
- Luftaustrittskammer